Opferlämmer / Lincoln Rhyme Bd.9
Ein Lincoln-Rhyme-Thriller
Eine höchst unheimliche Anschlagserie hält New York in Atem: der Killer tötet seine Opfer durch Stromschläge! Und er hinterlässt dabei keinerlei Spuren. Der gelähmte Ermittler Lincoln Rhyme und seine Assistentin Amelia Sachs scheinen ein Phantom zu verfolgen.
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Produktinformationen zu „Opferlämmer / Lincoln Rhyme Bd.9 “
Eine höchst unheimliche Anschlagserie hält New York in Atem: der Killer tötet seine Opfer durch Stromschläge! Und er hinterlässt dabei keinerlei Spuren. Der gelähmte Ermittler Lincoln Rhyme und seine Assistentin Amelia Sachs scheinen ein Phantom zu verfolgen.
Klappentext zu „Opferlämmer / Lincoln Rhyme Bd.9 “
Der 9. Fall für Lincoln Rhyme und Amelia Sachs.Die packende Bestseller-Reihe jetzt als TV-Serie bei SAT1!
New York wird von einer beispiellosen Anschlagserie in Atem gehalten. Der Attentäter tötet mit einer Waffe, die ebenso unsichtbar wie allgegenwärtig ist: Elektrizität. Angesichts immer neuer Opfer machen sich der gelähmte Ermittler Lincoln Rhyme und seine Assistentin Amelia Sachs auf die Jagd nach einem Täter, der kaum mehr als ein Phantom zu sein scheint. Doch Lincoln Rhyme weiß, dass ihr Gegner allzu real ist - ein gnadenloser Killer, dem das Spiel mit der Angst seiner Opfer große Freude bereitet ...
Lese-Probe zu „Opferlämmer / Lincoln Rhyme Bd.9 “
Opferlämmer von Jeffery Deaver...Eins
Im Kontrollzentrum des ausgedehnten Gebäudekomplexes der Algonquin Consolidated Power and Light am East River in Queens, New York, saß der Leiter der Frühschicht mit einem Becher Kaffee vor seinem Monitor und betrachtete stirnrunzelnd zwei blinkende rote Worte.
KRITISCHE STÖRUNG
... mehr
Darunter wurde der exakte Zeitpunkt der Fehlermeldung angezeigt: 11:20:20:003.
Der Mann ließ den Pappbecher sinken - blau und weiß, mit ungelenken Abbildungen antiker griechischer Athleten -- und setzte sich in seinem knarrenden Drehstuhl auf.
Die Mitarbeiter der Leitstelle saßen jeweils an eigenen Computerplätzen. Der große Raum war hell erleuchtet und wurde von einem riesigen Flachbildschirm dominiert, auf dem der Stromfluss des als Northeastern Interconnection bekannten Verbunds dargestellt wurde. Er versorgte New York, Pennsylvania, New Jersey und Connecticut. Architektur und Dekor des Kontrollzentrums waren ziemlich modern - für 1960.
Der Leiter hob den Blick zu der Tafel, auf der sich die Stromzufuhr der diversen im Land verstreuten Kraftwerke ablesen ließ: Dampfturbinen, Kernreaktoren und der hydroelektrische Damm bei den Niagarafällen. An einer winzigen Stelle dieses Leitungsgewirrs lief irgendetwas schief. Ein roter Kreis blinkte.
»Was ist da los?«, fragte der grauhaarige Leiter mit dem straffen Bauch unter dem kurzärmeligen weißen Hemd. Er hatte dreißig Jahre Erfahrung in der Strombranche und war in erster Linie neugierig. Es wurden zwar immer wieder mal Störungen angezeigt, aber wirklich kritische Zwischenfälle waren sehr selten.
»Angeblich eine vollständige Trennung«, antwortete ein junger Techniker. »MH-Zwölf.«
Das Umspannwerk 12 der Algonquin Consolidated -- »MH« stand für Manhattan -- war dunkel, unbemannt und schmutzig. Es lag in Harlem und war eine große Schaltanlage, die die eintreffenden 138 Kilovolt mit Hilfe von Transformatoren auf ein Zehntel reduzierte, aufteilte und weiterschickte.
Auf dem großen Bildschirm kam unter der nüchternen Störungsmeldung und der Zeitangabe eine weitere rot leuchtende Zeile hinzu.
MH-12 OFFLINE
Der Leiter tippte etwas in seinen Computer ein und musste an die Zeiten denken, als seine Arbeit noch mit Funkgeräten, Telefonen und ummantelten Schaltern erledigt wurde, umgeben von dem Geruch nach Öl, Messing und heißem Bakelit. Er las die komplizierten Textmeldungen, die über den Monitor scroll-ten. »Die Trenner wurden ausgelöst?«, sagte er leise wie zu sich selbst. »Warum? Die Last ist normal.«
Eine neue Meldung erschien.
MH-12 OFFLINE. UL AN BETROFFENES VERSORGUNGSGEBIET
VON MH-17, MH-10, MH-13, NJ-18
»Die automatische Umleitung greift«, rief jemand unnötigerweise.
