Nimm's bitte nicht persönlich
Der gelassene Umgang mit Kränkungen
Eine Kränkung ist wie ein Schlag ins Gesicht, eine Ohrfeige für die Seele. Sie trifft direkt unser Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns nicht respektiert, nicht wertgeschätzt und nicht verstanden.
Die erfahrene Psychotherapeutin...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Nimm's bitte nicht persönlich “
Eine Kränkung ist wie ein Schlag ins Gesicht, eine Ohrfeige für die Seele. Sie trifft direkt unser Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns nicht respektiert, nicht wertgeschätzt und nicht verstanden.
Die erfahrene Psychotherapeutin und Bestsellerautorin Bärbel Wardetzki zeigt, dass wir Kränkungen nicht hilflos ausgeliefert sind. Denn ob wir etwas als Kränkung erleben und wie stark wir uns verletzt fühlen, haben wir zu einem guten Stück selbst in der Hand. Je mehr wir wissen, was uns kränkt, welche alten Wunden durch aktuelle Verletzungen aufgerissen werden und welche Möglichkeiten wir haben, uns zu schützen, umso weniger müssen wir unter Kränkungsgefühlen leiden.
Erste Hilfe für die gekränkte Seele
Die besten Strategien der bekannten Kränkungs-Expertin
Wirksame Selbsthilfe: klein, kompakt und übersichtlich
Klappentext zu „Nimm's bitte nicht persönlich “
Eine Kränkung ist wie ein Schlag ins Gesicht, eine Ohrfeige für die Seele. Sie trifft direkt unser Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns nicht respektiert, nicht wertgeschätzt und nicht verstanden. Die erfahrene Psychotherapeutin und Bestsellerautorin Bärbel Wardetzki zeigt, dass wir Kränkungen nicht hilflos ausgeliefert sind. Denn ob wir etwas als Kränkung erleben und wie stark wir uns verletzt fühlen, haben wir zu einem guten Stück selbst in der Hand. Je mehr wir wissen, was uns kränkt, welche alten Wunden durch aktuelle Verletzungen aufgerissen werden und welche Möglichkeiten wir haben, uns zu schützen, umso weniger müssen wir unter Kränkungsgefühlen leiden.
- Erste Hilfe für die gekränkte Seele
- Die besten Strategien der bekannten Kränkungs-Expertin
- Wirksame Selbsthilfe: klein, kompakt und übersichtlich
Ausstattung: Zweifarbig
Lese-Probe zu „Nimm's bitte nicht persönlich “
Nimm's bitte nicht persönlich von Bärbel Wardetzki Im Teufelskreis des Gekränktseins
Was passiert bei Kränkungen?
Je länger ich mich mit dem Thema Kränkungen beschäftige, umso deutlicher wird mir deren weitreichende und häufig auch schicksalhafte Bedeutung für unser Leben. Ob gewollt oder ungewollt, ob bewusst oder unbewusst, wir kränken andere Menschen und werden immer wieder gekränkt.
Die Kränkungsdynamik zieht sich durch alle Lebensbereiche. Sie betrifft unsere Freundschafts- und Liebesbeziehungen, unsere Berufssituation, gesellschaftliche Ungleichheiten, weltpolitische Auseinandersetzungen und unser persönliches Wohlbefinden. Wo immer Missverständnisse, Konflikte, Leid, Hass, Gewalt und Zerstrittenheit auftreten, können wir damit rechnen, dass dahinter unaufgelöste Kränkungskonflikte stehen, die einer konstruktiven Auseinandersetzung im Wege stehen.
Gegenseitige Kränkungen und Gekränktheit können verheerende Folgen haben. Sie führen im schlimmsten Fall zu Kriegen und Mordtaten, häufig zum Abbruch einer Beziehung gefolgt von Rache und Zerstörungsgedanken. Innerlich sind wir getrieben von Hass und Wut auf den Gegner, von Unversöhnlichkeit, Bitterkeit und Ablehnung. Wir sind empört, wie jemand es wagt, auf eine so verletzende Weise mit uns umzugehen. Weiß unser Gegenüber denn nicht, wen er vor sich hat?
... mehr
Was bleibt uns zu tun? Eine Möglichkeit ist, wir schlagen zurück, verbal oder handgreiflich. Von unserer Ohnmacht und Hilflosigkeit können wir uns aber durch Gewalt nicht befreien, auch nicht von dem Schmerz der erlebten Verachtung, Demütigung und Entwertung. Im Gegenteil. Oft sind wir umso gewalttätiger, je machtloser wir uns fühlen. Die Befriedigung der Vernichtung des »Gegners«, ihn k. o. am Boden zu sehen oder wenigstens ebenso verletzt zu haben wie wir es wurden, löst weder das zugrundeliegende Problem, noch heilt sie unsere Wunden. Die heilen wir aber auch nicht dadurch, dass wir uns deprimiert zurückziehen, uns in unser Leid vergraben, uns für minderwertig, schlecht, ablehnungswürdig und verloren definieren.
Wenn wir nichts tun, außer unsere Wunden zu lecken und in Selbstmitleid zu zerfließen, ändern wir gar nichts, da auch diese Haltung am Ende wieder Hassgefühle und Rachegedanken auf die produziert, die uns das angetan haben. Wir bleiben in Unfrieden mit den anderen und dadurch auch mit uns. Unfrieden führt jedoch automatisch wieder in den nächsten Konflikt und damit in die nächste Kränkungssituation. Denn wenn wir mit uns und den anderen nicht in Frieden sind, signalisieren wir Ablehnung und Aggression und ernten zwangsläufig dasselbe. Ein Teufelskreis, der in einer Spirale der Gewalt enden kann.
