Nie mehr süchtig sein
Leben in Balance
„Nie mehr süchtig sein" ist ein informativer Ratgeber, der dabei hilft seine Süchte in den Griff zu bekommen bzw. mit den Süchten von Freunden oder Angehörigen richtig umzugehen
Süchte sind in unserer...
Süchte sind in unserer...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Nie mehr süchtig sein “
„Nie mehr süchtig sein" ist ein informativer Ratgeber, der dabei hilft seine Süchte in den Griff zu bekommen bzw. mit den Süchten von Freunden oder Angehörigen richtig umzugehen
Süchte sind in unserer Zivilisation leider keine Seltenheit. Häufig ist man sich selbst seiner sich unbemerkt entwickelnden Süchte gar nicht bewusst, was es umso schwieriger macht, sie zu bekämpfen. Und wonach man alles süchtig sein kann, ist eine bunte Palette: nach Fernsehen, Einkaufen, Glücksspiel, Alkohol, Drogen, nach Essen, Arbeit, Computer, Sex, dem Internet und vielem mehr.
Süchte sind in unserer Zivilisation leider keine Seltenheit. Häufig ist man sich selbst seiner sich unbemerkt entwickelnden Süchte gar nicht bewusst, was es umso schwieriger macht, sie zu bekämpfen. Und wonach man alles süchtig sein kann, ist eine bunte Palette: nach Fernsehen, Einkaufen, Glücksspiel, Alkohol, Drogen, nach Essen, Arbeit, Computer, Sex, dem Internet und vielem mehr.
Reinhard Haller liefert eine anschauliche Erklärung, wie Sucht entsteht, nennt ihre Erkennungsmerkmale und zeigt Methoden, diese zu überwinden, auf - der erfolgreiche Bestseller in einer aktualisierten und überarbeiteten Neuauflage.
„Nie mehr süchtig sein" ist ein erfolgreicher Ratgeber zum Thema Sucht, der vielen Betroffenen, Angehörigen und Interessierten schon geholfen hat, ein neues Leben in Balance zu führen und ihre Probleme in den Griff zu bekommen.
Bestellen Sie „Nie mehr süchtig sein" von Reinhard Haller jetzt hier bequem online und lassen auch Sie sich dabei helfen, sich von Ihrer Sucht zu befreien.
Klappentext zu „Nie mehr süchtig sein “
Wege aus der Abhängigkeit. Suchterkrankungen erkennen und in den Griff bekommenWussten Sie, dass 90 % der Menschen in irgendeiner Art und Weise süchtig sind? Süchte wie Alkoholismus, Spielsucht oder Sportsucht entwickeln sich oft unbemerkt über Jahre hinweg. Es kann lange dauern bis die Betroffenen merken, dass sie schon längst die Kontrolle über ihre Gewohnheiten verloren haben.
Prof. Dr. Reinhard Haller ist Experte für angewandte Psychologie mit über 30 Jahren klinischer Erfahrung. Mit seinem Buch klärt er darüber auf, wie Abhängigkeit überhaupt zustande kommt, woran Sie problematisches Suchtverhalten erkennen können und wie Sucht überwunden werden kann.
- Wahre Lebensgeschichten statt komplizierter Kriterienkataloge: Fallbeispiele und Hilfe zur Selbsthilfe
- Wie entsteht Sucht und woran erkenne ich, ob ich süchtig bin?
- Das kleine ABC der Suchtarten: Von Arbeitssucht und Drogensucht bis Sexsucht
- Raus aus der Co-Abhängigkeit: Tipps für Angehörige im Umgang mit Suchtkranken
- Von der prominenten Psychologie-Koryphäe Reinhard Haller ("Die Macht der Kränkung")
Arbeit, Essen, Einkaufen: Was kann süchtig machen - und warum?
Handyabhängigkeit, Komasaufen oder Onlinesucht lassen vermuten, dass die Jugend heute besonders suchtgefährdet ist. Doch Suchtkrankheiten gab es schon immer, nur unsere Lebensumstände und Gewohnheiten ändern sich stetig, so dass neue Süchte wie Fitnesswahn und Internetsucht entstehen können. In seinem Ratgeber bietet Ihnen der Arzt und Psychotherapeut Reinhard Haller aktuelles Wissen und praxisnahe Lösungsansätze zu allen Suchtformen. Seine Tipps ermutigen, den Teufelskreis von Sucht und Abhängigkeit zu durchbrechen!
Lese-Probe zu „Nie mehr süchtig sein “
Reinhard Haller - Nie mehr süchtig sein....nannt, sei es, weil diese den Konsumenten oft nicht bewusst
sind oder weil sie sich genieren, eine psychische Schwäche zuzugeben.