In den Vororten und auf dem Land ist das Elektrizitätsnetz offen sichtbar -- von den hohen blanken Überlandleitungen zu den kleineren Strommasten und den Versorgungsleitungen, die zu den einzelnen Häusern verlaufen. Wenn eine Leitung ausfällt, lässt das Problem sich ohne große Schwierigkeiten finden und beheben. In vielen größeren Städten hingegen, so auch in New York, fließt der Strom unterirdisch durch isolierte Kabel. Da die Isolierung im Laufe der Zeit porös wird, kommt es zu Grundwasserschäden, die Kurzschlüsse und Stromausfälle bewirken. Aus diesem Grund sichern die Versorgungsunternehmen das Netz doppelt oder sogar dreifach ab. Als das Umspann-werk MH-12 ausfiel, deckte der Computer den Strombedarf automatisch durch die Kapazitätsumleitung von anderen Orten.
»Keine Aussetzer, kein Spannungsabfall«, rief ein anderer Techniker.
Der Strom im Netz lässt sich mit Wasser vergleichen, das über ein großes Rohr in ein Haus gelangt und dort aus zahlreichen offenen Hähnen fließt. Wird einer von ihnen geschlossen, nimmt der Druck auf allen anderen zu. Mit der Elektrizität verhält es sich genauso, nur dass sie wesentlich schneller als Wasser fließt - mit knapp 1,1 Milliarden Kilometern pro Stunde. Und da New York City sehr viel Strom benötigte, liefen die nun zusätzlich belasteten Umspannwerke mit hoher Spannung -- dem elektrischen Äquivalent zum Wasserdruck.
Aber das System war darauf ausgelegt, und die Spannungsanzeigen befanden sich immer noch im grünen Bereich.
Was dem Leiter jedoch zu denken gab, war die Tatsache, dass MH-12 überhaupt vom Netz getrennt worden war. Die Trenner eines Umspannwerks werden meistens aus einem von zwei Gründen ausgelöst: entweder durch einen Kurzschluss oder durch eine Überlastung zu Spitzenzeiten - am frühen Morgen, während der Hauptverkehrszeiten und am frühen Abend oder bei hohen Temperaturen, wenn die durstigen Klimaanlagen ihren Saft verlangen.
Um 11:20:20:003 Uhr an einem milden Apriltag traf nichts von alldem zu.
»Schickt einen Störungssucher zu MH-Zwölf rüber. Vielleicht ein Kabelbruch. Oder ein Kurzer im...«
In diesem Moment blinkte ein zweites rotes Licht auf.
KRITISCHE STÖRUNG
NJ-18 OFFLINE
Ein weiteres Umspannwerk, gelegen in der Nähe von Paramus, New Jersey, war vom Netz gegangen. Es gehörte zu denen, die für Manhattan-12 eingesprungen waren.
Der Leiter gab einen Laut von sich, der halb Lachen, halb Husten war. Die Verblüffung war ihm deutlich anzusehen. »Was, zum Teufel, geht hier vor? Die Last liegt innerhalb der Toleranzen.«
»Sensoren und Anzeiger alle in Ordnung«, rief einer der Techniker.
»Ein SCADA-Problem?«, fragte der Leiter. Algonquins Strom-Imperium wurde von einem ausgefeilten Überwachungs- und Datenerfassungsprogramm gesteuert, das auf riesigen UNIX-Computern lief. Das Akronym ergab sich aus der englischen Bezeichnung: Supervisory Control and Data Acquisition. Der legendäre Nordost-Blackout von 2003, der größte Stromausfall in der Geschichte Nordamerikas, war zum Teil durch eine Reihe von Softwarefehlern verursacht worden. Die Systeme von heute würden eine solche Katastrophe nicht mehr zulassen, aber das hieß natürlich nicht, dass nicht irgendeine andere Computerpanne auftreten konnte.
»Ich weiß es nicht«, sagte einer seiner Mitarbeiter langsam.
»Aber ich schätze, das muss es wohl sein. Laut Diagnoseanzeige gibt es keine direkten Beschädigungen der Leitungen oder der Umspanntechnik. «
Der Leiter starrte den Bildschirm an und wartete auf den nächsten logischen Schritt: die Mitteilung, welches neue Umspannwerk - oder welche neuen Umspannwerke - einspringen würde(n), um die durch den Verlust von NJ-18 aufgetretene Versorgungslücke auszugleichen.
Doch es kam keine solche Mitteilung.
Die drei Umspannwerke in Manhattan -- 17, 10 und 13 - machten allein weiter und versorgten zwei Gebiete der Stadt mit Strom, die ansonsten ausgefallen wären. Das SCADA-Programm tat nicht, was es hätte tun müssen: andere Umspannwerke zur Unterstützung hinzuschalten. Die Elektrizitätsmenge, die von jenen drei Stationen nun bewältigt werden musste, stieg dramatisch an.
Der Leiter rieb sich den Bart und wartete noch einen Moment darauf, dass eine andere Schaltanlage automatisch einspringen würde. Vergeblich. »Zweigen Sie manuell Leistung von Q-Vierzehn in den östlichen Versorgungsbereich von MH-Zwölf ab«, wies er dann seinen erfahrensten Mitarbeiter an.
»Jawohl, Sir.«
Nach ein paar Sekunden rief der Leiter: »Nein, sofort.« »Hm. Ich versuch's ja.«
»Sie versuchen es? Was soll das heißen, versuchen?« Die Aufgabe erforderte lediglich ein paar simple Tastendrücke.
