Mord heilt alle Wunden
Ein Wien-Krimi
HOFRAT HALB IST ZURÜCK - EIN FALL MIT GRUSELFAKTOR UND ALTWIENER CHARME.
Ein Museumswächter in Nöten: Andreas Kandler ist seit über zwanzig Jahren Nachtwächter im größten Wiener Kunstmuseum. Aber jetzt meint er durchzudrehen, denn: Ein Bild spricht zu...
Ein Museumswächter in Nöten: Andreas Kandler ist seit über zwanzig Jahren Nachtwächter im größten Wiener Kunstmuseum. Aber jetzt meint er durchzudrehen, denn: Ein Bild spricht zu...
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Produktinformationen zu „Mord heilt alle Wunden “
Klappentext zu „Mord heilt alle Wunden “
HOFRAT HALB IST ZURÜCK - EIN FALL MIT GRUSELFAKTOR UND ALTWIENER CHARME.Ein Museumswächter in Nöten: Andreas Kandler ist seit über zwanzig Jahren Nachtwächter im größten Wiener Kunstmuseum. Aber jetzt meint er durchzudrehen, denn: Ein Bild spricht zu ihm. Genauer gesagt spricht es bedrohliche Warnungen aus, die den völlig verstörten Wächter zur Polizei treiben. Hofrat Ludwig Halb, Spitzenkriminalist mit Altwiener Charme, hat für solche Schauermärchen eigentlich gerade keine Zeit - die Renovierung seines geerbten Wiener Zinshauses beansprucht ihn vollends. Bis der erste dubiose Todesfall im Umfeld des Museums passiert: Jetzt ist auch Halb alarmiert und startet schnellstens die Ermittlungen.
Nach dem großen Erfolg des ersten Halb-Krimis Kommt Zeit, kommt Mord entführt Sie Peter Wehle wieder ins urtypische alte Wien: Hofratswitwen, Punschkrapferl, Kaffeehäuser und Kunstmuseen - und es geht gruselig zu!
"Die beste Unterhaltung für Wienfans! Und für Menschen, die gemütliche Krimilektüre schätzen."
"Hier taucht man so richtig ins urtypische alte Wien ein. Und der ermittelnde Hofrat und seine Truppe ist einem auf Anhieb sympathisch!"
Lese-Probe zu „Mord heilt alle Wunden “
Peter Wehle - Mord heilt alle WundenVor Wochen …
Er klammerte sich an den Brief an.
Sein beruflicher Jackpot!
Zehn Millionen?
Fünfzehn Millionen?
Dollar oder Euro?
Egal!
Viel! Unheimlich viel!
Aber viel weniger, wenn er …
Nein!
Ohne sie.
Könnte er das überhaupt?
Wollte er das wirklich?
… er musste es eben tun.
Sonntag, 25. August 2013, § Uhr
„Na, was ist? Wünschen der Herr vielleicht eine Extra-
Einladung?“
Andreas Kandler schüttelte nur den Kopf. Zu mehr
fehlte ihm die Kraft. Früher hätte er seinen aufmüpfigen
Kollegen mit einem einzigen Blick zum Schweigen
gebracht.
Aber heute.
Wobei, dieses „Früher“ war erst zwei Wochen her.
Vor vierzehn Nächten hatte der Spuk begonnen.
Vor vierzehn Nächten hatte …
„Soll ich nicht doch deine Runde übernehmen?
Das merkt doch niemand, wenn ausnahmsweise du
die ganze Nacht vor den Monitoren sitzen bleibst und
ich die beiden Kontrollgänge mache.“
„Danke, nein. Zumindest den einen … den muss
ich …“ Mühevoll stemmte sich Kandler aus seinem
Lieblingssessel hoch und schleppte sich in Richtung
all der Gemälde, Statuen und sonstigen Exponate, die
er während der letzten achtundzwanzig Jahre sorgsam
bewacht hatte. Er hatte sie über die Jahrzehnte
schätzen, manche von ihnen sogar lieben gelernt.
Und einige wenige waren tatsächlich zu einer Art
Bezugsperson für ihn geworden. Vor vielen Jahren
bereits hatte sich Kandler dabei ertappt, wie er ihnen
seine Sorgen geklagt und von seinen Träumen vorgeschwärmt
hatte. Bald darauf hatte er beschlossen,
sich nicht mehr dafür zu schämen, sondern die Kulturschätze
als eine seiner Ersatzfamilien zu akzeptieren.
Und wie in jeder Beziehung hatte es engere
und losere Zeiten
... mehr
gegeben.
Aber mit keinem seiner „verwandten“ Kunstwerke
hatte er je Probleme gehabt.
Bis vor vierzehn Nächten.
Da hatte sein Unglück begonnen.
„Warum hast du nicht auf uns gehört?“
Unwillkürlich begann Kandler zu zucken. Seine
Muskeln versuchten offenbar, das Entsetzen, das sich
in seinem ganzen Körper breitmachte – sein Hirn,
seine Nerven, sein Herz, seinen Magen, einfach alles
in ihm durchsetzte –, in einem Kraftakt aus ihm herauszuschütteln.
Aber es funktionierte nicht!
Konnte es auch gar nicht, weil dieser Kraftakt keiner
mehr war, keiner mehr hätte sein können.
Er hatte keine Kraft mehr, er war am Ende.
Erschöpft lehnte sich Kandler an einen der Türrahmen
zwischen den Sälen. Starr stierte er geradeaus.
Es war ihm unmöglich geworden, auch nur einem
Einzigen der Prunkstücke einen liebevollen Blick zu
schenken. Obwohl sie alle unschuldig waren, hatte
er jegliches Vertrauen in sie verloren. Er konnte sich
einfach nicht mehr sicher sein, ob ihm nicht plötzlich
auch ein anderes Bild drohen würde. Vielleicht würde
auch eine der Heiligenstatuen lebendig werden und
ihn erschlagen!
Oder ihn aufspießen … vielleicht der heilige Laurentius
mit seinem Rost oder der heilige Sebastian mit
seinen Pfeilen?
„Warum hast du nicht auf uns gehört?“
Hysterisch riss er seine Hände hoch und hielt sich
die Ohren zu. Aber die unheimliche Stimme blieb in
seinem Kopf.
Klar, denn er war im Saal sieben. Erst im nächsten
Raum, da …
Kandler holte tief Luft, stieß sich vom Türrahmen
ab und setzte sich in Bewegung. Er bemühte sich, an
nichts zu denken, einfach nur einen Fuß vor den anderen
zu setzen. Das Gehen klappte ganz gut, nur das
mit dem Hirnvakuum gelang ihm nicht ganz. Aber
der eine Gedanke, der sich mitten in der Kopfleere
explosionsartig ausgebreitet hatte, war ihm gar nicht
so unangenehm.
Er befand sich auf dem Weg zum Schafott.
Gleich würde alles vorbei sein.
Der Menge Johlen, das Knarren der Bohlen … und
Gott befohlen!
Wo er diesen Satz gelesen hatte, wusste er nicht
mehr. Egal – die Stille um ihn schien zu brüllen und
der edle Parkettboden knirschte wie die Stufen zum
Richtblock. Ein letztes Mal sah sich Andreas Kandler
um, die Köpfe auf den Gemälden wurden zu vertrauten
Gesichtern seines Lebens.
Jetzt war er an seinem Ende angekommen.
Saal acht.
Diesmal versuchte er erst gar nicht, sich der gegenüberliegenden
Wand entlang durch den Raum zu stehlen.
Vielleicht gar noch mit dem Rücken zu seinem
Feind.
Nein!
Diesmal stellte er sich mit schweren, aber breiten
Beinen vor das riesige Bild, das ihm die letzten zwei
Wochen zur Hölle gemacht hatte.
„Die Flucht des Orest“.
Wie oft er sich all die Details des sechs mal drei
Meter großen Ölgemäldes eingeprägt hatte, hätte er
auch in einem anderen Zustand beim besten Willen
nicht sagen können. Jetzt starrte er nur auf die Gesichter
der drei Erinnyen, der griechischen Rachegöttinnen,
die aus der Mitte des Bildes jeden Betrachter mit
bösartigen Blicken anfunkelten. Die anderen, größeren
und weniger schrecklichen Figuren nahm er in dieser
Sekunde nicht wahr.
Nur die Erinnyen …
Er hatte sich genau überlegt, was er sagen würde.
Er hatte zwei Tage lang den Tonfall geübt, in dem er
den drei Schreckenswesen den Kampf ansagen würde.
Jetzt war der entscheidende Moment gekommen.
Kandler schluckte noch einmal, um ja nicht mit
belegter Kehle den Befreiungsschlag führen zu …
„Warum hast du nicht auf uns gehört? Törichter
Mann! Bald wird es zu spät …“
Das „sein“ bekam Andreas Kandler nicht mehr mit.
Er griff noch mit der rechten Hand in seine Jackentasche,
um die rettenden Herztropfen herauszufischen,
aber dann fiel er um wie ein Sack.
Sonntag, 25. August 2013, 11 Uhr
„Au! Das ist doch zu blöd, das muss doch …“ – ein helles
Kinderlachen drang durch seine Ohrenschützer und
ließ Ludwig Halb sofort verstummen. Vorsichtig robbte
er ein paar Zentimeter unter dem Waschbecken hervor,
dann legte er die Bohrmaschine links neben sich und
schob den Gehörschutz in den Nacken.
„Ja, Flitzi, ich hab dich gar nicht kommen gehört.
Wo ist denn der Papa?“
Friedrich Korber kicherte vergnügt, sodass die Antwort
nur für Kenner seiner kindlichen Sprechweise
verständlich war. „Der Papi, der hat … das ist aber lustig,
Onkel Luzi, wenn du so schimpfst, weil ich darf das
ja nie hören und sagen darf ich so böse Pfui-Worte
auch nicht, weil die Mami sagt dann immer, dass ich
das nicht … aber auch der Papi findet das nicht lustig,
und … der Papi ist nur kurz eine Eisige holen und weil
du diese großen Deckel auf den Ohren gehabt hast und
so laut Lärm gemacht hast, hat er gesagt, dass …“
„Flitzi, was für eine Eisige? Was meinst du denn?“
„Eisensäge, hier bitte. Flitzi, du stehst ein bissi im
Weg.“ Gilles Korber schob seinen Sohn zur Seite, um
seinem zukünftigen Vorgesetzten und gegenwärtigen
Vermieter das scharf gezahnte Werkzeug reichen zu
können.
„Ich weiß zwar nicht, wieso die Eisensäge nicht in
der Werkzeugkiste war“ – unter dem strengen Seitenblick
seines Vaters schien Klein-Friedrich um zehn
Zentimeter zu schrumpfen – „aber ich habe sie dann
in der Küche gefunden.“
„In der Küche?“, verwunderte sich Halb.
„Ich hab doch nur … weil der Onkel Luzi so viel
arbeitet … ein ganz dickes Wurstbrot hab ich ihm
schneiden …“
„Flitzi, das haben wir dir doch schon oft erklärt. Du
darfst kein Werkzeug in die Hand nehmen!“
„Aber … Papi, aber du sagst doch immer: Messer,
Gabel, Schere, Licht sind für’n kleinen Flitzi nicht! Und
die Eisige da, die ist doch kein Messer oder Gabel oder
Schere oder Li-hi…“ – der Rest seiner Rechtfertigung
ging in einem Strom von Tränen unter.
Bei einem seiner zahllosen Verhöre hätte der
Leiter des Referats für Gewaltkriminalität im österreichischen
Bundeskriminalamt, Hofrat Magister Ludwig
Halb, jetzt wohl widerwillig gegrinst. Als Onkel
Luzi aber seufzte er tief ob dieser schlüssigen Argumentation
und flüchtete unter das „Sanitär-Ensemble
zur problemlosen Selbstmontage“, wie es der Baumarkt-
Prospekt verheißen hatte. Obwohl er in den
letzten Wochen durchaus Gefallen an seiner neuen
Rolle als Reserve-Großvater gefunden hatte, fühlte er
sich noch nicht reif genug für die Hardcore-Momente
des Wahlopa-Daseins.
In der Höhle unter dem Waschbecken war es zwar
auch ohne „Ohrdeckel“ noch heiß, dafür drangen Flitzis
Schluchzlaute nur gedämpft durch. „Dein Waschbecken-
Unterschrank, eine Allegorie des Lebens – er
zeigt uns deutlich, dass kein Nachteil ohne Vorteil ist“,
brummte Halb in seinen Zweitagesbart, als er sich nun
nicht mehr den Bohrlöchern, sondern dem renitenten
Siphon-Anschluss widmete.
Nein, das hätte er sich vor dreieinhalb Monaten nicht
träumen lassen, dass er sein eigenes Zinshaus Wohnung
für Wohnung, Raum für Raum renovieren würde. Und
das hatte er doch tatsächlich Onkel Alois zu verdanken –
am Anfang seines neuen Lebens war das seltsame Erbe
von seinem zwielichtigen Onkel gestanden. Aufgrund
eines wüsten Zufalls hatte ihn dieser erfreulicherweise
nur weitschichtig Verwandte vor Jahrzehnten für einen
Zuhälter gehalten. Und dann hatte sich der liebe Onkel
Alois ganz plötzlich gezwungen gesehen, Österreich in
Richtung eines südamerikanischen Steuerparadieses
zu verlassen, weshalb er nie mehr erfahren hatte, dass
sein junger Neffe x-ten Grades nicht nur kein Verbrecher,
sondern ein Polizist war. Schlimmer noch, Ludwig
Halb war zu einem glühenden Kriminalisten geworden,
der sich bis zum heutigen Tag voller Überzeugung der
Illusion hingab, ein klein wenig die Welt zu verbessern.
Aber das hatte Onkel Alois eben nicht gewusst, weshalb
er seinem scheinbar „wohlgeratenen Zuhälter-Ne/en“
ein Zinshaus vererbt hatte.
… und zwar ein vermeintlich ganz besonderes,
denn es befand sich inmitten von „Etablissements des
Erwachsenen-Entertainments“.
… und außerdem stand es leer, weshalb der liebe
Erbonkel in einem Brief gemeint hatte, dass sein fleißiger
Neffe dieses Prachtstück zimmerweise an die
„selbstständigen Damen und deren Beschützer“ vermieten
könnte.