Ein aktueller Beziehungskonflikt ist oft das Ergebnis einer langen Kette gegenseitiger Kränkungen, die sich beispielsweise im Laufe einer Partnerschaft oder Ehe angesammelt haben und mit Trennung oder Scheidung enden. Oft liegt die zentrale Kränkung schon lange zurück. Die Beispiele sind vielfältig:
Der Partner hat nie ausdrücklich um ihre Hand angehalten, was sie bis heute nicht verschmerzt hat. Sie wollte nie Kinder mit ihm, was er als Abwertung seiner Person interpretierte. Er ging fremd und verletzte dadurch ihr Vertrauen. Sie fuhr allein in Urlaub, als er in einer beruflichen Krise war, wodurch er sich von ihr fallengelassen fühlte. Werden diese und andere Kränkungen nicht angesprochen und die emotionalen Folgen nicht mitgeteilt, kann dies zur Trennung oder Gewalt gegen den Partner / die Partnerin führen. Nicht umsonst liegt die Tötungsrate von Ehepartnern, die sich trennen wollen, bei ca. 250 Fällen im Jahr.*
Daher ist es so wichtig, die Kränkungsdynamik besser zu verstehen. Wenn wir erkennen, welche Prozesse in uns selbst ablaufen und was unser Gegenüber bewegt, kränkend mit uns umzugehen, schaffen wir die Voraussetzung, diesen Konflikt zu lösen oder wenigstens abzuschwächen.
Die Kränkungsdynamik durchzieht alle Lebensbereiche: unser persönliches Wohlbefinden, unsere Freundschafts- und Liebesbeziehungen, unsere Berufssituation, gesellschaftliche Ungleichheiten und weltpolitische Auseinandersetzungen.
Kränkungen besitzen eine weitreichende und häufig auch schicksalhafte Bedeutung für unser Leben, weil sie verheerende Folgen haben können. Sie führen im schlimmsten Fall zu Kriegen und Mordtaten, häufig zum Abbruch einer Beziehung gefolgt von Rache und Zerstörungsgedanken.
Weder die zerstörerische Rache gegen unseren »Feind« noch der depressive Rückzug ins Selbstmitleid lösen den Kränkungskonflikt, weil wir in beiden Fällen in Unfrieden mit uns und dem anderen sind. Unfrieden führt jedoch unweigerlich in den nächsten Konflikt und damit in die nächste Kränkungssituation.
Wird die erlittene Kränkung nicht aufgelöst, kann es zu einem Teufelskreis der Gewalt kommen.
Kränkung hat eine doppelte Bedeutung
Wenn wir von Kränkung sprechen differenzieren wir nie zwischen der erlittenen Kränkung, die Menschen erleben und der erteilten Kränkung, die anderen zugefügt wird. Es mag müßig sein, eine solche Unterscheidung zu treffen, aber bei meiner Arbeit spüre ich immer mehr Unbehagen, wenn ein und derselbe Begriff für Unterschiedliches verwendet wird. Daher schlage ich vor, von Kränkungsreaktion und Kränkungshandlung beziehungsweise von erlittener und erteilter Kränkung zu sprechen.
Die Kränkungsreaktion, also die erlittene Kränkung, ist das, was Menschen erleben, wenn sie sich zurückgewiesen, abgelehnt, ausgeschlossen oder verachtet fühlen. Sie umschreibt alle emotionalen, körperlichen und geistigen Prozesse, die als Reaktion auf das Kränkungsereignis in der jeweiligen Person stattfinden.
Die Kränkungshandlung oder das Kränkungsereignis dagegen ist die erteilte Kränkung, also das, was Menschen tun, wodurch sich andere verletzt fühlen. Das kann eine Kritik sein, ein falsches Wort zum falschen Zeitpunkt, eine ausgebliebene Einladung oder das Verlassenwerden von einem bisher geliebten Menschen. Aber auch Demütigung, Diskriminierung, gewollte Entwertung, Ablehnung, Zurückweisung oder Ausschluss sind Kränkungsereignisse. Die Liste der Beispiele könnte ich endlos erweitern, denn im Grunde kann fast alles kränkend erlebt werden, weil jeder durch andere Ereignisse gekränkt werden kann. Somit ist eine Kränkung im Sinne einer Kränkungshandlung nichts Objektives: Wir können nicht sagen, dass beispielsweise eine Ablehnung automatisch eine Kränkungsreaktion beim Gegenüber auslöst. Das tut sie nur dann, wenn der andere sich dadurch entwertet und in seinem Selbstwertgefühl gemindert fühlt.
Nehmen wir an, eine Kritik hat uns gekränkt. Die Arbeit, die wir mit großem Eifer und viel Mühe dem Chef vorlegen, wird auseinandergenommen und mit den Worten: »Ist Ihnen nichts Besseres eingefallen?« kommentiert. Diese Bemerkung führt in dem Moment zu einer Kränkungsreaktion, wenn wir uns abgewertet fühlen und glauben, versagt zu haben. In diesem Fall lehnen wir unser Produkt selber ab, werfen uns mangelnde Kreativität vor und stellen uns möglicherweise völlig infrage. Schlimmstenfalls meinen wir, für diesen Job nicht geeignet zu sein, unabhängig von früheren Erfolgen.
Ob die Kritik für uns zur erlittenen Kränkung wird, hängt einerseits davon ab, wie wir sie verarbeiten, andererseits von ihrer Form. Wird unsere Arbeit beispielsweise sowohl auf ihre Stärken als auch auf ihre Schwächen hin beurteilt, sind wir vielleicht gar nicht gekränkt oder weniger, als wenn sie pauschal abgelehnt wird. Doch auch dann müssen wir nicht gekränkt reagieren. Denn wenn wir von der guten Qualität unserer Arbeit überzeugt sind, werden wir die Entwertung nicht annehmen.
Kränkung hat eine doppelte Bedeutung
Die erlittene Kränkung oder Kränkungsreaktion ist das, was Menschen erleben, wenn sie sich gekränkt fühlen.
Die erteilte Kränkung oder Kränkungshandlung ist das, was Menschen tun, wodurch andere sich von ihnen gekränkt fühlen.
