Prostitution - Ein deutscher Skandal
Wie konnten wir zum Paradies der Frauenhändler werden?
Alice Schwarzers Buch stellt unangenehme Fragen und bezieht klar Position:
Für die Abschaffung der Prostitution!
Wie wurde Deutschland zum Paradies für Zuhälter und Freier? Warum gilt Prostitution bei uns als "normaler...
Für die Abschaffung der Prostitution!
Wie wurde Deutschland zum Paradies für Zuhälter und Freier? Warum gilt Prostitution bei uns als "normaler...
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Produktinformationen zu „Prostitution - Ein deutscher Skandal “
Alice Schwarzers Buch stellt unangenehme Fragen und bezieht klar Position:
Für die Abschaffung der Prostitution!
Wie wurde Deutschland zum Paradies für Zuhälter und Freier? Warum gilt Prostitution bei uns als "normaler Beruf wie jeder andere", verstößt aber in anderen Staaten gegen die Menschenwürde? Wie sieht die Realität von Frauen in der Prostitution aus? Und vor allem: Was muss getan werden, um das Elend von Hunderttausenden von Armuts- und Zwangsprostituierten zu beenden?
Für die Abschaffung der Prostitution!
Wie wurde Deutschland zum Paradies für Zuhälter und Freier? Warum gilt Prostitution bei uns als "normaler Beruf wie jeder andere", verstößt aber in anderen Staaten gegen die Menschenwürde? Wie sieht die Realität von Frauen in der Prostitution aus? Und vor allem: Was muss getan werden, um das Elend von Hunderttausenden von Armuts- und Zwangsprostituierten zu beenden?
Klappentext zu „Prostitution - Ein deutscher Skandal “
Prostitution - ein »Beruf wie jeder andere«?Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt. Prostitution wird es immer geben. - Stimmt das? Ist nicht ganz Ähnliches vor gar nicht so langer Zeit auch von der Sklaverei gesagt worden? Und wird die nicht heute von allen HumanistInnen und DemokratInnen geächtet? In Ländern wie Schweden oder Frankreich redet man im Zusammenhang mit Prostitution von der Menschenwürde der Frauen - und Männer. Und bekämpft die internationale Frauenhandels-Mafia. Nur in Deutschland wird der Verkauf von Körper und Seele verschleiernd »Sexarbeit« genannt und gilt die Prostitution als ein »Beruf wie jeder andere« - und nur in Deutschland öffnete eine rot-grüne Gesetzesänderung 2002 den Frauenhändlern Tür und Tor.90 % aller Prostituierten in Deutschland kommen aus den ärmsten Ländern in Osteuropa und Afrika. Doch auch die meisten deutschen Prostituierten landen in der Altersarmut. In dem von Alice Schwarzer herausgegebenen Band informieren Autorinnen und Autoren über den Skandal des »deutschen Sonderweges«, die bittere Realität der Frauen in der Prostitution - und den Kampf von Feministinnen an ihrer Seite.
Lese-Probe zu „Prostitution - Ein deutscher Skandal “
PROSTITUTION - Ein deutscher Skandal von Alice Schwarzer (Hrg.)VORWORT
von Alice Schwarzer
»Die Prostitution und das sie begleitende Übel des Menschenhandels sind mit der Würde und dem Wert der menschlichen Person unvereinbar und gefährden das Wohl des Einzelnen, der Familie und der Gemeinschaft.« Mit diesen Worten führten die Vereinten Nationen 1949 ihre Konvention »zur Unterbindung des Menschenhandels und Ausnutzung der Prostitution anderer« ein und forderten die Bestrafung - nicht der Prostituierten, sondern aller, die davon profitieren. Auch, und das wird mehrfach betont, wenn die »in der Prostitution ausgenutzte Person selber damit einverstanden« ist, es also »freiwillig« tut.
Seither sind 64 Jahre vergangen und es ist viel passiert. Prostitution und Menschenhandel sind nicht weniger, sondern mehr geworden; in diesen Zeiten der wachsenden sozialen Ungleichheiten bzw. des ökonomischen Gefälles zwischen den Völkern, der Pornografisierung und internationalen Vernetzung.
20 Jahre nach der UN-Resolution hat dann die »sexuelle Revolution « der 68er-Linken Schranken eingerissen und dabei eigene Machtverhältnisse ignoriert: zwischen Frauen und Männern, zwischen Erwachsenen und Kindern. Von »Menschenwürde« war von nun an in Sachen Prostitution nicht mehr die Rede. »Liberalisierung « war angesagt. Die Profiteure der Prostitution sitzen nicht im Gefängnis, sondern in Talkshows. Zumindest in Deutschland, wo Prostitution jetzt als »Beruf wie jeder andere« gilt.
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Drehscheibe des Frauenhandels in Europa ist heute Deutschland. Das liegt nicht nur an der zentralen geografischen Lage, sondern vor allem an der liberalen Gesetzgebung. Die 2002 von Rot-Grün verabschiedete Reform des Prostitutionsgesetzes sollte vorgeblich den Prostituierten nutzen - sie hat jedoch, wie zu erwarten, den Frauen nur geschadet und lässt das Geschäft der Profiteure boomen. Und Vater Staat kassiert mit.
Prostitution und Frauenhandel sind zu Beginn des 21. Jahrhunderts neben dem Waffen-und Drogenhandel weltweit das profitabelste Geschäft. Der Jahresumsatz wird allein in Deutschland auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt (Quelle: ver.di), mit Profitraten von oft über tausend Prozent. Die kassieren allerdings nicht die Prostituierten, sondern die Menschenhändler, Zuhälter, Bordellbetreiber und Manager. Ihnen zur Seite steht eine Handvoll der seit Jahren immer gleichen Paradeprostituierten, die in den Talkshows und Illustrierten erzählen, wie gern sie es tun und wie gut sie dabei verdienen. Sie betreiben in der Regel längst selbst Bordelle oder Studios und lassen andere Frauen für sich anschaffen. Wir reden bei der Prostitution nicht von Ausnahmen.
Wir reden von einem Massenphänomen. Die Zahl der Frauen in der Prostitution wird heute allein in Deutschland auf zwischen 400.000 bis 1.000.000 geschätzt. Nehmen wir den Mittelwert, also 700.000, und gehen wir einmal davon aus, dass eine Prostituierte im Laufe eines Jahres im Schnitt mindestens 40 verschiedene Freier hat (dabei haben manche fünf Stammfreier, andere über hundert Gelegenheitsfreier). Gehen wir also davon aus, geht mindestens jeder zweite Mann in Deutschland gelegentlich oder regelmäßig zu Prostituierten - und jede zweite Freundin oder Ehefrau ist davon betroffen, moralisch wie gesundheitlich (die Zahl der Freier, die es ohne Kondom machen wollen, steigt).
Und all das passiert nicht in einem fernen Land, sondern gleich nebenan: auf dem Strich zehn Meter vom Supermarkt entfernt, in der Modelwohnung im Nebenhaus oder im Sauna-Club inmitten ländlicher Idylle. Wir könnten es sehen - wenn wir nicht länger wegsehen. Wir könnten die Männer sehen, die hinschleichen oder schlendern, und die Frauen, deren Pupillen oft geweitet sind von den Drogen, ohne die sie es nicht aushalten.
Die Realität der Mehrheit der Prostituierten sieht so aus: Etwa 90 Prozent sind Armuts-und Zwangsprostituierte. Mit welchen Illusionen Mädchen und Frauen in den goldenen Westen gelockt, mit welcher Gewalt sie von Menschenhändlern verschleppt und mit welcher Skrupellosigkeit sie von ihren eigenen Familien zum Anschaffen gezwungen werden, ist bekannt - doch die Empörung bleibt aus. Wie kann das sein?
Schon lange stellt sich die Frage, ob und wie die »Hurenprojekte « von der Prostitutionslobby in Deutschland unterlaufen wurden und Medien sowie Politik manipuliert. Die Beiträge über die »Folgen der Reform« und die Rolle von »Hydra & Co« gehen dem Entstehen des deutschen Zuhälterparadieses nach.