Trotz der stickigen Hitze unter dem Waschbecken
fror Halb noch heute bei dem Gedanken, dass er, der
jahrzehntelang das Elend des ältesten Gewerbes der
Welt bekämpft hatte, plötzlich die Seiten hätte wechseln
sollen. Nein, das war nicht in Frage gekommen!
„Bitte um die Wasserpumpenzange“ – da das Weinen
fast verklungen war, streckte Halb die rechte Hand
aus seinem Verschlag heraus.
„Da, da“ – es war offenbar ein Friedensangebot
seines Vaters, dass Flitzi die große Zange angreifen
und unter vergnügtem Quietschen Onkel Luzi in die
schwielige Hand legen durfte.
„Oh, danke, lieber Flitzi!“ – obwohl nicht einmal dieses
Mordsinstrument die kleinere der beiden Gewindemu
ffen dazu bewegen konnte, sich endlich aufdrehen zu
lassen, bereute Halb nicht, dass er das Haus trotz aller
Widrigkeiten behalten und zu einem qualitativ hochwertigen,
aber nicht zu teuren Wohnort für sympathische
Mitmenschen wie Familie Korber umgestaltet hatte.
… umzugestalten begonnen hatte.
… umgestalten zu wollen begonnen hatte.
„Himmelherrgottnocheinmal“ – um das ungeschriebene
Gesetz „Kein Fluch vor Flitzis Ohren!“ auch diesmal
nicht allzu dramatisch zu brechen, versuchte Halb,
zumindest das nun aus ihm herausbrechende „Kruzitürken
Dreck verdammter“ zu einem unverständlichen
Gemurmel herunterzumodulieren.
„Kruzitrrrrvadammm“ – er genoss die letzten
Sekunden der explosiven Entspannung in vollen Zügen.
Gleich würde er sich reumütig rechtfertigen müssen,
dass er die Wut nicht mehr zurückhalten hatte können,
weil ihn doch diese bösartige Rohrverbindung
zur Verzweiflung trieb und er …
„Armer Onkel Luzi“ – Halb hatte mit vielem gerechnet,
aber dass seine emotionale Explosion mit einem
kindlichen Bedauern belohnt würde, hätte er nicht
erwartet.
„Ja, also … das ist aber sehr lieb von dir, Flitzi“ – noch
einmal manövrierte Halb seinen massigen Oberkörper
vorsichtig zwischen dem „Unterschrank breit mit
Wäschekippe“ und der „Waschkommode normal mit
zwei abschließbaren Schubladen“ hindurch, um sich
bei seinem jugendlichen Seelentröster zu bedanken.
Obwohl er das Gefühl hatte, jeden Quadratmillimeter
seiner Bandscheiben einzeln zu spüren, zele brierte
er seine schlängelnden Bewegungen voller Lust. Denn
ziemlich genau vor einem Jahr hatten ihm die Ärzte –
durchaus positiv gestimmt – eröffnet, dass er möglicherweise
eines fernen Tages wieder alleine auf die
Toilette würde gehen können. Wobei, „gehen“ dürfe
er nicht so wörtlich nehmen, aber mit dem Rollstuhl
könne er schon … also, auf jeden Fall wären sie guter
Dinge, dass er doch nicht für alle Zeit von der Halswirbelsäule
abwärts gelähmt bleiben würde. Aber natürlich
müssten erst die kommenden Wochen zeigen, wie
seine Verletzungen verheilen würden. Einen schönen
Tag noch!
An diesem Vormittag im Hochsommer 2012 hätte
Halb trotz seiner hohen moralischen Ansprüche den
Mann, dem er seine totale Hilflosigkeit zu verdanken
hatte, mit größter Wonne zu Tode geprügelt.
… wenn er es gekonnt hätte. Aber dank der drei
Kugeln, die ihm Uros Mogvan, ein völlig abgedrehter
Dealer, in seine Wirbelsäule gejagt hatte, hatte sich
Halb schlimmer als tot gefühlt.
Und heute? Heute krabbelte er rücklings über die
Böden seines eigenen Zinshauses und schraubte an
Siphons herum.
Doch … es geschahen noch Zeichen und Wunder!
Selbst in seinem Leben.
„… sehr lieb von dir, Flitzi. Und es tut mir auch
leid, dass ich so hässliche Worte gesagt habe, die dich
vielleicht erschreckt …“ – ebenso langsam, wie Halb
unter seinem Waschbecken und aus seinen Vergangenheitsbewältigungsgedanken
aufgetaucht war, begriff
er, dass er irgendetwas verpasst haben musste. Denn
Klein-Friedrichs Ausdruck wechselte von klagendvorwurfsvoll
zu strahlend-hoffnungsfroh.
„Ich hab doch nur gehört, dass du schimpfst, aber
nix Genaues, weil mir der Papi ganz schnell die Ohren
zugehalten hat. Und jetzt musst du mir die hässlichen
Worte noch einmal sagen, damit ich weiß, ob ich auch
wirklich erschrecktet bin.“
„Erschrocken, Flitzi, nicht erschrecktet. Und nein,
der Herr Hofrat wird die Pfui-Worte nicht wiederholen,
weil … mit vollem Mund spricht man nicht.“
Offenbar hatte die „Siphonische Symphonie“ aus
Arbeitslärm, deftigen Wortschöpfungen und Kinderstimme
Frau Korbers Schritte vollkommen überdeckt.
„Mami!“ – Flitzi sauste zu seiner Mutter und versuchte,
einen Blick in eine der zwei futuristischen
Taschen zu erhaschen, die seine Mutter vorsichtig
durch die Tür manövriert hatte.
„Wart, ich helf dir!“ – Gilles Korber nahm seiner
Frau behutsam die andere kapselartige Konstruktion
ab und lächelte in ihr Inneres hinein.
„Grüß Gott, Frau Korber … liebes Füchslein“ – ein
Außenstehender hätte beide kofferähnlichen Gebilde
für Hightech-Kühltaschen halten können, Halb aber
wusste um den existenziellen Unterschied zwischen
dem vielfarbigen Faltkorb und der rot-blau marmorierten
Plastikschale.
… der sich auch prompt lautstark bemerkbar machte.
„Ja, was hast du denn? Du brauchst doch nicht zu
weinen … mein Füchslein, mein Herzi-Hasi, mein …“ –
wie fast jeder Erwachsene verfiel auch Gilles Korber in
einen ganz eigenen Tonfall, als er seinen drei Wochen
alten Zweitgeborenen aus dem Baby-Bag hob. Klein-
Antoine quittierte diese Zärtlichkeit lediglich mit
einem lauteren Quäken, worauf Maria Korber ihrem
Mann das weinende Bündel mit einem ungeduldigen
„Gib ihn mir, du machst das falsch!“ entzog. Darau:in
begann der dreieinhalbjährige „große Bruder“ mitten
in seiner Inspektion der mitgebrachten Köstlichkeiten
zu schluchzen, weil er einerseits das Glas mit den
Salzgurken nicht öffnen und andererseits nicht ertragen
konnte, wenn nur der – seiner Meinung nach –
kleine Störenfried geherzt wurde. Diese Mischung aus
Salz- und Liebesmangel ließ Klein-Friedrichs leises
Weinen jäh in einen Wutanfall kippen, worauf sich
Halb genötigt sah, wieder einmal Deus ex machina zu
spielen. Noch vor dessen Vater war er bei Flitzi, dem er
betont männlich-erwachsen die Hand auf die vor Zorn
bebende schmale Schulter legte. „Das Gurkenglas kann
man mit einem Werkzeug aufmachen. Wenn du mir
die Zange von da drüben bringst“ – einem Mini-Kugelblitz
gleich schoss Friedrich unter das Waschbecken
und trug die Wasserpumpenzange wie eine kostbare
Trophäe zu seinem Onkel Luzi und dem Gurkenglas
zurück – „dann können wir uns gleich eine köstliche,
dicke, grüne, salzige …“
„Jetzt mag ich aber lieber die Schokolade. Und die
Wurst. Und den Käs. Und die Wurst da auch. Und die
Limonade da. Und das Fleisch da – nein, das mag ich
nicht.“ Sanft hinderte Halb seinen Wahlenkel daran, alle
Köstlichkeiten aus dem Korb zu räumen. Um nicht die
nächste Zornattacke heraufzubeschwören, drückte er
ihm eine bunte Schachtel in die Hand und sah ihm verschwörerisch
in die Augen. „Flitzi, jetzt würden wir alle
deine Hilfe brauchen. Könntest du diese Käseschachtel
und die … die Senftube hier ins Nebenzimmer zum
Tisch tragen? Weil ich schaff das nicht allein. Und wir
haben doch jetzt schon großen Hunger. Und der Papi,
der muss … ah ja, der muss den Baby-Bag tragen. Und
die Mami natürlich das Füchslein. Und wir beide, wir
tragen dann das Wichtigste, das Essen. Einverstanden?“
Friedrich Korber richtete sich zu seiner ganzen
Größe von hundertunddrei Zentimetern auf. Dann nahm
er Käseschachtel und Senftube ehrfürchtig in seine
Hände … und legte sie gleich wieder auf den Boden.
Mit einem gejauchzten „Du bist mein Lieblings- Luzi-
Onkel!“ fiel er dem neben ihm Knienden um den Hals.
„Ich komm euch gleich nach.“ Mühsam rappelte
Halb sich auf. Doch, ja – bei allem Ächzen und Ärgern
über die Do-it-yourself-Sanierung war es doch die
richtige Entscheidung gewesen, als erste Mieter diese
Familie anzuwerben. Auch wenn sie nur wenig Miete
zahlte, und obwohl der junge Justizwachebeamte Gilles
Korber ein viel schlechterer Handwerker war, als er
von sich behauptet hatte … es war gut so!
Zufrieden sah Halb sich um … und blieb mit seinem
Blick am immer noch funktionslosen Waschbecken
hängen. Aber noch bevor in ihm wieder der Groll auf
Muffen, Siphons, Wasserpumpenzangen und Bohrmaschinen
hochstieg, machte sich ein anderes, weit wohligeres
Gefühl breit. Er war nicht mehr, wie so lange in
seinem Leben, darauf angewiesen, jeden Euro zweimal
umzudrehen. Auch wenn er es immer noch nicht
verinnerlicht hatte – er war wohlhabend. Er konnte
sich was leisten! Vielleicht sogar … – es bedurfte nur
eines kleinen inneren Rucks, um am „Nebenzimmer-
Picknick“ teilzunehmen. Jawohl, er würde schon
morgen die Firma „Wondracek und Söhne“ anrufen.
Immerhin hatte er den Urenkel dieser alteingesessenen
Installateursdynastie vor einigen Jahren von
einem – verständlicherweise höchst unangenehmen –
Mordverdacht entlasten können.
Die würden ihm doch wohl einen guten Preis
machen … für den an und für sich lächerlich-einfachen
Anschluss eines einzigen Waschbeckens. Und vielleicht
würde er dann auch die abgrundtief hässlichen Armaturen
in den anderen Badezimmern auswechseln lassen.
Weil ein hauchdünn blattvergoldeter wasserspeiender
Schwan mochte ja vielleicht in einem Bordell heimisch
sein, aber in das komfortable Bad eines ehrwürdigen
Zinshauses gehört so ein seltsames Tier nicht. Und die
Küchen, die könnte er dann vielleicht auch gleich …
Mit einem entsetzten Stöhnen verließ Halb die
Stätte seines handwerklichen Versagens.
Der Gedanke, dass er sein Zinshaus wegen horrender
Renovierungsschulden eines Tages doch noch einem
der Zuhälterbosse verkaufen müsste, die es ihm schon
längst liebend gerne abgeluchst hätten, trieb ihm den
Angstschweiß auf die Stirn. Lediglich die Aussicht auf
ein hervorragendes und sogar kostenloses Mittagessen
im Kreise seiner einstweiligen Lieblingsmieter ließ ihn
mit freundlichem Gesicht das Nebenzimmer betreten.
Oder auch nicht … das Klingeln seines ungeliebten
Smartphones riss Halb aus seiner Vorfreude, aber
ein Blick auf das Display ließ seinen grimmigen Blick
sofort weicher werden. „Delia, du bist schon wieder
in Wien? Ihr habt euch einen Tagungstag geschenkt?
Heute Abend? Ja wunderbar, ich freu mich … das heißt,
nein, leider nicht. Weil ich … aber nein, ich bin nicht
gekränkt wegen letzter Woche. Ich bin aber heute
Abend bei Verenas Großvater eingeladen. Was heißt,
‚welche Verena‘? Du kennst doch meine Mitarbeiterin
Magistra Verena Planner. Na die, die vor drei Monaten
ganz wesentlich zu meiner Lebensrettung beigetragen
… also, die einen wesentlichen Beitrag zu
meiner … Himmelherrgottnocheinmal, ich kann das
im Moment nicht so formulieren, dass es nicht furchtbar
pathetisch klingt. Jedenfalls war sie damals mit
von der Partie, die mich gerettet hat. Und eben jene
Verena hat mich vor ein paar Tagen gebeten, heute
Abend ihren Opa zu besuchen. Der müsste mir irgendeine
ganz komische, sogar gespenstische Geschichte
erzählen. Und sie bräuchten meinen Rat. Da hab ich
natürlich nicht nein sagen können. Und deshalb … es
tut mir wirklich sehr, sehr leid. Aber vielleicht sehen
wir uns morgen? Nein? Seminar. Aha. Und übermor…
auch nicht. Wie bitte? Erst am Freitag? Willst du mich
bestrafen? Nein? Fein! Aber weshalb dann der temporäre
Delia-Entzug? Aus Überfluss an Zeitmangel?
Toll, ich beginne gerade, mich für eine Karrierefrau zu
begeistern! … und ich bin ein Macho? Von mir aus, aber
du sollst wissen, dass ich ein sehr einsamer Macho
bin. … und ein sehr lieber? Oh, danke! Na ja, dann – auf
ganz bald wieder- telefonieren! Nein, ich werde mich
beim Heimwerken nicht verletzen, ja, ich pass auf
mich auf. Versprochen! Ja, dir auch … bussi, bis bald!“
Vorsichtig schob Halb das nagelneue, in seinen
Augen ohnehin unnötige Nobelhandy in die edle Lederhülle,
die ihm Delia vor vier Wochen geschenkt hatte.