»Das System reagiert nicht.«
»Unmöglich!« Der Leiter stieg die wenigen Stufen zum Computer des Technikers hinunter und tippte die Befehle ein, die er in- und auswendig kannte.
Nichts.
Die Spannungsanzeigen waren am Ende des grünen Bereichs. Es drohte Gelb.
»Das ist nicht gut«, murmelte jemand. »Wir haben ein Problem.«
Der Leiter lief zurück zu seinem Platz und ließ sich auf den Stuhl fallen. Dabei wischte er versehentlich seinen Müsliriegel und den Pappbecher mit den griechischen Sportlern vom Tisch.
Dann fiel der nächste Dominostein. Ein dritter roter Punkt fing an zu blinken, als wäre er das Zentrum einer Zielscheibe. Der SCADA-Computer meldete leidenschaftslos:
KRITISCHE STÖRUNG
MH-17 OFFLINE
»Nein, nicht noch eins!«, flüsterte jemand.
Und wie zuvor sprang auch diesmal kein anderes Umspann-werk ein, um dabei zu helfen, die unersättliche Stromgier der New Yorker zu befriedigen. Zwei Schaltanlagen erledigten die Arbeit von fünf. Die Temperatur der dort ankommenden und abgehenden Leitungen stieg, und die Spannungsanzeigen auf dem großen Monitor standen inzwischen weit im gelben Bereich.
MH-12 OFFLINE. NJ-18 OFFLINE. MH-17 OFFLINE.
UL AN BETROFFENE VERSORGUNGSGEBIETE VON MH-10, MH-13
»Besorgt mir mehr Saft für die Gebiete«, befahl der Leiter. »Egal wie. Egal woher.«
»Ich hab hier vierzig kV«, rief eine Frau von einem der Kontrollplätze. »Ich leite sie über Feeder aus der Bronx hinunter.«
Vierzig Kilovolt waren nicht viel, und es würde schwierig sein, sie über Speiseleitungen heranzuführen, die nur für etwa ein Drittel dieser Spannung ausgelegt waren.
Jemand anders schaffte es, Leistung aus Connecticut abzuzweigen.
Die Balken der Spannungsanzeige stiegen trotzdem weiter an, aber nun deutlich langsamer.
Vielleicht bekamen sie die Situation endlich unter Kontrolle. »Mehr!«
»Halt!«, meldete sich die Frau, die Strom aus der Bronx umleitete, mit erstickter Stimme. »Die Spannung ist auf zwanzigtausend gesunken. Ich weiß nicht, wieso.«
Dies geschah überall in der Region. Sobald ein Techniker in der Lage war, etwas Energie zuzuführen und den Druck zu verringern, versiegte die Zufuhr von anderer Stelle.
Und das alles mit atemberaubender Geschwindigkeit. 1,1 Milliarden Kilometer pro Stunde...
Und dann leuchtete der nächste rote Kreis auf, die nächste Schusswunde.
KRITISCHE STÖRUNG
MH-13 OFFLINE
Ein Flüstern: »Das kann doch nicht wahr sein.«
MH-12 OFFLINE. NJ-18 OFFLINE. MH-17 OFFLINE. MH-13 OFFLINE.
UL AN BETROFFENE VERSORGUNGSGEBIETE VON MH-10
Das war ungefähr so, als wollte man ein gewaltiges Wasserreservoir durch einen einzelnen kleinen Hahn ablassen, wie die Dinger in den Kühlschranktüren, an denen man sein Trinkglas füllt. Die Spannung, die nun durch MH-10 schoss, das in einem alten Gebäude an der Siebenundfünfzigsten Straße West im Clinton-Viertel von Manhattan untergebracht war, betrug das Vier- bis Fünffache der normalen Last und nahm noch zu. Um eine Explosion und ein Feuer zu vermeiden, mussten jeden Moment die Trenner auslösen und würden einen beachtlichen Teil von Midtown in die Kolonialzeit zurückversetzen.
»Der Norden scheint besser zu funktionieren. Versucht es dort, holt uns Saft aus dem Norden. Nehmt Massachusetts.« »Ich hab was: fünfzig, sechzig kV. Aus Putnam.«
»Gut.«
Und dann rief jemand: »O mein Gott!«
Der Leiter wusste nicht, wer es war; alle starrten wie versteinert auf ihre Bildschirme. »Was ist?«, brüllte er. »Was soll ich mit so einem Zwischenruf anfangen? Los, redet gefälligst Klartext!«
»Die Einstellungen der Trenner in Manhattan-Zehn! Sehen Sie doch nur! Die Trenner! «
O nein. Nein...
Die Trenner in MH-10 waren manipuliert worden. Sie würden nun das Zehnfache der sicheren Arbeitsbelastung akzeptieren.
