Marcel Koller
Sein Weg. Sein Team. Sein Erfolg
Die Erfolgsstory unseres Teamchefs
Marcel Koller, Urgestein der Grasshoppers aus Zürich, war als Spieler insgesamt sieben Mal Meister, fünf Mal Cupsieger und nahm mit dem Schweizer Nationalteam an der...
Marcel Koller, Urgestein der Grasshoppers aus Zürich, war als Spieler insgesamt sieben Mal Meister, fünf Mal Cupsieger und nahm mit dem Schweizer Nationalteam an der...
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Produktinformationen zu „Marcel Koller “
Die Erfolgsstory unseres Teamchefs
Marcel Koller, Urgestein der Grasshoppers aus Zürich, war als Spieler insgesamt sieben Mal Meister, fünf Mal Cupsieger und nahm mit dem Schweizer Nationalteam an der Europameisterschaft 1996 in England teil. Nur ein Jahr danach begann er seine Trainerkarriere und konnte in der Schweiz Meister mit zwei unterschiedlichen Teams werden - St. Gallen und Grasshoppers. Anschließend wechselte er nach Deutschland und trainierte hier zuerst den 1. FC Köln und dann VfL Bochum. Seit 2011 ist Koller österreichischer Teamchef. Der berühmte Fußballjournalist Peter Linden erzählt die einmalige Erfolgsstory Kollers als ÖFB-Trainer nach. Unter anderem wird beleuchtet, wie es Koller gelang, gestärkt aus dem ersten großen Krach hervorzugehen und wie er es als erster Nicht-Österreicher bewerkstelligte, das Nationalteam nach einer Pause von 18 Jahren wieder zu einem Fußball-Großereignis zu führen. Oder wie war der fast unglaubliche Sprung von Platz 77 auf Platz 11 in der Weltrangliste möglich? Erfolgstrainer Koller und Journalist Linden sind alte Bekannte. Bereits 1984 trafen sie das erste Mal aufeinander - vor dem Hardturm-Stadion in Zürich, als sie Kollers damaliger Teamkollege Kurt Jara einander vorstellte. Oktober 2011, als Koller in Oberwart als neuer Teamchef vorgestellt wurde, kam es zum Wiedersehen. Aber was passierte eigentlich in der Zeit dazwischen? Im Anschluss an seine Fußballerkarriere trainierte Marcel Koller ab 1997 zuerst in der Schweiz und konnte Erfolge auf nationaler Ebene mit Will, St. Gallen und Zürich verbuchen. Sein Wechsel nach Deutschland 2003 war zunächst von durchwachsenem Erfolg gekennzeichnet: Koller steigt mit Köln ab, hinterlässt aber Spuren - Stichwort: Lukas Podolski. Auf einige Saisonen beim VfL Bochum und einer Pause von etwa zwei Jahren folgt schließlich das Engagement als Teamchef beim Österreichischen Fußballbund. Peter Linden zeichnet nach, wie es Koller hier gelang, all seine Pläne zu verwirklichen, das Vertrauen und die Unterstützung seiner Spieler zu gewinnen und zum Liebling einer ganzen Nation zu werden. Komplettiert wird dieses einmalige Porträt durch Erinnerungen von Weggefährten wie Kurt Jara und dem Schweizer Rekordteamspieler Heinz Hermann, eine Statistik aller österreichischen Länderspiele unter Koller und eine Vielzahl an tollen Bildern.
Bestellen Sie „Marcel Koller" noch heute online auf Weltbild.at, auch ideal als Geschenk.
Marcel Koller, Urgestein der Grasshoppers aus Zürich, war als Spieler insgesamt sieben Mal Meister, fünf Mal Cupsieger und nahm mit dem Schweizer Nationalteam an der Europameisterschaft 1996 in England teil. Nur ein Jahr danach begann er seine Trainerkarriere und konnte in der Schweiz Meister mit zwei unterschiedlichen Teams werden - St. Gallen und Grasshoppers. Anschließend wechselte er nach Deutschland und trainierte hier zuerst den 1. FC Köln und dann VfL Bochum. Seit 2011 ist Koller österreichischer Teamchef. Der berühmte Fußballjournalist Peter Linden erzählt die einmalige Erfolgsstory Kollers als ÖFB-Trainer nach. Unter anderem wird beleuchtet, wie es Koller gelang, gestärkt aus dem ersten großen Krach hervorzugehen und wie er es als erster Nicht-Österreicher bewerkstelligte, das Nationalteam nach einer Pause von 18 Jahren wieder zu einem Fußball-Großereignis zu führen. Oder wie war der fast unglaubliche Sprung von Platz 77 auf Platz 11 in der Weltrangliste möglich? Erfolgstrainer Koller und Journalist Linden sind alte Bekannte. Bereits 1984 trafen sie das erste Mal aufeinander - vor dem Hardturm-Stadion in Zürich, als sie Kollers damaliger Teamkollege Kurt Jara einander vorstellte. Oktober 2011, als Koller in Oberwart als neuer Teamchef vorgestellt wurde, kam es zum Wiedersehen. Aber was passierte eigentlich in der Zeit dazwischen? Im Anschluss an seine Fußballerkarriere trainierte Marcel Koller ab 1997 zuerst in der Schweiz und konnte Erfolge auf nationaler Ebene mit Will, St. Gallen und Zürich verbuchen. Sein Wechsel nach Deutschland 2003 war zunächst von durchwachsenem Erfolg gekennzeichnet: Koller steigt mit Köln ab, hinterlässt aber Spuren - Stichwort: Lukas Podolski. Auf einige Saisonen beim VfL Bochum und einer Pause von etwa zwei Jahren folgt schließlich das Engagement als Teamchef beim Österreichischen Fußballbund. Peter Linden zeichnet nach, wie es Koller hier gelang, all seine Pläne zu verwirklichen, das Vertrauen und die Unterstützung seiner Spieler zu gewinnen und zum Liebling einer ganzen Nation zu werden. Komplettiert wird dieses einmalige Porträt durch Erinnerungen von Weggefährten wie Kurt Jara und dem Schweizer Rekordteamspieler Heinz Hermann, eine Statistik aller österreichischen Länderspiele unter Koller und eine Vielzahl an tollen Bildern.