Natürlich hatte er schon etliche Male miterlebt, dass die
Hormone Menschen zu den merkwürdigsten, manchmal
auch fürchterlichsten Taten zwangen. Aber dass so
ein Zustand selbst einem abgebrühten Zyniker in reifen
Jahren drohen konnte, das war dem Vernunftmenschen
Halb ein Rätsel. … ein Rätsel, das er aber genoss. Allerdings
unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit. Nicht
auszudenken, wenn jemand erführe, dass er …
„Onkel Luzi, das ist aber sehr lustig, wenn du so rot
wirst. Fast so lustig wie Kiki, der Kinder-Clown. Kannst
du das für mich noch einmal werden? Weil dann sagt
die Mami, dass ich dich holen essen soll.“
„Die Mami hat sicher gesagt, dass du mich zum
Essen holen sollst. Geh nur vor, jetzt komm ich wirklich
gleich. Und ich bin doch nicht so rot wie der Kiki,
nein, wirklich nicht! Oder?“
Die letzten Worte hatte Flitzi nicht mehr gehört,
nicht mehr hören können. Zum einen war er mit schlenkernden
Beinchen wieder ins Nebenzimmer gehoppelt,
zum andern hatte Halb sein abschließendes Entsetzen
kaum hörbar vor sich hingemurmelt.
Bevor er endgültig den Raum verließ, warf er noch
einen Blick in den Spiegel oberhalb des Waschbecken-
Ensembles. Nein, kein Rotton mehr, er war erfreulicherweise
wieder so bleich wie immer.
Aber Flitzi hatte recht – er musste unbedingt daran
arbeiten, nicht zu erröten. Schließlich hatte er es bei
seinen Verhören über all die Jahre gescha/t, kaum
Regungen zu zeigen. Da sollte es ihm doch möglich
sein, auch bei Delia …
Sollte! Aber wollte er das überhaupt?
Egal! Darüber konnte er später nachdenken, jetzt
umfing ihn ein Potpourri wunderbarer Düfte. Er
konnte frisches Baguette identifizieren, Roastbeef,
Räucherkäse, Lachs … und Salzgurken. Aber die würde
er zur Gänze Flitzi überlassen. Vielleicht würde der
dann darauf vergessen, seinen Onkel Luzi auf dessen
lustige Röte anzusprechen.
Sonntag, 25. August 2013, 19 Uhr
„Noch ein Bier, Herr Hofrat?“
„Nein danke, Herr Horak. Ich möchte ja noch bei
Sinnen sein, wenn Sie mir von diesem Schauermärchen
erzählen. Die Verena hat nur Andeutungen gemacht.“
„Ja, ich hab sie darum gebeten, Ihnen noch keine
Details zu sagen. Weil, im Büro, vor den Kollegen, die
hätten sie vielleicht sogar ausgelacht.“
„Das kann ich mir nicht vorstellen. Ihre Enkelin hat
ihnen doch sicher erzählt, dass wirklich jeder in unserer
Ermittlergruppe ein reizender und hilfsbereiter …“
„Aber gegen ein Stück Sachertorte haben Sie doch
sicher nix einzuwenden? Ich find, das schließt den
Magen viel besser als Käse. Und dazu natürlich eine frische
Tasse Ostfriesenmischung, mit einer Spur Obers?
Ich bring’s gleich aus der Küche.“
Normalerweise wäre Halb spätestens jetzt explodiert,
er hasste es, wenn sein Gegenüber sich offensichtlich
auf ständiger Gedankenflucht befand. Aber
normalerweise hatte er auch nicht gerade vor einer
halben Stunde eines der besten Gulaschs seines Lebens
gegessen. Und normalerweise hatte er auch nicht zwei –
wenn auch nur kleine – Biere intus, bevor er sich mit
einem geheimnisvollen potenziellen Fall beschäftigte.
Und normalerweise säße er an einem Sonntagabend
entweder zu Hause inmitten seiner geliebten Bücher
oder eben mit Delia … ja, wo eigentlich? Der Seufzer,
den Halb gerade noch unterdrücken konnte, schien
sich aber auf seinem Gesicht zu verselbstständigen –
zumindest deutete das Verenas Lächeln an.
„Ich weiß schon, Chef, du wärst jetzt natürlich viel
lieber mit … also ganz woanders. Umso mehr danke ich
dir noch einmal ganz herzlich, dass du dir die Zeit …“
„Bitte keine Ansprachen, Verena! Ich bin schon
gespannt, was mir dein Großvater …“
„Bitte sehr, die Torte und der Tee. Mit Kandiszucker,
wie sich das gehört. Reni, machst du uns bitte
zwei kleine Schwarze, also, zwei Espressi, wie das die
jungen Leut heut halt so sagen. Herr Hofrat, stört Sie
eh nicht der Duft von den frisch gemahlenen Ka/eebohnen?
Ich meine, bei Ihrem Teegenuss.“
„Nein, nein, Herr Horak“ – genüsslich sog Halb den
malzig-würzigen Geruch aus Assam- und Sumatra-Tees
ein. Andächtig goss er das Obers ringförmig auf die
Oberfläche, beim Anblick der kleinen Wolke glitt er
endgültig in einen Zustand großer Zufriedenheit und …
„Und, ist er richtig temperiert? Meine Enkelin hat
mir ja von ihrer Vorliebe für eine perfekte Tasse Tee
erzählt, selbstverständlich nicht nur das, über ihre
brillante Kombinationsfähigkeit hat sie mir natürlich
ausführlich …“
„Herr Horak, jetzt sind S’ doch nicht so nervös!
Alles – Gulasch, Bier, Gebäck, Torte, Tee – war und ist
perfekt. Jetzt beruhigen Sie sich und erzählen mir die
unglaubliche Geschichte von Anfang an.“
„Also, die Sache ist folgende: Aber bitte, wenn Sie
gleich der Meinung sind, dass das nur ein ausgemachter
Blödsinn sein kann und unter Ihrer Würde ist, dann
bitte unterbrechen Sie mich einfach, weil ich möchte
nicht vor dem Chef meiner Enkelin wie ein Idiot
dastehen, erst recht nicht, wenn er ein so berühmter
Kriminalist ist … der Chef, also Sie, nicht der Idiot.
Wie gesagt, es ist wirklich kein Schwachsinn, weil ich
schwöre Ihnen, dass der Andreas, ich meine, der Herr
Kandler, weder Alkoholiker noch sonst irgendwie ein
wirrer Kopf ist. Es ist halt ein großes Rätsel, noch dazu
ein mysteriöses, aber das sind ja Rätsel meistens …“
Verzweifelt überlegte Halb, wie er den wirren Redefluss
stoppen könnte, ohne allzu grob zu werden. Ob
vielleicht ein Zeichen mit der Hand …
„Opa! Offenbar nimmt dich der Herr Hofrat ernst,
weil sonst wäre er gar nicht erst gekommen. Also –
schön langsam und von Anfang an“ – dankbar lächelte
Halb seine Mitarbeiterin an.
Einen Moment schien es, als ob Verenas Großvater
doch noch einen Rückzieher machen würde, aber
dann brachen die „verbalen Dämme“ ein zweites Mal.
„Am Anfang war … der ‚Sparverein‘. Nicht, dass Sie
sich jetzt was Falsches vorstellen, Herr Hofrat – unser
Sparverein war nie eine juristische Gründung so wie
eine Genossenschaft. Mehr noch, unser Sparverein
hat nie etwas mit Sparen zu tun gehabt. Wir hätten
uns auch ‚Verein der Freunde der gepflegten Unterhaltung‘
nennen können. Oder ‚Verein zur Förderung
regelmäßiger Versammlungen zwecks Stärkung altwienerischer
Freundschaftsrituale‘. Wir haben damals
mehrere solcher seltsamer Namen überlegt. Aber die
waren uns alle zu lang. Und da hat sich dann eben die
herrlich altmodische Bezeichnung ‚Sparverein‘ angeboten.
In Wirklichkeit haben wir nie etwas gespart, im
Gegenteil, unser Sparverein war immer dazu da, dass
seine Mitglieder Geld ausgeben. Und zwar im ‚Gasthaus
Jungbrunnen‘. Also, damals, bei der Gründung, da hat
das noch ‚Wirtshaus zur kleinen Frohnatur‘ geheißen.
Aber dann ist der alte Wirt gestorben, und sein Nachfolger
war der Herbert, Herbert Jung. Deshalb ‚Gasthaus
Jungbrunnen‘. Der Name war auch wirklich Programm,
denn der Herr Jung hat dann das Bierangebot
enorm vergrößert. Vorher hat’s nur zwei Biermarken
und davon je drei Sorten gegeben, aber dann …“
„Opa, bitte komm zur Sache! Wir wollen alle vor
fünf Uhr früh in unseren Betten sein.“
„Lass nur, Verena, dein Großvater erzählt durchaus
amüsant.“
„Nein, nein, Herr Hofrat, die Verena hat schon recht.
Also, ich komm zur Sache. Wobei, ‚zur Sache‘, das klingt
hässlich, weil ‚die Sache‘ sind ja die Mitglieder. Von
Anfang an dabei ist der … nein, falsch, war der Sven.
Sven Sulzer, ein herrlicher Mensch. Er war stets lustig,
aber niemals lästig. Verstehen Sie, er war zwar fast
immer gut gelaunt, aber er war nie einer von denen,
die einem mit ihrem Dauer-‚Ha-Ha-ich-bin-so-witzig‘
unheimlich auf die Nerven gehen.“
„War?“
„Ja, war, er ist vor einem Jahr bei einem Unfall ums
Leben gekommen.“
„Das tut mir leid. Und spielt er in der Gruselgeschichte
noch eine Rolle?“
„So blöd das klingt – ich weiß es nicht.“
„Schade, er war mir schon sympathisch. Und was
ist mit den anderen Stammmitgliedern?“
„Die anderen … also, Gründungsmitglied war – und
ist – der Markus. Markus Märzner. Ein origineller
Mensch. Und zwar einer von der Sorte, die als Tausendsassa
unterwegs ist, aber bei keiner ihrer Aktivitäten
so wirklich, also so echt wirklich … wie soll ich
das sagen? Er kann unheimlich viel, und das noch dazu
in sehr unterschiedlichen Bereichen, aber er bringt
nichts zu einem erfolgreichen Ende.“
„Sie mögen ihn wohl nicht sehr?“
„Mögen? Doch, schon. Er ist eindeutig der Kreativkopf
unserer Gruppe. Zum Beispiel, die Idee mit
dem skurril-unpassenden Namen ‚Sparverein‘ – die ist
von ihm. Oder auch unser Logo … ja, allen Ernstes, wir
haben ein eigenes Logo. Das hat der Markus gestaltet.
Gut, wir anderen haben natürlich unseren Senf dazugegeben.
Wie auch dann bei der Vereinshymne. Wobei,
wenn ich mich recht erinnere, die hat der Karl komponiert.
Also, musikalisch zusammengestoppelt halt.
Aber sie klingt erstaunlich gut. Vor allem der Refrain,
der geht wirklich ins Ohr. Wissen Sie, die Melodie fängt
folgendermaßen an …“
„Opa!“
„Schweif ich schon wieder ab? Na gut … bei wem
war ich? Ah ja, der Karl, Karl Worcinka, der ist der
Ungewöhnlichste von uns Sparvereinlern. Luca Managile
– der Meister der Taschendiebe. So hat er sich
genannt, der Karl. Der hat früher eine sensationelle
Karriere gemacht – bis nach Las Vegas war der engagiert.
Da hat er Unsummen verdient … also, ich meine,
auf legale Weise. Und dann hat ihn die Reisebranche
entdeckt und er ist auf allen großen Kreuzfahrtschiffen
dieser Welt aufgetreten. Vor allem bei den Mitternachtsshows
war er eine Berühmtheit. Ich nehme
an, dass da die meisten Gäste schon etwas … wie soll
ich sagen? … also nicht mehr allzu aufmerksam waren,
sodass sie der Karl mühelos hat ‚ausräumen‘ können,
auch noch, als er schon etwas langsamere Hände gehabt
hat. Vor drei Jahren hat er sich dann zur Ruhe gesetzt.
Jetzt arbeitet er nur mehr zum Vergnügen … wobei, Sie
könnten ihn kennen. Er hilft nämlich manchmal der
Polizei – bei solchen Shows im Kriminalberatungs-
Dauer-Dingsda … wie heißt denn das?“
„Meinen Sie den kriminalpolizeilichen Beratungsdienst?“
„Ja, genau. Und die organisieren ab und zu so
Themen shows, zum Beispiel ‚Achtung, Taschendiebe!‘,
und dort tritt der Karl auf und räumt dann zum Gaudium
des Publikums einem Freiwilligen die Taschen
leer, ohne dass der das in dem Moment merkt. Am lustigsten
ist es, wenn er so lange charmant-lästig ist, bis
sich ein Kriminalbeamter bereit erklärt, auf die Bühne
zu kommen. Ich sag’s Ihnen, da jubeln dann die Leute,
das ist …“
„Also, Sven Sulzer, Markus Märzner, Karl Worcinka
alias Luca Managile und Sie – hat Ihr Sparverein noch
andere Stammmitglieder? Außer dem geheimnisvollen
Herrn namens Andreas Kandler?“
„Ja, also da wär noch der Ante. Ante Morinkovic. Der
war auch von Anfang an mit dabei. Bis vor einem Jahr.“
„Was war da?“
„Er ist dann einfach nicht mehr aufgetaucht. Das
war schon sehr seltsam. Wir haben uns alle bemüht,
ihn zu erreichen, aber da ist nur mehr ein dürrer Brief
gekommen … er sei endgültig nach Serbien zurückgekehrt.
Er würde uns für die vielen wunderbaren
Jahre und Vereinssitzungen danken. Er würde uns für
unsere … warten Sie, wie hat er das geschrieben, für
unsere ‚Zukünfter‘ alles Gute wünschen.“
„Zukünfter?“
„Der Ante hat sich vom ganz einfachen Gastarbeiter
zu einem Reisebürobesitzer hinaufgearbeitet.