Bis heute hält Deutschland an seinem Sonderweg fest - trotz aller Warnungen von Justiz und Polizei, denen mit dieser Gesetzesreform die Strafverfolgung von Zuhälterei und Menschenhandel massiv erschwert wurde. Auch wenn inzwischen eine gewisse Verunsicherung bei der Politik aufkommt. Die Niederlande, die zunächst ähnlich liberalisiert hatten, haben längst das Steuer herumgeworfen. Sie haben erkannt, dass sie mit der Liberalisierung nur den Händlern mit der Ware Frau genutzt und den Prostituierten geschadet haben. Skandinavien hat schon vor Jahren die Bestrafung des Frauenkaufs eingeführt, mit Billigung einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, inklusive der Männer. Und nicht nur das sozialistisch regierte Frankreich erwägt inzwischen, es Schweden gleichzutun.
Vor allem aber kommen in diesem Buch die Prostituierten selbst zu Wort: von der sogenannten freiwilligen Prostituierten aus Deutschland bis zur Verschleppten aus Litauen, von der legendären Domenica auf der Reeperbahn der 1980er-Jahre bis zur Betreiberin eines Domina-Studios in Berlin nach der Reform. Auffallend bei den »Freiwilligen« ist: Sie haben (fast) alle bereits in ihrer Kindheit Missbrauchserfahrungen gemacht. Das entspricht auch den internationalen Studien, die feststellen, dass über 90 Prozent aller Frauen in der Prostitution bereits als Mädchen missbraucht wurden. Diese Frauen mussten früh lernen, sich Zuneigung oder Vergünstigungen durch Zurverfügungstellung ihres Körpers zu erkaufen - und sie haben ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem Körper.
Die Prostitution ist das Ende einer langen Kette, in der Männer glauben, das Recht zu haben, Frauen missbrauchen bzw. (ver)kaufen zu können. Entscheidend dabei ist der Freier. Ohne ihn, den Käufer, gäbe es keinen Prostitutionsmarkt. Diesen Männern und ihren Motiven spüren im Folgenden zwei Reportagen nach: eine aus dem Jahr 1993 im thailändischen »Sexparadies« Pattaya, eine zweite 2013 in einem Stuttgarter »Wellness«-Bordell. Vor 20 Jahren mussten deutsche Männer noch ins Ausland fahren, um ihre Fantasien schrankenlos ausleben zu können. Heute ist Deutschland ein »Sexparadies« für Ausländer - dank der Reform von 2002, die Verhältnisse möglich macht, über die man in unseren Nachbarländern nur staunen kann: Großbordelle mit Kleinsttarifen und Flatrates, »Wellness«-Bordelle etc. Die Ausländer reisen, von Skandinavien bis Frankreich, in ganzen Busladungen an.
Was ist das Motiv von Männern, Frauen zu kaufen? Das haben die Reporterinnen gefragt. Und so unterschiedlich die Antworten auch ausfielen, eines ist bei allen gleich: Sie wollen Macht. Die Macht, »mit der Frau zu machen, was ich will«. Dieses Bedürfnis scheint zu steigen mit der zunehmenden Unabhängigkeit und dem Selbstbewusstsein von Frauen im Westen.
Machtmissbrauch kennt keine Empathie. Würden die Männer hinsehen, wessen Seele und Körper sie da für 100, 50, 30 oder auch nur 10 Euro (auf dem Drogenstrich) benutzen - sie könnten es nicht mehr tun. Sie müssen also wegsehen. Sie müssen die Prostituierten entpersonalisieren, was durchaus auch die Form von Verklärung annehmen kann. Und die Frauen machen mit, sie spielen ihren Kunden etwas vor. Dieses Buch möchte auch diesen Männern die Augen öffnen.
Studien belegen: Mindestens drei von vier Frauen in der Prostitution greifen zu Drogen und Alkohol. Zwei von drei Prostituierten werden im Job vergewaltigt, jede zweite mehr als fünfmal. Zwei von drei (Ex-)Prostituierten leiden unter posttraumatischen Störungen, die mit denen von Folteropfern vergleichbar sind.
Da ist es keine Überraschung, dass neun von zehn Frauen gerne aussteigen würden - wenn sie nur könnten.
In keiner westlichen Demokratie aber scheint der Ausstieg aus der Prostitution so schwer wie in Deutschland. Was auch daran liegt, dass Prostitution nicht mehr geächtet wird, sondern toleriert, ja mehr noch: propagiert! Männer, die zu Prostituierten gehen, schämen sich heutzutage noch nicht einmal mehr. Sie finden das cool und »Promis« erzählen es stolz in den Medien. Mit dem Resultat, dass die Frauen in der Prostitution mit ihrer Verzweiflung einsamer sind als je zuvor. Denn: »Warum stellt die sich denn so an? Es ist doch nichts dabei.« Diesen Trend sah Domenica, als Tochter einer Prostituierten quasi in die Prostitution hineingeboren, bereits in den 1980er-Jahren kommen. Die erfahrene Prostituierte und spätere Streetworkerin war tief schockiert, bürgerliche Mütter zu erleben, die ihre Töchter auf dem Strich besuchten - anstatt sie schnellstmöglich da runterzuholen.
Die »Chronik« am Ende dieses Buches zeigt, wie Frauenrechtlerinnen sich immer schon mit den Prostituierten solidarisiert haben - und gleichzeitig das System Prostitution bekämpften. Die Erste, die die Abolition, die Abschaffung der Prostitution, ab 1875 mit Verve und im internationalen Stil betrieben hat, ist Josephine Butler. Sie war nicht zufällig die Tochter eines Vaters, der für die Abschaffung der Sklaverei gekämpft hatte. Für Josephine ist die Prostitution nichts anderes als eine »weiße Sklaverei «. Ein Begriff, den die heutigen Feministinnen international wieder aufgenommen haben.
Über einen Aspekt, der uns alle angeht, ist zwar schon von den frühen Frauenrechtlerinnen geredet worden, doch er geriet seither wieder in Vergessenheit: nämlich welche Auswirkungen die Existenz und Akzeptanz des Systems Prostitution auf alle Frauen und alle Männer hat. Wie wirkt es sich aus auf das Begehren und das Verhältnis der Geschlechter, wenn Frauen das käufliche Geschlecht sind - und Männer ihre Käufer und Händler? In einem Kapitel dieses Buches spricht das Ehepaar Braun sehr ehrlich darüber, was es für die Frau bedeutet hat, als sie entdeckte, dass ihr Mann ins Bordell geht - und warum er hingegangen ist.
Dieses Buch trägt hoffentlich dazu bei, dass »das älteste Gewerbe der Welt« in Deutschland nicht länger für selbstverständlich gehalten, sondern geächtet wird; dass Prostituierte die Chance zum Ausstieg bekommen; dass Männer, die Frauen kaufen, nicht länger die Augen verschließen - und es irgendwann ganz lassen; dass Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbetreiber zur Rechenschaft gezogen werden können; dass die Politik die armen Länder dabei unterstützt, Existenzmöglichkeiten für ihre Mädchen und Frauen zu schaffen, indem zum Beispiel Entwicklungshilfe und Investitionen auch von Frauenrechten und Frauenförderung abhängig gemacht werden. Und dass Frauen der gleiche Lohn gezahlt wird bzw. ihnen die gleichen Berufskarrieren ermöglicht werden. Das geht nur, wenn Väter die Familienarbeit wahrhaft partnerschaftlich teilen und Vater Staat bei der Kinderbetreuung hilft. Denn auch das ist eine der Konsequenzen der Prostitution: Nicht zufällig ist das käufliche Geschlecht auch das unterbezahlte Geschlecht. Eine Menschengruppe, die so verächtlich behandelt wird wie Frauen in einer sexistischen Gesellschaft - die ist eben auch nicht dasselbe wert wie Männer.
Prostitution ist ein fundamentaler Verstoß gegen die Würde des Menschen, des weiblichen wie des männlichen. Prostitution zerstört die Frauen. Prostitution zerstört die Sexualität. Prostitution überschattet die Beziehung der Geschlechter. Darum muss Prostitution endlich geächtet werden! Und zwar nicht aus Gründen der wie auch immer verstandenen »guten Sitten«, sondern aus Gründen der Menschlichkeit.
Wir wollen nicht, dass damit noch 40 Jahre gewartet wird, wie beim Missbrauch der Kinder. Der war von Feministinnen seit 13 Mitte der 1970er-Jahre angeklagt worden, wird aber erst neuerdings ernst genommen. Wir wollen jetzt das Bewusstsein ändern - und damit auch die Gesetze und Strukturen.
