Pippa die Elfe Emilia und die Käsekuchenschlacht / Pippa und die Elfe Emilia Bd.2
Ein humorvolles Buch über Freundschaft, Streit, Kuchen und Versöhnung - frisch, saftig und so lecker wie ein Stück Käsekuchen!
Freunde finden ist nicht leicht, aber manchmal sind sie ganz in der Nähe und wollen nur entdeckt werden! Eine kleine...
Freunde finden ist nicht leicht, aber manchmal sind sie ganz in der Nähe und wollen nur entdeckt werden! Eine kleine...
lieferbar
versandkostenfrei
Buch (Gebunden)
11.30 €
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Pippa die Elfe Emilia und die Käsekuchenschlacht / Pippa und die Elfe Emilia Bd.2 “
Klappentext zu „Pippa die Elfe Emilia und die Käsekuchenschlacht / Pippa und die Elfe Emilia Bd.2 “
Ein humorvolles Buch über Freundschaft, Streit, Kuchen und Versöhnung - frisch, saftig und so lecker wie ein Stück Käsekuchen!Freunde finden ist nicht leicht, aber manchmal sind sie ganz in der Nähe und wollen nur entdeckt werden! Eine kleine aufgeweckte Elfe kann dabei ganz schön hilfreich sein.
»Pippa spielt noch mit Puppen«, ruft Pippas nervige Banknachbarin Inga ganz laut in die Klasse, als sie Emilia in Pippas Ranzen entdeckt. Elfe Emilia bringt Pippa auf die Senf-im-Schuh-Rache. Blöderweise wird Pippa dabei von ihrer Lehrerin ertappt. Zur Strafe soll Pippa etwas Nettes für Inga tun und Inga für Pippa. Als beide einen Käsekuchen mitbringen, kommt es in der Klasse zur großen Kuchenschlacht und zum Glück auch bald zur großen Versöhnung ...
Lese-Probe zu „Pippa die Elfe Emilia und die Käsekuchenschlacht / Pippa und die Elfe Emilia Bd.2 “
Pippa, die Elfe Emilia und die Käsekuchenschlacht von Barbara van den Speulhof Eins
Gegrillte Glückswürmchen
»Glückswürmchen! Schau nur, Pippa, da fliegen Glückswürmchen! Lass uns rausgehen und sie aufessen!« Emilia rannte aufgeregt auf der Fensterbank hin und her.
Unwillig guckte ich von meinem Buch hoch und sah nach draußen.
»Erstens heißen die Dinger Glühwürmchen. Zweitens esse ich keine Käfer, und drittens ist es gleich halb zehn in der Nacht.«
»Auch nicht, wenn Glückswürmchen fliegen?«
»Nein, auch nicht, wenn Glühwürmchen fliegen! «
»Und wir essen sie auch nicht?«
»Nein.«
»Auch nicht gegrillt? Mit Kräuterbutter und Baguette?«
»Nein!«
»Mit Ketchup?«
»Nein, nein, nein!«, presste ich heraus und versuchte, nicht so laut so schreien, wie es dem Ärger in mir recht gewesen wäre. »Emilia, bitte. Ich versuche, mich zu konzentrieren!« Ich deutete auf das aufgeschlagene Tagebuch vor mir. »Ich hab mein Ehrenwort gegeben, alles aufzuschreiben, was wir zusammen erleben.«
»Pah! Dafür müssen wir erst einmal etwas erleben. Sonst kannst du ja gar nichts schreiben!«, rief sie und sprang von der Fensterbank auf meinen Schreibtisch und dann auf mein Bett. Sie stapfte und stolperte über meine dicke Daunenbettdecke ans andere Ende zum Nachttischschränkchen. Bei einem Wesen, das nicht größer ist als dreißig Zentimeter, sieht das aus, als würde es sich durch Tiefschnee kämpfen.
... mehr
»Wir könnten die Uhr einfach umstellen. Auf ... na sagen wir ... auf halb sieben!« Ihr Finger zeigte auf meinen Wecker. »Halb sieben abends ist noch Draußen-unterwegs-Zeit.«
»Emilia, du nervst. Wenn wir die Uhr zurückstellen, dann dreht das noch lange nicht die Zeit zurück. Sei doch bitte einmal vernünftig!»