Er beherrschte natürlich seine Muttersprache perfekt,
aber er hat auch fließend Englisch, Französisch, Spa$
nisch und Italienisch gesprochen. Und in den letzten
Jahren hat er dann noch Russisch gelernt. Aber Deutsch
konnte er nie so richtig. Am Anfang hat er sich darüber
grün und blau geärgert, aber dann hat er begonnen, sich
über sich selber lustig zu machen. Er hat mit den wüstesten
Wortkombinationen und Satzgebilden um sich
geworfen. Vor allem hat er das Wort ‚tun‘ geliebt. Wenn
er zum Beispiel fragen wollte, ob ein anderer eine Aufgabe
übernimmt, hat er gesagt: ‚Das tust du tun?‘ Und
noch dazu hat er leidenschaftlich gern Fisch gegessen.
Wir haben ihn dann nur mehr den ‚Tun-Fisch‘ genannt.“
„Das klingt so, als ob der Herr …“
„Morinkovic.“
„… der Herr Morinkovic eine Art Klassenclown gewesen
wäre.“
„Nein, nein, für den Klassenkasperl war er viel zu
gescheit. Und das haben wir auch gewusst und geachtet.
Nein, mit seinen Sprachspielereien wollte er uns
nur unterhalten. Und das ist ihm auch wirklich gelungen.
Und dann – ein dürrer Brief, sonst nichts.“
„Aber wenigstens mit ein paar letzten originellen
Verballhornungen … von wegen ‚Zukünfter‘. Und sonst,
kein Lebenszeichen mehr?“
„Nein. Der Markus hat dann noch versucht, mehr
zu erfahren, aber irgendwie sind seine Bemühungen
im Sand verlaufen.“
„So, Herr Horak, jetzt aber kommt endlich der große
Auftritt des von Geistern gejagten Herrn Kandler! Oder
ist er der Geisterjäger?“
„Gleich. Nur noch ganz kurz zum Wastl, also Sebastian
Waltenberg. Ein sehr lieber, aber fürchterlich stiller
Mensch. Ich weiß von dem nur, dass er Lehrer war, für
Deutsch und noch etwas … glaub ich zumindest. Ah ja,
noch etwas – mit dem Sven, dem Unfallopfer, mit dem
war er eng befreundet. Aber sonst? Komisch, von dem
weiß ich fast nichts. Der redet ganz selten von sich aus.“
Beinahe wäre Halb ein „Nein, wie überraschend!“
herausgerutscht, aber er schluckte die Ironie gerade
noch hinunter.
„Na ja, das wären in etwa die Gründungsmitglieder
unseres Sparvereins. Ja, und dann eben noch der Andreas,
Andreas Kandler. Ja, der Andreas, der …“ – es war,
als ob eine geheimnisvolle Kraft bei Horak plötzlich den
Ausschaltknopf gedrückt hätte. Nachdem er die vergangenen
vierzig Minuten unentwegt geredet und sich hektisch
bewegt hatte, saß der alte Herr nun regungslos da
und stierte vor sich hin. Halb kannte solche plötzlichen
Erstarrungsanfälle nur allzu gut, vor allem bei Gesprächen
mit Opfern von Gewaltverbrechen hatte er damit
umzugehen gelernt. Eins, zwei, drei, vier … üblicherweise
ließ er dreißig Sekunden verstreichen, bevor er …
„Ich schwör’s Ihnen noch einmal, Herr Hofrat, der
Andreas ist weder ein besoffener Trottel, noch ist er
irgendwie anders blöd. Der ist so normal wie Sie und
ich. Und wenn er sagt, dass ihn plötzlich eines der Bilder
in seinem Museum jede Nacht anspricht und ihm
sogar droht, dann … wie gesagt, ich glaube ihm. Vor
vier Tagen, am Mittwoch in der Nacht, da haben wir
ihn im Museum besucht. Er hat uns bei einem Seiteneingang
hereingelassen und ist mit uns seine Runde
gegangen. Es war, wie wenn man zum Zahnarzt geht,
also fast so. Weil zuerst …“
„Herr Horak, ich verstehe kein Wort! Also bitte der
Reihe nach. Ihr Freund Andreas Kandler ist o/enbar
Nachtwächter in einem Museum?“
„Ja, genau. Im ‚Mu-Ku-Were-Wi‘, also im Museum
für Kunstgeschichte der Weltreligionen Wien. Das ist
da bei der …“
„Ich weiß, wo das ist. Immerhin ist es eines der
berühmtesten Wiener Museen. Und eines der Bilder
dort … wie haben Sie das formuliert? Es droht ihm?“
„Genau das ist ja das Verrückte! Vor zwei Wochen
hat eines der Gemälde begonnen, mit ihm zu reden.“
„Wie bitte?“
„Ja, es war so, wie ich es sag. Wann immer der Andreas
auf seinen nächtlichen Kontrollgängen an dem
Bild vorbeikommt, spricht es zu ihm.“
„Und es ist immer dasselbe Bild?“
„Ja. Das ist so ein riesiger Ölschinken, so … na ja,
ich bin schlecht im Schätzen, aber das wird drei Meter
hoch und sechs Meter breit sein.“
„Und was zeigt es?“
„Ich will ja nix Schlechtes sagen, außerdem bin ich
natürlich ein Kunstbanause. Also, mir gefällt der Schinken
gar nicht. Es ist eigentlich ein hässliches Bild …
also, es ist selbstverständlich großartig gemalt, aber
die Gesichter, die sind so was von pfui Teufel.“
„Wessen Gesichter?“
„Das Ganze zeigt eine Szene aus der griechischen
Mythologie. Da kenn ich mich nicht aus, höchstens,
dass ich mir den Odysseus gemerkt habe. Der stammt
doch aus diesen Sagen, oder?“
„Jaja, stimmt schon. Und das Gemälde zeigt eine
Szene mit Odysseus?“
„Nein, nein, da ist ein anderer Held drauf. Wie
gesagt, mit den Namen von denen hab ich’s nicht so.
Das Bild heißt so ähnlich wie ‚Die Flucht des Asbest‘ …
oder so.“
„Vielleicht ‚Die Flucht des Orest‘? Das ist sogar recht
bekannt.“
„Ja, genau, so heißt das. Ah so, Sie kennen das?“
„Na ja, kennen ist vielleicht übertrieben, aber … ja,
ich weiß in etwa, wie es aussieht. Und dieses Riesengemälde
spricht mit Herrn Kandler? Und was sagt es da?“
„Immer dasselbe. ‚Warum hast du nicht auf uns
gehört?‘ Immer denselben Satz. Also, bis vor vier
Tagen. Als wir dort waren, hat es dann noch weitergesprochen.“
„Und das haben Sie alle gehört?“
Ganz langsam schüttelte Horak den Kopf. In diesem
Moment erinnerte er an eine dieser alten Spielzeugfiguren,
die man mit einem Schlüssel aufziehen konnte.
Am Anfang ratterten sie auf Hochtouren, am Ende der
Federspannung kämpften sie um jeden Bewegungsmillimeter,
bis sie vollkommen erstarrten.
Der Gedanke, dass vor vier Tagen offenbar keiner
von ihnen – außer Kandler – diese Stimme gehört
hatte, und die Schlussfolgerung, dass sein lieber Freund
Andreas vielleicht doch schlicht und einfach verrückt
geworden sein könnte, schienen aus Horaks innerer
Feder jegliche Energie herausgewunden zu haben. Vorsichtig
streichelte Verena ihren Großvater am Oberarm
– Halb hatte den Eindruck, als ob sie eine kleine
Öffnung suchen würde, in die sie den Aufziehschlüssel
stecken und durch kräftiges Drehen …
„Nein, keiner von uns. Da war’s ruhig. Vollkommen
ruhig. Bis der Andreas aufgebrüllt hat. Und, Herr
Hofrat, wissen Sie, was das Schlimmste war – selbst in
dem Moment, in dem der Andreas geschrien und dann
nur mehr gewimmert hat, war trotzdem eine bleierne
Stille. Todesstille!“
Noch einmal schüttelte Horak den Kopf, allerdings
schien er nun die Erinnerung an diese Sekunden von
sich schleudern zu wollen.
„Herr Horak, auf wen bezieht sich denn dieses ‚uns‘?
‚Warum hast du nicht auf uns gehört?‘ Das wird ja kaum
der Orest allein zu Herrn Kandler gesagt haben. Oder
spricht der im Majestätsplural?“
„Nein, das waren …“ – mühsam quälte sich der alte
Mann zurück in die Gegenwart – „das waren diese
bösen Hexen, die den Orest in den Wahnsinn treiben
wollen. Die sind auch auf dem Gemälde, links vom
Orest … also, wenn man davor steht, links. Die blicken
direkt aus dem Bild, und von dort aus haben die den
Andreas angesprochen. Bedroht! Verflucht haben sie
ihn! Diese grässlichen Gestalten haben einen Namen,
der klingt wie ‚die Inneren‘. Oder nein, eher wie ‚erinnern‘.
‚Die Inneren‘, ‚erinnern‘ … so irgendwie.“
„Meinen Sie die Erinnyen, die Rachegöttinnen der
griechischen Mythologie?“
„Schon möglich. Es sind auf jeden Fall böse, böse …“
„Und wie haben Sie das vorhin gemeint, ‚es war wie
beim Zahnarzt‘? Wie Sie alle am Mittwoch im Museum
waren und der Herr Kandler Sie auf seine Runde mitgenommen
hat, da war das wie beim Zahnarzt. Hatten
Sie irgendeinen bohrenden Schmerz? Oder der Herr
Kandler?“
„Eben nicht … und dann schon! Was ich meine –
gerade wenn man beim Zahnarzt sitzt, hat man oft
kein Zahnweh mehr. Und so war das dort auch. Zehn
Tage lang hat diese Stimme den Andreas terrorisiert.
Dann will er sie uns zeigen … und prompt war nix zu
hören. Also, wie wir in diesen vermaledeiten Saal hineingekommen
sind. Nichts! Dann sind wir dort stehen
geblieben. Nichts! Keine Stimme, auch der Andreas
hat nichts gehört. Aber kaum, dass wir aus dem Raum
hinausgehen, bleibt er wie angewurzelt stehen, stutzt
eine Sekunde … und dann der Schrei, und zuletzt sein
Zusammenbruch. Er ist vor unseren Füßen zusammengebrochen.
Wir haben sofort sein Herzmedikament aus
der Jackentasche geholt und ihm dreißig Tropfen …“
„Der Herr Kandler hat Herzprobleme?“
„Ja, leider, das macht die Angelegenheit ja noch
schlimmer.“
„Könnte es nicht vielleicht so sein, dass Ihr Freund
Kandler durch seine Herzmedikamente …“
„Nein, Herr Hofrat! Nein, nein und nochmals nein!
Glauben Sie mir, ich bin der Erste, der sich freut, wenn
der Andreas psychisch krank wäre. Weil dann könnte
man ihm helfen, dann könnten wir ihm helfen, und
dann müssten wir nicht mehr gegen Geister und andere
Blödheiten ankämpfen.“
„Herr Horak, ich bin zwar weder Arzt noch Psychologe,
aber ich kann Ihnen aus meiner beruflichen
Erfahrung versichern, dass Menschen, die an Wahnvorstellungen
leiden, gerade gegenüber ihrer vertrauten
Umgebung oft sehr lange den Eindruck von
Normalität aufrechterhalten, ja geradezu vortäuschen
kön…“ – der Versuch, Horak mit einer Belehrungstirade
zu beruhigen, scheiterte kläglich. Schlimmer noch,
jetzt flackerten nicht nur die Lider des alten Mannes,
auch Verena sah ihren Chef aus großen, verstörten
Augen an.
„Das wissen wir, Herr Hofrat, das wissen wir nur
allzu gut. Was aber Sie nicht wissen können, ist, woher
wir das wissen. Und zwar … aus persönlicher Erfahrung.
Zuerst – das war vor vier Jahren – ist meine
Tochter, also Verenas Mutter, ganz allmählich etwas …
ja, etwas eigen geworden. Wir haben uns nichts dabei
gedacht. Dann wurde sie immer merkwürdiger. ‚Mein
Gott, sie ist halt urlaubsreif‘, haben wir geglaubt. Und
dann ist sie zusammengebrochen. Hirntumor lautete
die Diagnose. Im fortgeschrittenen Stadium. Knapp
vor ihrem Tod hat sie uns noch erzählt, dass sie sich
schon ein Jahr lang irgendwie seltsam gefühlt hatte.
Aber sie wollte uns auf keinen Fall erschrecken, also
hat sie nichts gesagt. Und als sie immer mehr Ausfälle
hatte – vor allem die Hände haben kaum mehr
etwas halten können, aber es sind ihr auch immer öfter
ganze Sätze nicht mehr eingefallen –, da hat sie allerlei
Tricks erfunden, um ja nicht zugeben zu müssen, dass
mit ihr etwas nicht in Ordnung war. Ein Jahr später
hatte dann meine Frau plötzlich massive Erinnerungslücken,
aber auch sie hat es grandios überspielt. Dabei
wären wir ja extrem sensibilisiert gewesen und sofort
mit ihr zu einem Neurologen gegangen. Aber nein,
auch sie hat es geschafft, dass die Verena und ich erst
etwas bemerkt haben, als gegen die Krankheit nichts
mehr auszurichten war. Eine vaskuläre Demenz – die
meisten nennen das fälschlicherweise Alzheimer. Und
dann … noch ein halbes Jahr. Verstehen Sie jetzt, Herr
Hofrat, warum wir so etwas wie Experten für psychisch
Kranke sind?“
Halb hatte im Lauf der Jahre mühsam gelernt, dass
er in so einer Situation auf keinen Fall spontan handeln
durfte. Jetzt zum Beispiel hätte er Franz Horak am liebsten
eine tröstende Hand auf die Schulter gelegt, aber
dafür hätte sich der nun lautlos Weinende spätestens
in fünf Minuten fürchterlich geniert. Also tat Halb das
einzig Richtige … nichts. Er saß stumm da und wartete
darauf, dass ihn Verena und ihr Großvater wieder ansehen
und sein pures Mitleid erkennen könnten. Was er
allerdings dann machen würde, wusste er in diesen elend
langen Sekunden nicht. Aber interessanterweise war
ihm das egal – er begriff vielleicht zum ersten Mal, dass
Leiden auch eine befreiende Funktion haben konnte.