Die Kränkungshandlung ist nichts Objektives: Ob sie als Kränkung erlebt wird, hängt u.a. davon ab, ob sich das Gegenüber verletzt oder entwertet fühlt.
Im Grunde kann fast alles kränkend erlebt werden, denn jeder ist durch andere Ereignisse kränkbar.
Wir entscheiden, was uns kränkt
Die Tatsache, dass wir durch fast alles gekränkt werden können, führt automatisch zur Frage unserer persönlichen Verantwortung. Denn ob wir uns gekränkt fühlen oder nicht, hat mehr mit uns zu tun als mit der Kränkungstat an sich. Was heißt das? Wir sind Kränkungen nicht hilflos ausgeliefert, sondern wir gestalten sie aktiv mit, indem wir Ereignisse oder Reaktionen von anderen als persönliche Entwertung interpretieren. Ereignisse werden zur Zurückweisung, wenn der Gekränkte sie als gegen sich gerichtet und als Minderung des eigenen persönlichen Wertes erlebt. Am Beispiel der Kritik durch den Chef wurde das schon deutlich.
Die Auslöser für die Kränkung müssen nicht absichtsvoll erfolgen, indem jemand versucht, uns bewusst zu verletzen. Es kann sich auch um beiläufige Bemerkungen und Gesten handeln, die gar nicht auf uns bezogen sind. Es können auch Kleinigkeiten sein, die unsere Seele erschüttern.
Auf diese Weise kann jedwede Reaktion aus der Umwelt Kränkungsreaktionen auslösen. Das macht die Situation nicht einfacher, zeigt aber deutlich, wie viel Verantwortung auf Seiten des Gekränkten liegt. Er hat in vielen Fällen die Wahl, die Entwertung anzunehmen oder abzuwehren.
Bei unbeabsichtigten Kränkungen, bei denen der Gekränkte die Signale missversteht oder als gegen sich gerichtet fehlinterpretiert, ist es leichter, von der Verantwortung des Gekränkten zu sprechen. Bei off ensichtlichen Angriffen, Abwertungen, Beschimpfungen und Kritik ist das schon etwas schwieriger. Doch auch in diesen Fällen läuft derselbe Mechanismus ab: In welchem Ausmaß sich jemand gekränkt fühlt ist abhängig von der Bedeutung, die er dem Ereignis gibt und diese hängt wiederum ab von seiner inneren Sicherheit und früheren Erfahrungen.
Für die einen bedeutet daher eine Absage eine persönliche Kränkung, für andere ist es nur eine bedauerliche Begebenheit. Auch kann die Bedeutung einer Absage bei einer Person wechseln, je nachdem, welche Wichtigkeit das Ereignis hat. Deshalb kann einmal eine Absage wie eine Kränkung erlebt werden, ein anderes Mal nur Bedauern hervorrufen und ein drittes Mal Gleichgültigkeit auslösen.
Kränkbarkeit bedeutet aus dieser Sicht, viele Ereignisse persönlich zu nehmen, sie auf sich zu beziehen und ihnen eine entwertende Bedeutung zuzuschreiben. Fühlt der Betroffene sich dadurch nicht angesprochen, dann lässt er die Verantwortung bei dem Kränkenden und sucht nicht die Gründe für die Ablehnung bei sich.
Deshalb sollten wir vorsichtig sein mit der Aussage: »Du hast mich gekränkt«. Denn diese Aussage bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass sich jemand durch das Verhalten eines anderen entwertet, verletzt und in seinem Selbstwertgefühl beeinträchtigt fühlt. Richtiger wäre es deshalb zu sagen »Ich fühle mich gekränkt durch das, was du getan hast«. Damit übernehmen wir die Verantwortung für unser Erleben und vermeiden zugleich Vorwürfe und mögliche falsche Unterstellungen an den anderen. Die nämlich bewirken nur eine Verschärfung des Konflikts, tragen aber nichts zur Lösung, geschweige denn zu einer Verbesserung unserer Befindlichkeit bei.
Ein Auszug aus einem Interview mit dem schwarzen Schauspieler Morgan Freeman, das ich im Magazin der Süddeutschen Zeitung las, verdeutlicht, was ich meine [I = Interviewerin; F = Freeman]:
I: Was passiert, wenn ich »Nigger« zu Ihnen sage?
F: Nichts.
I: Warum nicht?
F: Was passiert, wenn ich »deutsche Dummkuh« zu Ihnen sage?
I: Nichts.
F: Warum nicht?
I: Ich fühle mich nicht angesprochen.
F: Sehen Sie, ich auch nicht.
I: Ist das der Trick, sich nicht angesprochen zu fühlen?
F: Wenn Sie mich »Nigger« nennen, haben Sie ein Problem, nicht ich, weil Sie das falsche Wort benutzen. Indem ich mich nicht angesprochen fühle, lasse ich Sie mit Ihrem Problem allein. Selbstverständlich gilt diese Taktik nicht, wenn Sie mich tätlich angreifen. Dann wehre ich mich, das verspreche ich Ihnen.
In diesem Beispiel geht es mir nicht um den politischen Inhalt, nicht um die Problematik von Menschen mit anderer Hautfarbe oder von Ausländern und auch nicht um Ausländerfeindlichkeit. All diese Themen stehen hier nicht zur Diskussion. Ich möchte Ihnen mit diesem Interviewauszug lediglich deutlich machen, welche Wahlmöglichkeiten wir haben, mit Kränkungssituationen umzugehen. Denn in vielen Fällen haben wir die Entscheidungsfreiheit, eine Entwertung anzunehmen oder sie demjenigen zurückzugeben, der sie ausgeteilt hat. Wir sind nicht gezwungen, etwas anzunehmen, das nicht zu uns gehört. Somit entscheiden wir selbst, was für uns zu einer Kränkung wird.
Wir können eine Kränkungsreaktion verhindern, indem wir den Kommentar eines anderen nicht auf uns beziehen.