Emilia sauste über das Bett zurück und kletterte die kleine Leiter hoch, die ich für sie dort aufgestellt hatte. Nun stand sie auf meinem Schreibtisch und stemmte die Hände in die Hüften.
»Ich bin nicht ver-nymph-tig. Ich bin nämlich keine Nymphe, sondern eine Elfe! Falls du das schon vergessen hast, Pippa la Pipp!«
Meinen Namen hatte Emilia so feucht ausgesprochen, dass ich mir das Gesicht mit einem Taschentuch abwischen musste.
Ja, es stimmt. Emilia ist eine Elfe. Von kleiner Größe, aber mit der Durchsetzungskraft einer ganzen Fußballmannschaft. Wenn sie sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es unmöglich, es dort wieder herauszuholen. Mein Vater würde das »einen starken Willen« nennen.
Ich sagte: würde. Denn weder mein Vater noch meine Mutter oder meine drei Brüder kennen Emilia, die Elfe. Sie kennen nur Emilia, die Puppe. Nur bei mir und bei Oma Dotti ist sie eine lebendige Elfe. Bei anderen Leuten tut sie so, als wäre sie eine Puppe. Sie wird steif und hält die Luft an. Das kann sie gut. Schließlich hatte sie 741 Jahre Zeit, es zu üben. So alt ist sie nämlich, obwohl man ihr das Alter nicht ansieht.
Emilia habe ich von Oma Dotti geschenkt bekommen. Und die ist eigentlich nicht meine richtige Oma. Ich habe sie bei einem Malkurs kennengelernt, den meine Mutter im Altersheim gegeben hat. Sie ist 81 Jahre alt, sitzt im Rollstuhl und ist immer sehr lustig, obwohl sie nicht mehr laufen kann. Sie ist die lustigste Oma, die ich kenne. Deshalb habe ich sie adoptiert. Zumindest in Gedanken. Obwohl ich schon zwei richtige Omas habe. Aber eine, die so ist wie Oma Dotti, darf man sich einfach nicht entgehen lassen.
Damals, als sie mir Emilia geschenkt hat, sagte sie, sie könne sich nicht mehr so gut um sie kümmern, wie sie es verdient hätte. Jetzt verstehe ich, was sie gemeint hat, als sie sagte, sie wäre ein wilder Feger.
Sie ist ein wilder Feger. Das merke ich jeden Tag. Heute auch.
»Nein. Wirklich. Nein. Wir gehen nicht raus zum Glückswürmchen-Grillen, Emilia«, sagte ich und versuchte, genauso entschlossen zu schauen, wie sie es immer tat, wenn sie sich durchsetzen wollte.
»Ach, du mit deinem blöden Vernünftigsein!« Sie spuckte diesen Satz regelrecht aus, und ich hielt mir vorsorglich das Taschentuch vors Gesicht.
»Du redest schon genauso wie die Erwachsenen. Das ist ein schlimmer Fehler. Zu viel Vernunft kann krank machen. Sogar erwachsene Menschen. Das Gesicht friert ein, und man kann nicht mehr lachen. Auch wenn man es sich noch so sehr wünscht.« Beleidigt ließ sie sich auf die Fensterbank plumpsen. »Chronische Übervernünftisitis heißt die Krankheit. Dagegen helfen weder Tabletten noch Spritzen.«
Auf Emilias Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, und ihre Augen begannen gefährlich zu funkeln. Sie sprang auf und rannte auf mich zu.
»Da hilft nur die weltberühmte emilianische Kitzeltherapie!«
Sie war so schnell, dass ich mich nicht mehr verstecken konnte. Mit ihren kleinen Händchen kitzelte sie mich zuerst unter dem Kinn und dann unter den Armen. Schnell zog ich mein Kinn nach unten und presste meine Arme an den Körper. Aber das half nichts. Ich musste lachen. Ich lachte mich kringelig, bis ich zusammen mit Emilia vom Stuhl plumpste und auf dem Fußboden landete.
»Hör auf! Hör auf!«, war das Einzige, was ich herausbrachte.
»Dann gehen wir aber raus!«, rief sie.
Ich bekam fast keine Luft mehr.
»Nur, wenn du mich in Ruhe lässt!«, giggelte ich.