„Chef, es ist mir sehr peinlich, dass wir dich anheulen!“
– noch bevor Halb irgendeine „Verena, ich bitte
dich!“-Phrase dreschen musste, wurden sie von einem
Wunder erlöst. Das altmodisch-schrille Läuten des
Telefons klang wie ein Zauberspruch, der einen Fluch
in tausend Stücke zerspringen ließ.
Als Franz Horak von seinem Telefonat im Nebenzimmer
zurückkehrte, wirkte er entsetzlich müde, aber
die lähmende Trauer war verflogen.
„Unsere Familientragödien, die sind der Grund,
warum ich mir sicher bin, dass der Andreas nicht psychisch
krank ist. Ich kenne ihn gut und ich sehe ihn
oft – ein drittes Mal könnte mich keiner mehr über
seinen wahren Gesundheitszustand hinwegtäuschen.
Aber, Herr Hofrat, am besten wäre es, wenn Sie sich
selber ein Bild von Andreas Kandler machen würden.
Er ist letzte Nacht erneut zusammengebrochen,
aber er will morgen unbedingt wieder seine nächtlichen
Runden drehen. Ich habe ihm gesagt, dass Sie
gerade bei uns sind … er würde sich sehr freuen, sie
kennen zu lernen. Er ist noch am Telefon – kann ich
ihm sagen, dass Sie ihn morgen Nacht im Museum
besuchen?“
Beinahe euphorisch nickte Halb, er war froh, diesen
Abend doch noch irgendwie positiv ausklingen lassen
zu können.
© Haymon Verlag
Aber mit keinem seiner „verwandten“ Kunstwerke
hatte er je Probleme gehabt.
Bis vor vierzehn Nächten.
Da hatte sein Unglück begonnen.
„Warum hast du nicht auf uns gehört?“
Unwillkürlich begann Kandler zu zucken. Seine
Muskeln versuchten offenbar, das Entsetzen, das sich
in seinem ganzen Körper breitmachte – sein Hirn,
seine Nerven, sein Herz, seinen Magen, einfach alles
in ihm durchsetzte –, in einem Kraftakt aus ihm herauszuschütteln.
Aber es funktionierte nicht!
Konnte es auch gar nicht, weil dieser Kraftakt keiner
mehr war, keiner mehr hätte sein können.
Er hatte keine Kraft mehr, er war am Ende.
Erschöpft lehnte sich Kandler an einen der Türrahmen
zwischen den Sälen. Starr stierte er geradeaus.
Es war ihm unmöglich geworden, auch nur einem
Einzigen der Prunkstücke einen liebevollen Blick zu
schenken. Obwohl sie alle unschuldig waren, hatte
er jegliches Vertrauen in sie verloren. Er konnte sich
einfach nicht mehr sicher sein, ob ihm nicht plötzlich
auch ein anderes Bild drohen würde. Vielleicht würde
auch eine der Heiligenstatuen lebendig werden und
ihn erschlagen!
Oder ihn aufspießen … vielleicht der heilige Laurentius
mit seinem Rost oder der heilige Sebastian mit
seinen Pfeilen?
„Warum hast du nicht auf uns gehört?“
Hysterisch riss er seine Hände hoch und hielt sich
die Ohren zu. Aber die unheimliche Stimme blieb in
seinem Kopf.
Klar, denn er war im Saal sieben. Erst im nächsten
Raum, da …
Kandler holte tief Luft, stieß sich vom Türrahmen
ab und setzte sich in Bewegung. Er bemühte sich, an
nichts zu denken, einfach nur einen Fuß vor den anderen
zu setzen. Das Gehen klappte ganz gut, nur das
mit dem Hirnvakuum gelang ihm nicht ganz. Aber
der eine Gedanke, der sich mitten in der Kopfleere
explosionsartig ausgebreitet hatte, war ihm gar nicht
so unangenehm.
Er befand sich auf dem Weg zum Schafott.
Gleich würde alles vorbei sein.
Der Menge Johlen, das Knarren der Bohlen … und
Gott befohlen!
Wo er diesen Satz gelesen hatte, wusste er nicht
mehr. Egal – die Stille um ihn schien zu brüllen und
der edle Parkettboden knirschte wie die Stufen zum
Richtblock. Ein letztes Mal sah sich Andreas Kandler
um, die Köpfe auf den Gemälden wurden zu vertrauten
Gesichtern seines Lebens.
Jetzt war er an seinem Ende angekommen.
Saal acht.
Diesmal versuchte er erst gar nicht, sich der gegenüberliegenden
Wand entlang durch den Raum zu stehlen.
Vielleicht gar noch mit dem Rücken zu seinem
Feind.
Nein!
Diesmal stellte er sich mit schweren, aber breiten
Beinen vor das riesige Bild, das ihm die letzten zwei
Wochen zur Hölle gemacht hatte.
„Die Flucht des Orest“.
Wie oft er sich all die Details des sechs mal drei
Meter großen Ölgemäldes eingeprägt hatte, hätte er
auch in einem anderen Zustand beim besten Willen
nicht sagen können. Jetzt starrte er nur auf die Gesichter
der drei Erinnyen, der griechischen Rachegöttinnen,
die aus der Mitte des Bildes jeden Betrachter mit
bösartigen Blicken anfunkelten. Die anderen, größeren
und weniger schrecklichen Figuren nahm er in dieser
Sekunde nicht wahr.
Nur die Erinnyen …
Er hatte sich genau überlegt, was er sagen würde.
Er hatte zwei Tage lang den Tonfall geübt, in dem er
den drei Schreckenswesen den Kampf ansagen würde.
Jetzt war der entscheidende Moment gekommen.
Kandler schluckte noch einmal, um ja nicht mit
belegter Kehle den Befreiungsschlag führen zu …
„Warum hast du nicht auf uns gehört? Törichter
Mann! Bald wird es zu spät …“
Das „sein“ bekam Andreas Kandler nicht mehr mit.
Er griff noch mit der rechten Hand in seine Jackentasche,
um die rettenden Herztropfen herauszufischen,
aber dann fiel er um wie ein Sack.
Sonntag, 25. August 2013, 11 Uhr
„Au! Das ist doch zu blöd, das muss doch …“ – ein helles
Kinderlachen drang durch seine Ohrenschützer und
ließ Ludwig Halb sofort verstummen. Vorsichtig robbte
er ein paar Zentimeter unter dem Waschbecken hervor,
dann legte er die Bohrmaschine links neben sich und
schob den Gehörschutz in den Nacken.
„Ja, Flitzi, ich hab dich gar nicht kommen gehört.
Wo ist denn der Papa?“
Friedrich Korber kicherte vergnügt, sodass die Antwort
nur für Kenner seiner kindlichen Sprechweise
verständlich war. „Der Papi, der hat … das ist aber lustig,
Onkel Luzi, wenn du so schimpfst, weil ich darf das
ja nie hören und sagen darf ich so böse Pfui-Worte
auch nicht, weil die Mami sagt dann immer, dass ich
das nicht … aber auch der Papi findet das nicht lustig,
und … der Papi ist nur kurz eine Eisige holen und weil
du diese großen Deckel auf den Ohren gehabt hast und
so laut Lärm gemacht hast, hat er gesagt, dass …“
„Flitzi, was für eine Eisige? Was meinst du denn?“
„Eisensäge, hier bitte. Flitzi, du stehst ein bissi im
Weg.“ Gilles Korber schob seinen Sohn zur Seite, um
seinem zukünftigen Vorgesetzten und gegenwärtigen
Vermieter das scharf gezahnte Werkzeug reichen zu
können.
„Ich weiß zwar nicht, wieso die Eisensäge nicht in
der Werkzeugkiste war“ – unter dem strengen Seitenblick
seines Vaters schien Klein-Friedrich um zehn
Zentimeter zu schrumpfen – „aber ich habe sie dann
in der Küche gefunden.“
„In der Küche?“, verwunderte sich Halb.
„Ich hab doch nur … weil der Onkel Luzi so viel
arbeitet … ein ganz dickes Wurstbrot hab ich ihm
schneiden …“
„Flitzi, das haben wir dir doch schon oft erklärt. Du
darfst kein Werkzeug in die Hand nehmen!“
„Aber … Papi, aber du sagst doch immer: Messer,
Gabel, Schere, Licht sind für’n kleinen Flitzi nicht! Und
die Eisige da, die ist doch kein Messer oder Gabel oder
Schere oder Li-hi…“ – der Rest seiner Rechtfertigung
ging in einem Strom von Tränen unter.
Bei einem seiner zahllosen Verhöre hätte der
Leiter des Referats für Gewaltkriminalität im österreichischen
Bundeskriminalamt, Hofrat Magister Ludwig
Halb, jetzt wohl widerwillig gegrinst. Als Onkel
Luzi aber seufzte er tief ob dieser schlüssigen Argumentation
und flüchtete unter das „Sanitär-Ensemble
zur problemlosen Selbstmontage“, wie es der Baumarkt-
Prospekt verheißen hatte. Obwohl er in den
letzten Wochen durchaus Gefallen an seiner neuen
Rolle als Reserve-Großvater gefunden hatte, fühlte er
sich noch nicht reif genug für die Hardcore-Momente
des Wahlopa-Daseins.
In der Höhle unter dem Waschbecken war es zwar
auch ohne „Ohrdeckel“ noch heiß, dafür drangen Flitzis
Schluchzlaute nur gedämpft durch. „Dein Waschbecken-
Unterschrank, eine Allegorie des Lebens – er
zeigt uns deutlich, dass kein Nachteil ohne Vorteil ist“,
brummte Halb in seinen Zweitagesbart, als er sich nun
nicht mehr den Bohrlöchern, sondern dem renitenten
Siphon-Anschluss widmete.
Nein, das hätte er sich vor dreieinhalb Monaten nicht
träumen lassen, dass er sein eigenes Zinshaus Wohnung
für Wohnung, Raum für Raum renovieren würde. Und
das hatte er doch tatsächlich Onkel Alois zu verdanken –
am Anfang seines neuen Lebens war das seltsame Erbe
von seinem zwielichtigen Onkel gestanden. Aufgrund
eines wüsten Zufalls hatte ihn dieser erfreulicherweise
nur weitschichtig Verwandte vor Jahrzehnten für einen
Zuhälter gehalten. Und dann hatte sich der liebe Onkel
Alois ganz plötzlich gezwungen gesehen, Österreich in
Richtung eines südamerikanischen Steuerparadieses
zu verlassen, weshalb er nie mehr erfahren hatte, dass
sein junger Neffe x-ten Grades nicht nur kein Verbrecher,
sondern ein Polizist war. Schlimmer noch, Ludwig
Halb war zu einem glühenden Kriminalisten geworden,
der sich bis zum heutigen Tag voller Überzeugung der
Illusion hingab, ein klein wenig die Welt zu verbessern.
Aber das hatte Onkel Alois eben nicht gewusst, weshalb
er seinem scheinbar „wohlgeratenen Zuhälter-Ne/en“
ein Zinshaus vererbt hatte.
… und zwar ein vermeintlich ganz besonderes,
denn es befand sich inmitten von „Etablissements des
Erwachsenen-Entertainments“.
… und außerdem stand es leer, weshalb der liebe
Erbonkel in einem Brief gemeint hatte, dass sein fleißiger
Neffe dieses Prachtstück zimmerweise an die
„selbstständigen Damen und deren Beschützer“ vermieten
könnte.
Trotz der stickigen Hitze unter dem Waschbecken
fror Halb noch heute bei dem Gedanken, dass er, der
jahrzehntelang das Elend des ältesten Gewerbes der
Welt bekämpft hatte, plötzlich die Seiten hätte wechseln
sollen. Nein, das war nicht in Frage gekommen!
„Bitte um die Wasserpumpenzange“ – da das Weinen
fast verklungen war, streckte Halb die rechte Hand
aus seinem Verschlag heraus.
„Da, da“ – es war offenbar ein Friedensangebot
seines Vaters, dass Flitzi die große Zange angreifen
und unter vergnügtem Quietschen Onkel Luzi in die
schwielige Hand legen durfte.
„Oh, danke, lieber Flitzi!“ – obwohl nicht einmal dieses
Mordsinstrument die kleinere der beiden Gewindemu
ffen dazu bewegen konnte, sich endlich aufdrehen zu
lassen, bereute Halb nicht, dass er das Haus trotz aller
Widrigkeiten behalten und zu einem qualitativ hochwertigen,
aber nicht zu teuren Wohnort für sympathische
Mitmenschen wie Familie Korber umgestaltet hatte.
… umzugestalten begonnen hatte.
… umgestalten zu wollen begonnen hatte.
„Himmelherrgottnocheinmal“ – um das ungeschriebene
Gesetz „Kein Fluch vor Flitzis Ohren!“ auch diesmal
nicht allzu dramatisch zu brechen, versuchte Halb,
zumindest das nun aus ihm herausbrechende „Kruzitürken
Dreck verdammter“ zu einem unverständlichen
Gemurmel herunterzumodulieren.
„Kruzitrrrrvadammm“ – er genoss die letzten
Sekunden der explosiven Entspannung in vollen Zügen.
Gleich würde er sich reumütig rechtfertigen müssen,
dass er die Wut nicht mehr zurückhalten hatte können,
weil ihn doch diese bösartige Rohrverbindung
zur Verzweiflung trieb und er …
„Armer Onkel Luzi“ – Halb hatte mit vielem gerechnet,
aber dass seine emotionale Explosion mit einem
kindlichen Bedauern belohnt würde, hätte er nicht
erwartet.
„Ja, also … das ist aber sehr lieb von dir, Flitzi“ – noch
einmal manövrierte Halb seinen massigen Oberkörper
vorsichtig zwischen dem „Unterschrank breit mit
Wäschekippe“ und der „Waschkommode normal mit
zwei abschließbaren Schubladen“ hindurch, um sich
bei seinem jugendlichen Seelentröster zu bedanken.