Ihre Verantwortung für die Kränkung bedeutet
Jede Reaktion aus der Umwelt kann bei Ihnen Kränkungsreaktionen auslösen.
Die Tatsache, dass Sie sich gekränkt fühlen, hat mehr mit Ihnen zu tun als mit der Kränkungstat an sich.
Sie sind Kränkungen nicht hilflos ausgeliefert, sondern Sie gestalten sie aktiv mit, indem Sie Ereignisse oder Reaktionenvon anderen als persönliche Entwertung interpretieren.
In welchem Ausmaß Sie sich gekränkt fühlen, ist abhängig von der Bedeutung, die Sie dem Ereignis geben und diese hängt von Ihrer inneren Sicherheit, Ihren Bedürfnissen und früheren Erfahrungen ab.
Den Satz »Du hast mich gekränkt« sollten Sie ersetzen durch »Ich fühle mich gekränkt durch das, was du getan hast«. Damit übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Erleben und vermeiden Vorwürfe und Unterstellungen.
Das geschwächte Selbstwertgefühl
Das Wesentliche am Kränkungskonflikt ist der Angriff auf und die Schwächung des Selbstwertgefühls. Auf diese Weise sind Kränkungsreaktionen und Selbstwertgefühl unmittelbar miteinander verbunden und bedingen sich sogar teilweise. Das erkennt man schon an der Herkunft des Wortes Kränkung, das sich vom mittelhochdeutschen Wort »krenken« herleitet im Sinne von schwächen, mindern, schädigen, zunichtemachen, plagen und er niedrigen.
Ein zweiter Wortstamm ist »kranc«, was soviel bedeutet wie schmal, gering und schwach. In der Kränkung fühlen wir uns geschwächt, gering, erniedrigt.
Der Zusammenhang zwischen Kränkung und Selbstwertgefühl besteht in zweierlei Hinsicht.
1. Kränkungen schwächen unser Selbstwertgefühl und sind verbunden mit Selbstzweifeln und einer Verunsicherung unserer Person und unseres Identitätsgefühls. Schwächend ist dabei das Gefühl, zu kurz zu kommen, weniger wert zu sein, benachteiligt und damit weniger geliebt zu werden. Hass, Neid, Empörung und Schmerz haben als Hintergrund immer die Befürchtung, schlechter, minderwertiger, unbedeutender zu sein als andere. Stehen wir nicht in der ersten Reihe, werden wir nicht berücksichtigt, gesehen oder gehört, dann reagieren wir gekränkt. 2. Sehr kränkbare Menschen, die wir im Alltag als Mimosen oder empfindliche Menschen bezeichnen, sind häufi g Menschen mit einem instabilen Selbstwertgefühl. Sie reagieren schnell beleidigt, ziehen sich schon bei geringsten Anlässen zurück und sind für einige Zeit nicht mehr ansprechbar. Teilweise sind sie sogar chronisch gekränkt. Allein durch einen falschen Ton in der Stimme, ein barsches Wort oder eine hochgezogene Augenbraue können sie massiv in ihrem Selbstwertgefühl verletzt werden. Das Gegenüber weiß manchmal gar nicht, was los ist, spürt jedoch, dass es diesen Menschen in irgendeiner Weise getroffen hat. In Partnerschaften, Freundschaften, Nachbarschaftsbeziehungen oder Arbeitskontakten haben Sie vielleicht schon die Erfahrung gemacht, dass Sie eine »falsche« Bemerkung gemacht oder etwas unterlassen haben und der andere ist gekränkt, wendet sich ab und beendet den Kontakt.
Ein Mensch mit einem stabilen Selbstwertgefühl, den wir selbstbewusst nennen würden, wird dagegen nicht so leicht gekränkt reagieren. Denn er wird negative Botschaften von seinem Gegenüber zum einen nicht so sensibel wahrnehmen, zum anderen nicht sofort persönlich nehmen und damit nicht in demselben Maße verunsichert werden. Der Umgang mit einem solchen Menschen ist zweifelsfrei einfacher, wir müssen nicht so achtgeben, etwas Falsches zu sagen oder zu tun.
Kränkbar ist jeder Mensch, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Kränkungen gehören zum Leben, wie auch der Angriff auf unser Selbstwertgefühl einen Teil unseres alltäglichen Erlebens ausmacht. Wir werden kritisiert, abgelehnt, ausgeschlossen, verlassen und zurückgewiesen. Aber ebenso werden wir geliebt, gelobt und angenommen. Doch eben nicht immer.
Die Auseinandersetzung mit Zurückweisungen bleibt niemandem erspart.
Kränkungen schwächen das Selbstwertgefühl
Das Wesentliche am Kränkungskonflikt ist der Angriff auf und die Schwächung des Selbstwertgefühls.
In der Kränkung fühlen sich Menschen geschwächt, erniedrigt, entwertet.
Menschen mit einem schwachen Selbstwertgefühl reagieren empfindlicher auf Kränkungen. Sie zeigen oft mimosenhaftes Verhalten.
Selbstbewusste Menschen mit einem stabilen Selbstwertgefühl sind nicht so leicht kränkbar, da sie die negativen Botschaften nicht sofort persönlich nehmen.
Jeder Mensch ist kränkbar, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Wenn Anerkennung und Bedürfnisse zu kurz kommen
In Kränkungssituationen spielt die Nichterfüllung narzisstischer Bedürfnisse eine wesentliche Rolle. Das sind Bedürfnisse, die sich direkt auf das Selbstwertgefühl beziehen: gesehen, gehört, anerkannt, verstanden und beantwortet zu werden. Die Erfüllung der Bedürfnisse nach Beachtung, Wertschätzung, Geliebtwerden und Dazugehören stärken unser Selbstwertgefühl und werden daher narzisstisch genannt. Narzisstisch bedeutet in diesem Zusammenhang »das Selbstwertgefühl betreffend« und ist nicht zu verwechseln mit einer narzisstischen Störung.