Ja, eine Welt ohne Prostitution ist denkbar. Es ist ja auch noch gar nicht lange her, dass wir begonnen haben, eine Welt ohne die so lange akzeptierte schwarze Sklaverei zu denken. Tun wir jetzt also den nächsten Schritt - und bekämpfen wir die weiße Sklaverei.
Köln, im August 2013
ICH HABE MICH FREIWILLIG PROSTITUIERT
Die eine hat EMMA gemailt, die andere war auf einer Lesung von Alice Schwarzer und hat sie anschließend angesprochen. Die eine ist 47, die andere 21. Die eine wirkt erwachsen und tough, die andere wie ein verunsichertes Mädchen, das zu viel lächelt. Die eine hat Hosen an, die andere einen sehr kurzen Rock. Die eine scheint den Ausstieg geschafft zu haben, die andere ist vor zwei Wochen »rückfällig« geworden.
Ihr habt in den Briefen, die ihr an EMMA geschrieben habt, beide gesagt: Wir gehören zu den Frauen, die sich - wie es so schön heißt - »freiwillig« prostituiert haben. Was heißt das?
Marie Ich habe hier in Deutschland ja die Option, mich zu verkaufen. Es ist legal und ich kann mich entscheiden, das zu tun. Die Entscheidung ist also freiwillig. Gleichzeitig zwingen die Umstände aber dazu. Ich kenne keine Frau, die es nicht aus Geldnot gemacht hat. Die zum Beispiel sagen: Wenn die Männer sowieso permanent über einen herfallen wollen, dann können sie auch dafür zahlen. Und wenn man sich erst mal dazu entschieden hat, geht das sehr einfach übers Internet. Es gibt ja viele dieser Plattformen: Kaufmich.com, Poppen.de, dieboerse.de und so weiter. Ich habe einfach ein Profil in einem Forum erstellt, ein paar Bilder hochgeladen und dann haben sich die Männer gemeldet. Es ging also sehr einfach. Zu einfach.
Emilia Das kann ich nur unterschreiben. Ich hatte die Straßenprostitution in Berlin direkt vor der Haustür, die war total präsent. Ich 15 hab halt da die Mädchen stehen sehen - und eine Woche später hab ich mich dazugestellt. Das ging alles wahnsinnig schnell. Es war praktisch so, als ob ich in einer Kneipe nach einem Nebenjob fragen würde. Ich habe das also freiwillig gemacht.
Das heißt, hinter euch stand kein Zuhälter oder Frauenhändler, der gesagt hat: Du musst dich prostituieren!
Emilia Nein. Allerdings tauchten bei mir dann schon Männer auf, die einem neue Kunden vermittelt und dafür dann Sex umsonst bekommen haben.
Was war denn eigentlich dein Motiv, Emilia?
Emilia Schon auch das schnelle Geld. Aber das habe ich nicht existenziell zum Überleben gebraucht. Mein Motiv war vor allem Selbstbestrafung. Oder sogar Selbstzerstörung. Ich habe mir selbst damit schaden wollen. Das habe ich aber damals nicht geblickt. Das begreife ich erst im Rückblick. Es hat mir das Gefühl gegeben: Ich kann mit meinem Körper machen, was ich möchte. Ich habe die Macht. Aber als ich dann den ersten Geschlechtsverkehr hatte, war da keine Macht mehr. Plötzlich war ich wie tot. Wie in eine frühere Situation zurückversetzt. Und ich war plötzlich wieder genauso hilflos und hatte die Kontrolle nicht mehr, die ich mir doch eigentlich damit hatte verschaffen wollen.
Was für eine frühere Situation?
Emilia Ich wurde als Kind von meinem Vater missbraucht. Und plötzlich ist man dann wieder in einer kindlichen Rolle. Man fühlt sich genau wie früher. Man geht auf Abstand zu sich und spürt gar nichts mehr. Ich hab die Augen zugemacht und bis zehn gezählt und dann wieder rückwärts. Es war die gleiche Hilflosigkeit. Ich konnte in diesem Moment auch nicht mehr Nein sagen wie eine Erwachsene.
Wie alt warst du, als du angefangen hast, dich zu prostituieren?
Emilia Ich war 18.
Marie Und da wollen einige das Schutzalter für Prostitution auf 16 herabsetzen!
Und was war dein Einstieg, Marie?
Marie Bei mir war es Geldnot. Die Studiengebühren meiner Tochter waren zu hoch. Die hab ich nicht mehr geschafft. Da war ich 45.
Hast du dich jemals vorher prostituiert oder hat der Gedanke dich schon mal gestreift?
Marie Nein. Aber ich habe auch meine Vorgeschichte. Meine Mutter ist gestorben, als ich zwölf war. Und mein Vater hat mich missbraucht. Da war ich vier, fünf. Den habe ich aber so stark verdrängt, dass die Erinnerung daran nur schemenhaft ist. Klare Erinnerung setzt ab der Pubertät ein. Das Einzige, was ich von meinem Vater an Zuwendung bekommen habe, war, dass er meine Brust mit zwei Fingern gewogen und gesagt hat: »Na, das wird doch!« Und meine Stiefmutter hat zugeguckt. Mit 16 bin ich dann beim Trampen vergewaltigt worden. Da hab ich Todesangst gehabt, das war richtig schlimm. Dazwischen gab es eine Zeit, in der sich linksintellektuelle alte Männer über mich hergemacht haben. Ich habe mich in der linken Szene rumgetrieben, war ein kluges Kind und hab viel gelesen. Da konnte man gut mit mir diskutieren, und die Herren haben gemeint, nicht nur das. Ich war da etwa 15 und die waren 45 oder 50. Mich hat es nicht gestört, weil es ja die Art von Zuwendung war, die ich seit dem Tod meiner Mutter kannte. Es war eben ein Weg, Liebe zu bekommen.
Und dein Mann?
Marie Ich habe meinen Mann kennengelernt, als ich 19 war. Mit 21 kam dann mein Kind auf die Welt und man hat halt geheiratet. Ich hab dann einen Laden aufgemacht und damit die Familie ernährt. Mein Mann hat sich neben mir kleiner und schwächer gefühlt und dann war sein Bestreben, mich kleiner zu machen. Das hätte auch fast funktioniert. Ich habe mein Selbstwertgefühl mehr und mehr verloren und mich von ihm getrennt, als ich das Gefühl hatte, ich hänge nur noch an einem ganz dünnen Faden.
Emilia Ich hatte auch ganz oft Beziehungen zu älteren Männern. Also Männern, die praktisch mein Vater hätten sein können. Und es ist, als wollte ich dadurch das, was damals schiefgelaufen ist, noch mal anders machen.
Als ihr angefangen habt, euch zu prostituieren - was ist da passiert?
Marie Vor dem ersten Date hatte ich das gleiche Gefühl wie Emilia. Ich mache das jetzt ganz für mich! Dann war es aber einfach eklig. Das Hotel war eklig. Ich hab mich gewundert, wie so eine Absteige solche Preise nehmen kann. Der Typ war auch eklig. Den hab ich erst mal zum Duschen geschickt, weil der so verschwitzt war. Dann hab ich das schnell hinter mich gebracht. Es war ganz schrecklich und ich erinnere mich auch nicht mehr an allzu viel. Am deutlichsten daran, wie ich nach Hause gefahren bin und das Geld in der Tasche hatte.
Und wie viel war das?
Marie 150 Euro. Ich hatte extra einen ziemlich hohen Preis angesetzt, weil ich dachte: Eine Frau von Mitte 40, etwas übergewichtig, kurze Beine - da ist der Preis vielleicht eine Hürde, über die dann keiner springt. Aber das war nicht so. Ich hatte dann sehr schnell raus, wie man Männer dahin manipulieren kann, wo man sie haben will, damit das alles schneller geht. Die buchen eine halbe Stunde oder eine Stunde und sind nach einer Viertelstunde fix und alle. Je geiler man spielt, umso schneller sind sie fertig. Die funktionieren ziemlich stereotyp. Das ist wirklich erschreckend. Das Schlimme für mich war, dass es so viele nette Männer waren. Reflektierte Männer. Die reden über ihre Ehe, über ihre Frauen, die arbeiten an ihrer Beziehung. Aber kaufen sich Frauen. In Sachen Prostitution haben die einen blinden Fleck. Das fand ich das Frustrierendste. Ich hab sie auch gefragt, warum sie das machen.