Obwohl er das Gefühl hatte, jeden Quadratmillimeter
seiner Bandscheiben einzeln zu spüren, zele brierte
er seine schlängelnden Bewegungen voller Lust. Denn
ziemlich genau vor einem Jahr hatten ihm die Ärzte –
durchaus positiv gestimmt – eröffnet, dass er möglicherweise
eines fernen Tages wieder alleine auf die
Toilette würde gehen können. Wobei, „gehen“ dürfe
er nicht so wörtlich nehmen, aber mit dem Rollstuhl
könne er schon … also, auf jeden Fall wären sie guter
Dinge, dass er doch nicht für alle Zeit von der Halswirbelsäule
abwärts gelähmt bleiben würde. Aber natürlich
müssten erst die kommenden Wochen zeigen, wie
seine Verletzungen verheilen würden. Einen schönen
Tag noch!
An diesem Vormittag im Hochsommer 2012 hätte
Halb trotz seiner hohen moralischen Ansprüche den
Mann, dem er seine totale Hilflosigkeit zu verdanken
hatte, mit größter Wonne zu Tode geprügelt.
… wenn er es gekonnt hätte. Aber dank der drei
Kugeln, die ihm Uros Mogvan, ein völlig abgedrehter
Dealer, in seine Wirbelsäule gejagt hatte, hatte sich
Halb schlimmer als tot gefühlt.
Und heute? Heute krabbelte er rücklings über die
Böden seines eigenen Zinshauses und schraubte an
Siphons herum.
Doch … es geschahen noch Zeichen und Wunder!
Selbst in seinem Leben.
„… sehr lieb von dir, Flitzi. Und es tut mir auch
leid, dass ich so hässliche Worte gesagt habe, die dich
vielleicht erschreckt …“ – ebenso langsam, wie Halb
unter seinem Waschbecken und aus seinen Vergangenheitsbewältigungsgedanken
aufgetaucht war, begriff
er, dass er irgendetwas verpasst haben musste. Denn
Klein-Friedrichs Ausdruck wechselte von klagendvorwurfsvoll
zu strahlend-hoffnungsfroh.
„Ich hab doch nur gehört, dass du schimpfst, aber
nix Genaues, weil mir der Papi ganz schnell die Ohren
zugehalten hat. Und jetzt musst du mir die hässlichen
Worte noch einmal sagen, damit ich weiß, ob ich auch
wirklich erschrecktet bin.“
„Erschrocken, Flitzi, nicht erschrecktet. Und nein,
der Herr Hofrat wird die Pfui-Worte nicht wiederholen,
weil … mit vollem Mund spricht man nicht.“
Offenbar hatte die „Siphonische Symphonie“ aus
Arbeitslärm, deftigen Wortschöpfungen und Kinderstimme
Frau Korbers Schritte vollkommen überdeckt.
„Mami!“ – Flitzi sauste zu seiner Mutter und versuchte,
einen Blick in eine der zwei futuristischen
Taschen zu erhaschen, die seine Mutter vorsichtig
durch die Tür manövriert hatte.
„Wart, ich helf dir!“ – Gilles Korber nahm seiner
Frau behutsam die andere kapselartige Konstruktion
ab und lächelte in ihr Inneres hinein.
„Grüß Gott, Frau Korber … liebes Füchslein“ – ein
Außenstehender hätte beide kofferähnlichen Gebilde
für Hightech-Kühltaschen halten können, Halb aber
wusste um den existenziellen Unterschied zwischen
dem vielfarbigen Faltkorb und der rot-blau marmorierten
Plastikschale.
… der sich auch prompt lautstark bemerkbar machte.
„Ja, was hast du denn? Du brauchst doch nicht zu
weinen … mein Füchslein, mein Herzi-Hasi, mein …“ –
wie fast jeder Erwachsene verfiel auch Gilles Korber in
einen ganz eigenen Tonfall, als er seinen drei Wochen
alten Zweitgeborenen aus dem Baby-Bag hob. Klein-
Antoine quittierte diese Zärtlichkeit lediglich mit
einem lauteren Quäken, worauf Maria Korber ihrem
Mann das weinende Bündel mit einem ungeduldigen
„Gib ihn mir, du machst das falsch!“ entzog. Darau:in
begann der dreieinhalbjährige „große Bruder“ mitten
in seiner Inspektion der mitgebrachten Köstlichkeiten
zu schluchzen, weil er einerseits das Glas mit den
Salzgurken nicht öffnen und andererseits nicht ertragen
konnte, wenn nur der – seiner Meinung nach –
kleine Störenfried geherzt wurde. Diese Mischung aus
Salz- und Liebesmangel ließ Klein-Friedrichs leises
Weinen jäh in einen Wutanfall kippen, worauf sich
Halb genötigt sah, wieder einmal Deus ex machina zu
spielen. Noch vor dessen Vater war er bei Flitzi, dem er
betont männlich-erwachsen die Hand auf die vor Zorn
bebende schmale Schulter legte. „Das Gurkenglas kann
man mit einem Werkzeug aufmachen. Wenn du mir
die Zange von da drüben bringst“ – einem Mini-Kugelblitz
gleich schoss Friedrich unter das Waschbecken
und trug die Wasserpumpenzange wie eine kostbare
Trophäe zu seinem Onkel Luzi und dem Gurkenglas
zurück – „dann können wir uns gleich eine köstliche,
dicke, grüne, salzige …“
„Jetzt mag ich aber lieber die Schokolade. Und die
Wurst. Und den Käs. Und die Wurst da auch. Und die
Limonade da. Und das Fleisch da – nein, das mag ich
nicht.“ Sanft hinderte Halb seinen Wahlenkel daran, alle
Köstlichkeiten aus dem Korb zu räumen. Um nicht die
nächste Zornattacke heraufzubeschwören, drückte er
ihm eine bunte Schachtel in die Hand und sah ihm verschwörerisch
in die Augen. „Flitzi, jetzt würden wir alle
deine Hilfe brauchen. Könntest du diese Käseschachtel
und die … die Senftube hier ins Nebenzimmer zum
Tisch tragen? Weil ich schaff das nicht allein. Und wir
haben doch jetzt schon großen Hunger. Und der Papi,
der muss … ah ja, der muss den Baby-Bag tragen. Und
die Mami natürlich das Füchslein. Und wir beide, wir
tragen dann das Wichtigste, das Essen. Einverstanden?“
Friedrich Korber richtete sich zu seiner ganzen
Größe von hundertunddrei Zentimetern auf. Dann nahm
er Käseschachtel und Senftube ehrfürchtig in seine
Hände … und legte sie gleich wieder auf den Boden.
Mit einem gejauchzten „Du bist mein Lieblings- Luzi-
Onkel!“ fiel er dem neben ihm Knienden um den Hals.
„Ich komm euch gleich nach.“ Mühsam rappelte
Halb sich auf. Doch, ja – bei allem Ächzen und Ärgern
über die Do-it-yourself-Sanierung war es doch die
richtige Entscheidung gewesen, als erste Mieter diese
Familie anzuwerben. Auch wenn sie nur wenig Miete
zahlte, und obwohl der junge Justizwachebeamte Gilles
Korber ein viel schlechterer Handwerker war, als er
von sich behauptet hatte … es war gut so!
Zufrieden sah Halb sich um … und blieb mit seinem
Blick am immer noch funktionslosen Waschbecken
hängen. Aber noch bevor in ihm wieder der Groll auf
Muffen, Siphons, Wasserpumpenzangen und Bohrmaschinen
hochstieg, machte sich ein anderes, weit wohligeres
Gefühl breit. Er war nicht mehr, wie so lange in
seinem Leben, darauf angewiesen, jeden Euro zweimal
umzudrehen. Auch wenn er es immer noch nicht
verinnerlicht hatte – er war wohlhabend. Er konnte
sich was leisten! Vielleicht sogar … – es bedurfte nur
eines kleinen inneren Rucks, um am „Nebenzimmer-
Picknick“ teilzunehmen. Jawohl, er würde schon
morgen die Firma „Wondracek und Söhne“ anrufen.
Immerhin hatte er den Urenkel dieser alteingesessenen
Installateursdynastie vor einigen Jahren von
einem – verständlicherweise höchst unangenehmen –
Mordverdacht entlasten können.
Die würden ihm doch wohl einen guten Preis
machen … für den an und für sich lächerlich-einfachen
Anschluss eines einzigen Waschbeckens. Und vielleicht
würde er dann auch die abgrundtief hässlichen Armaturen
in den anderen Badezimmern auswechseln lassen.
Weil ein hauchdünn blattvergoldeter wasserspeiender
Schwan mochte ja vielleicht in einem Bordell heimisch
sein, aber in das komfortable Bad eines ehrwürdigen
Zinshauses gehört so ein seltsames Tier nicht. Und die
Küchen, die könnte er dann vielleicht auch gleich …
Mit einem entsetzten Stöhnen verließ Halb die
Stätte seines handwerklichen Versagens.
Der Gedanke, dass er sein Zinshaus wegen horrender
Renovierungsschulden eines Tages doch noch einem
der Zuhälterbosse verkaufen müsste, die es ihm schon
längst liebend gerne abgeluchst hätten, trieb ihm den
Angstschweiß auf die Stirn. Lediglich die Aussicht auf
ein hervorragendes und sogar kostenloses Mittagessen
im Kreise seiner einstweiligen Lieblingsmieter ließ ihn
mit freundlichem Gesicht das Nebenzimmer betreten.
Oder auch nicht … das Klingeln seines ungeliebten
Smartphones riss Halb aus seiner Vorfreude, aber
ein Blick auf das Display ließ seinen grimmigen Blick
sofort weicher werden. „Delia, du bist schon wieder
in Wien? Ihr habt euch einen Tagungstag geschenkt?
Heute Abend? Ja wunderbar, ich freu mich … das heißt,
nein, leider nicht. Weil ich … aber nein, ich bin nicht
gekränkt wegen letzter Woche. Ich bin aber heute
Abend bei Verenas Großvater eingeladen. Was heißt,
‚welche Verena‘? Du kennst doch meine Mitarbeiterin
Magistra Verena Planner. Na die, die vor drei Monaten
ganz wesentlich zu meiner Lebensrettung beigetragen
… also, die einen wesentlichen Beitrag zu
meiner … Himmelherrgottnocheinmal, ich kann das
im Moment nicht so formulieren, dass es nicht furchtbar
pathetisch klingt. Jedenfalls war sie damals mit
von der Partie, die mich gerettet hat. Und eben jene
Verena hat mich vor ein paar Tagen gebeten, heute
Abend ihren Opa zu besuchen. Der müsste mir irgendeine
ganz komische, sogar gespenstische Geschichte
erzählen. Und sie bräuchten meinen Rat. Da hab ich
natürlich nicht nein sagen können. Und deshalb … es
tut mir wirklich sehr, sehr leid. Aber vielleicht sehen
wir uns morgen? Nein? Seminar. Aha. Und übermor…
auch nicht. Wie bitte? Erst am Freitag? Willst du mich
bestrafen? Nein? Fein! Aber weshalb dann der temporäre
Delia-Entzug? Aus Überfluss an Zeitmangel?
Toll, ich beginne gerade, mich für eine Karrierefrau zu
begeistern! … und ich bin ein Macho? Von mir aus, aber
du sollst wissen, dass ich ein sehr einsamer Macho
bin. … und ein sehr lieber? Oh, danke! Na ja, dann – auf
ganz bald wieder- telefonieren! Nein, ich werde mich
beim Heimwerken nicht verletzen, ja, ich pass auf
mich auf. Versprochen! Ja, dir auch … bussi, bis bald!“
Vorsichtig schob Halb das nagelneue, in seinen
Augen ohnehin unnötige Nobelhandy in die edle Lederhülle,
die ihm Delia vor vier Wochen geschenkt hatte.
Natürlich hatte er schon etliche Male miterlebt, dass die
Hormone Menschen zu den merkwürdigsten, manchmal
auch fürchterlichsten Taten zwangen. Aber dass so
ein Zustand selbst einem abgebrühten Zyniker in reifen
Jahren drohen konnte, das war dem Vernunftmenschen
Halb ein Rätsel. … ein Rätsel, das er aber genoss. Allerdings
unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit. Nicht
auszudenken, wenn jemand erführe, dass er …
„Onkel Luzi, das ist aber sehr lustig, wenn du so rot
wirst. Fast so lustig wie Kiki, der Kinder-Clown. Kannst
du das für mich noch einmal werden? Weil dann sagt
die Mami, dass ich dich holen essen soll.“
„Die Mami hat sicher gesagt, dass du mich zum
Essen holen sollst. Geh nur vor, jetzt komm ich wirklich
gleich. Und ich bin doch nicht so rot wie der Kiki,
nein, wirklich nicht! Oder?“
Die letzten Worte hatte Flitzi nicht mehr gehört,
nicht mehr hören können. Zum einen war er mit schlenkernden
Beinchen wieder ins Nebenzimmer gehoppelt,
zum andern hatte Halb sein abschließendes Entsetzen
kaum hörbar vor sich hingemurmelt.
Bevor er endgültig den Raum verließ, warf er noch
einen Blick in den Spiegel oberhalb des Waschbecken-
Ensembles. Nein, kein Rotton mehr, er war erfreulicherweise
wieder so bleich wie immer.
Aber Flitzi hatte recht – er musste unbedingt daran
arbeiten, nicht zu erröten. Schließlich hatte er es bei
seinen Verhören über all die Jahre gescha/t, kaum
Regungen zu zeigen. Da sollte es ihm doch möglich
sein, auch bei Delia …
Sollte! Aber wollte er das überhaupt?
Egal! Darüber konnte er später nachdenken, jetzt
umfing ihn ein Potpourri wunderbarer Düfte. Er
konnte frisches Baguette identifizieren, Roastbeef,
Räucherkäse, Lachs … und Salzgurken. Aber die würde
er zur Gänze Flitzi überlassen. Vielleicht würde der
dann darauf vergessen, seinen Onkel Luzi auf dessen
lustige Röte anzusprechen.
Sonntag, 25. August 2013, 19 Uhr
„Noch ein Bier, Herr Hofrat?“
„Nein danke, Herr Horak. Ich möchte ja noch bei
Sinnen sein, wenn Sie mir von diesem Schauermärchen
erzählen. Die Verena hat nur Andeutungen gemacht.“
„Ja, ich hab sie darum gebeten, Ihnen noch keine
Details zu sagen. Weil, im Büro, vor den Kollegen, die
hätten sie vielleicht sogar ausgelacht.“
„Das kann ich mir nicht vorstellen. Ihre Enkelin hat
ihnen doch sicher erzählt, dass wirklich jeder in unserer
Ermittlergruppe ein reizender und hilfsbereiter …“
„Aber gegen ein Stück Sachertorte haben Sie doch
sicher nix einzuwenden? Ich find, das schließt den
Magen viel besser als Käse. Und dazu natürlich eine frische
Tasse Ostfriesenmischung, mit einer Spur Obers?