Bei intensiven psychotherapeutischen Interviews
sieht man allerdings die tiefer liegende, die wahre Motivation:
Probleme im Elternhaus und mit den Vorgesetzten,
Liebeskummer,
Gefühle der Langeweile und Leere, Selbstwertzweifel
und Minderwertigkeitskomplexe sind ebenso wichtig wie
Zweifel an der richtigen Berufswahl, Angst vor Partnerverlust,
Überlastungsgefühle oder Versagensängste. Zwischen der vordergründigen
Motivation, welche sich vornehmlich auf den
positiven Skalenbereich der Gefühle bezieht, gibt es eine hintergründige,
wahrscheinlich viel bedeutsamere, welche mit
Ausweich- und Fluchtverhalten, mit der Bewältigung negativer
Gefühle, mit Suche und Selbstheilung zu tun haben.
Suche oder Flucht?
Was sucht der Mensch nun in der Wirkung der Droge, im
Rausch, im Spiel, im exzessiven Sport oder im nicht enden
wollenden Arbeiten? Die beste Antwort hat mir einmal ein
schwer heroinabhängiger junger Mann geliefert. Auf meine
übliche Frage, weshalb er sich trotz all der körperlichen Suchtschäden
- er war HIV- und Hepatitis-C-positiv - und trotz
der psychischen Folgen, der sozialen Verelendung und der
justiziellen Sanktionen, trotz Vereinsamung und Verzweiflung
immer und immer wieder spritze, hat er mit einer Gegenfrage
geantwortet: »Waren Sie schon einmal im Paradies?«
Auf mein betroffenes Schweigen hin meinte er: »Sehen Sie...
Ich bin nach jedem Schuss für einige Minuten im Paradies.
Und ich kann Ihnen sagen, dann will man nicht mehr in dieser
Welt sein.«
... mehr
Der Süchtige versucht also, im Rausch etwas zu finden, was er
in der Realität (vergeblich) sucht. Meistens ist dies wohl der
Wunsch nach Geborgenheit und Nestwärme. Solche Gefühlszustände
findet er nicht nur durch die Wirkung der Droge
selbst, sondern auch durch die begleitenden Umstände. Hat
denn das Bild einer fröhlich zechenden Runde, die an einem
kalten Novemberabend in einer warmen Wirtshausstube zusammensitzt,
nicht etwas Heimeliges an sich? Muss denn
nicht die Atmosphäre von Gemeinschaft und Geborgenheit,
welche gemeinsam kiffende Jugendliche erleben, gerade auf
Kinder, die vielleicht nie genügend Zuwendung, Zärtlichkeit
und Zeit bekommen haben, eine sehr verlockende Wirkung
haben? Sind wir nicht alle in unserer hektischen, reizüberfluteten
Zeit auf der Suche nach tiefer Ruhe, die ein entspannendes,
Schlaf anstoßendes Medikament ebenso bringen kann
wie eine Dosis Morphin, die Droge des Traumgottes Morpheus?
Sucht entsteht dann, wenn menschliche Wünsche und
Sehnsüchte nicht mehr auf natürlichem Wege erreicht werden
können, wenn die Kompetenz für das, was der Mensch
immer wieder braucht, verloren gegangen ist, wenn man für
Ruhe, Entspannung, Versenkung oder Meditation chemische
Hilfsmittel oder übersteigerte Ersatzaktivitäten benötigt.
Viele Menschen suchen in der Sucht Kreativität. Weshalb
wird der Alkoholismus neben der Depression als Krankheit
der Künstler bezeichnet? Weshalb hält sich das Gerücht, dass
einige der schönsten Songs unter dem Einfluss von Cannabis
und manch besonders gelungene Kunstwerke unter jenem von
LSD zustande gekommen seien? Ein schöpferisch tätiger
Mensch, der sich manchmal leer und ausgebrannt fühlt, der
keine neuen Ideen mehr hat und den Verlust seiner Kreativität
befürchtet, fragt sich wohl manchmal, ob er sich aus dieser
quälenden Situation nicht durch anregende Substanzen befreien
und seine Depression durch berauschende Mittel beenden
könnte. Zahl und Geschichten der süchtigen Künstler, die aus
eigener Erfahrung gewusst haben, wovon sie malen, schreiben
oder singen, würden den Rest des Buches leicht füllen.
Süchtige suchen Gemeinschaft und Kommunikation. Der
Erfolg des großen Netzes hat unter anderem mit den unendlichen
Kommunikationsmöglichkeiten zu tun. In einer sprachlos
gewordenen Zeit voll coolen Verhaltens bietet das Internet
einen mehr als perfekten Ersatz. Weil dabei aber die Faceto-
Face-Kommunikation, der Austausch von Gefühlen und
emotionalen Mitschwingungen fehlt, wird oft in süchtig werdender
Weise nach dem besseren und befriedigenderen Austausch
gesucht. Diesen kann aber die virtuelle Welt nicht
wirklich liefern, weil die emotionale Komponente weitgehend
fehlt.
