Maori Band 1: Im Land der weißen Wolke
London, 1852: Zwei junge Frauen treten die Reise nach Neuseeland an. Es ist der Aufbruch in ein neues Leben - als künftige Ehefrauen von Männern, die sie kaum kennen. Die adlige Gwyneira ist dem Sohn eines reichen "Schafbarons" versprochen, und die junge...
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London, 1852: Zwei junge Frauen treten die Reise nach Neuseeland an. Es ist der Aufbruch in ein neues Leben - als künftige Ehefrauen von Männern, die sie kaum kennen. Die adlige Gwyneira ist dem Sohn eines reichen "Schafbarons" versprochen, und die junge Gouvernante Helen wurde als Ehefrau für einen Farmer angeworben. Ihr Schicksal soll sich erfüllen in einem Land, das man ihnen als Paradies geschildert hat. Werden sie das Glück und die Liebe am anderen Ende der Welt finden?
Ein fesselnder Schmöker über Liebe und Hass, Vertrauen und Feindschaft und zwei Familien, deren Schicksal untrennbar miteinander verknüpft ist.
Im Landder weißen Wolke von Sarah Lark
LESEPROBE
1
DieAnglikanische Kirche in Christchurch, Neuseeland, sucht ehrbare, in Haushaltund Kindererziehung bewanderte junge Frauen, die interessiert sind, einechristliche Ehe mit wohl beleumundeten, gut situierten Mitgliedern unsererGemeinde einzugehen.
HelensBlick blieb kurz an der unscheinbaren Anzeige auf der letzten Seite desKirchenblättchens haften. Die Lehrerin hatte das Heftchen kurz überflogen,während ihre Schüler sich still mit einer Grammatikübung beschäftigten. Lieberhätte Helen ein Buch gelesen, doch Williams ständige Fragen rissen sie immerwieder aus der Konzentration. Auch jetzt wieder hob sich der braune Wuschelkopfdes Elfjährigen von seiner Arbeit.
»Imdritten Absatz, Miss Davenport, heißt es da das oder dass?«
Helenschob ihre Lektüre seufzend beiseite und erklärte dem Jungen zum x-ten Mal indieser Woche den Unterschied zwischen Relativ- und Konsekutivsatz. William, derjüngere Sohn ihres Arbeitgebers Robert Greenwood, war ein niedliches Kind, abernicht gerade mit Geistesgaben gesegnet. Er brauchte bei jeder Aufgabe Hilfe,vergaß Helens Erklärungen schneller, als diese sie geben konnte und verstandsich eigentlich nur darauf, rührend hilflos dreinzuschauen und Erwachsene mitsüßer Knabensopranstimme zu umgarnen. Lucinda, Williams Mutter, fiel immerwieder darauf herein. Wenn der Junge sich an sie schmiegte und irgendeinekleine gemeinsame Unternehmung vorschlug, strich Lucinda regelmäßig alleNachhilfestunden, die Helen ansetzte. Deshalb konnte William bis jetzt nichtflüssig lesen, und schon einfachste Rechtschreibübungen überforderten ihnhoffnungslos. Daran, dass der Junge ein College wie Eaton oder Oxford besuchte,wie sein Vater es sich erträumte, war nicht zu denken.
Dersechzehnjährige George, Williams älterer Bruder, machte sich gar nicht erst dieMühe, Verständnis zu heucheln. Er verdrehte vielsagend die Augen und wies aufeine Stelle im Lehrbuch, in der genau der Satz als Beispiel stand, an demWilliam jetzt schon seit einer halben Stunde herumtüftelte. George, einschlaksiger, hoch aufgeschossener Junge, war mit seiner Übersetzungsaufgabe ausdem Lateinischen bereits fertig. Er arbeitete stets schnell, wenn auch nichtimmer fehlerfrei; die klassischen Fächer langweilten ihn. George konnte es garnicht erwarten, eines Tages in die Import-Export-Firma seines Vaterseinzusteigen. Er träumte von Reisen in ferne Länder und Expeditionen zu denneuen Märkten in den Kolonien, die sich unter der Herrschaft der KöniginViktoria beinahe stündlich erschlossen. George war zweifellos zum Kaufmanngeboren. Er bewies schon jetzt Verhandlungsgeschick und wusste seinenbeträchtlichen Charme gezielt einzusetzen. Mitunter gelang es ihm, damit sogarHelen einzuwickeln und die Schulstunden zu verkürzen. Einen solchen Versuchmachte er auch heute, nachdem William endlich verstanden hatte, worum es ging-- oder wenigstens, wo er die Lösung abschreiben konnte. Helen griff daraufhinnach Georges Heft, um seine Arbeit zu kontrollieren, doch der Junge schob esprovozierend beiseite.