Ich bring’s gleich aus der Küche.“
Normalerweise wäre Halb spätestens jetzt explodiert,
er hasste es, wenn sein Gegenüber sich offensichtlich
auf ständiger Gedankenflucht befand. Aber
normalerweise hatte er auch nicht gerade vor einer
halben Stunde eines der besten Gulaschs seines Lebens
gegessen. Und normalerweise hatte er auch nicht zwei –
wenn auch nur kleine – Biere intus, bevor er sich mit
einem geheimnisvollen potenziellen Fall beschäftigte.
Und normalerweise säße er an einem Sonntagabend
entweder zu Hause inmitten seiner geliebten Bücher
oder eben mit Delia … ja, wo eigentlich? Der Seufzer,
den Halb gerade noch unterdrücken konnte, schien
sich aber auf seinem Gesicht zu verselbstständigen –
zumindest deutete das Verenas Lächeln an.
„Ich weiß schon, Chef, du wärst jetzt natürlich viel
lieber mit … also ganz woanders. Umso mehr danke ich
dir noch einmal ganz herzlich, dass du dir die Zeit …“
„Bitte keine Ansprachen, Verena! Ich bin schon
gespannt, was mir dein Großvater …“
„Bitte sehr, die Torte und der Tee. Mit Kandiszucker,
wie sich das gehört. Reni, machst du uns bitte
zwei kleine Schwarze, also, zwei Espressi, wie das die
jungen Leut heut halt so sagen. Herr Hofrat, stört Sie
eh nicht der Duft von den frisch gemahlenen Ka/eebohnen?
Ich meine, bei Ihrem Teegenuss.“
„Nein, nein, Herr Horak“ – genüsslich sog Halb den
malzig-würzigen Geruch aus Assam- und Sumatra-Tees
ein. Andächtig goss er das Obers ringförmig auf die
Oberfläche, beim Anblick der kleinen Wolke glitt er
endgültig in einen Zustand großer Zufriedenheit und …
„Und, ist er richtig temperiert? Meine Enkelin hat
mir ja von ihrer Vorliebe für eine perfekte Tasse Tee
erzählt, selbstverständlich nicht nur das, über ihre
brillante Kombinationsfähigkeit hat sie mir natürlich
ausführlich …“
„Herr Horak, jetzt sind S’ doch nicht so nervös!
Alles – Gulasch, Bier, Gebäck, Torte, Tee – war und ist
perfekt. Jetzt beruhigen Sie sich und erzählen mir die
unglaubliche Geschichte von Anfang an.“
„Also, die Sache ist folgende: Aber bitte, wenn Sie
gleich der Meinung sind, dass das nur ein ausgemachter
Blödsinn sein kann und unter Ihrer Würde ist, dann
bitte unterbrechen Sie mich einfach, weil ich möchte
nicht vor dem Chef meiner Enkelin wie ein Idiot
dastehen, erst recht nicht, wenn er ein so berühmter
Kriminalist ist … der Chef, also Sie, nicht der Idiot.
Wie gesagt, es ist wirklich kein Schwachsinn, weil ich
schwöre Ihnen, dass der Andreas, ich meine, der Herr
Kandler, weder Alkoholiker noch sonst irgendwie ein
wirrer Kopf ist. Es ist halt ein großes Rätsel, noch dazu
ein mysteriöses, aber das sind ja Rätsel meistens …“
Verzweifelt überlegte Halb, wie er den wirren Redefluss
stoppen könnte, ohne allzu grob zu werden. Ob
vielleicht ein Zeichen mit der Hand …
„Opa! Offenbar nimmt dich der Herr Hofrat ernst,
weil sonst wäre er gar nicht erst gekommen. Also –
schön langsam und von Anfang an“ – dankbar lächelte
Halb seine Mitarbeiterin an.
Einen Moment schien es, als ob Verenas Großvater
doch noch einen Rückzieher machen würde, aber
dann brachen die „verbalen Dämme“ ein zweites Mal.
„Am Anfang war … der ‚Sparverein‘. Nicht, dass Sie
sich jetzt was Falsches vorstellen, Herr Hofrat – unser
Sparverein war nie eine juristische Gründung so wie
eine Genossenschaft. Mehr noch, unser Sparverein
hat nie etwas mit Sparen zu tun gehabt. Wir hätten
uns auch ‚Verein der Freunde der gepflegten Unterhaltung‘
nennen können. Oder ‚Verein zur Förderung
regelmäßiger Versammlungen zwecks Stärkung altwienerischer
Freundschaftsrituale‘. Wir haben damals
mehrere solcher seltsamer Namen überlegt. Aber die
waren uns alle zu lang. Und da hat sich dann eben die
herrlich altmodische Bezeichnung ‚Sparverein‘ angeboten.
In Wirklichkeit haben wir nie etwas gespart, im
Gegenteil, unser Sparverein war immer dazu da, dass
seine Mitglieder Geld ausgeben. Und zwar im ‚Gasthaus
Jungbrunnen‘. Also, damals, bei der Gründung, da hat
das noch ‚Wirtshaus zur kleinen Frohnatur‘ geheißen.
Aber dann ist der alte Wirt gestorben, und sein Nachfolger
war der Herbert, Herbert Jung. Deshalb ‚Gasthaus
Jungbrunnen‘. Der Name war auch wirklich Programm,
denn der Herr Jung hat dann das Bierangebot
enorm vergrößert. Vorher hat’s nur zwei Biermarken
und davon je drei Sorten gegeben, aber dann …“
„Opa, bitte komm zur Sache! Wir wollen alle vor
fünf Uhr früh in unseren Betten sein.“
„Lass nur, Verena, dein Großvater erzählt durchaus
amüsant.“
„Nein, nein, Herr Hofrat, die Verena hat schon recht.
Also, ich komm zur Sache. Wobei, ‚zur Sache‘, das klingt
hässlich, weil ‚die Sache‘ sind ja die Mitglieder. Von
Anfang an dabei ist der … nein, falsch, war der Sven.
Sven Sulzer, ein herrlicher Mensch. Er war stets lustig,
aber niemals lästig. Verstehen Sie, er war zwar fast
immer gut gelaunt, aber er war nie einer von denen,
die einem mit ihrem Dauer-‚Ha-Ha-ich-bin-so-witzig‘
unheimlich auf die Nerven gehen.“
„War?“
„Ja, war, er ist vor einem Jahr bei einem Unfall ums
Leben gekommen.“
„Das tut mir leid. Und spielt er in der Gruselgeschichte
noch eine Rolle?“
„So blöd das klingt – ich weiß es nicht.“
„Schade, er war mir schon sympathisch. Und was
ist mit den anderen Stammmitgliedern?“
„Die anderen … also, Gründungsmitglied war – und
ist – der Markus. Markus Märzner. Ein origineller
Mensch. Und zwar einer von der Sorte, die als Tausendsassa
unterwegs ist, aber bei keiner ihrer Aktivitäten
so wirklich, also so echt wirklich … wie soll ich
das sagen? Er kann unheimlich viel, und das noch dazu
in sehr unterschiedlichen Bereichen, aber er bringt
nichts zu einem erfolgreichen Ende.“
„Sie mögen ihn wohl nicht sehr?“
„Mögen? Doch, schon. Er ist eindeutig der Kreativkopf
unserer Gruppe. Zum Beispiel, die Idee mit
dem skurril-unpassenden Namen ‚Sparverein‘ – die ist
von ihm. Oder auch unser Logo … ja, allen Ernstes, wir
haben ein eigenes Logo. Das hat der Markus gestaltet.
Gut, wir anderen haben natürlich unseren Senf dazugegeben.
Wie auch dann bei der Vereinshymne. Wobei,
wenn ich mich recht erinnere, die hat der Karl komponiert.
Also, musikalisch zusammengestoppelt halt.
Aber sie klingt erstaunlich gut. Vor allem der Refrain,
der geht wirklich ins Ohr. Wissen Sie, die Melodie fängt
folgendermaßen an …“
„Opa!“
„Schweif ich schon wieder ab? Na gut … bei wem
war ich? Ah ja, der Karl, Karl Worcinka, der ist der
Ungewöhnlichste von uns Sparvereinlern. Luca Managile
– der Meister der Taschendiebe. So hat er sich
genannt, der Karl. Der hat früher eine sensationelle
Karriere gemacht – bis nach Las Vegas war der engagiert.
Da hat er Unsummen verdient … also, ich meine,
auf legale Weise. Und dann hat ihn die Reisebranche
entdeckt und er ist auf allen großen Kreuzfahrtschiffen
dieser Welt aufgetreten. Vor allem bei den Mitternachtsshows
war er eine Berühmtheit. Ich nehme
an, dass da die meisten Gäste schon etwas … wie soll
ich sagen? … also nicht mehr allzu aufmerksam waren,
sodass sie der Karl mühelos hat ‚ausräumen‘ können,
auch noch, als er schon etwas langsamere Hände gehabt
hat. Vor drei Jahren hat er sich dann zur Ruhe gesetzt.
Jetzt arbeitet er nur mehr zum Vergnügen … wobei, Sie
könnten ihn kennen. Er hilft nämlich manchmal der
Polizei – bei solchen Shows im Kriminalberatungs-
Dauer-Dingsda … wie heißt denn das?“
„Meinen Sie den kriminalpolizeilichen Beratungsdienst?“
„Ja, genau. Und die organisieren ab und zu so
Themen shows, zum Beispiel ‚Achtung, Taschendiebe!‘,
und dort tritt der Karl auf und räumt dann zum Gaudium
des Publikums einem Freiwilligen die Taschen
leer, ohne dass der das in dem Moment merkt. Am lustigsten
ist es, wenn er so lange charmant-lästig ist, bis
sich ein Kriminalbeamter bereit erklärt, auf die Bühne
zu kommen. Ich sag’s Ihnen, da jubeln dann die Leute,
das ist …“
„Also, Sven Sulzer, Markus Märzner, Karl Worcinka
alias Luca Managile und Sie – hat Ihr Sparverein noch
andere Stammmitglieder? Außer dem geheimnisvollen
Herrn namens Andreas Kandler?“
„Ja, also da wär noch der Ante. Ante Morinkovic. Der
war auch von Anfang an mit dabei. Bis vor einem Jahr.“
„Was war da?“
„Er ist dann einfach nicht mehr aufgetaucht. Das
war schon sehr seltsam. Wir haben uns alle bemüht,
ihn zu erreichen, aber da ist nur mehr ein dürrer Brief
gekommen … er sei endgültig nach Serbien zurückgekehrt.
Er würde uns für die vielen wunderbaren
Jahre und Vereinssitzungen danken. Er würde uns für
unsere … warten Sie, wie hat er das geschrieben, für
unsere ‚Zukünfter‘ alles Gute wünschen.“
„Zukünfter?“
„Der Ante hat sich vom ganz einfachen Gastarbeiter
zu einem Reisebürobesitzer hinaufgearbeitet.
Er beherrschte natürlich seine Muttersprache perfekt,
aber er hat auch fließend Englisch, Französisch, Spa$
nisch und Italienisch gesprochen. Und in den letzten
Jahren hat er dann noch Russisch gelernt. Aber Deutsch
konnte er nie so richtig. Am Anfang hat er sich darüber
grün und blau geärgert, aber dann hat er begonnen, sich
über sich selber lustig zu machen. Er hat mit den wüstesten
Wortkombinationen und Satzgebilden um sich
geworfen. Vor allem hat er das Wort ‚tun‘ geliebt. Wenn
er zum Beispiel fragen wollte, ob ein anderer eine Aufgabe
übernimmt, hat er gesagt: ‚Das tust du tun?‘ Und
noch dazu hat er leidenschaftlich gern Fisch gegessen.
Wir haben ihn dann nur mehr den ‚Tun-Fisch‘ genannt.“
„Das klingt so, als ob der Herr …“
„Morinkovic.“
„… der Herr Morinkovic eine Art Klassenclown gewesen
wäre.“
„Nein, nein, für den Klassenkasperl war er viel zu
gescheit. Und das haben wir auch gewusst und geachtet.
Nein, mit seinen Sprachspielereien wollte er uns
nur unterhalten. Und das ist ihm auch wirklich gelungen.
Und dann – ein dürrer Brief, sonst nichts.“
„Aber wenigstens mit ein paar letzten originellen
Verballhornungen … von wegen ‚Zukünfter‘. Und sonst,
kein Lebenszeichen mehr?“
„Nein. Der Markus hat dann noch versucht, mehr
zu erfahren, aber irgendwie sind seine Bemühungen
im Sand verlaufen.“
„So, Herr Horak, jetzt aber kommt endlich der große
Auftritt des von Geistern gejagten Herrn Kandler! Oder
ist er der Geisterjäger?“
„Gleich. Nur noch ganz kurz zum Wastl, also Sebastian
Waltenberg. Ein sehr lieber, aber fürchterlich stiller
Mensch. Ich weiß von dem nur, dass er Lehrer war, für
Deutsch und noch etwas … glaub ich zumindest. Ah ja,
noch etwas – mit dem Sven, dem Unfallopfer, mit dem
war er eng befreundet. Aber sonst? Komisch, von dem
weiß ich fast nichts. Der redet ganz selten von sich aus.“
Beinahe wäre Halb ein „Nein, wie überraschend!“
herausgerutscht, aber er schluckte die Ironie gerade
noch hinunter.