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Klappentext zu „Marcel Koller “
Das sportliche Leben "unseres" Erfolgsteamchefs: Als Spieler war Marcel Koller, das Urgestein der Grasshoppers Zürich, 7-mal Meister, 5-mal Cupsieger und Teilnehmer an der EM '96 in England. Ab 1997 als Trainer tätig, wurde er mit St. Gallen und den Grasshoppers Schweizer Meister, bevor er nach Deutschland wechselte. Nach einer Auszeit von 26 Monaten begann 2011 die Arbeit mit Österreichs Nationalteam.Peter Linden, der beste Fußballjournalist des Landes, zeichnet Kollers einzigartige Erfolgslaufbahn als ÖFB-Coach nach: Wie er gestärkt aus dem ersten großen Krach hervorging. Wie er als erster Ausländer die Nationalelf nach 18 Jahren Pause wieder zu einem Großereignis führte. Wie der beeindruckende Sprung in der Weltrangliste von Rang 77 auf 10 gelang.
Am 15. Juni 1984 trafen Marcel Koller und Peter Linden erstmals vor dem Zürcher Hardturm-Stadion aufeinander - Kurt Jara, damals Teamkollege des Schweizers bei den Grasshoppers, machte die beiden miteinander bekannt. Im Oktober 2011 kam es zum Wiedersehen, als Koller in Oberwart als neuer ÖFB-Teamchef präsentiert wurde. Was machte das Urgestein der Grasshoppers eigentlich dazwischen?
Nach seiner Zeit als Aktiver war Marcel Koller ab 1997 Trainer, zunächst in der Schweiz, wo er in Wil, St. Gallen und Zürich Erfolge auf nationaler Ebene erreichte. 2003 wechselte er nach Deutschland, wo er zwar mit Köln abstieg, aber - Stichwort: Podolski - Spuren hinterließ. Nach einigen Saisonen beim VfL Bochum und einer Auszeit von gut zwei Jahren heuerte Koller als Nationaltrainer beim Österreichischen Fußballbund an.
Peter Linden beschreibt in der Biografie, wie Marcel Koller hier alle seine Pläne in die Tat umsetzte, wie er das Vertrauen und den Rückhalt seiner Spieler gewann und zum nationalen Liebling der Österreicher wurde. Erinnerungen von Weggefährten wie Kurt Jara und dem Schweizer Rekordteamspieler Heinz Hermann, eine Statistik der ÖFB Länderspiele in der Ära Koller sowie zahlreiche Abbildungen ergänzen das
... mehr
Porträt "unseres" Erfolgstrainers.
... weniger
Lese-Probe zu „Marcel Koller “
Peter Linden - Marcel KollerVorwort von
Didi Constantini
... mehr
Als Österreich die Qualifikation für die Europameisterschaft
erstmals auf dem grünen Rasen geschafft hatte, griff ich
nach einigen Tagen zum Telefon und rief als Vorgänger von
Marcel Koller ihn an, um ihm ehrlich zu gratulieren. Es entwickelte
sich ein nettes, gutes Gespräch.
Ich habe gehört, dass er so wie ich praktisch auf dem Fußballplatz
aufgewachsen ist, dass man ihm nichts vormachen
kann. Marcel Koller hat einen guten Kader bekommen, alles
einmal beobachtet, in ruhiger und besonnener Art alles aufgebaut.
Zu einem Team, das jetzt die Sensation schlechthin
ist. Sogar Weltklasse. Das ist keine billige Einschleimerei,
sondern Überzeugung. Wer zu den Top Ten der Weltrangliste
gehört, der verdient dieses Prädikat.
Ich will damit keine allzu großen oder gar unrealistischen
Erwartungen für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich
wecken, aber ich glaube, das Team und sein Umfeld erwartet
von sich selbst auch noch einiges. Die geben sich mit
dem, was sie bisher geschafft haben, nicht schon zufrieden.
Es ist egal, wer schon bei mir im Nationalteam gespielt
hat oder sogar noch vor meiner Zeit - alle haben eine gute
Entwicklung gemacht, sonst wären sie jetzt nicht dort, wo sie
sind. Marcel Koller hat sich einen breiten Kader geschaffen,
von dem er überzeugt ist, mit dem er einige Möglichkeiten
hat. Es ist für einen Erfolg auch wichtig, einen Tormann zu
fixieren. Das hat Marcel Koller mit Robert Almer gemacht
und die Entscheidung durchgezogen, obwohl ihm dafür einige
Kritik um die Ohren geflogen ist. Die brachte ihn aber
nicht von seinem Weg ab.
Der Erfolg hat Marcel Koller bestätigt, dass er faktisch
alles richtig gemacht hat. Und ich wünsche ihm und den
Spielern auch für 2016 nur das Beste. Für weitere Erfolge, die
mich genauso wie jeden anderen rot-weiß-roten Fußballfan
auch sehr freuen würden.