Warum, so frage ich Sie, kann ein junger Mensch, der im
Alter von sechs bis zehn Jahren heldenhaft gegen alles schädliche
Verhalten, gegen Nikotin und Drogen eingestellt war, in
kürzester Zeit, nämlich zu Beginn der Pubertät, zu einer
Hochrisikoperson für Drogenanfälligkeit werden? Die Antwort
liegt auf der Hand: Er ist der Welt des Kindes entwachsen
und in der des Erwachsenen noch nicht zu Hause. Als
»Wanderer zwischen zwei Welten« befindet er sich auf der
Suche nach einem eigenen Weg, nach einer eigenen Identität,
auf der Suche nach Sinn. Dabei kann er bei der Droge tatsächlich
schnelle Hilfe finden. Sie gibt ihm Selbstsicherheit und
verbessert seine Kommunikation, sie schirmt Zweifel und
Ängste ab und lässt seine Probleme in Arbeit oder Schule unwichtig
erscheinen. Mit Hilfe der Droge knüpft er Kontakte
und findet Zugehörigkeit. Das schäumende Bier gibt ihm das
Gefühl, bereits erwachsen zu sein. Der Joint ist für ihn die
Eintrittskarte zu einer speziellen Gruppe. Der Trip liefert
Antwort auf die Sinnfrage. Unter der Wirkung von Ecstasy
fühlt er sich einzigartig und gleichzeitig verbunden mit der
ganzen Welt. Der Süchtige sucht, und die Drogen geben in
ihrer Vielfältigkeit und dem schillernden Spektrum ihrer
Wirkungen scheinbar stets eine Antwort.
Süchtige suchen Beruhigung und besseren Schlaf, sie streben
nach Schwung und Aktivität, nach neuen Vorstellungen
und kreativen Eingebungen. Sie suchen ausgeglichene Stimmung,
Ruhe, Frieden und Gelassenheit. Die Droge verheißt
Euphorie und Abenteuer im Kopf. Wir suchen in der Droge
ein beflügeltes Dasein, ein Leben im Hoch, ein nicht enden
wollendes Fest. Wir suchen Befreiung von Kummer und
Nöten, von Sorgen und Ängsten, wir suchen tatsächlich das
Paradies.
Fühlt sich der Süchtige mehr von Rausch und Droge angezogen
oder durch ihre Wirkung aus der Realität vertrieben?
Man kann wohl annehmen, dass Menschen, denen es nicht
gut geht, eher die Flucht in die Sucht antreten als solche, die
selbstsicher und zufrieden in guten sozialen Verhältnissen le-
ben. Denken wir an den Elendsalkoholismus im industriellen
Gründungszeitalter, an Medikamenten- und Drogensucht bei
Soldaten im Kriegseinsatz oder an das Drogenproblem in
Haftanstalten. Denken wir aber auch an innere Nöte, an Sinnkrisen
und Depressionen, an Verlorenheit und Gekränktheit,
an die vielen emotionalen und sozialen Ungerechtigkeiten.
Oft führt der Suchtprozess in eine immer unerträglicher werdende
Realität, so beim unterstandslosen Alkoholiker oder
beim schwerkranken Fixer, aus welcher der Betroffene erst
recht entfliehen will. Er hat dazu nur eine Chance: die Flucht
in die Sucht.
Realitätsflucht ist ein Ausweichen vor psychischen Problemen,
vor körperlichem Leid und existenziellen Nöten. Der
Süchtige will dem bedrückenden Dasein entfliehen und sich
eine Illusion verschaffen. Normales Abschalten, Ausspannen
oder Aufarbeiten genügen nicht mehr. Die Probleme scheinen
nur mehr jenseits der Realität lösbar, es ist im wahrsten
Sinne zum Davonlaufen.
Selbstheilung oder Selbstzerstörung?
Einer der besten Wege zum Verständnis süchtigen Verhaltens
ist jener über die sogenannte Selbstheilungshypothese. Diese
besagt, dass ein Süchtiger versucht, sich durch sein Verhalten
oder seinen Rausch von einer zugrunde liegenden Störung zu
befreien. Die Putzsucht dient der Bewältigung eines quälenden
Zwangs, die Kritiksucht der Abwehr selbstaggressiver
Tendenzen und die Ichsucht der Kompensation von Minder-
wertigkeitsgefühlen. Viele junge Kiffer füllen das existenzielle
Vakuum mit der wohltuenden Wirkung des Cannabis. Die
Internetjunkies befreien sich im großen Netz von Leere und
Kontaktängsten, die Kokainisten hellen mit dem »Andenschnee
« ihre Schwermut auf. Im süchtigen Agieren erlebt sich
der Betroffene frei und gelöst, er therapiert damit unbewusste
Störungen, bewältigt tief verankerte Ängste oder reguliert seine
Stimmung.
