Mein erfundenes Land
Isabel Allendes früheste Erinnerung an Chile ist die an ein Haus, das sie nie gesehen hat: das ''große Eckhaus'', in dem ihre Mutter geboren wurde und von dem ihr Großvater so oft erzählte, dass ihr ist, als hätte sie darin gelebt. Es spielt die...
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Isabel Allendes früheste Erinnerung an Chile ist die an ein Haus, das sie nie gesehen hat: das ''große Eckhaus'', in dem ihre Mutter geboren wurde und von dem ihr Großvater so oft erzählte, dass ihr ist, als hätte sie darin gelebt. Es spielt die Hauptrolle in ihrem Roman Das Geisterhaus. Und es begegnet uns wieder in diesem Erinnerungsbuch, das uns mitten hineinführt in die Welt der großen Geschichtenerzählerin.
Sie erzählt von ihrem Land, das sie liebt und dem sie sich dennoch nie ganz zugehörig fühlen konnte. Und von ihrer Familie, ''denn wer eine Familie wie die meine hat, der braucht keine Phantasie.''
Ich streife umher, wie die Erinnerungen umherstreifen, aber ich bitte Sie, mich ein Stück auf meinem Weg zu begleiten"
Isabell Allende lädt Sie ein auf eine Reise durch Geschichte und Geschichten.
Die unvergeßlichen Gestalten aus Isabel Allendes erstem Roman kehren aus der Literatur ins Leben zurück. Denn die fiktive Sippe der Truebas "gleicht in alarmierender Weise der Familie meiner Mutter: Solche Figuren hätte ich nicht erfinden können. Was ja auch nicht nötig war, denn wer eine Familie wie die meine hat, der braucht keine Phantasie."
Doch wer ein Schicksal wie das ihre hat, dem wird das Heimweh zum vertrauten Begleiter, und so erzählt sie von ihrem Land, das sie liebt und vermißt, dem sie sich dennoch nie ganz zugehörig fühlen konnte, schon vor dem Militärputsch am 11. September 1973, der sie schließlich ins Exil trieb. Vor der Kulisse der grandiosen Landschaften am Ende der Welt erzählt sie vom Stolz, von der Großzügigkeit und Borniertheit ihrer Landsleute, von aufgeplusterten Machos und unermüdlichen Frauen kurz, von dem, was ihr Heimatland für sie liebenswert und unerträglich macht, von seiner gewaltsamen Geschichte und auch davon, was es heißt, als eine waschechte Hispanic in den USA ein neues Zuhause zu finden.
Ein Zuhause, das auf keiner Landkarte verzeichnet ist, denn: "Ich kann fast überall leben und schreiben. Jedes Buch trägt etwas bei zu diesem Ort in meinem Kopf , wie meine Enkel ihn nennen. In der langsamen Übung des Schreibens habe ich mit meinen Dämonen und Obsessionen gerungen, habe die Winkel der Erinnerung erforscht, Geschichten und Gestalten dem Vergessen entrissen, mir anderer Leute Leben gestohlen, und aus all diesen Rohstoffen habe ich einen Ort gebaut, den ich meine Heimat nenne. Dort komme ich her."
Die unvergeßlichen Gestalten aus Isabel Allendes erstem Roman kehren aus der Literatur ins Leben zurück. Denn die fiktive Sippe der Truebas "gleicht in alarmierender Weise der Familie meiner Mutter: Solche Figuren hätte ich nicht erfinden können. Was ja auch nicht nötig war, denn wer eine Familie wie die meine hat, der braucht keine Phantasie."
Doch wer ein Schicksal wie das ihre hat, dem wird das Heimweh zum vertrauten Begleiter, und so erzählt sie von ihrem Land, das sie liebt und vermißt, dem sie sich dennoch nie ganz zugehörig fühlen konnte, schon vor dem Militärputsch am 11. September 1973, der sie schließlich ins Exil trieb. Vor der Kulisse der grandiosen Landschaften am Ende der Welt erzählt sie vom Stolz, von der Großzügigkeit und Borniertheit ihrer Landsleute, von aufgeplusterten Machos und unermüdlichen Frauen - kurz, von dem, was ihr Heimatland für sie liebenswert und unerträglich macht, von seiner gewaltsamen Geschichte und auch davon, was es heißt, als eine waschechte Hispanic in den USA ein neues Zuhause zu finden. Ein Zuhause, das auf keiner Landkarte verzeichnet ist, denn: "Ich kann fast überall leben und schreiben. Jedes Buch trägt etwas bei zu diesem 'Ort in meinem Kopf', wie meine Enkel ihn nennen. In der langsamen Übung des Schreibens habe ich mit meinen Dämonen und Obsessionen gerungen, habe die Winkel der Erinnerung erforscht, Geschichten und Gestalten dem Vergessen entrissen, mir anderer Leute Leben gestohlen, und aus all diesen Rohstoffen habe ich einen Ort gebaut, den ich meine Heimat nenne. Dort komme ich her."