Didi Constantini
Telfes im Stubai, Oktober 2015
13
Marcel Koller, geboren am 11. November 1960 in Zürich,
ist seit 2007 in zweiter Ehe mit Gisela verheiratet. Mit seiner
ersten Frau Jolanda, einer Österreicherin, hat er zwei
gemeinsame
Kinder.
Als Spieler war er mit Grasshoppers Zürich sieben Mal
Schweizer Meister und fünf Mal Pokalsieger sowie mit der
»Nati«, für die er 55 Spiele absolvierte, Teilnehmer an der
Fußball-EM 1996 in England.
Als Trainer gewann er mit dem FC St. Gallen und den Grasshoppers
die Schweizer Meisterschaft, war 1999 Schweizer
Trainer des Jahres, schaffte 2006 mit dem VfL Bochum den
Aufstieg in die deutsche Bundesliga und qualifizierte sich
mit Österreichs Nationalteam für die EM-Endrunde 2016 in
Frankreich.
Kapitel 1
15. Juni 1984, Zürich, Hardturm
Auch zu meinem ersten Händedruck mit Marcel Koller,
31 Jahre bevor er Österreichs Fußballteam als Erster auf
sportlichem Weg zur Europameisterschaft führte, als erster
Teamchef aus dem Ausland die Qualifikation für ein Großereignis
schaffte - und zwar als souveräner Gruppensieger -,
trug Österreichs Nationalmannschaft einiges bei. Im Juni
1984 gab es nach Meisterschaftsende ein Teamtrainingslager
in Vorarlberg, die Mannschaft wohnte im Schlosshotel
Bludenz. Am Abend des 6. Juni stand kein Termin am Programm.
Daher beschlossen einige, Österreichs Ex-Teamstar
Kurt Jara in Zürich, wo er bei den Grasshoppers spielte, zu
besuchen. Darunter war Alfred Ludwig, heute Generaldirektor
im Fußballbund, damals Pressechef von Teamchef Erich
Hof. Hinein ins Auto, rund 150 Kilometer aus dem Ländle
nach Zürich, später wieder retour.
Grasshoppers bestritt daheim im Hardturm-Stadion das
letzte Meisterschaftsspiel gegen Nachzügler Wettingen,
siegte 3 : 1. Im Fernduell um den Titel gegen Servette Genf.
Am Ende waren beide punktegleich, daher folgte ein Entscheidungsspiel
neun Tage später im Wankdorf-Stadion
von Bern, dem Ort des legendären WM-Finales von 1954
mit dem Sieger Deutschland. Als wir uns am Abend von Jara
verabschiedeten, sagte der: »Kommt auch nach Bern, ihr
bringt Glück.« Ich hielt mich daran - der 15. Juni 1984 war
spielfreier
Tage der Europameisterschaft. Die fand damals
ebenso wie 2016 in Frankreich statt. Weder die Schweiz noch
Österreich spielten mit.
Flug nach Zürich, mit dem Mietauto zum Wankdorf-Stadion.
Dort siegte Grasshoppers nach Verlängerung 1 : 0,
weil Jara mit seiner ganzen Erfahrung und Routine im Zweikampf
mit dem belgischen Teamverteidiger Michel Renquin
gekonnt einen Elfmeter herausholte. Dritter Meistertitel in
Serie für die Hoppers, die Ehrenrunde störten die Wurfgeschosse
der frustrierten Servette-Fans. Danach retour nach
Zürich, zur Meisterparty vor dem Hardturm, bei der nur
gute Laune angesagt war. Dabei stellte mir Jara den damals
23-jährigen Mitspieler Marcel Koller, Jahrgang 1960, vor.
Der fuhrwerkte im Mittelfeld; heute, in der modernen Fußballsprache,
würde man ihn als »Sechser« bezeichnen. Einer,
der wahnsinnig viel rannte und arbeitete: »Er war seriös und
ruhig, brachte immer seine Leistung«, lobt Jara im Blick zurück,
vergleicht ihn von den aktuellen Schützlingen Kollers
am ehesten mit den laufstarken Julian Baumgartlinger und
Zlatko Junuzovic: »So gute Standards wie Junuzovic konnte
er nicht, aber Marcel stopfte nicht nur die Löcher, sondern
setzte auch Akzente nach vorne.«
Trainer der Grasshoppers war damals Miroslav Blaževi ,
später bekannt als Teamchef von Kroatien. In seinen achtzehn
»Hoppers«-Jahren als Spieler, von 1978 bis 1996, hatte
Koller zehn Trainer. Es begann mit vier Deutschen: Helmuth
Johannsen, der 1967 Eintracht Braunschweig zum Meister
gecoacht hatte, dann Jürgen Sundermann, der zuvor den
VfB Stuttgart mit Jungstar Hansi Müller wieder salonfähig
gemacht hatte, dann der knochenharte Timo Konietzka und
schließlich Hennes Weisweiler, der Schöpfer der grandiosen
Gladbacher »Fohlenelf« um Günter Netzer, Jupp Heynckes
und Berti Vogts. Dann folgten der Tscheche Oldrich Šváb,
Blaževi , wieder Konietzka, der frühere Mitspieler Jara, Ottmar
Hitzfeld, der in späteren Jahren mit Borussia Dortmund
und Bayern München die Champions League gewann, der
Holländer Leo Beenhakker und der Schweizer Christian
Gross, in dessen Ära Koller der große Zampano war, der verlängerte
Arm am Rasen. Der Trainer Jara kann über seinen
Schützling Koller nichts Schlechtes sagen: »Wir gewannen
gemeinsam den Cup. Er wusste immer, was er will, war aber
pflegeleicht, weil immer nur positiv.«
Fünf Monate nach dem ersten Kennenlernen sah ich Koller
in dem durch das Leichtathletikmeeting berühmt gewordenen
Zürcher Letzigrund-Stadion wieder mit Jara
spielen: Schlager im Europacup der Meister gegen Juventus
Turin mit dem heutigen UEFA-Präsidenten Michel Platini,
der zwei Tore erzielte, WM-Torschützenkönig Paolo
Rossi und dem polnischen Topstar Zbigniew Boniek. Koller
schoss beim 2 : 4 nach einer halben Stunde den Ausgleich
zum 1 : 1. Eines von 59 Toren in 428 Partien für die Grasshoppers.