Ein Geschäftsmann, der sich jahrelang in seinem Beruf verausgabt
hatte und durch die Pflege seiner chronisch kranken
Frau erschöpft war, suchte das Casino auf. Die dortige Atmosphäre
sprach ihn sehr an, er fühlte sich wie in einer anderen
Welt, konnte die Stunden genießen und sich erholen. Er begann
zu spielen und stellte fest, wie ihn dies vergnügt machte
und auf völlig andere Gedanken brachte. Gefangen vom Bann
der rollenden Kugel, vergaß er für Stunden seinen Kummer
und musste nicht mehr an die Sorgen denken. Endlich fühlte
er sich nicht mehr ausgebrannt, sondern erlebte ein sonst nie
gekanntes Hochgefühl. Der Mann, der dann leider spielsüchtig
wurde, hatte ursprünglich nichts anderes versucht, als seinen
depressiven Zustand zu bekämpfen und sein Burn-out-
Syndrom selbst zu heilen.
Die Selbstheilungsversuche erfolgen oft unbewusst. Ein
Kind oder Jugendlicher mit einer Hyperaktivitätsstörung, einem
»Zappelphilipp-Syndrom«, macht später mit Cannabis
sehr gute Erfahrungen. Er ist nicht mehr ablenkbar und nervös,
kann sich bestens konzentrieren, entspannen und findet
endlich Ruhe. Der Dauerkonsum von Haschisch oder Mari-
huana ist gleichsam eine durchgehende Behandlung, für die
allerdings der Preis der Abhängigkeit bezahlt wird. Nach verschiedenen
Untersuchungen kann man bei 20 Prozent der
Süchtigen eine solche Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung
(ADHS) finden.
In einer Zeit, in welcher Wohlbefinden und Gesundheit
als käufliches Gut gelten, in der Krankenbehandlung zu einer
Gesundheitsindustrie geworden ist und in der für welches
Problem auch immer, für jede Störung und jede Missbefindlichkeit,
eine Lösung »gekauft« werden kann, nimmt die Tendenz
zu Selbstbehandlung und Selbstheilung zu. Dies beinhaltet
die Gefahr des Medikamentenmissbrauchs und des
Griffs zu »uralten Heilmitteln«, welche oft auch berauschende
Gifte sind.
Mit der Interpretation der Sucht als (allerdings falsche)
Selbsttherapie schließt sich jedoch ein Kreis. Alle Krankheiten
wurden ursprünglich als Süchte bezeichnet, sämtliche
Medikamente nannte man Drogen und das Herbeiführen einer
Berauschung ist die älteste Form der psychiatrischen Behandlung.
Das Wort von der Sucht als »Selbstzerstörungsprozess«
wird viel strapaziert. Einer der häufigsten Appelle an uneinsichtige
Süchtige lautet: »Du richtest dich selbst zugrunde!«
Tatsächlich kommt man beim Anblick von verelendeten Heroinisten,
die trotz aller Qual weiterfixen, oder von Rauchern,
die trotz Lungen- oder Kehlkopf-Karzinomen nicht auf die
Zigarette verzichten wollen, an derartigen Überlegungen
nicht vorbei. Ist es denn nicht in extremem Maße selbstdestruktiv,
wenn ein magersüchtiges Mädchen bewusst bis zum
Skelett abmagert und sich in leider allzu vielen Fällen zu Tode
hungert? Wie sehr muss sich ein Arbeitssüchtiger hassen,
wenn er sich weder Freizeit noch Urlaub gönnt und nach
überstandenem Herzinfarkt durch weiteren Stress einen zweiten
riskiert?
Wir wären entsetzt und sprächen von Sklaverei,
wenn man jene Torturen, die sich ein Sportsüchtiger tagtäglich
aus freien Stücken
antut, jemandem aufzwingen würde.
Manche Psychologen sehen in der Sucht eine Art Zeitlupenselbstmord.