»Ja! Ich hab gewonnen! Meine Therapie war erfolgreich! Die Patientin ist geheilt!«, jubelte sie und ließ endlich von mir ab.
Ich musste ein paarmal tief durchatmen. In der Zeit hatte Emilia schon ihren Koffer unter dem Bett hervorgeholt.
»Zimtundzucker muss mit«, sagte sie. »Sie muss pinkeln.«
Das hätte ich fast vergessen. Zimtundzucker ist Emilias Katze und wohnt in ihrem rot-weiß gepunkteten Koffer. Heute Abend hatten wir sie noch nicht rausgelassen. Auf keinen Fall durfte sie in mein Zimmer pinkeln. Mama hat nämlich Haustiere verboten. Es gäbe eine Katastrophe, wenn sie Zimtundzucker entdecken würde.
»Gut, dann gehen wir. Aber leise!«, ermahnte ich Emilia, die schon ungeduldig an der Tür wartete. Vorsichtig drückte ich die Klinke nach unten, öffnete in Zeitlupentempo die Tür, streckte meinen Kopf hinaus und wagte einen Blick nach links und rechts. Es war niemand im Flur zu sehen. Die Zimmertüren meiner Brüder waren geschlossen, nur durch das Schlüsselloch von Pillepalles Tür konnte ich einen schwachen Lichtschein erkennen. Pillepalle heißt normalerweise Paul, und er ist der älteste meiner drei Brüder. Er ist schon zwölf und mitten in der Pubertät, sagt Mama. Seit er da drin ist, hat er Pickel im Gesicht. Deshalb nenne ich seinen komischen Zustand lieber Pickeltät, und ihn selbst nenne ich Pickel-Paul. Aber nur, wenn er es nicht hört. Ich will nicht, dass er sauer wird, weil er meistens ein ganz netter großer Bruder ist.
Ich nahm Emilia auf den Arm und den Koffer in die Hand. So bepackt schlich ich mich zu Pillepalles Tür und lugte durch das Schlüsselloch. Ich sah einen Teil seines Betts und eine hochgehaltene Autozeitschrift. Über dem Heft schauten ein paar fette Haarsträhnen heraus. Klar, Pillepalle träumte wieder einmal von seinem ersten eigenen Auto.
Ich ging zur nächsten Tür. Durch das Schlüsselloch konnte ich außer reiner Dunkelheit nichts sehen. Jannik und Julius, meine Zwillingsbrüder, schliefen also schon. In unserer Familie nennen wir sie die Jottjotts, weil man sie kaum auseinanderhalten kann, so ähnlich sehen sie sich. Und wenn einer ist wie der andere, brauchen sie keine zwei Namen. Da genügt einer völlig.
Auch ich hätte eigentlich längst schlafen müssen. Neun Uhr abends musste ich spätestens im Bett sein. Aber seit Emilia bei mir wohnte, war daran nicht mehr zu denken. Wenn Mama oder Papa so gegen halb neun in mein Zimmer kamen, um mir gute Nacht zu sagen, lag ich im Bett und machte ein Braves-Mädchen-Gesicht. Kaum waren sie verschwunden, stand ich wieder auf und setzte mich an den Schreibtisch, um meine Erlebnisse mit Emilia aufzuschreiben. In den ersten Tagen war das Aufschreiben eher wie eine Pflicht gewesen, später machte es mehr und mehr Spaß. Trotzdem muss ich alle warnen, die vorhaben, eine Elfe bei sich aufzunehmen, sie sollten sich das vorher gut überlegen. Elfen halten einen wach, sie stellen einem das Leben auf den Kopf, und sie bringen einen ständig dazu, Dinge zu tun, die man sich ohne sie nicht getraut hätte. Das kann schön anstrengend sein. Aufregend ist es allemal. So wie heute Abend.
»Wir müssen sehr leise sein, Emilia. Schaffst du das?!«, fragte ich flüsterleise. »Pillepalle ist noch wach, er darf uns nicht hören.«
Sie nickte stumm, aber so heftig, dass ihr ein paar Strähnen ihrer brötchenblonden Haare über die Augen fielen.
Auf Zehenspitzen schlich ich mit ihr auf dem Arm die Treppe runter. Dabei durfte ich nicht auf die Mitte der Holzstufen treten, sonst würden sie knarzen. Die dritte und siebte von oben musste ich ganz auslassen, die machten auch beim Drauftreten am Rand Geräusche.