Der Trainer von Juventus hieß Giovanni Trapattoni.
Drei Jahrzehnte später sollten Koller und Trapattoni Gegner
als Teamchefs sein: beim Spiel Österreich gegen Irland im
erfolglosen Kampf um das WM-Ticket 2014 in Brasilien. Das
konnte damals, 1984, wirklich keiner ahnen.
Bis zum nächsten Wiedersehen mit Koller dauerte es drei
Jahre, bis 1987, als die Grasshoppers über die Weihnachtszeit
beim Wiener Stadthallenturnier mitmachten. Sie ließen es
locker angehen, Koller lernte erstmals kurz die Wiener Vorzüge
kennen. Etwa ein riesiges Wiener Schnitzel beim »Figlmüller
« im Lugeck-Durchgang. Grasshoppers wurde zwar
Letzter, Koller aber Schützenkönig. Gemeinsam mit Toni
Polster.
Neun Jahre später kam er wieder nach Wien: Länderspiel
im Ernst-Happel-Stadion gegen Österreich als Test
für die Endrunde der Europameisterschaft 1996 in England.
Ein Match, in dem Ivo Vastic für Österreich debütierte.
Koller spielte bereits seit 17. Juni 1983 für die Nati
(so wird die Nationalmannschaft
bei den Eidgenossen genannt),
debütierte in Biel gegen Brasilien. Er hatte Schweizer
Teamchefs wie Paul Wolfisberg und Daniel Jeandupeux,
Ex-Real-Madrid-
Star Uli Stielike, den deutschen Europameister
von 1980, den Engländer Roy Hodgson und zuletzt
Artur Jorge, den Portugiesen mit dem markanten Schnauzbart.
Fünf Jahre vor diesem Match in Wien, das die Schweiz 0 : 1
verlor, hatte es gar nicht gut für Kollers Karriere ausgesehen:
Am 24. Juli 1991 erlitt er in einem Match gegen Aarau
bei einer Attacke des ehemaligen Grasshoppers-Mitspielers
Roger Wehrli einen doppelten offenen Schien- und Wadenbeinbruch.
Nicht die einzige schwere Verletzung, die Koller
bremste. Das Knie erinnert ihn noch heute daran, Joggen
ist deshalb nicht möglich. Koller fiel damals 18 Monate aus,
durfte dann als Co-Trainer bei Leo Beenhakker arbeiten und
zudem als Coach der C-Jugend der Grasshoppers. Die Trainerausbildung
hatte er ja schon mit 26 Jahren begonnen:
»Damals waren die Trainingseinheiten noch nicht so strukturiert
und präzise wie heute, da haben wir manchmal einfach
zehn gegen zehn drauflosgespielt.«
Einen Fall aus dieser Zeit erzählt Koller noch heute, wenn
ihn jemand fragt, ob ein Trainer auch Erzieher sein muss: Es
gab einen Jungen, der mit zwölf Jahren bei all seinem Talent
bereits Starallüren hatte. Dem versuchte Koller, damals
etwas über dreißig, gewisse Dinge mitzugeben. Der Junge
kam aus einer Migrantenfamilie, in der er bereits im Mittelpunkt
stand. Mutter, Vater und Bruder waren bei jedem
Training dabei und überzeugt, dass der Junge ein Teamspieler
von übermorgen werde. Sie förderten ihn, er konnte sich
vieles bis alles erlauben. Koller redete einmal mit dem Vater
und sagte, dieser müsse seinem Sohn Schranken setzen. Der
Vater antwortete ihm: »Kannst das nicht du machen?« Koller
verneinte, weil er nur dreimal die Woche ein paar Stunden
mit dem Jungen zusammen war. Der schaffte nie die große
Karriere. Auch heutzutage fällt Koller auf: Man darf fast gar
nichts mehr bemängeln oder kritisieren. Man lobt nur, statt
auch einmal klipp und klar zu sagen: »Das darfst du nicht!«
Zurück zu 1996. Koller gehörte zum EM-Aufgebot der
Schweiz, kam beim Eröffnungsspiel gegen England in Wembley
nach der Pause. Mit ihm gelang der Ausgleich zum 1 : 1.
40 Minuten nach dem Spiel ein kurzer Plausch im Kabinengang
mit einem zufriedenen Koller. Heutzutage wäre so
etwas für keinen Printjournalisten mehr möglich. Ab dann
gab's Sendepause mit Koller - bis zum Wiedersehen als
Österreichs
Teamchef am 4. Oktober 2011 in der Messehalle
von Oberwart. Er erlebte in den 15 Jahren dazwischen freilich
noch Markantes, wechselte das Metier.