Und was haben sie gesagt?
Marie Ihre Frauen hätten halt keine Lust mehr auf Sex. Einen hab ich gefragt: »Gibst du dir bei deiner Frau auch so viel Mühe wie bei mir?« Da antwortete er: »Das will die doch gar nicht!« Zwei Wochen später hat er mir geschrieben, dass er den besten Sex seines Lebens hatte, und das mit seiner eigenen Frau.
Was hast du als besonders hart empfunden?
Marie Das Nett-sein-Müssen. So tun zu müssen, als ob ich's total geil finde. So tun zu müssen, als ob ich den Mann total gern rieche. So tun zu müssen, als ob mir die Küsse gefallen. So tun zu müssen, als ob mir der tiefe Blick in die Augen gefällt. Die Männer wollen ja inzwischen nicht nur ficken, sondern den sogenannten GF6: »Girlfriend-Sex« mit Gefühl. Bussi hier, Eiteitei da.
Das war doch früher in der klassischen Prostitution total tabu.
Marie Ja, aber heutzutage musst du das machen. Und das fand ich schlimm, dieses: Nicht-ich-selbst-Sein.
Und die Männer glauben das?
Marie Klar, die halten sich alle für was Besonderes. Und sie kriegen es ja auch vorgespielt. Dann haben sie gar kein Unrechtsbewusstsein. Das ist ein Teufelskreis.
Emilia Ich finde es auch das Schlimmste, so tun zu müssen, als ob man das alles toll findet. Und man kann ja dann auch nicht mehr Nein sagen, denn er hat ja bezahlt. In dem Moment hab ich mein Recht verkauft zu sagen, was ich will und was ich nicht will. Das geht nicht mehr. Denn wenn ich es doch sagen würde, hätte ich Angst, dass er es trotzdem tut. Deshalb war es jedes Mal für mich wie eine Vergewaltigung. Ich weiß, wie sich eine Vergewaltigung anfühlt, und ich weiß, wie es sich anfühlt, sich zu prostituieren. Nämlich gleich.
Marie Ich musste mich danach immer belohnen. Ich habe immer ein Drittel des Geldes für Kompensation ausgegeben: ein tolles Parfum oder so was.
Emilia Das Geld war unheimlich viel wert, weil man sich ja dafür verkauft hatte. Ich hatte immer das Gefühl: Das, was ich davon kaufe, kann gar nicht so viel wert sein wie dieses Geld.
Wie war dein »erstes Mal«, Emilia?
Emilia Meine erste Erfahrung war, dass ich in einem Sex-Shop um die Ecke in einer Kabine mit einem Mann Verkehr hatte.
Wie viel Geld hast du da bekommen?
Emilia 30 Euro. Ich kannte mich mit den Preisen gar nicht aus. Ich hatte an dem Abend aber auch Männer, die gemeint haben, 30 Euro wäre aber teuer.
Und wie hast du dich danach gefühlt?
Emilia Ich hatte viel Alkohol getrunken und habe mich erst am nächsten Morgen schlecht gefühlt. Ich bin aufgewacht und dachte: Du hast dich damit kaputtgemacht. Du hast dich umgebracht. Das hat richtig wehgetan. Und dann hab ich's aber wieder gemacht.
Warum?
Emilia Man fühlt sich ganz schwach und merkt: Man zerbricht in dem Moment. Aber gleichzeitig hat man so eine Härte. Wenn ich losgegangen bin, habe ich mich aktiv gefühlt, fast übermütig. Ich hab vorher immer viel Alkohol getrunken. Es ist ähnlich wie mit der Magersucht. Da schädigt man sich auch selbst, und trotzdem gibt es einem ein Gefühl der Stärke. Marie Es ist eine ganz merkwürdige Art von Selbstbestätigung, die man daraus zieht. Ich war eine Frau Mitte 40, und es bestätigt einen ja, dass ein Mann was für einen bezahlt. Männern bedeutet Geld ja was. Etwas, wofür sie viel bezahlen, behandeln sie auch entsprechend. Das ist nicht Respekt mir gegenüber, es ist Respekt ihrem Geld gegenüber. Außerdem wollen sie ja morgens noch in den Spiegel gucken können und sich sagen: Ich behandle Frauen respektvoll, und ich behandle auch Huren respektvoll. Also, man kann da schon kurzfristig für sich was draus ziehen. Aber das fällt sofort wieder in sich zusammen. Danach ist es ganz schal.
Emilia Ich bin auch deshalb auf den Strich gegangen, weil ich mich nach körperlicher Nähe gesehnt habe. Und paradoxerweise hab ich diese Nähe eben auch dort gesucht. Ich hab mir gewünscht, dass mich jemand in den Arm nimmt. Aber das ist natürlich auf die falsche Weise passiert. Und hat dann wieder wehgetan.
Ihr hattet ja beide vermutlich eine sehr unterschiedliche Klientel ...
Marie Dafür würde ich die Hand nicht ins Feuer legen. Ich bin ja viel in diesen Foren unterwegs. Und da sieht man: Wenn die einmal auf diesem komischen Trip sind, sich über ihren Schwanz zu definieren, dann nehmen die alles mit. Die Jungs sind dann in diesen Popp-Foren genauso registriert wie in Freier-Foren oder bei Elitepartner. Die versuchen alles abzugreifen. Und in den Erfahrungsberichten schreiben die Jungs dann von der Hure für 15 Euro auf dem Drogenstrich bis zur Escort-Dame für 300 Euro.
Du hast uns in deinem Brief geschrieben: Was die Prostitution mit einem macht, sei »unumkehrbar«. Was meinst du damit?
Marie Meine Wahrnehmung von Männern. Eine bestimmte Form von Vertrauen zu Männern ist nicht mehr möglich. Für mich wird es nie mehr den Helden auf dem Pferd geben. Bei allem Realitätssinn hatte ich mir dieses Gefühl immer gern gegönnt. Aber das ist vorbei.
Emilia Ich habe einen Freund, der ist wirklich lieb. Aber ich kann seine Nähe nur bis zu einem gewissen Punkt ertragen. Ich muss eine rauschende Party feiern und am besten noch ein Beruhigungsmittel nehmen, bevor ich mit ihm schlafen kann. Einmal bin ich währenddessen in Tränen ausgebrochen. Das kann er natürlich nicht verstehen, weil er nicht weiß, dass ich mich prostituiert habe.
Dein Freund weiß gar nichts davon?
Emilia Nein, und ich werde ihm das auch nicht sagen. Ich bin überzeugt, dass ich einem Mann nie wieder vollständig vertrauen kann. In meinen Augen ist jeder Mann ein potenzieller Täter. Weil man weiß, zu was all diese Männer, die man da Tag für Tag bedient hat, fähig sind.
Marie Zum Beispiel auch, was Safer Sex angeht. Mir ist es passiert, dass einer im letzten Moment den Präser abgezogen und mir dann doch in den Mund oder in den Arsch gespritzt hat. Das ist kriminell. Aber zeig das mal an!
Wie lange habt ihr euch prostituiert?
Emilia Ein Jahr lang. Manchmal mehrmals die Woche.
Marie Zwei Jahre lang. Mal hab ich nur zwei Dates pro Woche gemacht, mal mehr. Mehr als ein Date am Tag konnte ich aber nicht.
Gab es Menschen in eurem Umfeld, die es wussten?
Emilia Ich hab es einer älteren Freundin und einer Sozialarbeiterin erzählt. Die haben nur gesagt: »Mach das doch nicht mehr.«
Marie Das ist ja ein hilfreicher Tipp! Ich hab es heimlich gemacht. Meine Tochter weiß es auch nicht, die würde sich totale Vorwürfe machen. Aber ein Grund für die Heimlichkeit war auch das Geld. Hätte ich das mit der Prostitution offiziell gemacht, hätten mir die Krankenkassen-Beiträge das Genick gebrochen.
Wann kam der Punkt, an dem ihr gesagt habt: Ich will das nicht mehr machen!
Emilia Ich bin irgendwann nicht mehr in die Schule gegangen. Ich lag ein paar Tage im Bett und hab mich nur noch schlecht gefühlt. Ich hatte keine Kraft mehr zu gehen und habe mich auch geritzt. Und dann habe ich mich selbst in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
Hast du den Ärzten gesagt, dass du dich prostituierst?