Mein erfundenes Land von IsabelAllende
LESEPROBE
Einige Worte vorweg
Ich wurde geboren, als das Gemetzel des ZweitenWeltkriegs in vollem Gange war, und ein großer Teil meiner Jugend war geprägtvom Warten darauf, daß der Planet in Stücke flöge,weil jemand versehentlich auf einen Knopf gedrückt und die Atombomben gezündethätte. Niemand glaubte, sehr lange zu leben, und so verschlangen wir eiligjeden Augenblick, ehe die Apokalypse über uns hereinbräche, und nahmen unsnicht die Zeit, den eigenen Nabel zu beschauen und uns Notizen zu machen, wieman das heute üblicherweise tut. Noch dazu wuchs ich in Santiago de Chile auf,wo jede natürliche Neigung zur Selbstbetrachtung im Keim erstickt wird. DieLosung dieser Stadt lautet: »Die dösende Krabbe landet im Topf.« In anderen, etwas kultivierterenStädten, in Buenos Aires etwa oder in New York, war es normal, daß man zur Therapie ging, und wer es nicht tat, dessenmangelnde Kultur oder geistige Schlichtheit galten als erwiesen. In Chiledagegen gingen nur gemeingefährliche Irre zur Therapie und auch die nur in derZwangsjacke. Aber das hat sich in den siebziger Jahren geändert, zugleich mitder sexuellen Revolution. Vielleicht hängt das eine mit dem anderen zusammen...Obwohl etliche von meiner Familie klassische Fälle wie aus dem Lehrbuch waren,hat nie jemand von uns einen Therapeuten aufgesucht, weil die Vorstellung,einem Unbekannten intime Angelegenheiten anzuvertrauen und dafür auch noch Geldzu bezahlen, einfach absurd war: dafür gab es Priester und Tanten. Ich habewenig Übung im Nachdenken über mich selbst, ertappte mich in den letzten Wochenjedoch so häufig bei Gedanken an meine Vergangenheit, daßich es nur als ein Zeichen verfrühter Senilität deuten kann.
Zwei erst kurz zurückliegende Begebenheitenhaben diese Lawine der Erinnerung ausgelöst. Zunächst eine beiläufige Bemerkungmeines Enkels Alejandro, der mich überraschte, alsich eben vor dem Spiegel die Landkarte meiner Falten studierte, was ihn zueinem mitleidigen »Keine Bange, altes Haus, drei Jahre lebst du mindestensnoch« veranlaßte. Da entschied ich, es sei an derZeit, mir mein Leben noch einmal zu betrachten, um herauszufinden, wie ich diedrei Jahre verbringen möchte, die mir so großzügig gewährt wurden. Die andereBegebenheit war die Frage eines Unbekannten während einer Tagung vonReiseschriftstellern, die ich eröffnen durfte. Ich sollte hier klarstellen, daß ich nicht zu dieser sonderbaren Gruppe von Leutengehöre, die an entlegene Orte reisen, jedes Bakterium überleben und nachherBücher veröffentlichen, mit denen sie die Blauäugigen dazu verleiten möchten,auf ihren Spuren zu wandeln. Reisen strengt über Gebühr an, zumal, wenn es dort,wo ich hinfahre, keinen Zimmerservice gibt. Meine idealen Ferien verbringe ichin einem Liegestuhl unter einem Sonnenschirm in meinem Patio,mit einem Buch über abenteuerliche Fahrten, die ich niemals unternehmen würde,es sei denn, ich wäre vor etwas auf der Flucht. Ich komme aus der sogenannten Dritten Welt (was ist die Zweite?) und mußte mir einen Ehemann angeln, um legal in der Erstenleben zu können. Es liegt mir fern, ohne triftigen Grund in dieUnterentwicklung zurückzukehren. Dennoch - und zu meinem Leidwesen - bin ichkreuz und quer durch fünf Kontinente gepilgert, sah mich ins Exil getrieben undlebe als Immigrantin. Etwas weiß ich also vom Reisen, und daher bat man mich,auf jener Tagung zu sprechen. Als ich meine kurze Rede beendet hatte, hob sicheine Hand im Publikum, und ein junger Mann fragte, welche Rolle das Heimweh inmeinen Romanen spiele. Es verschlug mir für einen Moment die Sprache.Heimweh... das ist laut Wörterbuch die »große Sehnsucht nach der fernenHeimat«, und das spanische Wort »nostalgia« stehtüberdies für die »Schwermut, die durch die Erinnerung an ein verlorenes Glückausgelöst wird«. Die Frage nahm mir die Luft, denn bis dahin war mir nicht klargewesen, daß mein Schreiben eine beständige Übung derSehnsucht ist. Ich war fast mein ganzes Leben hindurch eine Fremde, einZustand, den ich hinnehme, weil mir keine Wahl bleibt. Viele Male sah ich michzum Weggehen gezwungen, habe Bindungen gelöst und alles zurückgelassen, um aneinem anderen Ort von vorn zu beginnen; ich war eine Pilgerin auf mehr Wegen,als mir in Erinnerung geblieben sind. Von all den Abschieden sind meine Wurzelnvertrocknet, und ich mußte neue austreiben, die sichaus Mangel an einem geographischen Ort in der Erinnerung festklammerten. AberVorsicht! Die Erinnerung ist ein Labyrinth, in dem Minotaurenlauern.
© Suhrkamp Verlag
Aus dem Spanischen von Svenja Becker.
Isabel Allende, geboren 1942 in Lima, ist eine der weltweit beliebtesten Autorinnen. Ihre Bücher haben sich millionenfach verkauft und sind in mehr als 40 Sprachen übersetzt worden. 2018 wurde sie - und damit erstmals jemand aus der spanischsprachigen Welt - für ihr Lebenswerk mit der National Book Award Medal for Distinguished Contribution to American Letters ausgezeichnet. Isabel Allendes gesamtes Werk ist im Suhrkamp Verlag erschienen.
Becker, Svenja
Svenja Becker, geboren 1967 in Kusel (Pfalz), studierte Spanische Sprach- und Literaturwissenschaft. Sie lebt als Übersetzerin (u. a. Allende, Guelfenbein, Onetti) in Saarbrücken.
- Autor: Isabel Allende
- 2006, 1, 201 Seiten, Maße: 13 x 21,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Becker, Svenja
- Übersetzer: Svenja Becker
- Verlag: Suhrkamp
- ISBN-10: 3518418300
- ISBN-13: 9783518418307
- Erscheinungsdatum: 14.08.2006
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