Unten angekommen, schlüpfte ich in meine Gummistiefel, öffnete die Tür und ging hinaus in die kühle Nachtluft. Ich hoffte, meine Eltern würden mich nicht erwischen. Emilia zappelte auf meinem Arm. Ich ließ sie runter und warf dabei einen verstohlenen Blick rüber zum Mama- und-Papa-Haus. Im Wohnzimmer war die Stehlampe eingeschaltet, und gleichzeitig flackerte es bläulich. Das bedeutete: Der Fernseher war an. Ich nahm an, dass die beiden vor der Glotze saßen und vielleicht sogar schon eingeschlafen waren.
Wir wohnen in einem alten Bauernhof, obwohl wir keine Bauern sind. Mein Papa ist Lehrer, und meine Mama ist Kunstmalerin. Der Hof besteht aus drei Gebäuden. Im Haupthaus schlafen Mama und Papa. Dort sind auch die Küche, das Wohnzimmer, das große Badezimmer und das Arbeitszimmer von Papa. Daneben ist das kleine Haus, in dem wir Kinder wohnen. Das mit den knarzenden Treppenstufen. Das dritte Gebäude ist eine alte Scheune, wo die Fahrräder, der Campingbus und jede Menge Gerümpel untergebracht ist. Kaputte und alte Möbel, die Papa irgendwann einmal reparieren will. Deshalb nennen wir die Scheune auch die Möbelklinik. Dann gibt es noch einen Pavillon, in dem Mama ihre Bilder malt. Sie braucht zum Kunst- machen ihre Ruhe. Der Pavillon zählt nicht zu den Gebäuden, weil er fast nur aus Glas ist. Neben Ruhe braucht Mama nämlich auch das richtige Licht.
Emilia öffnete ihren Koffer. Zimtundzucker sprang miauend heraus. Sie lief auf mich zu, machte einen krummen Buckel und schaute mich vorwurfsvoll an. Ich hatte das Gefühl, dass ich schuld war am späten Rausgehen. Emilia stürmte gleich auf die Wiese hinter dem Haus, wo sie die Glühwürmchen gesehen hatte.
»Ich wusste es doch!«, rief sie und drehte sich suchend im Kreis. »Die Glückswürmchen sind weg!«
Darüber war ich froh, obwohl ich nicht geglaubt habe, dass Emilia sie wirklich aufgegessen hätte.
Zimtundzucker erledigte ihr Geschäft unter einem Busch und schien danach zufrieden. Ganz im Gegensatz zu Emilia.
»Wir müssen sie suchen, die Glückswürmchen! «, rief sie so laut, dass ich Angst bekam, Mama und Papa könnten sie hören.
»Nein, wir gehen jetzt wieder rein«, entschied ich und versuchte, auch mit leiser Stimme streng zu klingen.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
»Wir könnten die Uhr einfach umstellen. Auf ... na sagen wir ... auf halb sieben!« Ihr Finger zeigte auf meinen Wecker. »Halb sieben abends ist noch Draußen-unterwegs-Zeit.«
»Emilia, du nervst. Wenn wir die Uhr zurückstellen, dann dreht das noch lange nicht die Zeit zurück. Sei doch bitte einmal vernünftig!»
Emilia sauste über das Bett zurück und kletterte die kleine Leiter hoch, die ich für sie dort aufgestellt hatte. Nun stand sie auf meinem Schreibtisch und stemmte die Hände in die Hüften.
»Ich bin nicht ver-nymph-tig. Ich bin nämlich keine Nymphe, sondern eine Elfe! Falls du das schon vergessen hast, Pippa la Pipp!«
Meinen Namen hatte Emilia so feucht ausgesprochen, dass ich mir das Gesicht mit einem Taschentuch abwischen musste.
Ja, es stimmt. Emilia ist eine Elfe. Von kleiner Größe, aber mit der Durchsetzungskraft einer ganzen Fußballmannschaft. Wenn sie sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es unmöglich, es dort wieder herauszuholen. Mein Vater würde das »einen starken Willen« nennen.