Die Statistik gibt ihnen recht. Die Suizidhäufigkeit
ist bei Suchtkranken jeglicher Form um das 50- bis
200-Fache erhöht. Man führt dies auf unbewusst vorhandene
Selbstbestrafungswünsche, auf Selbstablehnung und Selbsthass
zurück. Im Laufe des Suchtprozesses werden die Versagens-
und Schuldgefühle bei jedem Rückfall und jedem Therapieabbruch
größer, sodass die Verachtung der eigenen
Person immer weiter steigt. Der unbewusste Wunsch, sich
selbst zu bestrafen, ist dann viel stärker als der Verstand, der
die Notwendigkeit des Ausstiegs klar begreift.
Die unleugbare Verflechtung von Sucht und Selbsttötung
wird von wissenschaftlicher Seite durch zwei sich ergänzende
Theorien erklärt: Nach der sogenannten Common-Cause-
Theory sind Süchtigkeit und Suizidhandlungen Funktionen
gemeinsamer zugrunde liegender Strukturen, weshalb Sucht
auch als »protrahierter Suizid« bezeichnet werden kann. Besonders
eindrucksvoll schildert dies der Schriftsteller Henry
Charles Bukowski (1920-1994), wenn er schreibt: »Als ich 35
war, da hatten die mich im General Hospital schon fast für tot
erklärt. Ich bin nicht gestorben. Ich kam aus dem Krankenhaus
- die hatten mir vorher gesagt, ich sollte nicht einen
Tropfen trinken, oder es wäre mein sicheres Ende - ich kam
also raus, und wo ging ich als Erstes hin? In eine Kneipe und
trank ein Bier. Nein, zwei Bier ...« An einer anderen Stelle
bezeichnet Bukowski Alkohol als einen »wohltuenden Gott«,
der es einem erlaubt, »Selbstmord zu begehen und wieder
aufzuwachen und sich wieder zu töten«.
Nach der Processual-Cause-Interpretation führt die Suchterkrankung
durch ihre spezifische Problematik, durch Verschuldung,
Verelendung und Vereinsamung vermehrt zu
Suizidhandlungen.
Diese resultieren etwa aus einer schweren
depressiven Verstimmung nach suchtbedingter Scheidung
oder aus dem Gefühl der völligen Hoffnungs- und Ausweglosigkeit
eines überschuldeten Spielsüchtigen. Rückfälle führen
zur Verdichtung von Schuldgefühlen und suizidalen
Panikhandlungen.
Viel zu häufig bedeutet die Selbsttötung
den tragischen Abschluss einer Suchtkarriere.
Süchtiges Verhalten kann vom psychologischen und psychiatrischen,
vom pädagogischen und philosophischen, vom
soziologischen und ökologischen, vom juridischen und religiösen,
vom politischen und weltanschaulichen oder vom biologischen
sowie pharmakologischen Standpunkt aus betrachtet
und analysiert werden. Keine der einschlägigen Theorien
vermag aber eine wirklich überzeugende Erklärung zu finden.
Wie gesagt, Sucht bleibt immer ein Stück weit unerforschbar,
unerklärbar und geheimnisvoll - und dadurch faszinierend.
©Ecowin Verlag
Der Süchtige versucht also, im Rausch etwas zu finden, was er
in der Realität (vergeblich) sucht. Meistens ist dies wohl der
Wunsch nach Geborgenheit und Nestwärme. Solche Gefühlszustände
findet er nicht nur durch die Wirkung der Droge
selbst, sondern auch durch die begleitenden Umstände. Hat
denn das Bild einer fröhlich zechenden Runde, die an einem
kalten Novemberabend in einer warmen Wirtshausstube zusammensitzt,
nicht etwas Heimeliges an sich? Muss denn
nicht die Atmosphäre von Gemeinschaft und Geborgenheit,
welche gemeinsam kiffende Jugendliche erleben, gerade auf
Kinder, die vielleicht nie genügend Zuwendung, Zärtlichkeit
und Zeit bekommen haben, eine sehr verlockende Wirkung
haben? Sind wir nicht alle in unserer hektischen, reizüberfluteten
Zeit auf der Suche nach tiefer Ruhe, die ein entspannendes,
Schlaf anstoßendes Medikament ebenso bringen kann
wie eine Dosis Morphin, die Droge des Traumgottes Morpheus?
Sucht entsteht dann, wenn menschliche Wünsche und
Sehnsüchte nicht mehr auf natürlichem Wege erreicht werden
können, wenn die Kompetenz für das, was der Mensch
immer wieder braucht, verloren gegangen ist, wenn man für
Ruhe, Entspannung, Versenkung oder Meditation chemische
Hilfsmittel oder übersteigerte Ersatzaktivitäten benötigt.