Falls es dem Team im Kontrollzentrum der Algonquin nicht bald gelang, die Spannung zu reduzieren, die auf das Umspann-werk einstürmte, würden die Leitungen und Schaltanlagen im Innern fatal überlastet werden. Die Station würde explodieren. Doch bevor das geschah, würde der Strom durch die Speiseleitungen in die unterirdischen Transformatoren rasen und von dort aus weiter durch die Blocks südlich des Lincoln Center und in die Schaltanlagen der Bürogebäude und großen Wolkenkratzer. Einige der dortigen Schutzschalter würden die Zufuhr rechtzeitig unterbrechen, aber manch ältere Transformatoren und Schaltschränke würden einfach zu einem Klumpen leitfähigen Metalls zerschmelzen und den Strom durchlassen, sodass er Kabelbrände auslösen und in tödlichen Entladungen aus elektrischen Geräten oder Steckdosen hervorschießen konnte.
Terroristen, dachte der Leiter da zum ersten Mal. Dies ist ein Terroranschlag. »Verständigt die Homeland Security und das NYPD«, rief er. »Und stellt sie zurück, verflucht noch mal. Stellt die Trenner zurück.«
»Sie reagieren nicht. Ich kann nicht auf MH-Zehn zugreifen.«
»Verdammte Scheiße, wie ist das möglich?«
»Keine Ah...«
»Ist jemand in MH-Zehn? Herrje, falls ja, holt ihn sofort da raus!« Umspannwerke waren unbemannt, aber es wurden dort gelegentlich Wartungsarbeiten oder Reparaturen durchgeführt.
»Ja, alles klar.«
Die Spannungsanzeige stand nun im roten Bereich.
»Sir, sollten wir nicht lieber eine Notabschaltung vornehmen?«
Der Leiter dachte mit knirschenden Zähnen darüber nach. Eine manuelle, kontrollierte Abschaltung von Teilen des Netzes, um einen größeren Zusammenbruch zu verhindern, war eine ziemlich extreme Maßnahme. Sie kam nur als letzter Ausweg in Betracht, denn sie würde in dem dicht bevölkerten Teil von Manhattan, der hier gefährdet war, zu verheerenden Konsequenzen führen. Schon allein die Schäden an Computern würden Dutzende Millionen Dollar betragen, und es könnten Menschen dabei verletzt werden oder gar ihr Leben verlieren. Notrufe würden nicht durchgestellt werden. Krankenwagen und Einsatzfahrzeuge der Polizei würden im Verkehr feststecken, denn auch die Ampeln würden ausfallen. Aufzüge würden stehen bleiben. Es würde Panik ausbrechen. Ein Stromausfall hätte unweigerlich eine Zunahme von Überfällen, Plünderungen und Vergewaltigungen bedeutet, auch am helllichten Tag.
Mit Strom bleiben die Leute anständig.
»Sir?«, fragte der Techniker verzweifelt.
Der Leiter starrte auf die steigende Spannungsanzeige. Er nahm sein Telefon und rief seinen Vorgesetzten an, einen stellvertretenden Direktor des Unternehmens. »Herb, es gibt ein Problem.« Er schilderte die Situation.
»Wie konnte das passieren?«
»Wir wissen es nicht. Ich vermute Terroristen.«
»Mein Gott. Haben Sie die Homeland Security benachrichtigt?«
»Ja, gerade eben. Im Wesentlichen versuchen wir, mehr Kapazität in die betroffenen Gebiete zu leiten. Aber wir haben nicht viel Glück.«
Er sah die Anzeigebalken immer weiter in den roten Bereich steigen.
»Okay«, sagte der stellvertretende Direktor. »Vorschläge?« »Uns bleibt kaum eine Wahl. Notabschaltung.«
»Ein beträchtlicher Teil der Stadt wird mindestens einen Tag ohne Strom sein.«
»Aber ich sehe keine anderen Optionen. Mit einer derart hohen Spannungslast fliegt uns die Station um die Ohren, wenn wir nichts unternehmen.«
Sein Boss überlegte kurz. »Durch Manhattan-Zehn läuft noch ein zweites Kabel, nicht wahr?«
Der Leiter schaute auf die Tafel. Eine Hochspannungsleitung führte durch das Umspannwerk und bog dann nach Westen ab, um Teile von New Jersey zu versorgen. »Ja, aber es ist nicht online. Es ist einfach nur in einem der Kabelkanäle dort verlegt.«
»Könnte man es nicht anzapfen und zur Speisung der umgeleiteten Schaltungen benutzen?«
»Von Hand?... Das müsste gehen, aber... aber das würde bedeuten, Leute ins Gebäude von MH-Zehn zu schicken. Und falls wir die Spannung während der Arbeiten nicht lange genug reduzieren können, springt sie über und wird alle töten. Oder ihnen am ganzen Leib Verbrennungen dritten Grades bescheren.«
Eine Pause. »Moment. Ich rufe Jessen an.«
Die Generaldirektorin der Algonquin Consolidated. Bei ihren Angestellten auch als »die Allmächtige« bekannt.
Während er wartete, musterte der Leiter die Techniker um sich herum. Und er starrte auf die Tafel. Auf die leuchtenden roten Punkte.
Kritische Störung...
Dann kam der Vorgesetzte wieder an den Apparat. Seine Stimme drohte zu versagen. Er räusperte sich. »Sie sollen Leute reinschicken«, sagte er nach einem Moment. »Und manuell die Leitung anzapfen.«
»Das hat Jessen gesagt?«
Wieder eine Pause. »Ja.«
»Ich kann das niemandem befehlen«, flüsterte der Leiter. »Das ist Selbstmord.«
»Dann treiben Sie irgendwie Freiwillige auf. Jessen hat angeordnet, dass Sie unter keinen, ich wiederhole, keinen Umständen eine Notabschaltung vornehmen dürfen.«
...
