Menschen führen - Leben wecken
Führen durch Menschlichkeit - eine kleine »Bibel des Führens« von Deutschlands bekanntestem Mönch.
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Führen durch Menschlichkeit - eine kleine »Bibel des Führens« von Deutschlands bekanntestem Mönch.
Worin besteht die Kunst des Führens? Und was macht eine gute Führungskraft aus? Der Benediktinermönch Anselm Grün stellt ein Führungsmodell vor, dessen unsere Welt mehr denn je bedarf: Führen durch Menschlichkeit.
Nach der Regel des Benedikt von Nursia, dem Vater der Benediktinermönche, beschreibt er den Verantwortlichen als einen Menschen, der sich mit sich selbst ausgesöhnt hat und in seinen Mitarbeitern Lebendigkeit und Freude zu erwecken vermag. Denn alle Bemühungen um Effizienz- oder Umsatzsteigerung bleiben fruchtlos, wenn es nicht gelingt, das Unternehmen in einen Ort der Inspiration und Ermutigung zu verwandeln.
Menschliche Reife, Bescheidenheit, Hingabe, Wertschätzung, das rechte Maß - dies und vieles mehr sind die besten Voraussetzungen, um die Weichen für eine erfolgreiche und von Stabilität geprägte Zukunft zu legen. Ein Buch voller Ruhe und visionärer Kraft, das auch in den stürmischsten Zeiten als verlässlicher Begleiter dient.
Menschen führen - Leben wecken von Anselm Grün
LESEPROBE
Einleitung
Führungsseminare werden heuteüberall angeboten. Jede Firma legt Wert darauf, ihre leitenden Mitarbeiter zuschulen, damit sie effektiver zu führen verstehen. Allerdings geht es bei vielenFührungsseminaren mehr um Methoden als um die Voraussetzungen des Führens.Wenn wir in der Regel des hl. Benedikt nach Führungsmodellen Ausschau halten,so finden wir da einen anderen Ansatz. Es geht vor allem um die Frage, wieeiner, der führen soll, beschaffen sein muß, wie eran sich arbeiten muß, um überhaupt führen zu können.Führung durch die Persönlichkeit ist für Benedikt das Wichtigste. Erst danngeht es auch um konkrete Hinweise, wie man führen soll. In den meisten Führungsseminarengeht es um Schulung der Leitungsfähigkeit, um klare Zielsetzung, zielstrebigesEinsetzen der Mitarbeiter und Ressourcen, um schnelles Durchschauen derkomplexen Zusammenhänge und um die richtige Entscheidungsfindung (vgl. Küng 349). Benedikt beschreibt vor allem die Haltung undden Charakter dessen, der für das Wirtschaften des Klosters verantwortlichist. Und er verliert nie das Ziel des Führens aus den Augen. Das Ziel wird abernicht in der Gewinnmaximierung gesehen, sondern im achtsamen Umgang mit derSchöpfung und mit den Menschen. Benedikt sieht das Ziel des Führens darin, daß im gemeinsamen Arbeiten das Haus Gottes erbaut wird,ein Haus, in dem Gottes Herrlichkeit durchscheint, ein Haus, in dem die Brüder(natürlich sind bei den Brüdern die Schwestern immer mitgemeint) miteinander inFrieden und in Freude zusammenleben und so Zeugnis ablegen für Gottes heilendeund liebende Nähe. Dieses Ideal scheint auf den ersten Blick weltfremd zusein. Aber bei näherem Hinsehen zeigt es gerade heute eine neue Aktualität.Viele Firmen haben eingesehen, daß es zu wenig ist,nur die Kosten zu senken und die Einhaltung der Arbeitszeit zu kontrollieren.Entscheidend ist, daß eine Firma über den engenHorizont der Gewinnmaximierung hinausschaut und einen Sinn in ihremWirtschaften erkennt.