Viele Menschen suchen in der Sucht Kreativität. Weshalb
wird der Alkoholismus neben der Depression als Krankheit
der Künstler bezeichnet? Weshalb hält sich das Gerücht, dass
einige der schönsten Songs unter dem Einfluss von Cannabis
und manch besonders gelungene Kunstwerke unter jenem von
LSD zustande gekommen seien? Ein schöpferisch tätiger
Mensch, der sich manchmal leer und ausgebrannt fühlt, der
keine neuen Ideen mehr hat und den Verlust seiner Kreativität
befürchtet, fragt sich wohl manchmal, ob er sich aus dieser
quälenden Situation nicht durch anregende Substanzen befreien
und seine Depression durch berauschende Mittel beenden
könnte. Zahl und Geschichten der süchtigen Künstler, die aus
eigener Erfahrung gewusst haben, wovon sie malen, schreiben
oder singen, würden den Rest des Buches leicht füllen.
Süchtige suchen Gemeinschaft und Kommunikation. Der
Erfolg des großen Netzes hat unter anderem mit den unendlichen
Kommunikationsmöglichkeiten zu tun. In einer sprachlos
gewordenen Zeit voll coolen Verhaltens bietet das Internet
einen mehr als perfekten Ersatz. Weil dabei aber die Faceto-
Face-Kommunikation, der Austausch von Gefühlen und
emotionalen Mitschwingungen fehlt, wird oft in süchtig werdender
Weise nach dem besseren und befriedigenderen Austausch
gesucht. Diesen kann aber die virtuelle Welt nicht
wirklich liefern, weil die emotionale Komponente weitgehend
fehlt.
Warum, so frage ich Sie, kann ein junger Mensch, der im
Alter von sechs bis zehn Jahren heldenhaft gegen alles schädliche
Verhalten, gegen Nikotin und Drogen eingestellt war, in
kürzester Zeit, nämlich zu Beginn der Pubertät, zu einer
Hochrisikoperson für Drogenanfälligkeit werden? Die Antwort
liegt auf der Hand: Er ist der Welt des Kindes entwachsen
und in der des Erwachsenen noch nicht zu Hause. Als
»Wanderer zwischen zwei Welten« befindet er sich auf der
Suche nach einem eigenen Weg, nach einer eigenen Identität,
auf der Suche nach Sinn. Dabei kann er bei der Droge tatsächlich
schnelle Hilfe finden. Sie gibt ihm Selbstsicherheit und
verbessert seine Kommunikation, sie schirmt Zweifel und
Ängste ab und lässt seine Probleme in Arbeit oder Schule unwichtig
erscheinen. Mit Hilfe der Droge knüpft er Kontakte
und findet Zugehörigkeit. Das schäumende Bier gibt ihm das
Gefühl, bereits erwachsen zu sein. Der Joint ist für ihn die
Eintrittskarte zu einer speziellen Gruppe. Der Trip liefert
Antwort auf die Sinnfrage. Unter der Wirkung von Ecstasy
fühlt er sich einzigartig und gleichzeitig verbunden mit der
ganzen Welt. Der Süchtige sucht, und die Drogen geben in
ihrer Vielfältigkeit und dem schillernden Spektrum ihrer
Wirkungen scheinbar stets eine Antwort.
Süchtige suchen Beruhigung und besseren Schlaf, sie streben
nach Schwung und Aktivität, nach neuen Vorstellungen
und kreativen Eingebungen. Sie suchen ausgeglichene Stimmung,
Ruhe, Frieden und Gelassenheit. Die Droge verheißt
Euphorie und Abenteuer im Kopf. Wir suchen in der Droge
ein beflügeltes Dasein, ein Leben im Hoch, ein nicht enden
wollendes Fest. Wir suchen Befreiung von Kummer und
Nöten, von Sorgen und Ängsten, wir suchen tatsächlich das
Paradies.
Fühlt sich der Süchtige mehr von Rausch und Droge angezogen
oder durch ihre Wirkung aus der Realität vertrieben?
Man kann wohl annehmen, dass Menschen, denen es nicht
gut geht, eher die Flucht in die Sucht antreten als solche, die
selbstsicher und zufrieden in guten sozialen Verhältnissen le-
ben. Denken wir an den Elendsalkoholismus im industriellen
Gründungszeitalter, an Medikamenten- und Drogensucht bei
Soldaten im Kriegseinsatz oder an das Drogenproblem in
Haftanstalten. Denken wir aber auch an innere Nöte, an Sinnkrisen
und Depressionen, an Verlorenheit und Gekränktheit,
an die vielen emotionalen und sozialen Ungerechtigkeiten.
Oft führt der Suchtprozess in eine immer unerträglicher werdende
Realität, so beim unterstandslosen Alkoholiker oder
beim schwerkranken Fixer, aus welcher der Betroffene erst
recht entfliehen will. Er hat dazu nur eine Chance: die Flucht
in die Sucht.