„Na ja, das wären in etwa die Gründungsmitglieder
unseres Sparvereins. Ja, und dann eben noch der Andreas,
Andreas Kandler. Ja, der Andreas, der …“ – es war,
als ob eine geheimnisvolle Kraft bei Horak plötzlich den
Ausschaltknopf gedrückt hätte. Nachdem er die vergangenen
vierzig Minuten unentwegt geredet und sich hektisch
bewegt hatte, saß der alte Herr nun regungslos da
und stierte vor sich hin. Halb kannte solche plötzlichen
Erstarrungsanfälle nur allzu gut, vor allem bei Gesprächen
mit Opfern von Gewaltverbrechen hatte er damit
umzugehen gelernt. Eins, zwei, drei, vier … üblicherweise
ließ er dreißig Sekunden verstreichen, bevor er …
„Ich schwör’s Ihnen noch einmal, Herr Hofrat, der
Andreas ist weder ein besoffener Trottel, noch ist er
irgendwie anders blöd. Der ist so normal wie Sie und
ich. Und wenn er sagt, dass ihn plötzlich eines der Bilder
in seinem Museum jede Nacht anspricht und ihm
sogar droht, dann … wie gesagt, ich glaube ihm. Vor
vier Tagen, am Mittwoch in der Nacht, da haben wir
ihn im Museum besucht. Er hat uns bei einem Seiteneingang
hereingelassen und ist mit uns seine Runde
gegangen. Es war, wie wenn man zum Zahnarzt geht,
also fast so. Weil zuerst …“
„Herr Horak, ich verstehe kein Wort! Also bitte der
Reihe nach. Ihr Freund Andreas Kandler ist o/enbar
Nachtwächter in einem Museum?“
„Ja, genau. Im ‚Mu-Ku-Were-Wi‘, also im Museum
für Kunstgeschichte der Weltreligionen Wien. Das ist
da bei der …“
„Ich weiß, wo das ist. Immerhin ist es eines der
berühmtesten Wiener Museen. Und eines der Bilder
dort … wie haben Sie das formuliert? Es droht ihm?“
„Genau das ist ja das Verrückte! Vor zwei Wochen
hat eines der Gemälde begonnen, mit ihm zu reden.“
„Wie bitte?“
„Ja, es war so, wie ich es sag. Wann immer der Andreas
auf seinen nächtlichen Kontrollgängen an dem
Bild vorbeikommt, spricht es zu ihm.“
„Und es ist immer dasselbe Bild?“
„Ja. Das ist so ein riesiger Ölschinken, so … na ja,
ich bin schlecht im Schätzen, aber das wird drei Meter
hoch und sechs Meter breit sein.“
„Und was zeigt es?“
„Ich will ja nix Schlechtes sagen, außerdem bin ich
natürlich ein Kunstbanause. Also, mir gefällt der Schinken
gar nicht. Es ist eigentlich ein hässliches Bild …
also, es ist selbstverständlich großartig gemalt, aber
die Gesichter, die sind so was von pfui Teufel.“
„Wessen Gesichter?“
„Das Ganze zeigt eine Szene aus der griechischen
Mythologie. Da kenn ich mich nicht aus, höchstens,
dass ich mir den Odysseus gemerkt habe. Der stammt
doch aus diesen Sagen, oder?“
„Jaja, stimmt schon. Und das Gemälde zeigt eine
Szene mit Odysseus?“
„Nein, nein, da ist ein anderer Held drauf. Wie
gesagt, mit den Namen von denen hab ich’s nicht so.
Das Bild heißt so ähnlich wie ‚Die Flucht des Asbest‘ …
oder so.“
„Vielleicht ‚Die Flucht des Orest‘? Das ist sogar recht
bekannt.“
„Ja, genau, so heißt das. Ah so, Sie kennen das?“
„Na ja, kennen ist vielleicht übertrieben, aber … ja,
ich weiß in etwa, wie es aussieht. Und dieses Riesengemälde
spricht mit Herrn Kandler? Und was sagt es da?“
„Immer dasselbe. ‚Warum hast du nicht auf uns
gehört?‘ Immer denselben Satz. Also, bis vor vier
Tagen. Als wir dort waren, hat es dann noch weitergesprochen.“
„Und das haben Sie alle gehört?“
Ganz langsam schüttelte Horak den Kopf. In diesem
Moment erinnerte er an eine dieser alten Spielzeugfiguren,
die man mit einem Schlüssel aufziehen konnte.
Am Anfang ratterten sie auf Hochtouren, am Ende der
Federspannung kämpften sie um jeden Bewegungsmillimeter,
bis sie vollkommen erstarrten.
Der Gedanke, dass vor vier Tagen offenbar keiner
von ihnen – außer Kandler – diese Stimme gehört
hatte, und die Schlussfolgerung, dass sein lieber Freund
Andreas vielleicht doch schlicht und einfach verrückt
geworden sein könnte, schienen aus Horaks innerer
Feder jegliche Energie herausgewunden zu haben. Vorsichtig
streichelte Verena ihren Großvater am Oberarm
– Halb hatte den Eindruck, als ob sie eine kleine
Öffnung suchen würde, in die sie den Aufziehschlüssel
stecken und durch kräftiges Drehen …
„Nein, keiner von uns. Da war’s ruhig. Vollkommen
ruhig. Bis der Andreas aufgebrüllt hat. Und, Herr
Hofrat, wissen Sie, was das Schlimmste war – selbst in
dem Moment, in dem der Andreas geschrien und dann
nur mehr gewimmert hat, war trotzdem eine bleierne
Stille. Todesstille!“
Noch einmal schüttelte Horak den Kopf, allerdings
schien er nun die Erinnerung an diese Sekunden von
sich schleudern zu wollen.
„Herr Horak, auf wen bezieht sich denn dieses ‚uns‘?
‚Warum hast du nicht auf uns gehört?‘ Das wird ja kaum
der Orest allein zu Herrn Kandler gesagt haben. Oder
spricht der im Majestätsplural?“
„Nein, das waren …“ – mühsam quälte sich der alte
Mann zurück in die Gegenwart – „das waren diese
bösen Hexen, die den Orest in den Wahnsinn treiben
wollen. Die sind auch auf dem Gemälde, links vom
Orest … also, wenn man davor steht, links. Die blicken
direkt aus dem Bild, und von dort aus haben die den
Andreas angesprochen. Bedroht! Verflucht haben sie
ihn! Diese grässlichen Gestalten haben einen Namen,
der klingt wie ‚die Inneren‘. Oder nein, eher wie ‚erinnern‘.
‚Die Inneren‘, ‚erinnern‘ … so irgendwie.“
„Meinen Sie die Erinnyen, die Rachegöttinnen der
griechischen Mythologie?“
„Schon möglich. Es sind auf jeden Fall böse, böse …“
„Und wie haben Sie das vorhin gemeint, ‚es war wie
beim Zahnarzt‘? Wie Sie alle am Mittwoch im Museum
waren und der Herr Kandler Sie auf seine Runde mitgenommen
hat, da war das wie beim Zahnarzt. Hatten
Sie irgendeinen bohrenden Schmerz? Oder der Herr
Kandler?“
„Eben nicht … und dann schon! Was ich meine –
gerade wenn man beim Zahnarzt sitzt, hat man oft
kein Zahnweh mehr. Und so war das dort auch. Zehn
Tage lang hat diese Stimme den Andreas terrorisiert.
Dann will er sie uns zeigen … und prompt war nix zu
hören. Also, wie wir in diesen vermaledeiten Saal hineingekommen
sind. Nichts! Dann sind wir dort stehen
geblieben. Nichts! Keine Stimme, auch der Andreas
hat nichts gehört. Aber kaum, dass wir aus dem Raum
hinausgehen, bleibt er wie angewurzelt stehen, stutzt
eine Sekunde … und dann der Schrei, und zuletzt sein
Zusammenbruch. Er ist vor unseren Füßen zusammengebrochen.
Wir haben sofort sein Herzmedikament aus
der Jackentasche geholt und ihm dreißig Tropfen …“
„Der Herr Kandler hat Herzprobleme?“
„Ja, leider, das macht die Angelegenheit ja noch
schlimmer.“
„Könnte es nicht vielleicht so sein, dass Ihr Freund
Kandler durch seine Herzmedikamente …“
„Nein, Herr Hofrat! Nein, nein und nochmals nein!
Glauben Sie mir, ich bin der Erste, der sich freut, wenn
der Andreas psychisch krank wäre. Weil dann könnte
man ihm helfen, dann könnten wir ihm helfen, und
dann müssten wir nicht mehr gegen Geister und andere
Blödheiten ankämpfen.“
„Herr Horak, ich bin zwar weder Arzt noch Psychologe,
aber ich kann Ihnen aus meiner beruflichen
Erfahrung versichern, dass Menschen, die an Wahnvorstellungen
leiden, gerade gegenüber ihrer vertrauten
Umgebung oft sehr lange den Eindruck von
Normalität aufrechterhalten, ja geradezu vortäuschen
kön…“ – der Versuch, Horak mit einer Belehrungstirade
zu beruhigen, scheiterte kläglich. Schlimmer noch,
jetzt flackerten nicht nur die Lider des alten Mannes,
auch Verena sah ihren Chef aus großen, verstörten
Augen an.
„Das wissen wir, Herr Hofrat, das wissen wir nur
allzu gut. Was aber Sie nicht wissen können, ist, woher
wir das wissen. Und zwar … aus persönlicher Erfahrung.
Zuerst – das war vor vier Jahren – ist meine
Tochter, also Verenas Mutter, ganz allmählich etwas …
ja, etwas eigen geworden. Wir haben uns nichts dabei
gedacht. Dann wurde sie immer merkwürdiger. ‚Mein
Gott, sie ist halt urlaubsreif‘, haben wir geglaubt. Und
dann ist sie zusammengebrochen. Hirntumor lautete
die Diagnose. Im fortgeschrittenen Stadium. Knapp
vor ihrem Tod hat sie uns noch erzählt, dass sie sich
schon ein Jahr lang irgendwie seltsam gefühlt hatte.
Aber sie wollte uns auf keinen Fall erschrecken, also
hat sie nichts gesagt. Und als sie immer mehr Ausfälle
hatte – vor allem die Hände haben kaum mehr
etwas halten können, aber es sind ihr auch immer öfter
ganze Sätze nicht mehr eingefallen –, da hat sie allerlei
Tricks erfunden, um ja nicht zugeben zu müssen, dass
mit ihr etwas nicht in Ordnung war. Ein Jahr später
hatte dann meine Frau plötzlich massive Erinnerungslücken,
aber auch sie hat es grandios überspielt. Dabei
wären wir ja extrem sensibilisiert gewesen und sofort
mit ihr zu einem Neurologen gegangen. Aber nein,
auch sie hat es geschafft, dass die Verena und ich erst
etwas bemerkt haben, als gegen die Krankheit nichts
mehr auszurichten war. Eine vaskuläre Demenz – die
meisten nennen das fälschlicherweise Alzheimer. Und
dann … noch ein halbes Jahr. Verstehen Sie jetzt, Herr
Hofrat, warum wir so etwas wie Experten für psychisch
Kranke sind?“
Halb hatte im Lauf der Jahre mühsam gelernt, dass
er in so einer Situation auf keinen Fall spontan handeln
durfte. Jetzt zum Beispiel hätte er Franz Horak am liebsten
eine tröstende Hand auf die Schulter gelegt, aber
dafür hätte sich der nun lautlos Weinende spätestens
in fünf Minuten fürchterlich geniert. Also tat Halb das
einzig Richtige … nichts. Er saß stumm da und wartete
darauf, dass ihn Verena und ihr Großvater wieder ansehen
und sein pures Mitleid erkennen könnten. Was er
allerdings dann machen würde, wusste er in diesen elend
langen Sekunden nicht. Aber interessanterweise war
ihm das egal – er begriff vielleicht zum ersten Mal, dass
Leiden auch eine befreiende Funktion haben konnte.
„Chef, es ist mir sehr peinlich, dass wir dich anheulen!“
– noch bevor Halb irgendeine „Verena, ich bitte
dich!“-Phrase dreschen musste, wurden sie von einem
Wunder erlöst. Das altmodisch-schrille Läuten des
Telefons klang wie ein Zauberspruch, der einen Fluch
in tausend Stücke zerspringen ließ.
Als Franz Horak von seinem Telefonat im Nebenzimmer
zurückkehrte, wirkte er entsetzlich müde, aber
die lähmende Trauer war verflogen.
„Unsere Familientragödien, die sind der Grund,
warum ich mir sicher bin, dass der Andreas nicht psychisch
krank ist. Ich kenne ihn gut und ich sehe ihn
oft – ein drittes Mal könnte mich keiner mehr über
seinen wahren Gesundheitszustand hinwegtäuschen.
Aber, Herr Hofrat, am besten wäre es, wenn Sie sich
selber ein Bild von Andreas Kandler machen würden.
Er ist letzte Nacht erneut zusammengebrochen,
aber er will morgen unbedingt wieder seine nächtlichen
Runden drehen. Ich habe ihm gesagt, dass Sie
gerade bei uns sind … er würde sich sehr freuen, sie
kennen zu lernen. Er ist noch am Telefon – kann ich
ihm sagen, dass Sie ihn morgen Nacht im Museum
besuchen?“
Beinahe euphorisch nickte Halb, er war froh, diesen
Abend doch noch irgendwie positiv ausklingen lassen
zu können.
© Haymon Verlag
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Autoren-Porträt von Peter Wehle
Peter Wehle, 1967 in Wien geboren, ist der Sohn des 1986 verstorbenen Komponisten, Autors und Kabarettisten Peter Wehle. Der Musikwissenschafter und Psychologe stand von seinem fünften Lebensjahr an auf verschiedenen Konzertbühnen. Daneben zahlreiche Radio- und Fernsehaufnahmen sowie mehrere Veröffentlichungen als Autor. Bei HAYMONtb erschien der erste Band in seiner Wien-Krimi-Reihe rund um Hofrat Halb "Kommt Zeit, kommt Mord", gefolgt von seinem dämonischen Kriminalroman "Teufelskoller" (beide 2014).
Bibliographische Angaben
- Autor: Peter Wehle
- 2016, 2. Aufl., 288 Seiten, Maße: 11,4 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Haymon Verlag
- ISBN-10: 3709978157
- ISBN-13: 9783709978153
- Erscheinungsdatum: 19.02.2015
Pressezitat
"Peter Wehle gehört fraglos zu den österreichischen Autoren, von denen man sich kein Buch entgehen lassen sollte." www.krimikiosk.de "Ein spannender Wohlfühlroman mit Sinn für Humor und bildhaft beschriebenen Wiener Leckereien." ekz-bibliothekservice, Corinna Bub
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