»Oooch,Miss Davenport, wollen Sie das jetzt wirklich noch mal durchkauen? Der Tag istdoch viel zu schön zum Lernen! Spielen wir lieber eine Runde Crocket ... Siesollten an Ihrer Technik arbeiten. Sonst stehen Sie beim Gartenfest wieder nurherum, und keiner der jungen Herren bemerkt Sie. Dann machen Sie niemals IhrGlück durch eine Heirat mit einem Grafen und müssen bis ans Ende Ihrer Tagehoffnungslose Fälle wie Willy unterrichten!«
Helenverdrehte die Augen, warf einen Blick aus dem Fenster und runzelte beim Anblickder dunklen Wolken die Stirn.
»NetterEinfall, George, aber es ziehen Regenwolken auf. Bis wir hier aufgeräumt habenund im Garten sind, werden sie sich genau über unseren Köpfen entleeren, unddas dürfte mich kaum anziehender für adelige Herren machen. Wie kommst dueigentlich auf den Gedanken, ich hätte diesbezügliche Absichten?«
Helenversuchte, eine betont desinteressierte Miene aufzusetzen. Das konnte sie sehrgut: Wenn man als Gouvernante in Londoner Familien der Oberschicht arbeitete,lernte man als Erstes, das eigene Mienenspiel zu beherrschen. Helens Rolle beiden Greenwoods war weder die eines Familienmitglieds noch einer gewöhnlichenAngestellten. Sie nahm an den gemeinsamen Mahlzeiten und oft auch an der Freizeitgestaltungder Familie teil, hütete sich aber davor, ungefragt eigene Meinungen zu äußernoder sich sonst wie auffällig zu verhalten. Deshalb konnte auch keine Rededavon sein, dass Helen sich bei Gartenfesten unbeschwert unter die jüngerenGäste mischte. Stattdessen hielt sie sich abseits, plauderte höflich mit denDamen und beaufsichtigte unauffällig ihre Zöglinge. Natürlich streiften ihreBlicke dabei gelegentlich die Gesichter der jüngeren männlichen Gäste, undmanchmal gab sie sich einem kurzen, romantischen Tagtraum hin, in dem sie miteinem gut aussehenden Viscount oder Baronet durch den Park seines Herrenhausesspazierte. Aber das konnte George doch unmöglich bemerkt haben!
Georgezuckte die Schultern. »Na, immerhin lesen Sie Heiratsanzeigen!«, sagte er frechund wies mit versöhnlichem Grinsen auf das Kirchenblättchen. Helen schalt sichselbst, weil sie es offen neben ihrem Pult hatte liegen lassen. Natürlich hatteder gelangweilte George hineingesehen, während sie William auf die Sprünge geholfenhatte.
»Und Siesind doch sehr hübsch«, schmeichelte George. »Warum sollten Sie keinen Baronetheiraten?«
Helen verdrehte die Augen. Sie wusste, dass sie Georgetadeln sollte, doch sie war eher belustigt. Wenn der Knabe so weitermachte,würde er es zumindest bei den Damen weit bringen, und auch in der Geschäftsweltwürde man seine geschickten Schmeicheleien zu schätzen wissen. Doch ob es ihmin Eaton weiterhalf? Außerdem hielt Helen sich für immun gegen solch plumpeKomplimente. Sie wusste, dass sie nicht im klassischen Sinne schön war. IhreZüge waren ebenmäßig, aber wenig auffällig; ihr Mund war ein bisschen zuschmal, ihre Nase zu spitz, und ihre ruhigen, grauen Augen blickten ein wenigzu skeptisch und entschieden zu gelehrt in die Welt, um das Interesse einesreichen, jungen Lebemanns zu wecken.
© Verlagsgruppe Lübbe
Sarah Lark ist das Pseudonym einer erfolgreichen deutschen Schriftstellerin, die in Spanien lebt. Unter dem Autorennamen "Ricarda Jordan" entführt sie ihre Leser auch ins farbenprächtige Mittelalter.
- Autor: Sarah Lark
- 2007, 20. Aufl., 816 Seiten, Maße: 12,4 x 18,6 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404157133
- ISBN-13: 9783404157136
5 von 5 Sternen
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