Ich sagte: würde. Denn weder mein Vater noch meine Mutter oder meine drei Brüder kennen Emilia, die Elfe. Sie kennen nur Emilia, die Puppe. Nur bei mir und bei Oma Dotti ist sie eine lebendige Elfe. Bei anderen Leuten tut sie so, als wäre sie eine Puppe. Sie wird steif und hält die Luft an. Das kann sie gut. Schließlich hatte sie 741 Jahre Zeit, es zu üben. So alt ist sie nämlich, obwohl man ihr das Alter nicht ansieht.
Emilia habe ich von Oma Dotti geschenkt bekommen. Und die ist eigentlich nicht meine richtige Oma. Ich habe sie bei einem Malkurs kennengelernt, den meine Mutter im Altersheim gegeben hat. Sie ist 81 Jahre alt, sitzt im Rollstuhl und ist immer sehr lustig, obwohl sie nicht mehr laufen kann. Sie ist die lustigste Oma, die ich kenne. Deshalb habe ich sie adoptiert. Zumindest in Gedanken. Obwohl ich schon zwei richtige Omas habe. Aber eine, die so ist wie Oma Dotti, darf man sich einfach nicht entgehen lassen.
Damals, als sie mir Emilia geschenkt hat, sagte sie, sie könne sich nicht mehr so gut um sie kümmern, wie sie es verdient hätte. Jetzt verstehe ich, was sie gemeint hat, als sie sagte, sie wäre ein wilder Feger.
Sie ist ein wilder Feger. Das merke ich jeden Tag. Heute auch.
»Nein. Wirklich. Nein. Wir gehen nicht raus zum Glückswürmchen-Grillen, Emilia«, sagte ich und versuchte, genauso entschlossen zu schauen, wie sie es immer tat, wenn sie sich durchsetzen wollte.
»Ach, du mit deinem blöden Vernünftigsein!« Sie spuckte diesen Satz regelrecht aus, und ich hielt mir vorsorglich das Taschentuch vors Gesicht.
»Du redest schon genauso wie die Erwachsenen. Das ist ein schlimmer Fehler. Zu viel Vernunft kann krank machen. Sogar erwachsene Menschen. Das Gesicht friert ein, und man kann nicht mehr lachen. Auch wenn man es sich noch so sehr wünscht.« Beleidigt ließ sie sich auf die Fensterbank plumpsen. »Chronische Übervernünftisitis heißt die Krankheit. Dagegen helfen weder Tabletten noch Spritzen.«
Auf Emilias Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, und ihre Augen begannen gefährlich zu funkeln. Sie sprang auf und rannte auf mich zu.
»Da hilft nur die weltberühmte emilianische Kitzeltherapie!«
Sie war so schnell, dass ich mich nicht mehr verstecken konnte. Mit ihren kleinen Händchen kitzelte sie mich zuerst unter dem Kinn und dann unter den Armen. Schnell zog ich mein Kinn nach unten und presste meine Arme an den Körper. Aber das half nichts. Ich musste lachen. Ich lachte mich kringelig, bis ich zusammen mit Emilia vom Stuhl plumpste und auf dem Fußboden landete.
»Hör auf! Hör auf!«, war das Einzige, was ich herausbrachte.
»Dann gehen wir aber raus!«, rief sie.
Ich bekam fast keine Luft mehr.
»Nur, wenn du mich in Ruhe lässt!«, giggelte ich.
»Ja! Ich hab gewonnen! Meine Therapie war erfolgreich! Die Patientin ist geheilt!«, jubelte sie und ließ endlich von mir ab.
Ich musste ein paarmal tief durchatmen. In der Zeit hatte Emilia schon ihren Koffer unter dem Bett hervorgeholt.
»Zimtundzucker muss mit«, sagte sie. »Sie muss pinkeln.«
Das hätte ich fast vergessen. Zimtundzucker ist Emilias Katze und wohnt in ihrem rot-weiß gepunkteten Koffer. Heute Abend hatten wir sie noch nicht rausgelassen. Auf keinen Fall durfte sie in mein Zimmer pinkeln. Mama hat nämlich Haustiere verboten. Es gäbe eine Katastrophe, wenn sie Zimtundzucker entdecken würde.