Neben den vielen Büchern undSeminaren zum Thema Führung ist in den letzten Jahren ein anderes Thema in denVordergrund getreten, das der Wirtschaftsethik. Die Verantwortlichen in derWirtschaft haben immer mehr eingesehen, daß es ohne ethischeGrundsätze nicht möglich ist, ein Unternehmen zu führen. Ethische Grundsätzesind etwas anderes als moralische Appelle oder moralistische Forderungen, dieoft mit der Realität des Wirtschaftens nichts mehr zu tun haben. Was von der Kirchezum Thema Wirtschaftsethik gesagt wird, hat häufig diesen moralisierendenUnterton. Daher hilft es kaum weiter. Der »Runde Tisch von Caux«,begründet von Frederik Philips und Olivier Giscard d'Estaing,erklärt »die Notwendigkeit von moralischen Werten in den wirtschaftlichenEntscheidungsprozessen ... Ohne sie sind stabile Geschäftsbeziehungen und eineüberlebensfähige Weltgemeinschaft unmöglich.« (Küng 336) Die Regel Benedikts moralisiert nicht. Sie stelltGrundsätze auf, nach denen der Abt (der Vorsteher der klösterlichenGemeinschaft) oder der Cellerar (der wirtschaftlicheVerwalter des Klosters) ihre Aufgabe erfüllen sollen. Sie zeigt Wege, wie dieFührung den Menschen mit ihren Bedürfnissen und der Schöpfung mit ihren Ansprüchengerecht werden und zugleich wirtschaftlich arbeiten und den Unterhalt vielerMenschen sichern kann.
Da ich selbst seit über 20 Jahren Cellerar der Abtei Münsterschwarzachbin, möchte ich nicht alle Aussagen der Regel Benedikts zum Thema Führung behandeln,sondern mich auf das Kapitel über den Cellerarbeschränken. Es wird bei uns dreimal im Jahr beim Abendessen vorgelesen. Es istfür mich jedes Mal eine Gewissenserforschung, ob ich diesen Forderungen Benediktsgerecht werde. Wenn ich jetzt darüber schreibe, so weiß ich auch, daß ich den eigenen Worten gegenüber zurückbleibe. Ichkenne die Versuchung, die Dinge schleifen zu lassen und Führung zu verweigern.Und ich kenne in mir auch den Drang, schnell zu entscheiden und die manchmalmühsamen Entscheidungswege zu überspringen. Trotzdem wage ich es, über die Führungnach der Regel Benedikts zu schreiben, nicht weil ich es so gut kann, sondernweil ich mich der Herausforderung stellen möchte, die für mich das Cellerarskapitel darstellt. Die Worte Benedikts lassenmich nicht in Ruhe, mich immer wieder neu auf das manchmal beschwerliche, oftaber auch lustvolle Geschäft des Führens einzulassen. Je mehr ich mit denkonkreten Aufgaben eines Cellerars beschäftigt bin,desto mehr spüre ich, wie realitätsnah Benedikts Worte sind. Als Ergänzung zum Cellerarskapitel möchte ich auch auf das Abtskapitel zurückgreifen, in dem ähnliche Grundsätzeformuliert sind. Dabei möchte ich aber diese Sätze aus dem Cellerars-und Abtskapitel nicht nur für die Führung in klösterlichenGemeinschaften oder in Pfarreien und kirchlichen Gruppierungen auslegen,sondern auch im Blick auf die vielen Firmen, mit denen ich zusammenarbeite. InGesprächen mit Firmenchefs und Bankdirektoren habe ich erfahren, daß die Gedanken der Regel nicht weltfremd sind, sonderndurchaus auch uns heute anregen können, nach neuen Formen der Führung zusuchen. Bei Vorträgen haben Zuhörer mir öfter gespiegelt, daßsie diese Gedanken auch in ihrem Alltag anwenden können, obwohl sie keineFührungsposition in einem Unternehmen einnehmen. Jeder von uns, der mitMenschen zu tun hat, ist zugleich »Führer« und »Geführter«. Eltern, die ihreKinder erziehen, haben eine Führungsaufgabe. In jeder Gruppe gibt esMitglieder, die führen, wobei die Rollen dabei durchaus wechseln können. Dereine führt, wenn es um finanzielle Dinge geht. Der andere übernimmt die Führung,wenn ein Fest auszurichten und ein Raum zu schmücken ist. Wie gehen wirmiteinander um, wenn wir die Führungsrolle übernehmen? Wie gehen wir in derFamilie, in der Pfarrei, in der politischen Gemeinde, in den Betrieben, in derGesellschaft miteinander um? Wie führen wir selbst, wie lassen wir uns führen,wie reagieren wir auf Menschen, die in einer Führungsposition sind? Wir sindselbst dafür verantwortlich, wie wir uns führen lassen. Es liegt nie nur amVorgesetzten, sondern immer auch am Untergebenen, welche Art von Führung ersich gefallen läßt. Daher ist dieses Buch nicht nureine Anregung für Menschen, die führen, sondern auch für die, die geführtwerden. Wie gehe ich mit meiner Führungsaufgabe und wie mit meinem Geführtwerden um? Wie weit kann ich durch meine Reaktionauf das Geführtwerden den Führungsstil derVerantwortlichen verändern?