Übersetzung: Thomas Haufschild
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011 by Blanvalet, einem
Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.
Darunter wurde der exakte Zeitpunkt der Fehlermeldung angezeigt: 11:20:20:003.
Der Mann ließ den Pappbecher sinken - blau und weiß, mit ungelenken Abbildungen antiker griechischer Athleten -- und setzte sich in seinem knarrenden Drehstuhl auf.
Die Mitarbeiter der Leitstelle saßen jeweils an eigenen Computerplätzen. Der große Raum war hell erleuchtet und wurde von einem riesigen Flachbildschirm dominiert, auf dem der Stromfluss des als Northeastern Interconnection bekannten Verbunds dargestellt wurde. Er versorgte New York, Pennsylvania, New Jersey und Connecticut. Architektur und Dekor des Kontrollzentrums waren ziemlich modern - für 1960.
Der Leiter hob den Blick zu der Tafel, auf der sich die Stromzufuhr der diversen im Land verstreuten Kraftwerke ablesen ließ: Dampfturbinen, Kernreaktoren und der hydroelektrische Damm bei den Niagarafällen. An einer winzigen Stelle dieses Leitungsgewirrs lief irgendetwas schief. Ein roter Kreis blinkte.
»Was ist da los?«, fragte der grauhaarige Leiter mit dem straffen Bauch unter dem kurzärmeligen weißen Hemd. Er hatte dreißig Jahre Erfahrung in der Strombranche und war in erster Linie neugierig. Es wurden zwar immer wieder mal Störungen angezeigt, aber wirklich kritische Zwischenfälle waren sehr selten.
»Angeblich eine vollständige Trennung«, antwortete ein junger Techniker. »MH-Zwölf.«
Das Umspannwerk 12 der Algonquin Consolidated -- »MH« stand für Manhattan -- war dunkel, unbemannt und schmutzig. Es lag in Harlem und war eine große Schaltanlage, die die eintreffenden 138 Kilovolt mit Hilfe von Transformatoren auf ein Zehntel reduzierte, aufteilte und weiterschickte.
Auf dem großen Bildschirm kam unter der nüchternen Störungsmeldung und der Zeitangabe eine weitere rot leuchtende Zeile hinzu.
MH-12 OFFLINE
Der Leiter tippte etwas in seinen Computer ein und musste an die Zeiten denken, als seine Arbeit noch mit Funkgeräten, Telefonen und ummantelten Schaltern erledigt wurde, umgeben von dem Geruch nach Öl, Messing und heißem Bakelit. Er las die komplizierten Textmeldungen, die über den Monitor scroll-ten. »Die Trenner wurden ausgelöst?«, sagte er leise wie zu sich selbst. »Warum? Die Last ist normal.«
Eine neue Meldung erschien.
MH-12 OFFLINE. UL AN BETROFFENES VERSORGUNGSGEBIET
VON MH-17, MH-10, MH-13, NJ-18
»Die automatische Umleitung greift«, rief jemand unnötigerweise.
In den Vororten und auf dem Land ist das Elektrizitätsnetz offen sichtbar -- von den hohen blanken Überlandleitungen zu den kleineren Strommasten und den Versorgungsleitungen, die zu den einzelnen Häusern verlaufen. Wenn eine Leitung ausfällt, lässt das Problem sich ohne große Schwierigkeiten finden und beheben. In vielen größeren Städten hingegen, so auch in New York, fließt der Strom unterirdisch durch isolierte Kabel. Da die Isolierung im Laufe der Zeit porös wird, kommt es zu Grundwasserschäden, die Kurzschlüsse und Stromausfälle bewirken. Aus diesem Grund sichern die Versorgungsunternehmen das Netz doppelt oder sogar dreifach ab. Als das Umspann-werk MH-12 ausfiel, deckte der Computer den Strombedarf automatisch durch die Kapazitätsumleitung von anderen Orten.
»Keine Aussetzer, kein Spannungsabfall«, rief ein anderer Techniker.
Der Strom im Netz lässt sich mit Wasser vergleichen, das über ein großes Rohr in ein Haus gelangt und dort aus zahlreichen offenen Hähnen fließt. Wird einer von ihnen geschlossen, nimmt der Druck auf allen anderen zu. Mit der Elektrizität verhält es sich genauso, nur dass sie wesentlich schneller als Wasser fließt - mit knapp 1,1 Milliarden Kilometern pro Stunde. Und da New York City sehr viel Strom benötigte, liefen die nun zusätzlich belasteten Umspannwerke mit hoher Spannung -- dem elektrischen Äquivalent zum Wasserdruck.
Aber das System war darauf ausgelegt, und die Spannungsanzeigen befanden sich immer noch im grünen Bereich.
Was dem Leiter jedoch zu denken gab, war die Tatsache, dass MH-12 überhaupt vom Netz getrennt worden war. Die Trenner eines Umspannwerks werden meistens aus einem von zwei Gründen ausgelöst: entweder durch einen Kurzschluss oder durch eine Überlastung zu Spitzenzeiten - am frühen Morgen, während der Hauptverkehrszeiten und am frühen Abend oder bei hohen Temperaturen, wenn die durstigen Klimaanlagen ihren Saft verlangen.