»Gut, dann gehen wir. Aber leise!«, ermahnte ich Emilia, die schon ungeduldig an der Tür wartete. Vorsichtig drückte ich die Klinke nach unten, öffnete in Zeitlupentempo die Tür, streckte meinen Kopf hinaus und wagte einen Blick nach links und rechts. Es war niemand im Flur zu sehen. Die Zimmertüren meiner Brüder waren geschlossen, nur durch das Schlüsselloch von Pillepalles Tür konnte ich einen schwachen Lichtschein erkennen. Pillepalle heißt normalerweise Paul, und er ist der älteste meiner drei Brüder. Er ist schon zwölf und mitten in der Pubertät, sagt Mama. Seit er da drin ist, hat er Pickel im Gesicht. Deshalb nenne ich seinen komischen Zustand lieber Pickeltät, und ihn selbst nenne ich Pickel-Paul. Aber nur, wenn er es nicht hört. Ich will nicht, dass er sauer wird, weil er meistens ein ganz netter großer Bruder ist.
Ich nahm Emilia auf den Arm und den Koffer in die Hand. So bepackt schlich ich mich zu Pillepalles Tür und lugte durch das Schlüsselloch. Ich sah einen Teil seines Betts und eine hochgehaltene Autozeitschrift. Über dem Heft schauten ein paar fette Haarsträhnen heraus. Klar, Pillepalle träumte wieder einmal von seinem ersten eigenen Auto.
Ich ging zur nächsten Tür. Durch das Schlüsselloch konnte ich außer reiner Dunkelheit nichts sehen. Jannik und Julius, meine Zwillingsbrüder, schliefen also schon. In unserer Familie nennen wir sie die Jottjotts, weil man sie kaum auseinanderhalten kann, so ähnlich sehen sie sich. Und wenn einer ist wie der andere, brauchen sie keine zwei Namen. Da genügt einer völlig.
Auch ich hätte eigentlich längst schlafen müssen. Neun Uhr abends musste ich spätestens im Bett sein. Aber seit Emilia bei mir wohnte, war daran nicht mehr zu denken. Wenn Mama oder Papa so gegen halb neun in mein Zimmer kamen, um mir gute Nacht zu sagen, lag ich im Bett und machte ein Braves-Mädchen-Gesicht. Kaum waren sie verschwunden, stand ich wieder auf und setzte mich an den Schreibtisch, um meine Erlebnisse mit Emilia aufzuschreiben. In den ersten Tagen war das Aufschreiben eher wie eine Pflicht gewesen, später machte es mehr und mehr Spaß. Trotzdem muss ich alle warnen, die vorhaben, eine Elfe bei sich aufzunehmen, sie sollten sich das vorher gut überlegen. Elfen halten einen wach, sie stellen einem das Leben auf den Kopf, und sie bringen einen ständig dazu, Dinge zu tun, die man sich ohne sie nicht getraut hätte. Das kann schön anstrengend sein. Aufregend ist es allemal. So wie heute Abend.
»Wir müssen sehr leise sein, Emilia. Schaffst du das?!«, fragte ich flüsterleise. »Pillepalle ist noch wach, er darf uns nicht hören.«
Sie nickte stumm, aber so heftig, dass ihr ein paar Strähnen ihrer brötchenblonden Haare über die Augen fielen.
Auf Zehenspitzen schlich ich mit ihr auf dem Arm die Treppe runter. Dabei durfte ich nicht auf die Mitte der Holzstufen treten, sonst würden sie knarzen. Die dritte und siebte von oben musste ich ganz auslassen, die machten auch beim Drauftreten am Rand Geräusche.
Unten angekommen, schlüpfte ich in meine Gummistiefel, öffnete die Tür und ging hinaus in die kühle Nachtluft. Ich hoffte, meine Eltern würden mich nicht erwischen. Emilia zappelte auf meinem Arm. Ich ließ sie runter und warf dabei einen verstohlenen Blick rüber zum Mama- und-Papa-Haus. Im Wohnzimmer war die Stehlampe eingeschaltet, und gleichzeitig flackerte es bläulich. Das bedeutete: Der Fernseher war an. Ich nahm an, dass die beiden vor der Glotze saßen und vielleicht sogar schon eingeschlafen waren.