Realitätsflucht ist ein Ausweichen vor psychischen Problemen,
vor körperlichem Leid und existenziellen Nöten. Der
Süchtige will dem bedrückenden Dasein entfliehen und sich
eine Illusion verschaffen. Normales Abschalten, Ausspannen
oder Aufarbeiten genügen nicht mehr. Die Probleme scheinen
nur mehr jenseits der Realität lösbar, es ist im wahrsten
Sinne zum Davonlaufen.
Selbstheilung oder Selbstzerstörung?
Einer der besten Wege zum Verständnis süchtigen Verhaltens
ist jener über die sogenannte Selbstheilungshypothese. Diese
besagt, dass ein Süchtiger versucht, sich durch sein Verhalten
oder seinen Rausch von einer zugrunde liegenden Störung zu
befreien. Die Putzsucht dient der Bewältigung eines quälenden
Zwangs, die Kritiksucht der Abwehr selbstaggressiver
Tendenzen und die Ichsucht der Kompensation von Minder-
wertigkeitsgefühlen. Viele junge Kiffer füllen das existenzielle
Vakuum mit der wohltuenden Wirkung des Cannabis. Die
Internetjunkies befreien sich im großen Netz von Leere und
Kontaktängsten, die Kokainisten hellen mit dem »Andenschnee
« ihre Schwermut auf. Im süchtigen Agieren erlebt sich
der Betroffene frei und gelöst, er therapiert damit unbewusste
Störungen, bewältigt tief verankerte Ängste oder reguliert seine
Stimmung.
Ein Geschäftsmann, der sich jahrelang in seinem Beruf verausgabt
hatte und durch die Pflege seiner chronisch kranken
Frau erschöpft war, suchte das Casino auf. Die dortige Atmosphäre
sprach ihn sehr an, er fühlte sich wie in einer anderen
Welt, konnte die Stunden genießen und sich erholen. Er begann
zu spielen und stellte fest, wie ihn dies vergnügt machte
und auf völlig andere Gedanken brachte. Gefangen vom Bann
der rollenden Kugel, vergaß er für Stunden seinen Kummer
und musste nicht mehr an die Sorgen denken. Endlich fühlte
er sich nicht mehr ausgebrannt, sondern erlebte ein sonst nie
gekanntes Hochgefühl. Der Mann, der dann leider spielsüchtig
wurde, hatte ursprünglich nichts anderes versucht, als seinen
depressiven Zustand zu bekämpfen und sein Burn-out-
Syndrom selbst zu heilen.
Die Selbstheilungsversuche erfolgen oft unbewusst. Ein
Kind oder Jugendlicher mit einer Hyperaktivitätsstörung, einem
»Zappelphilipp-Syndrom«, macht später mit Cannabis
sehr gute Erfahrungen. Er ist nicht mehr ablenkbar und nervös,
kann sich bestens konzentrieren, entspannen und findet
endlich Ruhe. Der Dauerkonsum von Haschisch oder Mari-
huana ist gleichsam eine durchgehende Behandlung, für die
allerdings der Preis der Abhängigkeit bezahlt wird. Nach verschiedenen
Untersuchungen kann man bei 20 Prozent der
Süchtigen eine solche Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung
(ADHS) finden.
In einer Zeit, in welcher Wohlbefinden und Gesundheit
als käufliches Gut gelten, in der Krankenbehandlung zu einer
Gesundheitsindustrie geworden ist und in der für welches
Problem auch immer, für jede Störung und jede Missbefindlichkeit,
eine Lösung »gekauft« werden kann, nimmt die Tendenz
zu Selbstbehandlung und Selbstheilung zu. Dies beinhaltet
die Gefahr des Medikamentenmissbrauchs und des
Griffs zu »uralten Heilmitteln«, welche oft auch berauschende
Gifte sind.
Mit der Interpretation der Sucht als (allerdings falsche)
Selbsttherapie schließt sich jedoch ein Kreis. Alle Krankheiten
wurden ursprünglich als Süchte bezeichnet, sämtliche
Medikamente nannte man Drogen und das Herbeiführen einer
Berauschung ist die älteste Form der psychiatrischen Behandlung.
Das Wort von der Sucht als »Selbstzerstörungsprozess«
wird viel strapaziert. Einer der häufigsten Appelle an uneinsichtige
Süchtige lautet: »Du richtest dich selbst zugrunde!«
Tatsächlich kommt man beim Anblick von verelendeten Heroinisten,
die trotz aller Qual weiterfixen, oder von Rauchern,
die trotz Lungen- oder Kehlkopf-Karzinomen nicht auf die
Zigarette verzichten wollen, an derartigen Überlegungen
nicht vorbei. Ist es denn nicht in extremem Maße selbstdestruktiv,
wenn ein magersüchtiges Mädchen bewusst bis zum
Skelett abmagert und sich in leider allzu vielen Fällen zu Tode
hungert? Wie sehr muss sich ein Arbeitssüchtiger hassen,
wenn er sich weder Freizeit noch Urlaub gönnt und nach
überstandenem Herzinfarkt durch weiteren Stress einen zweiten
riskiert?