Um 11:20:20:003 Uhr an einem milden Apriltag traf nichts von alldem zu.
»Schickt einen Störungssucher zu MH-Zwölf rüber. Vielleicht ein Kabelbruch. Oder ein Kurzer im...«
In diesem Moment blinkte ein zweites rotes Licht auf.
KRITISCHE STÖRUNG
NJ-18 OFFLINE
Ein weiteres Umspannwerk, gelegen in der Nähe von Paramus, New Jersey, war vom Netz gegangen. Es gehörte zu denen, die für Manhattan-12 eingesprungen waren.
Der Leiter gab einen Laut von sich, der halb Lachen, halb Husten war. Die Verblüffung war ihm deutlich anzusehen. »Was, zum Teufel, geht hier vor? Die Last liegt innerhalb der Toleranzen.«
»Sensoren und Anzeiger alle in Ordnung«, rief einer der Techniker.
»Ein SCADA-Problem?«, fragte der Leiter. Algonquins Strom-Imperium wurde von einem ausgefeilten Überwachungs- und Datenerfassungsprogramm gesteuert, das auf riesigen UNIX-Computern lief. Das Akronym ergab sich aus der englischen Bezeichnung: Supervisory Control and Data Acquisition. Der legendäre Nordost-Blackout von 2003, der größte Stromausfall in der Geschichte Nordamerikas, war zum Teil durch eine Reihe von Softwarefehlern verursacht worden. Die Systeme von heute würden eine solche Katastrophe nicht mehr zulassen, aber das hieß natürlich nicht, dass nicht irgendeine andere Computerpanne auftreten konnte.
»Ich weiß es nicht«, sagte einer seiner Mitarbeiter langsam.
»Aber ich schätze, das muss es wohl sein. Laut Diagnoseanzeige gibt es keine direkten Beschädigungen der Leitungen oder der Umspanntechnik. «
Der Leiter starrte den Bildschirm an und wartete auf den nächsten logischen Schritt: die Mitteilung, welches neue Umspannwerk - oder welche neuen Umspannwerke - einspringen würde(n), um die durch den Verlust von NJ-18 aufgetretene Versorgungslücke auszugleichen.
Doch es kam keine solche Mitteilung.
Die drei Umspannwerke in Manhattan -- 17, 10 und 13 - machten allein weiter und versorgten zwei Gebiete der Stadt mit Strom, die ansonsten ausgefallen wären. Das SCADA-Programm tat nicht, was es hätte tun müssen: andere Umspannwerke zur Unterstützung hinzuschalten. Die Elektrizitätsmenge, die von jenen drei Stationen nun bewältigt werden musste, stieg dramatisch an.
Der Leiter rieb sich den Bart und wartete noch einen Moment darauf, dass eine andere Schaltanlage automatisch einspringen würde. Vergeblich. »Zweigen Sie manuell Leistung von Q-Vierzehn in den östlichen Versorgungsbereich von MH-Zwölf ab«, wies er dann seinen erfahrensten Mitarbeiter an.
»Jawohl, Sir.«
Nach ein paar Sekunden rief der Leiter: »Nein, sofort.« »Hm. Ich versuch's ja.«
»Sie versuchen es? Was soll das heißen, versuchen?« Die Aufgabe erforderte lediglich ein paar simple Tastendrücke.
»Das System reagiert nicht.«
»Unmöglich!« Der Leiter stieg die wenigen Stufen zum Computer des Technikers hinunter und tippte die Befehle ein, die er in- und auswendig kannte.
Nichts.
Die Spannungsanzeigen waren am Ende des grünen Bereichs. Es drohte Gelb.
»Das ist nicht gut«, murmelte jemand. »Wir haben ein Problem.«
Der Leiter lief zurück zu seinem Platz und ließ sich auf den Stuhl fallen. Dabei wischte er versehentlich seinen Müsliriegel und den Pappbecher mit den griechischen Sportlern vom Tisch.
Dann fiel der nächste Dominostein. Ein dritter roter Punkt fing an zu blinken, als wäre er das Zentrum einer Zielscheibe. Der SCADA-Computer meldete leidenschaftslos:
KRITISCHE STÖRUNG
MH-17 OFFLINE
»Nein, nicht noch eins!«, flüsterte jemand.
Und wie zuvor sprang auch diesmal kein anderes Umspann-werk ein, um dabei zu helfen, die unersättliche Stromgier der New Yorker zu befriedigen. Zwei Schaltanlagen erledigten die Arbeit von fünf. Die Temperatur der dort ankommenden und abgehenden Leitungen stieg, und die Spannungsanzeigen auf dem großen Monitor standen inzwischen weit im gelben Bereich.
MH-12 OFFLINE. NJ-18 OFFLINE. MH-17 OFFLINE.
UL AN BETROFFENE VERSORGUNGSGEBIETE VON MH-10, MH-13
»Besorgt mir mehr Saft für die Gebiete«, befahl der Leiter. »Egal wie. Egal woher.«
»Ich hab hier vierzig kV«, rief eine Frau von einem der Kontrollplätze. »Ich leite sie über Feeder aus der Bronx hinunter.«
Vierzig Kilovolt waren nicht viel, und es würde schwierig sein, sie über Speiseleitungen heranzuführen, die nur für etwa ein Drittel dieser Spannung ausgelegt waren.