Emilia Ja. Aber die haben das mit mir nicht aufgearbeitet. Sie haben zwar gesagt, ich soll das aufschreiben. Als ich das gemacht habe, habe ich fürchterlich geweint und konnte mich gar nicht mehr beruhigen. Es kam dann auch jemand und hat mich beruhigt. Aber geredet hat nie jemand mit mir darüber. Keiner hat das genau wissen wollen. Ich hatte das ja freiwillig gemacht. Und da ich mich selbst entschieden hatte, das zu tun, konnte es ja wohl nicht so schlimm sein. Das wurde mir rübergebracht. Dann hab ich mich noch weniger verstanden gefühlt.
Marie Es gibt ja kaum Hilfsangebote zum Ausstieg. Einstiegsberatung machen sie alle, aber Ausstieg? Ich hab bei uns im Landkreis angerufen. Da gibt es eine Stelle, die für die Prostituierten zuständig ist. Aber das Einzige, was der Sozialarbeiter mir angeboten hat, war Hartz IV. Aber ich hatte doch da gar nicht wegen dem Geld angerufen. Ich brauchte einfach Hilfe, weil ich merkte: Irgendwas stimmt überhaupt nicht. Ich bin nicht mehr belastbar, ich bin unheimlich nah am Wasser gebaut, ich mach mir wahnsinnig viele negative Gedanken. Ich sitze stundenlang zu Hause und heule. Und dann hab ich Hilfe gesucht und keine gefunden. Ich hab dem Sozialarbeiter gesagt: Mir geht's schlecht, ich hab keine Kraft mehr, ich komme mit der Situation nicht klar. Und er hat gesagt, da wüsste er jetzt auch nicht weiter. Dann hat er drei Tage später zurückgerufen und gesagt: meine finanzielle Situation sei doch sicher auch sehr belastend, er könne mir helfen, Hartz IV zu beantragen. Na, danke fürs Gespräch! Ich habe auch bei Hydra in Berlin angerufen, aber da hatte ich das Gefühl, dass sie die Prostitution gar nicht als problematisch betrachten.
Es gibt also offensichtlich keine Sensibilisierung für die seelische Not in so einer Situation und den Schaden, den die Prostitution anrichtet?
Marie Nein. Meine Frauenärztin hat zum Beispiel gesagt: »Ich finde das ganz toll, dass Sie das können!«
Wie bitte?
Emilia Mir ging es ganz ähnlich. Ich hatte meine Hoffnung in die Klinik gesetzt. Aber niemand hat verstanden, warum es mir so schlecht ging. Ich war ja diejenige, die die Schule mit dem 1,2-Schnitt macht, die mit dem tollen Elternhaus und den guten finanziellen Verhältnissen. Die haben dann gesagt, ich wäre wohl in einer schwierigen Lebensphase. Dabei hatte ich denen doch alles erzählt! Das sind doch Fachleute. Und ich war trotzdem ganz allein damit. Die Polizei hilft auch nicht. Ich bin einmal von einer Streife kontrolliert worden, die wegen »Bekämpfung der illegalen Straßenprostitution« unterwegs war. Die habe ich gebeten: »Nehmen Sie mich mit!« Ich war megaverzweifelt und hab denen auch erzählt, dass ein Typ mir immer neue Männer verschafft, also praktisch mein Zuhälter ist. Aber die haben mich wieder auf die Straße geschickt. Es gab keine Anzeige, keine Hilfe, gar nichts.
Marie Die Männer denken, wenn sie nett zu einem sind, wäre alles gut. Das ist es aber nicht. Ich muss von mir viel mehr hergeben, als ich eigentlich hergeben will. Denn was du den Freiern vorspielst, ist immer auch ein Teil von dir selbst. Ich bin ja keine Schauspielerin, ich kann ja nichts reproduzieren, was ich nicht aus meiner Sexualität kenne. Und da gibt man was vom Intimsten, was man zu geben hat. Deshalb ist da eine große Trauer über das, was ich verloren habe. Als ich angefangen habe, habe ich gedacht: Ich mit meiner Kraft und meiner Stärke - ich krieg das hin! Aber es hat mich volle Breitseite erwischt.
Nun gibt es aber immer wieder Prostituierte, die in Talkshows begeistert über ihre »selbstbestimmte Prostitution« berichten, die ihnen gar nichts ausmacht.
Marie Was sollen die denn anderes sagen? Da gucken doch Kunden zu. Wenn die Frau dann sagt: »Mir macht das eigentlich überhaupt keinen Spaß, aber ich mach euch 'ne gute Show vor!«, dann kommt doch keiner mehr. Außerdem ist das reiner Selbstschutz. Mir wird von Prostituierten natürlich vorgehalten, ich sei dann wohl eben »für den Job nicht geeignet«. Aber irgendwann holt 25 es jede ein. Eine Bekannte von mir, die sich lange prostituiert hat, hat das schließlich nur noch mit drei Wodka vor dem ersten Freier machen können. Dann hat sie mit dem Alkohol aufgehört und gemerkt, dass sie es ohne gar nicht mehr kann. Bei einer anderen, die jahrelang von der »freiwilligen, selbstbestimmten« Prostitution geschwärmt hat, bricht es langsam. Nur: Die, die dann ausgestiegen sind, weil sie nicht mehr können, die sitzen nicht in den Talkshows. Weil es ihnen zu schlecht geht oder weil sie sich ein neues Leben aufbauen und anonym bleiben wollen.
Emilia Man sieht es an den Augen. Wenn mir eine Prostituierte erzählt, dass sie das gern macht, und ich in ihre Augen gucke, dann sehe ich, was los ist.
Wie hast du dann aussteigen können?
Marie Ich habe mir zwei neue Jobs gesucht und sieben Tage die Woche gearbeitet. Dann musste ich das nicht mehr machen. Ich habe dann nur noch zwei Dates gemacht und beim letzten gemerkt: Ich kann das nicht mehr.
Wäre es denkbar, dass du das noch einmal tust?
Marie Auf gar gar gar keinen Fall.
Und du, Emilia?
Emilia Ich bin vor zwei Wochen wieder rückfällig geworden. Ich war zwar in der Klinik und später in der Kur erst mal weg aus Berlin. Aber es hatte ja keiner verstanden, was die Prostitution mit mir gemacht hat, es wurde ja alles nur zur Seite geschoben. Und als ich dann ein Wochenende in Berlin war, hab ich es wieder gemacht. Ich bin in Berlin angekommen und war sofort wieder in diesem Kreislauf drin. Ich hab wieder gefühlt, was ich mit diesem Ort verbinde: meinen Selbsthass.
Was müsste passieren, damit Frauen wie euch rasch geholfen werden kann?
Marie Prostitution gehört knallhart verboten! Es muss wieder in die Köpfe rein: Das tut man nicht! Die Männer, die sich Frauen kaufen, sollen bestraft werden. Denn nur wo eine Nachfrage existiert, kann man auch was anbieten. Und für Menschenhändler und Zuhälter muss es viel härtere Strafen geben. Für das unermessliche Leid, das die den Frauen zufügen.
Emilia Ich bin auch für ein knallhartes Verbot! Es geht einfach nicht, dass man Menschen kauft.
Marie Der Staat hat die Funktion, mich zu beschützen. Ich hätte mir gewünscht, dass er das getan hätte. Der Staat passt auf mich als Frau nicht auf. Er kassiert Steuern dafür und verdient noch dran, aber er bietet keine Hilfsangebote für den Ausstieg.
Emilia Wenn ich mich auf eine Brücke stelle und runterspringen will, dann retten mich die Leute doch auch. Aber wenn ich mich jeden Tag prostituiere und mich auf diese Weise langsam kaputtmache, dann gilt das als meine freie Entscheidung.
Marie Das alles ist doch nur das Produkt einer Gesellschaft, die das zulässt!
Gibt es etwas, das wir euch nicht gefragt haben - und was ihr noch sagen wollt?
Marie Ja. Dass mir das Gespräch unheimlich gutgetan hat. Es hat mir Kraft gegeben.
Emilia Ihr seid die Ersten in meinem Leben, die mir zugehört haben. Bisher hat niemand verstanden, was es für mich bedeutet, mich zu prostituieren.
Das Gespräch führten Alice Schwarzer und Chantal Louis.