Wir wollen um unser selbst willen geliebt, geachtet und akzeptiert werden. Wir brauchen es, für andere eine Bedeutung zu haben und in ihrem Leben eine Rolle zu spielen, manchmal sogar die Hauptrolle. In Kränkungssituationen bleiben diese Wünsche unerfüllt, was wir als Entwertung unserer Person erleben.
Menschen, die von Haus aus ein geschwächtes Selbstwertgefühl haben, werden daher schneller gekränkt reagieren. Da sie von tiefen Selbstzweifeln getrieben sind, suchen sie die Bestätigung ihrer Person im Außen, in der Anerkennung durch andere. Bleibt diese Anerkennung aus, zementiert das ihre negative Sicht von sich selbst und führt zu einer erneuten Selbstwertkrise.
Durch dieses negative Selbstbild fühlen sie sich wiederum leichter ausgeschlossen, ungesehen und unwichtig. Unglücklicherweise trägt diese Konstellation dazu bei, positive Zuwendung, Lob und Anerkennung, schlecht annehmen zu können. Dabei brauchen sie diese narzisstische Zufuhr mehr als Menschen mit einem stabilen Selbstwertgefühl, denn die können sich in seelischen Notzeiten selbst Unterstützung und Zuspruch geben.
Dieser Mechanismus ist auch bei depressiven Menschen zu beobachten und in vielen Fällen nicht ohne Psychotherapie zu verändern.
Kränkungen erleben wir auch dann, wenn Bedürfnisse unerfüllt bleiben, die uns im aktuellen Moment so wichtig sind, dass
Copyright © 2012 Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Was bleibt uns zu tun? Eine Möglichkeit ist, wir schlagen zurück, verbal oder handgreiflich. Von unserer Ohnmacht und Hilflosigkeit können wir uns aber durch Gewalt nicht befreien, auch nicht von dem Schmerz der erlebten Verachtung, Demütigung und Entwertung. Im Gegenteil. Oft sind wir umso gewalttätiger, je machtloser wir uns fühlen. Die Befriedigung der Vernichtung des »Gegners«, ihn k. o. am Boden zu sehen oder wenigstens ebenso verletzt zu haben wie wir es wurden, löst weder das zugrundeliegende Problem, noch heilt sie unsere Wunden. Die heilen wir aber auch nicht dadurch, dass wir uns deprimiert zurückziehen, uns in unser Leid vergraben, uns für minderwertig, schlecht, ablehnungswürdig und verloren definieren.
Wenn wir nichts tun, außer unsere Wunden zu lecken und in Selbstmitleid zu zerfließen, ändern wir gar nichts, da auch diese Haltung am Ende wieder Hassgefühle und Rachegedanken auf die produziert, die uns das angetan haben. Wir bleiben in Unfrieden mit den anderen und dadurch auch mit uns. Unfrieden führt jedoch automatisch wieder in den nächsten Konflikt und damit in die nächste Kränkungssituation. Denn wenn wir mit uns und den anderen nicht in Frieden sind, signalisieren wir Ablehnung und Aggression und ernten zwangsläufig dasselbe. Ein Teufelskreis, der in einer Spirale der Gewalt enden kann.
Ein aktueller Beziehungskonflikt ist oft das Ergebnis einer langen Kette gegenseitiger Kränkungen, die sich beispielsweise im Laufe einer Partnerschaft oder Ehe angesammelt haben und mit Trennung oder Scheidung enden. Oft liegt die zentrale Kränkung schon lange zurück. Die Beispiele sind vielfältig:
Der Partner hat nie ausdrücklich um ihre Hand angehalten, was sie bis heute nicht verschmerzt hat. Sie wollte nie Kinder mit ihm, was er als Abwertung seiner Person interpretierte. Er ging fremd und verletzte dadurch ihr Vertrauen. Sie fuhr allein in Urlaub, als er in einer beruflichen Krise war, wodurch er sich von ihr fallengelassen fühlte. Werden diese und andere Kränkungen nicht angesprochen und die emotionalen Folgen nicht mitgeteilt, kann dies zur Trennung oder Gewalt gegen den Partner / die Partnerin führen. Nicht umsonst liegt die Tötungsrate von Ehepartnern, die sich trennen wollen, bei ca. 250 Fällen im Jahr.*
Daher ist es so wichtig, die Kränkungsdynamik besser zu verstehen. Wenn wir erkennen, welche Prozesse in uns selbst ablaufen und was unser Gegenüber bewegt, kränkend mit uns umzugehen, schaffen wir die Voraussetzung, diesen Konflikt zu lösen oder wenigstens abzuschwächen.
Die Kränkungsdynamik durchzieht alle Lebensbereiche: unser persönliches Wohlbefinden, unsere Freundschafts- und Liebesbeziehungen, unsere Berufssituation, gesellschaftliche Ungleichheiten und weltpolitische Auseinandersetzungen.
Kränkungen besitzen eine weitreichende und häufig auch schicksalhafte Bedeutung für unser Leben, weil sie verheerende Folgen haben können. Sie führen im schlimmsten Fall zu Kriegen und Mordtaten, häufig zum Abbruch einer Beziehung gefolgt von Rache und Zerstörungsgedanken.
Weder die zerstörerische Rache gegen unseren »Feind« noch der depressive Rückzug ins Selbstmitleid lösen den Kränkungskonflikt, weil wir in beiden Fällen in Unfrieden mit uns und dem anderen sind. Unfrieden führt jedoch unweigerlich in den nächsten Konflikt und damit in die nächste Kränkungssituation.
Wird die erlittene Kränkung nicht aufgelöst, kann es zu einem Teufelskreis der Gewalt kommen.