Jemand anders schaffte es, Leistung aus Connecticut abzuzweigen.
Die Balken der Spannungsanzeige stiegen trotzdem weiter an, aber nun deutlich langsamer.
Vielleicht bekamen sie die Situation endlich unter Kontrolle. »Mehr!«
»Halt!«, meldete sich die Frau, die Strom aus der Bronx umleitete, mit erstickter Stimme. »Die Spannung ist auf zwanzigtausend gesunken. Ich weiß nicht, wieso.«
Dies geschah überall in der Region. Sobald ein Techniker in der Lage war, etwas Energie zuzuführen und den Druck zu verringern, versiegte die Zufuhr von anderer Stelle.
Und das alles mit atemberaubender Geschwindigkeit. 1,1 Milliarden Kilometer pro Stunde...
Und dann leuchtete der nächste rote Kreis auf, die nächste Schusswunde.
KRITISCHE STÖRUNG
MH-13 OFFLINE
Ein Flüstern: »Das kann doch nicht wahr sein.«
MH-12 OFFLINE. NJ-18 OFFLINE. MH-17 OFFLINE. MH-13 OFFLINE.
UL AN BETROFFENE VERSORGUNGSGEBIETE VON MH-10
Das war ungefähr so, als wollte man ein gewaltiges Wasserreservoir durch einen einzelnen kleinen Hahn ablassen, wie die Dinger in den Kühlschranktüren, an denen man sein Trinkglas füllt. Die Spannung, die nun durch MH-10 schoss, das in einem alten Gebäude an der Siebenundfünfzigsten Straße West im Clinton-Viertel von Manhattan untergebracht war, betrug das Vier- bis Fünffache der normalen Last und nahm noch zu. Um eine Explosion und ein Feuer zu vermeiden, mussten jeden Moment die Trenner auslösen und würden einen beachtlichen Teil von Midtown in die Kolonialzeit zurückversetzen.
»Der Norden scheint besser zu funktionieren. Versucht es dort, holt uns Saft aus dem Norden. Nehmt Massachusetts.« »Ich hab was: fünfzig, sechzig kV. Aus Putnam.«
»Gut.«
Und dann rief jemand: »O mein Gott!«
Der Leiter wusste nicht, wer es war; alle starrten wie versteinert auf ihre Bildschirme. »Was ist?«, brüllte er. »Was soll ich mit so einem Zwischenruf anfangen? Los, redet gefälligst Klartext!«
»Die Einstellungen der Trenner in Manhattan-Zehn! Sehen Sie doch nur! Die Trenner! «
O nein. Nein...
Die Trenner in MH-10 waren manipuliert worden. Sie würden nun das Zehnfache der sicheren Arbeitsbelastung akzeptieren.
Falls es dem Team im Kontrollzentrum der Algonquin nicht bald gelang, die Spannung zu reduzieren, die auf das Umspann-werk einstürmte, würden die Leitungen und Schaltanlagen im Innern fatal überlastet werden. Die Station würde explodieren. Doch bevor das geschah, würde der Strom durch die Speiseleitungen in die unterirdischen Transformatoren rasen und von dort aus weiter durch die Blocks südlich des Lincoln Center und in die Schaltanlagen der Bürogebäude und großen Wolkenkratzer. Einige der dortigen Schutzschalter würden die Zufuhr rechtzeitig unterbrechen, aber manch ältere Transformatoren und Schaltschränke würden einfach zu einem Klumpen leitfähigen Metalls zerschmelzen und den Strom durchlassen, sodass er Kabelbrände auslösen und in tödlichen Entladungen aus elektrischen Geräten oder Steckdosen hervorschießen konnte.
Terroristen, dachte der Leiter da zum ersten Mal. Dies ist ein Terroranschlag. »Verständigt die Homeland Security und das NYPD«, rief er. »Und stellt sie zurück, verflucht noch mal. Stellt die Trenner zurück.«
»Sie reagieren nicht. Ich kann nicht auf MH-Zehn zugreifen.«
»Verdammte Scheiße, wie ist das möglich?«
»Keine Ah...«
»Ist jemand in MH-Zehn? Herrje, falls ja, holt ihn sofort da raus!« Umspannwerke waren unbemannt, aber es wurden dort gelegentlich Wartungsarbeiten oder Reparaturen durchgeführt.
»Ja, alles klar.«
Die Spannungsanzeige stand nun im roten Bereich.
»Sir, sollten wir nicht lieber eine Notabschaltung vornehmen?«
Der Leiter dachte mit knirschenden Zähnen darüber nach. Eine manuelle, kontrollierte Abschaltung von Teilen des Netzes, um einen größeren Zusammenbruch zu verhindern, war eine ziemlich extreme Maßnahme. Sie kam nur als letzter Ausweg in Betracht, denn sie würde in dem dicht bevölkerten Teil von Manhattan, der hier gefährdet war, zu verheerenden Konsequenzen führen. Schon allein die Schäden an Computern würden Dutzende Millionen Dollar betragen, und es könnten Menschen dabei verletzt werden oder gar ihr Leben verlieren. Notrufe würden nicht durchgestellt werden. Krankenwagen und Einsatzfahrzeuge der Polizei würden im Verkehr feststecken, denn auch die Ampeln würden ausfallen. Aufzüge würden stehen bleiben. Es würde Panik ausbrechen. Ein Stromausfall hätte unweigerlich eine Zunahme von Überfällen, Plünderungen und Vergewaltigungen bedeutet, auch am helllichten Tag.