Zuerst erschienen im Oktober 2012 in EMMA
DIE FOTOGRAFIN IM WELLNESS-PUFF
VON BETTINA FLITNER
Die Fotografin Bettina Flitner (Foto rechts) hat für den Stern Freier in einem Stuttgarter Großbordell porträtiert. Und sie hat sie nach ihren Motiven befragt: Warum kaufen Sie sich Prostituierte?
Es ist wenig los in der Lobby. Nur ein einzelner Mann checkt ein. Er hat seinen Rollkoffer abgestellt und schüttelt sich. Es regnet draußen, der Matsch klebt noch an seinen schwarzen Profilsohlen. Er öffnet seine wattierte Jacke und lockert den Schal. Die Frau am Empfang händigt ihm Bademantel und Badelatschen aus. Sie bindet ihm ein blaues Plastikbändchen um das Handgelenk.
Da macht der Fahrstuhl »ping«, eine Frau steigt aus. Sie stellt sich ebenfalls an die Empfangstheke. Eine knappe Frage an die Empfangsdame, ein kurzes Sortieren in ihrer Handtasche, ein rascher Blick auf den Mann. Die Frau ist vollkommen nackt. Nur an den Füßen trägt sie Schuhe, goldene High Heels. Der noch vollständig angezogene Mann mustert sie. Schaut auf den Busen, auf die Schenkel, auf den rasierten Venushügel. Die Frau kramt noch ein wenig in ihrer Handtasche, klappt sie zu, hängt sie über die Schulter und geht nach rechts ab.
Diese Szene spielt sich innerhalb weniger Minuten noch ein paar Mal ab. Männer, die in dicken Mänteln aus der Kälte kommen, Frauen, die nackt in ihren Taschen kramen. Der Fahrstuhl spuckt immer mehr vollkommen entblößte Frauen aus, sie durchqueren die Lobby, holen sich frische Handtücher. Mit einem Blick werden sie von den neu ankommenden Männern taxiert und erfasst.
Ich sitze in der Mitte der Lobby und warte auf den Pressesprecher des Großbordells Paradise, Herrn Beretin. Alles hier ist auf Tausendundeine Nacht dekoriert. Bestickte Kissen auf weichen Liegelandschaften, gehämmerte Messingtischchen, indirektes weiches Licht aus arabischen Leuchtern. Ein Hauch von Harem. Nur das mit dem Geheimnisvollen, Stichwort Schleiertanz, das ist irgendwie schiefgegangen.
Herr Beretin sitzt mir in der Anmeldung im zweiten Stock gegenüber. Er hat Locken, die nach hinten gegelt sind, im Nacken etwas länger, die Michel-Friedman-Frisur in Dunkelblond. Er trägt handgenähte Schuhe und einen großen Ring am Finger. »Das ist mein Familienwappen. Wenn die Leute da draußen wüssten, wie ich richtig heiße ...«, sagt er und lächelt vielsagend. Seinen richtigen Namen verrät er mir im Laufe der Woche dann auch noch. Aber den habe ich noch nie gehört und vergesse ihn leider gleich wieder. Herr Beretin war auch mal Fotograf, Kriegsfotograf. Wenn es irgendwo geknallt hat, war er immer als Erster draußen. Die anderen, die Pfeifen, sind im Hotel geblieben.
Herr Beretin sitzt hinterm Schreibtisch, ich davor, da, wo auch die Frauen sitzen, wenn sie zum ersten Mal hier sind. An diesem Tisch wird alles aufgenommen, erklärt er mir, hier wird alles erst mal ordentlich registriert: Personalausweis, Aufenthaltsgenehmigung, Fotos fürs Internet. Und auch die Gebrauchsanweisung für die Frau wird hier ausgefüllt. Denn im Haus gilt ein Einheitspreis von 50 Euro pro halbe Stunde. Aber was liefert die Frau dafür? Welche Dienstleistungen sind darin enthalten? Auf dem Formular wird Zutreffendes angekreuzt: Küssen ja oder nein? Lesbenshow ja oder nein? Französisch, Dildospiele, Körperbesamung? Einiges kostet natürlich extra. Anal zum Beispiel. Gleich 100 Euro mehr. Ins Gesicht abspritzen ist auch nicht inklusive, macht 50 Euro zusätzlich. So, sagt Herr Beretin, dann zeige ich Ihnen mal die Zimmer. Er meint die Zimmer, in denen die nackten Frauen wohnen. Denn die Frauen arbeiten hier nicht nur, sie wohnen auch hier. Oft nur für ein paar Wochen, bis sie ins nächste Bordell weitergereicht werden. Beretin klopft kurz und öffnet die Türe. Zehn Quadratmeter, sechs Betten nebeneinander. Er schließt das Zimmer schnell wieder. »Wir haben auch Zwei-Bett-Zimmer«, sagt er, und dann laufen wir ein wenig. Schließlich öffnet Herr Beretin wieder eine Türe. Ja, hier ist es. Zwei Mädchen sitzen da, die eine liegt auf dem Bett und döst, die andere sitzt vor einem Laptop. Herr Beretin fährt ihr durchs Haar und schließt die Tür wieder.
Ich mag keine zu professionellen, sondern eher solche, die das nur ab und zu machen. Die bringen mehr Leistung. Mein letztes Mal war vor einer Woche. Die hat gesagt: »Das war der schönste Sex meines Lebens.« 50 Euro. Da stimmt einfach das Preis-Leistungs-Verhältnis.
Günther, 55, Gastwirt, geschieden, ein Sohn
Warum ich für Sex bezahle? Frauen gehen mir oft auf den Sack. Sie machen Stress, wenn man nicht genug Zeit für sie hat. Und außerdem: Dafür zu zahlen hat das gewisse Etwas. Eigentlich ist das Macht. Da besitzt man die Frau. Man kann mit ihr machen, was man will.
Christian, 23, Speditionskaufmann, Single
Solche Frauen wie die hier, die würde ich normalerweise nie kriegen. Und hier kann ich auch mal über Grenzen gehen. Anal zum Beispiel. Tät ich mich sonst nicht trauen zu. Kostet 100 Euro extra. Ich geh seit drei Jahren immer zu der Gleichen. Ob es ihr auch gefällt? Da kann ich nur glauben, was sie mir vorspielt.
Kai, 49, Bankangestellter, geschieden, 2 Kinder
Dann zeigt er mir die anderen Zimmer vom Paradies, die, die für die halbe Stunde zum Einsatz kommen. Sie sind doppelt so groß, aber dafür steht da auch nur ein Bett drin. Es ist goldfarben und kugelrund. Herr Beretin setzt sich auf den rosa Frotteebezug und schaut mit missmutiger Miene auf die dunklen Flecken. »Die Menschen fliegen zum Mond, aber wie man die Flecken hier rauskriegt, das kann mir niemand sagen«, murmelt er.
Auf dem Weg nach unten erklärt er mir das Geschäftsmodell: »Wir stellen hier nur die Infrastruktur zur Verfügung.« Die Männer zahlen 79 Euro Eintritt, die Frauen zahlen auch 79 Euro. Zusätzlich zahlen die Frauen täglich 25 Euro Steuer. Plus 23 Euro für das Mehrbettzimmer pro Nacht. Macht für die Frauen 127 Euro Kosten pro Tag. Macht 23 Euro Verdienst nach drei Mal Geschlechtsverkehr innerhalb von 24 Stunden. Essen gibt's umsonst. Immerhin.
Wir betreten den Hauptraum. Gleich neben dem Empfang geht's rein. Vorne eine lang gestreckte Bar. Es stehen drei Männer an der Theke, jeder für sich allein. Sie tragen weiße Frotteebademäntel und haben ein blaues Band am Handgelenk. Der Mann mit dem Rollkoffer ist auch dabei. Bei ihm ist schon eine nackte Frau stehen geblieben. »Hello Schatzi«, sagt sie, »wherrre arre you frrrom?« Der zweite starrt unverwandt in den Fernseher an der Theke, wo gerade ein Fußballspiel läuft. Der dritte schaut etwas angestrengt in den Raum hinein, der sich hinter der Bar auftut. Um eine beleuchtete Messingstele in der Mitte gruppieren sich Sitzlandschaften. Auf den Sofas sitzen nackte Frauen, zu zweit, zu dritt, zu viert.