Wenn wir die Führungsmodelleanschauen, die heute oft propagiert werden, so gehen sie häufig vom Modelleines mechanistischen Unternehmens aus, das fast maschinenähnlich strukturiertist, das genaue Planungsmodelle, Organisationspläne und Kriterien für dieLeistungsbewertung entwickelt. Aber solche Unternehmen sind oft seelenlos. Unddie Führung beschränkt sich häufig darauf, möglichst viele Arbeitskräfteabzubauen, das Management schlanker werden zu lassen, die Fehlzeiten zu begrenzenund die Produktion ins Ausland zu verlagern, weil dort billigere Arbeitskräftezu haben sind. Doch dieses Führungsmodell, das davon ausgeht, »daß nur die Verschlankung der Betriebeund damit verbundene Massenentlassungen zu verbesserten Gewinnmöglichkeitenund so zu höheren Aktienkursen führen« (Küng 343),ist von Phantasielosigkeit und Seelenlosigkeit gekennzeichnet. In solchenUnternehmen macht es keinen Spaß zu arbeiten. Demgegenüber gibt es andereModelle von Unternehmen, die auf der Chaostheorie basieren. »Sind Kontrolleund Macht die bestimmenden Charakteristika mechanistischer Unternehmen, dannsind Spaß und Spontaneität die Merkmale chaotischer Unternehmen.« (Secretan 57) Der Prototypeines solchen chaotischen Unternehmens ist Microsoft. Einer der Leiter meintevon seinen Angestellten: »Wir können sie halten, weil sie bei uns einersinnvollen Tätigkeit nachgehen, nicht weil sie Geld brauchen.«(Ebd 57) Benedikt hat ein anderes Modell. Er sprichtvom Haus Gottes, das ein Kloster sein soll. Er meint damit nicht nur, daß die Mönche immer wieder in die Kirche gehen sollen, umzu beten, sondern daß auch durch die Arbeit diesesHaus Gottes errichtet wird. Interessant ist, daß einführender Unternehmensberater in den USA heute vom Unternehmen als von einem»Heiligtum« spricht. Er versteht darunter nicht einen Ort, sondern eineEinstellung. Ein Heiligtum meint eine Gemeinschaft von Menschen, die ihrespirituellen Ressourcen mobilisieren, die relevante Fragen stellen, die einanderlieben, vertrauen, respektieren und eine gemeinsame Sprache sprechen. »EinHeiligtum ist eine heilige Stätte, ein Ort, an dem wir allen dort befindlichenPersonen und Dingen Ehrfurcht erweisen, ein Ort, an dem wir ... in Anmut undWürde leben und die Seele nähren.« (Secretan 340) Und ein »Heiligtum« ist ein Ort derHeiterkeit, Inspiration und Liebe, ein Ort, an dem sich jeder persönlichentfalten kann, ein Ort, an dem unsere Seele angesprochen und beflügelt wird.Wenn Benedikt vom »Haus Gottes« spricht, dann meint er damit auch eine Gemeinschaftvon Brüdern und Schwestern, die einander achten, in der jeder aufblühen soll,weil jeder eine unantastbare Würde hat. Daß das nichtweltfremd ist, sondern durchaus effektive Führung meint, die auch zu gutenGewinnen führen kann, zeigen heute neue Führungsmodelle, wie sie vor allem inden USA praktiziert werden. Für mich ist es interessant, daßdas schon fast 1500 Jahre alte benediktinischeFührungsmodell heute durchaus wieder modern ist und auf wichtige Fragen unsererZeit zu antworten vermag.
© DeutscherTaschenbuch Verlag
- Autor: Anselm Grün
- 2006, 14. Aufl., 128 Seiten, Maße: 18,9 x 12,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: DTV
- ISBN-10: 3423342773
- ISBN-13: 9783423342773
- Erscheinungsdatum: 17.12.2005