Mit Strom bleiben die Leute anständig.
»Sir?«, fragte der Techniker verzweifelt.
Der Leiter starrte auf die steigende Spannungsanzeige. Er nahm sein Telefon und rief seinen Vorgesetzten an, einen stellvertretenden Direktor des Unternehmens. »Herb, es gibt ein Problem.« Er schilderte die Situation.
»Wie konnte das passieren?«
»Wir wissen es nicht. Ich vermute Terroristen.«
»Mein Gott. Haben Sie die Homeland Security benachrichtigt?«
»Ja, gerade eben. Im Wesentlichen versuchen wir, mehr Kapazität in die betroffenen Gebiete zu leiten. Aber wir haben nicht viel Glück.«
Er sah die Anzeigebalken immer weiter in den roten Bereich steigen.
»Okay«, sagte der stellvertretende Direktor. »Vorschläge?« »Uns bleibt kaum eine Wahl. Notabschaltung.«
»Ein beträchtlicher Teil der Stadt wird mindestens einen Tag ohne Strom sein.«
»Aber ich sehe keine anderen Optionen. Mit einer derart hohen Spannungslast fliegt uns die Station um die Ohren, wenn wir nichts unternehmen.«
Sein Boss überlegte kurz. »Durch Manhattan-Zehn läuft noch ein zweites Kabel, nicht wahr?«
Der Leiter schaute auf die Tafel. Eine Hochspannungsleitung führte durch das Umspannwerk und bog dann nach Westen ab, um Teile von New Jersey zu versorgen. »Ja, aber es ist nicht online. Es ist einfach nur in einem der Kabelkanäle dort verlegt.«
»Könnte man es nicht anzapfen und zur Speisung der umgeleiteten Schaltungen benutzen?«
»Von Hand?... Das müsste gehen, aber... aber das würde bedeuten, Leute ins Gebäude von MH-Zehn zu schicken. Und falls wir die Spannung während der Arbeiten nicht lange genug reduzieren können, springt sie über und wird alle töten. Oder ihnen am ganzen Leib Verbrennungen dritten Grades bescheren.«
Eine Pause. »Moment. Ich rufe Jessen an.«
Die Generaldirektorin der Algonquin Consolidated. Bei ihren Angestellten auch als »die Allmächtige« bekannt.
Während er wartete, musterte der Leiter die Techniker um sich herum. Und er starrte auf die Tafel. Auf die leuchtenden roten Punkte.
Kritische Störung...
Dann kam der Vorgesetzte wieder an den Apparat. Seine Stimme drohte zu versagen. Er räusperte sich. »Sie sollen Leute reinschicken«, sagte er nach einem Moment. »Und manuell die Leitung anzapfen.«
»Das hat Jessen gesagt?«
Wieder eine Pause. »Ja.«
»Ich kann das niemandem befehlen«, flüsterte der Leiter. »Das ist Selbstmord.«
»Dann treiben Sie irgendwie Freiwillige auf. Jessen hat angeordnet, dass Sie unter keinen, ich wiederhole, keinen Umständen eine Notabschaltung vornehmen dürfen.«
...
Übersetzung: Thomas Haufschild
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011 by Blanvalet, einem
Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.
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Autoren-Porträt von Jeffery Deaver
Jeffery Deaver gilt als einer der weltweit besten Autoren intelligenter psychologischer Thriller. Wie kaum ein anderer beherrscht der von seinen Fans und den Kritikern gleichermaßen geliebte Jeffery Deaver den schier unerträglichen Nervenkitzel, verführt mit falschen Fährten, überrascht mit blitzschnellen Wendungen und streut dem Leser auf seine unnachahmliche Art Sand in die Augen. Seit dem ersten großen Erfolg als Schriftsteller hat er sich aus seinem Beruf als Rechtsanwalt zurückgezogen und lebt nun abwechselnd in Virginia und Kalifornien. Seine Bücher, die in 25 Sprachen übersetzt werden und in 150 Ländern erscheinen, haben ihm bereits zahlreiche renommierte Auszeichnungen eingebracht. Die kongeniale Verfilmung seines Romans »Die Assistentin« unter dem Titel »Der Knochenjäger« (mit Denzel Washington und Angelina Jolie in den Hauptrollen) war weltweit ein sensationeller Kinoerfolg und hat dem faszinierenden Ermittler- und Liebespaar Lincoln Rhyme und Amelia Sachs eine riesige Fangemeinde erobert.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jeffery Deaver
- 2012, Erstmals im TB, 576 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Haufschild, Thomas
- Übersetzer: Thomas Haufschild
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442374685
- ISBN-13: 9783442374687
- Erscheinungsdatum: 14.08.2012
Kommentar zu "Opferlämmer / Lincoln Rhyme Bd.9"
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