In England endete mit dem dritten EM-Gruppenspiel der
Schweiz, dem 0 : 1 gegen Schottland im Villa Park von Birmingham,
Kollers Teamkarriere. 55 Länderspiele, drei Tore,
der Höhepunkt bedeutete zugleich die Endstation. Er wollte
gleich ganz aufhören, weil er merkte, dass es gesundheitlich
nicht mehr passte. Aber der Klub bat ihn, noch eine Saison
anzuhängen, und er machte zunächst weiter - als Spieler und
Co-Trainer unter Gross. In der Qualifikation zur Champions
League jubelte ihm nach einem Super-Tor noch alles zu, aber
zum Jahresende ging es wegen Achillessehnenproblemen
nicht mehr weiter. Seine Verletzungsliste bei Grasshoppers
ist durchaus imposant: drei Mal Bänderriss im Sprunggelenk
(zwei Mal rechts, ein Mal links), zwei Mal Operation an der
Achillessehne aufgrund eines Einrisses, zwei Mal Operation
einer gerissenen Quadrizepssehne am linken Oberschenkel,
der erwähnte Schien- und doppelte Wadenbeinbruch, Haarriss
im rechten Wadenbein, Nasenbeinbruch und Gehirnerschütterung.
Als Trainer musste er später auch unters Messer:
im linken Knie ein Teil des Meniskus abgezwickt, im rechten
ebenfalls Meniskusoperation mit Straffung des vorderen
Kreuzbandes zuzüglich links eine Korrektur der Stellung des
Unterschenkels (zwölf Grad) mit Keil und Schrauben.
Am meisten beeindruckten Koller von seinen Trainern
Leo Beenhakker bei den Grasshoppers, der zuvor von 1986
bis 1989 bei Real Madrid gearbeitet, drei Meistertitel gewonnen
hatte und bei der WM 1990 Teamchef der Niederlande
war (später, 2008 bei Österreichs Heim-EURO, beim rotweiß-
roten Gegner Polen), und als Schweizer Teamchef Roy
Hodgson, der aktuell seit 2012 zweimal vergeblich versuchte,
mit England den ersten Titel seit 1966 zu holen. Die unterschiedlichen
Systeme von Beenhakker (3-4-3) und Hodgson
(4-4-2) mit ihren jeweiligen Vorteilen bezeichnet Koller als
Schlüsselerlebnisse für seine Trainerkarriere. Die schlug er
auch deshalb ein, weil er selbst einmal einen Trainer hatte,
der mit den Spielern wenig bis nichts gesprochen hat. Das
wollte er anders machen.
Als Trainer begann er am 1. Juli 1997 beim FC Wil in
der Nähe von St. Gallen. Für ihn fast ein Kulturschock. Er
kam vom professionellsten Klub in der Schweiz, der die
Grasshoppers 1997 waren, und dann standen bei Wil am
Vormittag beim Training nur zwei Profis auf dem Platz. Der
Trainer Koller musste selbst flanken, damit der Spieler die
Bälle auf das Tor schießen konnte, weil sonst keiner da war.
Die Wäsche mussten sie auch selber waschen. Mit zwei Ausnahmen
erschienen alle erst am Abend nach ihrem normalen
Job zum Training. Im Kopf noch zu 80 Prozent bei ihrer
Arbeit. Erst beim Aufwärmen rückte der Fußball immer
mehr in den Mittelpunkt. Für Koller eine wichtige Zeit, weil
er so lernte, auf Menschen einzugehen.
Im Jänner 1999 stand Wil auf einem Aufstiegsplatz, als der
FC St. Gallen Koller in die Super League holte. Im Juni 2000
hieß der Schweizer Meister - St. Gallen: zehn Punkte mehr
als Lausanne, 17 mehr als die Hoppers, bei denen nun sein
ehemaliger Teamchef Hodgson Trainer war. Die Ostschweiz
war in Aufruhr, Koller gönnte sich bei den vielen Feiern über
den ersten Titel seit 96 Jahren (!) so manch gute Zigarre.
Seltene
Bilder von ihm. Die Qualifikation zur Champions
League gelang nicht, aber dafür folgte im Herbst der nächste
Meilenstein: Das kleine St. Gallen schaltete im UEFA-Cup
Englands Spitzenklub Chelsea aus. Nur 0 : 1 an der Stamford
Bridge, aber dann am ausverkauften Letzigrund (das Espenmoos-
Stadion in St. Gallen war baufällig) 2 : 0.
© Carl Ueberreuter Verlag
Als Österreich die Qualifikation für die Europameisterschaft
erstmals auf dem grünen Rasen geschafft hatte, griff ich
nach einigen Tagen zum Telefon und rief als Vorgänger von
Marcel Koller ihn an, um ihm ehrlich zu gratulieren. Es entwickelte
sich ein nettes, gutes Gespräch.
Ich habe gehört, dass er so wie ich praktisch auf dem Fußballplatz
aufgewachsen ist, dass man ihm nichts vormachen
kann. Marcel Koller hat einen guten Kader bekommen, alles
einmal beobachtet, in ruhiger und besonnener Art alles aufgebaut.
Zu einem Team, das jetzt die Sensation schlechthin
ist. Sogar Weltklasse. Das ist keine billige Einschleimerei,
sondern Überzeugung. Wer zu den Top Ten der Weltrangliste
gehört, der verdient dieses Prädikat.
Ich will damit keine allzu großen oder gar unrealistischen
Erwartungen für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich
wecken, aber ich glaube, das Team und sein Umfeld erwartet
von sich selbst auch noch einiges. Die geben sich mit
dem, was sie bisher geschafft haben, nicht schon zufrieden.