Kränkung hat eine doppelte Bedeutung
Wenn wir von Kränkung sprechen differenzieren wir nie zwischen der erlittenen Kränkung, die Menschen erleben und der erteilten Kränkung, die anderen zugefügt wird. Es mag müßig sein, eine solche Unterscheidung zu treffen, aber bei meiner Arbeit spüre ich immer mehr Unbehagen, wenn ein und derselbe Begriff für Unterschiedliches verwendet wird. Daher schlage ich vor, von Kränkungsreaktion und Kränkungshandlung beziehungsweise von erlittener und erteilter Kränkung zu sprechen.
Die Kränkungsreaktion, also die erlittene Kränkung, ist das, was Menschen erleben, wenn sie sich zurückgewiesen, abgelehnt, ausgeschlossen oder verachtet fühlen. Sie umschreibt alle emotionalen, körperlichen und geistigen Prozesse, die als Reaktion auf das Kränkungsereignis in der jeweiligen Person stattfinden.
Die Kränkungshandlung oder das Kränkungsereignis dagegen ist die erteilte Kränkung, also das, was Menschen tun, wodurch sich andere verletzt fühlen. Das kann eine Kritik sein, ein falsches Wort zum falschen Zeitpunkt, eine ausgebliebene Einladung oder das Verlassenwerden von einem bisher geliebten Menschen. Aber auch Demütigung, Diskriminierung, gewollte Entwertung, Ablehnung, Zurückweisung oder Ausschluss sind Kränkungsereignisse. Die Liste der Beispiele könnte ich endlos erweitern, denn im Grunde kann fast alles kränkend erlebt werden, weil jeder durch andere Ereignisse gekränkt werden kann. Somit ist eine Kränkung im Sinne einer Kränkungshandlung nichts Objektives: Wir können nicht sagen, dass beispielsweise eine Ablehnung automatisch eine Kränkungsreaktion beim Gegenüber auslöst. Das tut sie nur dann, wenn der andere sich dadurch entwertet und in seinem Selbstwertgefühl gemindert fühlt.
Nehmen wir an, eine Kritik hat uns gekränkt. Die Arbeit, die wir mit großem Eifer und viel Mühe dem Chef vorlegen, wird auseinandergenommen und mit den Worten: »Ist Ihnen nichts Besseres eingefallen?« kommentiert. Diese Bemerkung führt in dem Moment zu einer Kränkungsreaktion, wenn wir uns abgewertet fühlen und glauben, versagt zu haben. In diesem Fall lehnen wir unser Produkt selber ab, werfen uns mangelnde Kreativität vor und stellen uns möglicherweise völlig infrage. Schlimmstenfalls meinen wir, für diesen Job nicht geeignet zu sein, unabhängig von früheren Erfolgen.
Ob die Kritik für uns zur erlittenen Kränkung wird, hängt einerseits davon ab, wie wir sie verarbeiten, andererseits von ihrer Form. Wird unsere Arbeit beispielsweise sowohl auf ihre Stärken als auch auf ihre Schwächen hin beurteilt, sind wir vielleicht gar nicht gekränkt oder weniger, als wenn sie pauschal abgelehnt wird. Doch auch dann müssen wir nicht gekränkt reagieren. Denn wenn wir von der guten Qualität unserer Arbeit überzeugt sind, werden wir die Entwertung nicht annehmen.
Kränkung hat eine doppelte Bedeutung
Die erlittene Kränkung oder Kränkungsreaktion ist das, was Menschen erleben, wenn sie sich gekränkt fühlen.
Die erteilte Kränkung oder Kränkungshandlung ist das, was Menschen tun, wodurch andere sich von ihnen gekränkt fühlen.
Die Kränkungshandlung ist nichts Objektives: Ob sie als Kränkung erlebt wird, hängt u.a. davon ab, ob sich das Gegenüber verletzt oder entwertet fühlt.
Im Grunde kann fast alles kränkend erlebt werden, denn jeder ist durch andere Ereignisse kränkbar.
Wir entscheiden, was uns kränkt
Die Tatsache, dass wir durch fast alles gekränkt werden können, führt automatisch zur Frage unserer persönlichen Verantwortung. Denn ob wir uns gekränkt fühlen oder nicht, hat mehr mit uns zu tun als mit der Kränkungstat an sich. Was heißt das? Wir sind Kränkungen nicht hilflos ausgeliefert, sondern wir gestalten sie aktiv mit, indem wir Ereignisse oder Reaktionen von anderen als persönliche Entwertung interpretieren. Ereignisse werden zur Zurückweisung, wenn der Gekränkte sie als gegen sich gerichtet und als Minderung des eigenen persönlichen Wertes erlebt. Am Beispiel der Kritik durch den Chef wurde das schon deutlich.
Die Auslöser für die Kränkung müssen nicht absichtsvoll erfolgen, indem jemand versucht, uns bewusst zu verletzen. Es kann sich auch um beiläufige Bemerkungen und Gesten handeln, die gar nicht auf uns bezogen sind. Es können auch Kleinigkeiten sein, die unsere Seele erschüttern.
Auf diese Weise kann jedwede Reaktion aus der Umwelt Kränkungsreaktionen auslösen. Das macht die Situation nicht einfacher, zeigt aber deutlich, wie viel Verantwortung auf Seiten des Gekränkten liegt. Er hat in vielen Fällen die Wahl, die Entwertung anzunehmen oder abzuwehren.
Bei unbeabsichtigten Kränkungen, bei denen der Gekränkte die Signale missversteht oder als gegen sich gerichtet fehlinterpretiert, ist es leichter, von der Verantwortung des Gekränkten zu sprechen. Bei off ensichtlichen Angriffen, Abwertungen, Beschimpfungen und Kritik ist das schon etwas schwieriger. Doch auch in diesen Fällen läuft derselbe Mechanismus ab: In welchem Ausmaß sich jemand gekränkt fühlt ist abhängig von der Bedeutung, die er dem Ereignis gibt und diese hängt wiederum ab von seiner inneren Sicherheit und früheren Erfahrungen.