Wir wären entsetzt und sprächen von Sklaverei,
wenn man jene Torturen, die sich ein Sportsüchtiger tagtäglich
aus freien Stücken
antut, jemandem aufzwingen würde.
Manche Psychologen sehen in der Sucht eine Art Zeitlupenselbstmord.
Die Statistik gibt ihnen recht. Die Suizidhäufigkeit
ist bei Suchtkranken jeglicher Form um das 50- bis
200-Fache erhöht. Man führt dies auf unbewusst vorhandene
Selbstbestrafungswünsche, auf Selbstablehnung und Selbsthass
zurück. Im Laufe des Suchtprozesses werden die Versagens-
und Schuldgefühle bei jedem Rückfall und jedem Therapieabbruch
größer, sodass die Verachtung der eigenen
Person immer weiter steigt. Der unbewusste Wunsch, sich
selbst zu bestrafen, ist dann viel stärker als der Verstand, der
die Notwendigkeit des Ausstiegs klar begreift.
Die unleugbare Verflechtung von Sucht und Selbsttötung
wird von wissenschaftlicher Seite durch zwei sich ergänzende
Theorien erklärt: Nach der sogenannten Common-Cause-
Theory sind Süchtigkeit und Suizidhandlungen Funktionen
gemeinsamer zugrunde liegender Strukturen, weshalb Sucht
auch als »protrahierter Suizid« bezeichnet werden kann. Besonders
eindrucksvoll schildert dies der Schriftsteller Henry
Charles Bukowski (1920-1994), wenn er schreibt: »Als ich 35
war, da hatten die mich im General Hospital schon fast für tot
erklärt. Ich bin nicht gestorben. Ich kam aus dem Krankenhaus
- die hatten mir vorher gesagt, ich sollte nicht einen
Tropfen trinken, oder es wäre mein sicheres Ende - ich kam
also raus, und wo ging ich als Erstes hin? In eine Kneipe und
trank ein Bier. Nein, zwei Bier ...« An einer anderen Stelle
bezeichnet Bukowski Alkohol als einen »wohltuenden Gott«,
der es einem erlaubt, »Selbstmord zu begehen und wieder
aufzuwachen und sich wieder zu töten«.
Nach der Processual-Cause-Interpretation führt die Suchterkrankung
durch ihre spezifische Problematik, durch Verschuldung,
Verelendung und Vereinsamung vermehrt zu
Suizidhandlungen.
Diese resultieren etwa aus einer schweren
depressiven Verstimmung nach suchtbedingter Scheidung
oder aus dem Gefühl der völligen Hoffnungs- und Ausweglosigkeit
eines überschuldeten Spielsüchtigen. Rückfälle führen
zur Verdichtung von Schuldgefühlen und suizidalen
Panikhandlungen.
Viel zu häufig bedeutet die Selbsttötung
den tragischen Abschluss einer Suchtkarriere.
Süchtiges Verhalten kann vom psychologischen und psychiatrischen,
vom pädagogischen und philosophischen, vom
soziologischen und ökologischen, vom juridischen und religiösen,
vom politischen und weltanschaulichen oder vom biologischen
sowie pharmakologischen Standpunkt aus betrachtet
und analysiert werden. Keine der einschlägigen Theorien
vermag aber eine wirklich überzeugende Erklärung zu finden.
Wie gesagt, Sucht bleibt immer ein Stück weit unerforschbar,
unerklärbar und geheimnisvoll - und dadurch faszinierend.
©Ecowin Verlag
... weniger
Autoren-Porträt von Reinhard Haller
Reinhard Haller ist Psychiater und Psychotherapeut. Der Vorarlberger ist gefragter Experte und forensischer Gutachter. In dieser Rolle begegnete er einigen der bekanntesten Schwerverbrechern wie dem mehrfachen Prostituiertenmörder Jack Unterweger und dem Bombenleger Franz Fuchs. Der ehemalige langjährige Leiter der Klinik Maria Ebene liebt das Wandern und die Berge.
Bibliographische Angaben
- Autor: Reinhard Haller
- 2017, 3. Aufl., 244 Seiten, Maße: 14,9 x 21,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: ecoWing
- ISBN-10: 3711001238
- ISBN-13: 9783711001238
- Erscheinungsdatum: 16.03.2017
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