Jetzt steht eine von ihnen auf und geht langsam durch den Raum. Aber keiner von den drei, vier Männern, die da sind, hebt auch nur den Kopf. Die Frau lässt sich nach einer Minute wieder neben ihre Kolleginnen auf die Kissen fallen. »Alles original aus Marokko«, sagt Herr Beretin und zeigt auf den goldverzierten Massageraum. »Den Produzenten haben wir groß gemacht. Millionen haben wir hier reingesteckt.«
Woher kommt eigentlich so viel Geld, frage ich mich. »Hier wird alles gewaschen«, sagt Herr Beretin. Wie bitte? Ach so, die Wäsche. Wir stehen in der Waschküche. In zehn Waschmaschinen drehen sich die Trommeln. Eine emsige Frau um die 50 wuchtet Bademäntel und Frotteetücher aus den Körben. »Übrigens«, sagt Beretin, »wir haben mit dem sogenannten Milieu nichts zu tun. Gar nichts. Dass die Hell's Angels bei uns den Sicherheitsdienst machen, das ist reiner Zufall.« Die weißen Handtücher tanzen in den Wäschetrommeln.
Und dann fügt der Pressesprecher des Paradieses noch etwas hinzu: »Da draußen sind überall Kameras. Wir sehen hier alles, hier kann keiner unbemerkt Fotos machen.« Mit dem letzten Fotografen, da hat Herr Beretin so richtig Klartext reden müssen: »Dem habe ich gesagt, beim nächsten Mal kannst du dir deine Kamera aus dem Arsch wieder rausziehen.« Bei dem Satz wird er ein wenig lauter, weil die Trommeln auf Schleudern umgeschaltet haben.
Mein erster Arbeitstag im Paradies beginnt am nächsten Tag um 16 Uhr. Ich fahre von Stuttgart auf die Autobahn, geradewegs ins Industriegebiet Echterdingen, und parke auf dem großen Parkplatz neben dem fünfstöckigen, rot angestrichenen Zweckbau. Meinen Fotokoffer wuchte ich die Stufen hoch und stehe nun wieder am Empfang, die nackten Frauen mit den Handtaschen sind schon da. Mit dem Fahrstuhl fahre ich in den ersten Stock, da, wo die großen Zimmer mit den runden Betten sind. Ich gehe durch den langen Gang, die meisten Zimmer stehen offen. Überall das gleiche Bett, nur der Dekor der Zimmer variiert. Mal rot, mal gelb, mal schwarz. Vorne am Schlüsselbrett hole ich mir die Nr. 31. Das ist das letzte Zimmer in der Ecke.
Hier bin ich für den Stern. Ich will Freier porträtieren. Männer, die zugeben, dass sie ins Bordell gehen. Die sich nicht nur fotografieren lassen, sondern mir auch erzählen, warum sie das tun. »Das macht niemand«, hatten mir alle prophezeit. Selbst die Leute aus dem Milieu hatten ungläubig den Kopf geschüttelt. Aber ich will es zumindest versuchen. Also habe ich den Inhaber des Paradieses, Herrn Rudloff, angesprochen und ihn gefragt, ob ich bei ihm im Hause die »Gäste« fotografieren kann. Er hat tatsächlich Ja gesagt.
Und da bin ich nun, im Puff. Mein Licht steht, das Zimmer ist durch den Troddel an der Türklinke als besetzt markiert. Ich gehe runter zur Bar. Gerade füllt sich das Haus. Die »Internationale Fachmesse für Verbindungs-und Befestigungstechnologie« hatte Herr Beretin dem Messekalender entnommen. »Da könnte es voll werden.« Die ersten Herren von der Befestigungstechnologie sind schon im Bademantel unterwegs. Ich muss den richtigen Moment abpassen. Besser davor oder danach? Ich stehe an der Theke. Außer der Barkeeperin bin ich die einzige angezogene Frau hier im Raum.
Ich gebe mir einen Ruck und spreche den Ersten an. »Guten Tag, ich mache für den Stern eine Geschichte über das Paradise und die Gäste hier.« Er reagiert freundlich. Aber entschieden. Er sei verheiratet und habe zwei Töchter. Wenn das rauskäme... Der nächste Bademantel ist zwar nicht verheiratet, aber liiert. »Für meine Freundin würde eine Welt zusammenbrechen...« Ich ziehe eine Zigarette aus der Schachtel. Verdammt, ich fange wieder an zu rauchen.
Ein Mann Ende 50, Bauunternehmer, ein jugendlich-schlanker Typ mit schütterem Haar, gibt mir Feuer und erzählt mir bei der Gelegenheit, wie toll die Thailänderinnen ihre Schamhaare gescheitelt haben, einen richtigen Seitenscheitel haben die. »Hier können die das ja leider nicht, wegen der Hygiene, da ist ja alles abrasiert.« Und er verrät mir auch, woran er die Dichte der Schambehaarung einer Frau erkennt, selbst wenn die ausnahmsweise mal angezogen ist. »Wenn die Augenbrauen einen Bogen machen - so wie bei dir.« Und dabei fährt er mit dem Finger an meiner rechten Augenbraue entlang.
Als ich in der Nacht vom Hof fahre, habe ich keinen einzigen Mann im Kasten. Obwohl ich vor wenig zurückgeschreckt bin. Im Hotel angekommen, nehme ich ein langes, heißes Bad. Am nächsten Tag gehe ich mit einer Freundin, die sich bestens auskennt, in die Bars der Stuttgarter Altstadt. Ich habe mir was überlegt: Jede Frau, die mir »einen Gast« vermittelt, bekommt 50 Euro von mir. Irgendwie muss ich schließlich an Freier herankommen. Ich streue meine Handynummer und gehe mit Sandra essen.
Kaum sitzen wir, klingelt auch schon mein Telefon: »Hirrrr Illlonnna. IIIcccch habä Frrrrrayer fiier diiich. Wannnn kannnst du hiiieerrrrr sein?« Bingo. 20 Minuten später bin ich in der Tabu- Bar und treffe Iwan. Ein dicker, gemütlicher Lkw-Fahrer, der bereitwillig erzählt und sich auf der von Ilona rasch herbeigeschafften Leopardendecke fotografieren lässt. Ich schöpfe Hoffnung.
Mein zweiter Tag im Paradies. Ich erklimme die Stufen, grüße die Empfangsdame und die nackten Frauen in der Lobby, fahre mit dem Fahrstuhl in den ersten Stock und rolle meinen Fotokoffer den Zimmergang entlang. Schräg über mir kopulieren Paare auf zwei Flachbildschirmen. Die Frau, die sich um die Säuberung der Zimmer kümmert, stöhnt. Ein Blick auf die von Küchenrollenpapier überquellenden Papierkörbe sagt mir, warum. Ich nehme mir vom Schlüsselbrett die Nummer 29, baue mein Licht auf, hänge den Troddel an die Tür und gehe runter zur Bar.
Der Laden ist voll. Von einigen Stammgästen werde ich bereits begrüßt. »Das Mädchen vom Stern ist wieder da«, sagt Hans*. Das führt allerdings zu einer gewissen Verwirrung. Denn auch die nackten Frauen heißen ›Die Mädchen vom Stern‹. Weil sie oben wohnen. Und zum Arbeiten herabsteigen müssen. Es sind viele Männer da. In Bademänteln, mit Handtüchern um die Hüften. Sie sitzen an der Bar, am Buffet oder liegen im großen Raum auf den arabischen Kissen. Einer liegt gleich mit drei Frauen auf dem schaukelnden Hängebett ganz hinten.
An der Bar treffe ich auf zwei Jungs Ende 20. Sie sind mir irgendwie sympathisch. Wir kommen ins Gespräch. Sie ziehen gerade ein Internetportal auf. Eine App, mithilfe derer man das perfekte Alibi für den Puff-Besuch geliefert bekommt. »Wir können alles liefern, sogar einen waschechten Unfallbericht und einen Krankenhausaufenthalt«, sagen die netten Jungs. »Sollte die Ehefrau im ungünstigen Moment anrufen, schickt unser Kunde uns einfach eine SMS. Wir kümmern uns dann um das Alibi.« Ich begegne den beiden noch öfter. Irgendwann sehe ich die Jungs aus dem fünften Stock kommen, von da, wo die Geschäftsleitung des Paradieses sitzt. Von »einer Besprechung mit einem Sponsor«.