Für die einen bedeutet daher eine Absage eine persönliche Kränkung, für andere ist es nur eine bedauerliche Begebenheit. Auch kann die Bedeutung einer Absage bei einer Person wechseln, je nachdem, welche Wichtigkeit das Ereignis hat. Deshalb kann einmal eine Absage wie eine Kränkung erlebt werden, ein anderes Mal nur Bedauern hervorrufen und ein drittes Mal Gleichgültigkeit auslösen.
Kränkbarkeit bedeutet aus dieser Sicht, viele Ereignisse persönlich zu nehmen, sie auf sich zu beziehen und ihnen eine entwertende Bedeutung zuzuschreiben. Fühlt der Betroffene sich dadurch nicht angesprochen, dann lässt er die Verantwortung bei dem Kränkenden und sucht nicht die Gründe für die Ablehnung bei sich.
Deshalb sollten wir vorsichtig sein mit der Aussage: »Du hast mich gekränkt«. Denn diese Aussage bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass sich jemand durch das Verhalten eines anderen entwertet, verletzt und in seinem Selbstwertgefühl beeinträchtigt fühlt. Richtiger wäre es deshalb zu sagen »Ich fühle mich gekränkt durch das, was du getan hast«. Damit übernehmen wir die Verantwortung für unser Erleben und vermeiden zugleich Vorwürfe und mögliche falsche Unterstellungen an den anderen. Die nämlich bewirken nur eine Verschärfung des Konflikts, tragen aber nichts zur Lösung, geschweige denn zu einer Verbesserung unserer Befindlichkeit bei.
Ein Auszug aus einem Interview mit dem schwarzen Schauspieler Morgan Freeman, das ich im Magazin der Süddeutschen Zeitung las, verdeutlicht, was ich meine [I = Interviewerin; F = Freeman]:
I: Was passiert, wenn ich »Nigger« zu Ihnen sage?
F: Nichts.
I: Warum nicht?
F: Was passiert, wenn ich »deutsche Dummkuh« zu Ihnen sage?
I: Nichts.
F: Warum nicht?
I: Ich fühle mich nicht angesprochen.
F: Sehen Sie, ich auch nicht.
I: Ist das der Trick, sich nicht angesprochen zu fühlen?
F: Wenn Sie mich »Nigger« nennen, haben Sie ein Problem, nicht ich, weil Sie das falsche Wort benutzen. Indem ich mich nicht angesprochen fühle, lasse ich Sie mit Ihrem Problem allein. Selbstverständlich gilt diese Taktik nicht, wenn Sie mich tätlich angreifen. Dann wehre ich mich, das verspreche ich Ihnen.
In diesem Beispiel geht es mir nicht um den politischen Inhalt, nicht um die Problematik von Menschen mit anderer Hautfarbe oder von Ausländern und auch nicht um Ausländerfeindlichkeit. All diese Themen stehen hier nicht zur Diskussion. Ich möchte Ihnen mit diesem Interviewauszug lediglich deutlich machen, welche Wahlmöglichkeiten wir haben, mit Kränkungssituationen umzugehen. Denn in vielen Fällen haben wir die Entscheidungsfreiheit, eine Entwertung anzunehmen oder sie demjenigen zurückzugeben, der sie ausgeteilt hat. Wir sind nicht gezwungen, etwas anzunehmen, das nicht zu uns gehört. Somit entscheiden wir selbst, was für uns zu einer Kränkung wird.
Wir können eine Kränkungsreaktion verhindern, indem wir den Kommentar eines anderen nicht auf uns beziehen.
Ihre Verantwortung für die Kränkung bedeutet
Jede Reaktion aus der Umwelt kann bei Ihnen Kränkungsreaktionen auslösen.
Die Tatsache, dass Sie sich gekränkt fühlen, hat mehr mit Ihnen zu tun als mit der Kränkungstat an sich.
Sie sind Kränkungen nicht hilflos ausgeliefert, sondern Sie gestalten sie aktiv mit, indem Sie Ereignisse oder Reaktionenvon anderen als persönliche Entwertung interpretieren.
In welchem Ausmaß Sie sich gekränkt fühlen, ist abhängig von der Bedeutung, die Sie dem Ereignis geben und diese hängt von Ihrer inneren Sicherheit, Ihren Bedürfnissen und früheren Erfahrungen ab.
Den Satz »Du hast mich gekränkt« sollten Sie ersetzen durch »Ich fühle mich gekränkt durch das, was du getan hast«. Damit übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Erleben und vermeiden Vorwürfe und Unterstellungen.
Das geschwächte Selbstwertgefühl
Das Wesentliche am Kränkungskonflikt ist der Angriff auf und die Schwächung des Selbstwertgefühls. Auf diese Weise sind Kränkungsreaktionen und Selbstwertgefühl unmittelbar miteinander verbunden und bedingen sich sogar teilweise. Das erkennt man schon an der Herkunft des Wortes Kränkung, das sich vom mittelhochdeutschen Wort »krenken« herleitet im Sinne von schwächen, mindern, schädigen, zunichtemachen, plagen und er niedrigen.
Ein zweiter Wortstamm ist »kranc«, was soviel bedeutet wie schmal, gering und schwach. In der Kränkung fühlen wir uns geschwächt, gering, erniedrigt.
Der Zusammenhang zwischen Kränkung und Selbstwertgefühl besteht in zweierlei Hinsicht.