Es ist egal, wer schon bei mir im Nationalteam gespielt
hat oder sogar noch vor meiner Zeit - alle haben eine gute
Entwicklung gemacht, sonst wären sie jetzt nicht dort, wo sie
sind. Marcel Koller hat sich einen breiten Kader geschaffen,
von dem er überzeugt ist, mit dem er einige Möglichkeiten
hat. Es ist für einen Erfolg auch wichtig, einen Tormann zu
fixieren. Das hat Marcel Koller mit Robert Almer gemacht
und die Entscheidung durchgezogen, obwohl ihm dafür einige
Kritik um die Ohren geflogen ist. Die brachte ihn aber
nicht von seinem Weg ab.
Der Erfolg hat Marcel Koller bestätigt, dass er faktisch
alles richtig gemacht hat. Und ich wünsche ihm und den
Spielern auch für 2016 nur das Beste. Für weitere Erfolge, die
mich genauso wie jeden anderen rot-weiß-roten Fußballfan
auch sehr freuen würden.
Didi Constantini
Telfes im Stubai, Oktober 2015
13
Marcel Koller, geboren am 11. November 1960 in Zürich,
ist seit 2007 in zweiter Ehe mit Gisela verheiratet. Mit seiner
ersten Frau Jolanda, einer Österreicherin, hat er zwei
gemeinsame
Kinder.
Als Spieler war er mit Grasshoppers Zürich sieben Mal
Schweizer Meister und fünf Mal Pokalsieger sowie mit der
»Nati«, für die er 55 Spiele absolvierte, Teilnehmer an der
Fußball-EM 1996 in England.
Als Trainer gewann er mit dem FC St. Gallen und den Grasshoppers
die Schweizer Meisterschaft, war 1999 Schweizer
Trainer des Jahres, schaffte 2006 mit dem VfL Bochum den
Aufstieg in die deutsche Bundesliga und qualifizierte sich
mit Österreichs Nationalteam für die EM-Endrunde 2016 in
Frankreich.
Kapitel 1
15. Juni 1984, Zürich, Hardturm
Auch zu meinem ersten Händedruck mit Marcel Koller,
31 Jahre bevor er Österreichs Fußballteam als Erster auf
sportlichem Weg zur Europameisterschaft führte, als erster
Teamchef aus dem Ausland die Qualifikation für ein Großereignis
schaffte - und zwar als souveräner Gruppensieger -,
trug Österreichs Nationalmannschaft einiges bei. Im Juni
1984 gab es nach Meisterschaftsende ein Teamtrainingslager
in Vorarlberg, die Mannschaft wohnte im Schlosshotel
Bludenz. Am Abend des 6. Juni stand kein Termin am Programm.
Daher beschlossen einige, Österreichs Ex-Teamstar
Kurt Jara in Zürich, wo er bei den Grasshoppers spielte, zu
besuchen. Darunter war Alfred Ludwig, heute Generaldirektor
im Fußballbund, damals Pressechef von Teamchef Erich
Hof. Hinein ins Auto, rund 150 Kilometer aus dem Ländle
nach Zürich, später wieder retour.
Grasshoppers bestritt daheim im Hardturm-Stadion das
letzte Meisterschaftsspiel gegen Nachzügler Wettingen,
siegte 3 : 1. Im Fernduell um den Titel gegen Servette Genf.
Am Ende waren beide punktegleich, daher folgte ein Entscheidungsspiel
neun Tage später im Wankdorf-Stadion
von Bern, dem Ort des legendären WM-Finales von 1954
mit dem Sieger Deutschland. Als wir uns am Abend von Jara
verabschiedeten, sagte der: »Kommt auch nach Bern, ihr
bringt Glück.« Ich hielt mich daran - der 15. Juni 1984 war
spielfreier
Tage der Europameisterschaft. Die fand damals
ebenso wie 2016 in Frankreich statt. Weder die Schweiz noch
Österreich spielten mit.
Flug nach Zürich, mit dem Mietauto zum Wankdorf-Stadion.
Dort siegte Grasshoppers nach Verlängerung 1 : 0,
weil Jara mit seiner ganzen Erfahrung und Routine im Zweikampf
mit dem belgischen Teamverteidiger Michel Renquin
gekonnt einen Elfmeter herausholte. Dritter Meistertitel in
Serie für die Hoppers, die Ehrenrunde störten die Wurfgeschosse
der frustrierten Servette-Fans. Danach retour nach
Zürich, zur Meisterparty vor dem Hardturm, bei der nur
gute Laune angesagt war. Dabei stellte mir Jara den damals
23-jährigen Mitspieler Marcel Koller, Jahrgang 1960, vor.