Wir wohnen in einem alten Bauernhof, obwohl wir keine Bauern sind. Mein Papa ist Lehrer, und meine Mama ist Kunstmalerin. Der Hof besteht aus drei Gebäuden. Im Haupthaus schlafen Mama und Papa. Dort sind auch die Küche, das Wohnzimmer, das große Badezimmer und das Arbeitszimmer von Papa. Daneben ist das kleine Haus, in dem wir Kinder wohnen. Das mit den knarzenden Treppenstufen. Das dritte Gebäude ist eine alte Scheune, wo die Fahrräder, der Campingbus und jede Menge Gerümpel untergebracht ist. Kaputte und alte Möbel, die Papa irgendwann einmal reparieren will. Deshalb nennen wir die Scheune auch die Möbelklinik. Dann gibt es noch einen Pavillon, in dem Mama ihre Bilder malt. Sie braucht zum Kunst- machen ihre Ruhe. Der Pavillon zählt nicht zu den Gebäuden, weil er fast nur aus Glas ist. Neben Ruhe braucht Mama nämlich auch das richtige Licht.
Emilia öffnete ihren Koffer. Zimtundzucker sprang miauend heraus. Sie lief auf mich zu, machte einen krummen Buckel und schaute mich vorwurfsvoll an. Ich hatte das Gefühl, dass ich schuld war am späten Rausgehen. Emilia stürmte gleich auf die Wiese hinter dem Haus, wo sie die Glühwürmchen gesehen hatte.
»Ich wusste es doch!«, rief sie und drehte sich suchend im Kreis. »Die Glückswürmchen sind weg!«
Darüber war ich froh, obwohl ich nicht geglaubt habe, dass Emilia sie wirklich aufgegessen hätte.
Zimtundzucker erledigte ihr Geschäft unter einem Busch und schien danach zufrieden. Ganz im Gegensatz zu Emilia.
»Wir müssen sie suchen, die Glückswürmchen! «, rief sie so laut, dass ich Angst bekam, Mama und Papa könnten sie hören.
»Nein, wir gehen jetzt wieder rein«, entschied ich und versuchte, auch mit leiser Stimme streng zu klingen.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
... weniger
Autoren-Porträt von Barbara van den Speulhof
Barbara van den Speulhof, 1959 in Aschaffenburg geboren, arbeitet als Autorin, Texterin, Hörspielproduzentin und Regisseurin überwiegend für Kinderproduktionen. Für viele Kinofilme hat sie Hörspiele produziert und begleitende Bücher geschrieben. Sie lebt in Frankfurt am Main. Kehn, ReginaRegina Kehn studierte Illustration an der Hochschule für Gestaltung in Hamburg. Seit 1990 arbeitet sie als freie Illustratorin für Zeitschriften und Kinder- und Jugendbuchverlage. Für ihre Illustrationen wurde Regina Kehn 1993 und 2014 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und erhielt 1996 die Bronzemedaille in der Sparte Illustration vom Art Directors Club. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Hamburg.Literaturpreise:'Das literarische Kaleidoskop':Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2014 (Kritikerjury)
Bibliographische Angaben
- Autor: Barbara van den Speulhof
- Altersempfehlung: Ab 8 Jahre
- 2013, 224 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 0,9 x 21,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: FISCHER KJB
- ISBN-10: 359685539X
- ISBN-13: 9783596855391
- Erscheinungsdatum: 21.02.2013
Rezension zu „Pippa die Elfe Emilia und die Käsekuchenschlacht / Pippa und die Elfe Emilia Bd.2 “
Das Buch ist lesenswert durch seine überraschenden Wendungen, seine humorvollen Ideen, die thematisierten menschlichen Werte, aber auch durch die netten Sprachspielereien. Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW (ajum) Niedersachsen/Hannover 20130526
Pressezitat
Das Buch ist lesenswert durch seine überraschenden Wendungen, seine humorvollen Ideen, die thematisierten menschlichen Werte, aber auch durch die netten Sprachspielereien. Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW (ajum) Niedersachsen/Hannover 20130526
Kommentar zu "Pippa die Elfe Emilia und die Käsekuchenschlacht / Pippa und die Elfe Emilia Bd.2"
5 von 5 Sternen
5 Sterne 1Schreiben Sie einen Kommentar zu "Pippa die Elfe Emilia und die Käsekuchenschlacht / Pippa und die Elfe Emilia Bd.2".
Kommentar verfassen