1. Kränkungen schwächen unser Selbstwertgefühl und sind verbunden mit Selbstzweifeln und einer Verunsicherung unserer Person und unseres Identitätsgefühls. Schwächend ist dabei das Gefühl, zu kurz zu kommen, weniger wert zu sein, benachteiligt und damit weniger geliebt zu werden. Hass, Neid, Empörung und Schmerz haben als Hintergrund immer die Befürchtung, schlechter, minderwertiger, unbedeutender zu sein als andere. Stehen wir nicht in der ersten Reihe, werden wir nicht berücksichtigt, gesehen oder gehört, dann reagieren wir gekränkt. 2. Sehr kränkbare Menschen, die wir im Alltag als Mimosen oder empfindliche Menschen bezeichnen, sind häufi g Menschen mit einem instabilen Selbstwertgefühl. Sie reagieren schnell beleidigt, ziehen sich schon bei geringsten Anlässen zurück und sind für einige Zeit nicht mehr ansprechbar. Teilweise sind sie sogar chronisch gekränkt. Allein durch einen falschen Ton in der Stimme, ein barsches Wort oder eine hochgezogene Augenbraue können sie massiv in ihrem Selbstwertgefühl verletzt werden. Das Gegenüber weiß manchmal gar nicht, was los ist, spürt jedoch, dass es diesen Menschen in irgendeiner Weise getroffen hat. In Partnerschaften, Freundschaften, Nachbarschaftsbeziehungen oder Arbeitskontakten haben Sie vielleicht schon die Erfahrung gemacht, dass Sie eine »falsche« Bemerkung gemacht oder etwas unterlassen haben und der andere ist gekränkt, wendet sich ab und beendet den Kontakt.
Ein Mensch mit einem stabilen Selbstwertgefühl, den wir selbstbewusst nennen würden, wird dagegen nicht so leicht gekränkt reagieren. Denn er wird negative Botschaften von seinem Gegenüber zum einen nicht so sensibel wahrnehmen, zum anderen nicht sofort persönlich nehmen und damit nicht in demselben Maße verunsichert werden. Der Umgang mit einem solchen Menschen ist zweifelsfrei einfacher, wir müssen nicht so achtgeben, etwas Falsches zu sagen oder zu tun.
Kränkbar ist jeder Mensch, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Kränkungen gehören zum Leben, wie auch der Angriff auf unser Selbstwertgefühl einen Teil unseres alltäglichen Erlebens ausmacht. Wir werden kritisiert, abgelehnt, ausgeschlossen, verlassen und zurückgewiesen. Aber ebenso werden wir geliebt, gelobt und angenommen. Doch eben nicht immer.
Die Auseinandersetzung mit Zurückweisungen bleibt niemandem erspart.
Kränkungen schwächen das Selbstwertgefühl
Das Wesentliche am Kränkungskonflikt ist der Angriff auf und die Schwächung des Selbstwertgefühls.
In der Kränkung fühlen sich Menschen geschwächt, erniedrigt, entwertet.
Menschen mit einem schwachen Selbstwertgefühl reagieren empfindlicher auf Kränkungen. Sie zeigen oft mimosenhaftes Verhalten.
Selbstbewusste Menschen mit einem stabilen Selbstwertgefühl sind nicht so leicht kränkbar, da sie die negativen Botschaften nicht sofort persönlich nehmen.
Jeder Mensch ist kränkbar, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Wenn Anerkennung und Bedürfnisse zu kurz kommen
In Kränkungssituationen spielt die Nichterfüllung narzisstischer Bedürfnisse eine wesentliche Rolle. Das sind Bedürfnisse, die sich direkt auf das Selbstwertgefühl beziehen: gesehen, gehört, anerkannt, verstanden und beantwortet zu werden. Die Erfüllung der Bedürfnisse nach Beachtung, Wertschätzung, Geliebtwerden und Dazugehören stärken unser Selbstwertgefühl und werden daher narzisstisch genannt. Narzisstisch bedeutet in diesem Zusammenhang »das Selbstwertgefühl betreffend« und ist nicht zu verwechseln mit einer narzisstischen Störung.
Wir wollen um unser selbst willen geliebt, geachtet und akzeptiert werden. Wir brauchen es, für andere eine Bedeutung zu haben und in ihrem Leben eine Rolle zu spielen, manchmal sogar die Hauptrolle. In Kränkungssituationen bleiben diese Wünsche unerfüllt, was wir als Entwertung unserer Person erleben.
Menschen, die von Haus aus ein geschwächtes Selbstwertgefühl haben, werden daher schneller gekränkt reagieren. Da sie von tiefen Selbstzweifeln getrieben sind, suchen sie die Bestätigung ihrer Person im Außen, in der Anerkennung durch andere. Bleibt diese Anerkennung aus, zementiert das ihre negative Sicht von sich selbst und führt zu einer erneuten Selbstwertkrise.
Durch dieses negative Selbstbild fühlen sie sich wiederum leichter ausgeschlossen, ungesehen und unwichtig. Unglücklicherweise trägt diese Konstellation dazu bei, positive Zuwendung, Lob und Anerkennung, schlecht annehmen zu können. Dabei brauchen sie diese narzisstische Zufuhr mehr als Menschen mit einem stabilen Selbstwertgefühl, denn die können sich in seelischen Notzeiten selbst Unterstützung und Zuspruch geben.
Dieser Mechanismus ist auch bei depressiven Menschen zu beobachten und in vielen Fällen nicht ohne Psychotherapie zu verändern.
Kränkungen erleben wir auch dann, wenn Bedürfnisse unerfüllt bleiben, die uns im aktuellen Moment so wichtig sind, dass
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Autoren-Porträt von Bärbel Wardetzki
Dr. Bärbel Wardetzki, geb. 1952, ist Diplom-Psychologin. Sie ist in München als Psychotherapeutin, Supervisorin und Coach tätig. Darüber hinaus ist sie eine viel gefragte Referentin im In- und Ausland, häufiger Gast bei Funk und Fernsehen sowie erfolgreiche Autorin zahlreicher Bestseller.
Bibliographische Angaben
- Autor: Bärbel Wardetzki
- 2012, 10. Aufl., 112 Seiten, mit farbigen Abbildungen, mit Abbildungen, Maße: 13,7 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Kösel
- ISBN-10: 3466309700
- ISBN-13: 9783466309702
- Erscheinungsdatum: 19.07.2012
Pressezitat
»Für alle Leserinnen, die sich Versöhnung statt Rache wünschen.« Emotion
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