Der fuhrwerkte im Mittelfeld; heute, in der modernen Fußballsprache,
würde man ihn als »Sechser« bezeichnen. Einer,
der wahnsinnig viel rannte und arbeitete: »Er war seriös und
ruhig, brachte immer seine Leistung«, lobt Jara im Blick zurück,
vergleicht ihn von den aktuellen Schützlingen Kollers
am ehesten mit den laufstarken Julian Baumgartlinger und
Zlatko Junuzovic: »So gute Standards wie Junuzovic konnte
er nicht, aber Marcel stopfte nicht nur die Löcher, sondern
setzte auch Akzente nach vorne.«
Trainer der Grasshoppers war damals Miroslav Blaževi ,
später bekannt als Teamchef von Kroatien. In seinen achtzehn
»Hoppers«-Jahren als Spieler, von 1978 bis 1996, hatte
Koller zehn Trainer. Es begann mit vier Deutschen: Helmuth
Johannsen, der 1967 Eintracht Braunschweig zum Meister
gecoacht hatte, dann Jürgen Sundermann, der zuvor den
VfB Stuttgart mit Jungstar Hansi Müller wieder salonfähig
gemacht hatte, dann der knochenharte Timo Konietzka und
schließlich Hennes Weisweiler, der Schöpfer der grandiosen
Gladbacher »Fohlenelf« um Günter Netzer, Jupp Heynckes
und Berti Vogts. Dann folgten der Tscheche Oldrich Šváb,
Blaževi , wieder Konietzka, der frühere Mitspieler Jara, Ottmar
Hitzfeld, der in späteren Jahren mit Borussia Dortmund
und Bayern München die Champions League gewann, der
Holländer Leo Beenhakker und der Schweizer Christian
Gross, in dessen Ära Koller der große Zampano war, der verlängerte
Arm am Rasen. Der Trainer Jara kann über seinen
Schützling Koller nichts Schlechtes sagen: »Wir gewannen
gemeinsam den Cup. Er wusste immer, was er will, war aber
pflegeleicht, weil immer nur positiv.«
Fünf Monate nach dem ersten Kennenlernen sah ich Koller
in dem durch das Leichtathletikmeeting berühmt gewordenen
Zürcher Letzigrund-Stadion wieder mit Jara
spielen: Schlager im Europacup der Meister gegen Juventus
Turin mit dem heutigen UEFA-Präsidenten Michel Platini,
der zwei Tore erzielte, WM-Torschützenkönig Paolo
Rossi und dem polnischen Topstar Zbigniew Boniek. Koller
schoss beim 2 : 4 nach einer halben Stunde den Ausgleich
zum 1 : 1. Eines von 59 Toren in 428 Partien für die Grasshoppers.
Der Trainer von Juventus hieß Giovanni Trapattoni.
Drei Jahrzehnte später sollten Koller und Trapattoni Gegner
als Teamchefs sein: beim Spiel Österreich gegen Irland im
erfolglosen Kampf um das WM-Ticket 2014 in Brasilien. Das
konnte damals, 1984, wirklich keiner ahnen.
Bis zum nächsten Wiedersehen mit Koller dauerte es drei
Jahre, bis 1987, als die Grasshoppers über die Weihnachtszeit
beim Wiener Stadthallenturnier mitmachten. Sie ließen es
locker angehen, Koller lernte erstmals kurz die Wiener Vorzüge
kennen. Etwa ein riesiges Wiener Schnitzel beim »Figlmüller
« im Lugeck-Durchgang. Grasshoppers wurde zwar
Letzter, Koller aber Schützenkönig. Gemeinsam mit Toni
Polster.
Neun Jahre später kam er wieder nach Wien: Länderspiel
im Ernst-Happel-Stadion gegen Österreich als Test
für die Endrunde der Europameisterschaft 1996 in England.
Ein Match, in dem Ivo Vastic für Österreich debütierte.
Koller spielte bereits seit 17. Juni 1983 für die Nati
(so wird die Nationalmannschaft
bei den Eidgenossen genannt),
debütierte in Biel gegen Brasilien. Er hatte Schweizer
Teamchefs wie Paul Wolfisberg und Daniel Jeandupeux,
Ex-Real-Madrid-
Star Uli Stielike, den deutschen Europameister
von 1980, den Engländer Roy Hodgson und zuletzt
Artur Jorge, den Portugiesen mit dem markanten Schnauzbart.
Fünf Jahre vor diesem Match in Wien, das die Schweiz 0 : 1
verlor, hatte es gar nicht gut für Kollers Karriere ausgesehen:
Am 24. Juli 1991 erlitt er in einem Match gegen Aarau
bei einer Attacke des ehemaligen Grasshoppers-Mitspielers
Roger Wehrli einen doppelten offenen Schien- und Wadenbeinbruch.
Nicht die einzige schwere Verletzung, die Koller
bremste. Das Knie erinnert ihn noch heute daran, Joggen
ist deshalb nicht möglich. Koller fiel damals 18 Monate aus,
durfte dann als Co-Trainer bei Leo Beenhakker arbeiten und
zudem als Coach der C-Jugend der Grasshoppers. Die Trainerausbildung
hatte er ja schon mit 26 Jahren begonnen:
»Damals waren die Trainingseinheiten noch nicht so strukturiert
und präzise wie heute, da haben wir manchmal einfach
zehn gegen zehn drauflosgespielt.«
Einen Fall aus dieser Zeit erzählt Koller noch heute, wenn
ihn jemand fragt, ob ein Trainer auch Erzieher sein muss: Es
gab einen Jungen, der mit zwölf Jahren bei all seinem Talent
bereits Starallüren hatte. Dem versuchte Koller, damals
etwas über dreißig, gewisse Dinge mitzugeben. Der Junge
kam aus einer Migrantenfamilie, in der er bereits im Mittelpunkt
stand. Mutter, Vater und Bruder waren bei jedem
Training dabei und überzeugt, dass der Junge ein Teamspieler
von übermorgen werde. Sie förderten ihn, er konnte sich
vieles bis alles erlauben. Koller redete einmal mit dem Vater
und sagte, dieser müsse seinem Sohn Schranken setzen. Der
Vater antwortete ihm: »Kannst das nicht du machen?« Koller
verneinte, weil er nur dreimal die Woche ein paar Stunden
mit dem Jungen zusammen war. Der schaffte nie die große
Karriere. Auch heutzutage fällt Koller auf: Man darf fast gar
nichts mehr bemängeln oder kritisieren. Man lobt nur, statt
auch einmal klipp und klar zu sagen: »Das darfst du nicht!«
Zurück zu 1996. Koller gehörte zum EM-Aufgebot der
Schweiz, kam beim Eröffnungsspiel gegen England in Wembley
nach der Pause. Mit ihm gelang der Ausgleich zum 1 : 1.
40 Minuten nach dem Spiel ein kurzer Plausch im Kabinengang
mit einem zufriedenen Koller. Heutzutage wäre so
etwas für keinen Printjournalisten mehr möglich. Ab dann
gab's Sendepause mit Koller - bis zum Wiedersehen als
Österreichs
Teamchef am 4. Oktober 2011 in der Messehalle
von Oberwart. Er erlebte in den 15 Jahren dazwischen freilich
noch Markantes, wechselte das Metier.
In England endete mit dem dritten EM-Gruppenspiel der
Schweiz, dem 0 : 1 gegen Schottland im Villa Park von Birmingham,
Kollers Teamkarriere. 55 Länderspiele, drei Tore,
der Höhepunkt bedeutete zugleich die Endstation. Er wollte
gleich ganz aufhören, weil er merkte, dass es gesundheitlich
nicht mehr passte. Aber der Klub bat ihn, noch eine Saison
anzuhängen, und er machte zunächst weiter - als Spieler und
Co-Trainer unter Gross. In der Qualifikation zur Champions
League jubelte ihm nach einem Super-Tor noch alles zu, aber
zum Jahresende ging es wegen Achillessehnenproblemen
nicht mehr weiter. Seine Verletzungsliste bei Grasshoppers
ist durchaus imposant: drei Mal Bänderriss im Sprunggelenk
(zwei Mal rechts, ein Mal links), zwei Mal Operation an der
Achillessehne aufgrund eines Einrisses, zwei Mal Operation
einer gerissenen Quadrizepssehne am linken Oberschenkel,
der erwähnte Schien- und doppelte Wadenbeinbruch, Haarriss
im rechten Wadenbein, Nasenbeinbruch und Gehirnerschütterung.
Als Trainer musste er später auch unters Messer:
im linken Knie ein Teil des Meniskus abgezwickt, im rechten
ebenfalls Meniskusoperation mit Straffung des vorderen
Kreuzbandes zuzüglich links eine Korrektur der Stellung des
Unterschenkels (zwölf Grad) mit Keil und Schrauben.
Am meisten beeindruckten Koller von seinen Trainern
Leo Beenhakker bei den Grasshoppers, der zuvor von 1986
bis 1989 bei Real Madrid gearbeitet, drei Meistertitel gewonnen
hatte und bei der WM 1990 Teamchef der Niederlande
war (später, 2008 bei Österreichs Heim-EURO, beim rotweiß-
roten Gegner Polen), und als Schweizer Teamchef Roy
Hodgson, der aktuell seit 2012 zweimal vergeblich versuchte,
mit England den ersten Titel seit 1966 zu holen. Die unterschiedlichen
Systeme von Beenhakker (3-4-3) und Hodgson
(4-4-2) mit ihren jeweiligen Vorteilen bezeichnet Koller als
Schlüsselerlebnisse für seine Trainerkarriere. Die schlug er
auch deshalb ein, weil er selbst einmal einen Trainer hatte,
der mit den Spielern wenig bis nichts gesprochen hat. Das
wollte er anders machen.
Als Trainer begann er am 1. Juli 1997 beim FC Wil in
der Nähe von St. Gallen. Für ihn fast ein Kulturschock. Er
kam vom professionellsten Klub in der Schweiz, der die
Grasshoppers 1997 waren, und dann standen bei Wil am
Vormittag beim Training nur zwei Profis auf dem Platz. Der
Trainer Koller musste selbst flanken, damit der Spieler die
Bälle auf das Tor schießen konnte, weil sonst keiner da war.
Die Wäsche mussten sie auch selber waschen. Mit zwei Ausnahmen
erschienen alle erst am Abend nach ihrem normalen
Job zum Training. Im Kopf noch zu 80 Prozent bei ihrer
Arbeit. Erst beim Aufwärmen rückte der Fußball immer
mehr in den Mittelpunkt. Für Koller eine wichtige Zeit, weil
er so lernte, auf Menschen einzugehen.
Im Jänner 1999 stand Wil auf einem Aufstiegsplatz, als der
FC St. Gallen Koller in die Super League holte. Im Juni 2000
hieß der Schweizer Meister - St. Gallen: zehn Punkte mehr
als Lausanne, 17 mehr als die Hoppers, bei denen nun sein
ehemaliger Teamchef Hodgson Trainer war. Die Ostschweiz
war in Aufruhr, Koller gönnte sich bei den vielen Feiern über
den ersten Titel seit 96 Jahren (!) so manch gute Zigarre.
Seltene
Bilder von ihm. Die Qualifikation zur Champions
League gelang nicht, aber dafür folgte im Herbst der nächste
Meilenstein: Das kleine St. Gallen schaltete im UEFA-Cup
Englands Spitzenklub Chelsea aus. Nur 0 : 1 an der Stamford
Bridge, aber dann am ausverkauften Letzigrund (das Espenmoos-
Stadion in St. Gallen war baufällig) 2 : 0.
© Carl Ueberreuter Verlag
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Autoren-Porträt von Peter Linden
Linden, PeterPeter Linden, geboren 1951 in Wien, von 1969 bis 1983 bei der "Presse", danach bis August 2016 Redakteur in der Sportabteilung der "Neuen Kronen Zeitung". Autor und Co-Autor zahlreicher Publikationen zu Sportthemen; seit 1988 bei allen Europameisterschaften dabei. Er bloggt täglich unter peterlinden.live über Fußball und Eishockey.
Bibliographische Angaben
- Autor: Peter Linden
- 2015, 192 Seiten, Maße: 15,1 x 22,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Ueberreuter
- ISBN-10: 380007639X
- ISBN-13: 9783800076390
- Erscheinungsdatum: 12.11.2015
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