Ich spreche eine Gruppe junger Männer an, Anfang 20. Einer von ihnen, Christian, ist einverstanden. Ein echter Frauentyp. Dunkler Bartschatten, verdammt gut aussehend. Wir gehen in die Nummer 29. Warum er Spaß daran hat, eine Frau für Sex zu bezahlen, will ich wissen. »Das ist Macht, irgendwie«, sagt er. »Dann kann ich mit der Frau machen, was ich will.« Klare Worte. Unten ist jetzt richtig was los. Italiener, Franzosen, Russen. Allein, zu zweit, in Gruppen. Die Frauen legen ihnen die Arme um den Nacken, die Hand auf den Arm. Die Männer taxieren sie, fassen sie an, küssen sie. Um dann doch eine abwedelnde Handbewegung zu machen. Oder mit ihnen Hand in Hand die Treppe raufzugehen. Da oben soll es nicht immer nur freundlich zugehen, sagt mir eine der Putzfrauen. Manchmal werden die Frauen schon im Flur hart rangenommen oder auch lautstark als »Schlampen« etc. beschimpft.
Ich sitze an der Bar, zünde mir eine Zigarette an. Hinter mir starrt eine nackte Frau seit über einer Viertelstunde auf den Spielautomaten. Sie wartet darauf, dass drei Erdbeeren nebeneinander stehen. Sie füttert und füttert den Automaten - aber sie kriegt nichts zurück. Neben mir tauschen zwei schwäbische Familienväter Tipps aus. Ein massiger Endfünfziger mit Halbglatze und ein Endvierziger mit den Stuttgarter Nachrichten in der Bademanteltasche. »Die war richtig schmuddelig«, höre ich. »Da hab ich der Hausdame aber Bescheid gesagt.« Und von einer »Sharon « ist zu hören, die sehe zwar »spitzenmäßig aus, ist ja auch erst 22, aber die kokst«. Der Endfünfziger schüttelt den Kopf. »Nee, die brauch nicht mehr ankommen bei mir. Geht doch gar nicht.«
Jetzt wird mir »der Römer« angekündigt. Der sei mal noch ein echter Macho. Und Stammgast hier. Er ist gerade angekommen und wird von zwei Mädchen umschwirrt. Modisch gestutztes Kinnbärtchen, betont cool. Ich frage ihn, warum er hier ist. »Das ist hier einfach ohne Stress«, sagt er. »Ich habe Sex und dann gehe ich wieder. Ohne Ansprüche.« Ein Argument, das ich noch oft zu hören bekommen werde.
Ab dem dritten Tag gehöre ich dazu. Die Stammgäste begrüßen mich wie eine alte Freundin. Die nackten Frauen nicken mir zu. Hans, Ende 50 mit Schnäuzer, hat heute sein Zwei-Stunden- Date. »Desch iss Championsleague. Bei der hat man drei Monate Wartezeit, weil die nur am Wochenende arbeitet.« Und »multipleorgasmusfähig« ist sie auch noch! Aber vielleicht ja nur bei Hans. Er hat heute einen Rucksack dabei. Der ist ganz schön schwer. Was da denn so alles drin sei, will ich wissen. »iPad zum Musikhören, Fesseln, Handschellen und noch ein bisschen mehr.«
Mohammed ist auch wieder da, heute mit zwei Freunden. Er ist Elektriker, Ende 20, schwäbelt leicht und hat ein riesiges Tattoo auf der Brust. Was darauf steht? Zwei Worte, die Mohammed ganz wichtig sind: »Liebe« und »Mutter«.
Die meisten Männer hier scheinen es als willkommene Abwechslung zu sehen, einer »normalen Frau« mal alles so richtig erzählen zu können. Manche berichten mir in allen Einzelheiten, was da so abgeht auf dem Zimmer. Andere kriegen plötzlich einen Moralischen. Wie Michael. Er könnte im Streichquartett die Bratsche spielen. Schmales Gesicht, feine Hände, zurückhaltendes Lächeln. »Als guter Katholik dürfte ich so was hier gar nicht machen. Mein Ideal ist doch, eine Familie zu gründen, Kinder zu haben. Am Ende bleibt ja hier nix übrig, eine halbe Stunde Spaß und das war's.«
Und er sagt mir noch etwas, was mir auch viele andere sagen werden. »Das ist wie eine Sucht.« Wenn man einmal damit anfinge, käme man nicht mehr davon los. Man käme mit normalen Frauen einfach nicht mehr zurecht. »Da passiert was im Kopf, das kriegt man nicht mehr weg. Gleichaltrige Frauen«, sagt er, »das geht jetzt gar nicht mehr.« Und dann wird er immer trübsinniger. »Wir machen uns hier doch alle schuldig«, ruft er und steht in seinem weißen Bademantel vor mir. »Natürlich gibt's hier Zwangsprostitution, das können die hier doch gar nicht kontrollieren. « Michael findet plötzlich, das Geld sollte man lieber russischen Waisenkindern spenden.
Heute bekomme ich gleich drei Mal dieselbe Abfuhr auf meine Frage, ob der Mann meiner Wahl sich fotografieren lassen will: »Wissen Sie, ich bin nicht repräsentativ.« Wieso nicht? »Ich komme aus einem ganz anderen Bereich als die meisten hier. Ich bin Banker.« Banker. Ein eindeutig überrepräsentierter Berufsstand im Paradies.
Über die »Freunde« der Frauen plaudert am späten Abend einer der Angestellten mit mir. »Die haben doch alle Freunde«, sagt er. Ich verstehe nicht gleich. »Na, Zuhälter«, präzisiert er etwas ungeduldig. »Alle sechs Wochen fahren sie nach Hause und liefern das Geld ab. Oder gleich hier vor der Tür.« Da sehe ich in der Tat jetzt ein paar dieser »Freunde« auf dem Parkplatz des Paradieses stehen. Junge Männer in Lederjacken und mit Stiernacken, die an ihre Autos gelehnt Zigaretten rauchen. Ihre Autos sind bescheidener als klassische Zuhälterkisten. Sie scheinen eher eine Art Zulieferer der Frauen zu sein als ihre Zuhälter. Später erfahre ich, dass es so manches Mal auch die eigenen Brüder sind.
Die »Internationale Fachmesse für Industriefedern und Federnteiletechnologie « hat eröffnet. Am Empfang werden die Badeschlappen Größe 43 knapp. »Hab nur noch 42 und 44«, ruft die Empfangsdame der wartenden Männergruppe in Regenjacken zu. Ich gehe jetzt erst mal was essen. Am Buffet ist es voll. Die Frauen sitzen mit umgewickelten Handtüchern da und haben Teller mit riesigen Fleischbergen vor sich. Die Männer sitzen ihnen in Bademänteln gegenüber. Die Frauen sprechen untereinander fast alle Rumänisch, die Männer sagen gar nichts. Die Männer und die Frauen, sie haben nichts miteinander zu tun, ja schauen sich noch nicht mal an. Außer dem Brille tragenden Rechtsanwalt von Mitte 50. Er sitzt mit einer 21-Jährigen und macht einen auf Urlaub: Er hat sie für ein paar Stunden gemietet.
Später an der Bar steht eine der Rumäninnen neben mir. Ich lade sie ein, den dritten Champagner mitzutrinken, den ein betrunkener Schweizer mir ausgegeben hat. »Morgen fahre ich für eine Woche nach Hause«, sagt sie auf Englisch. »Endlich. Ich kann nicht mehr. Zehn Kunden hatte ich heute. Nur Schwänze, Schwänze, Schwänze.« Und dann erzählt sie mir von ihrem kleinen Bruder. Ein kleiner dicker Junge, sagt sie und lächelt. Bald sieht sie ihn wieder. Vielleicht ist es ja auch ihr Sohn.
Ich lande mit Joachim auf Zimmer 11. Er sieht aus wie der liebe ältere Herr, dem man schon mal sein Herz ausschüttet. Joachim ist 58, geschieden, hat eine Tochter, 25 Jahre alt. Seit vielen Monaten geht er mit derselben Frau aufs Zimmer. Die ist 29. Ob das nicht komisch ist, will ich wissen, eine Frau im Alter seiner Tochter. »Nee«, sagt Joachim, »ich achte ja immer drauf, dass die älter sind. Also unter 26 mache ich nicht.«
In den nächsten Tagen fotografiere ich noch mehr Männer. Auf einmal geht es relativ leicht. Ich fange an, Teil der Inszenierung zu werden. Die Nacktheit der Frauen nehme ich kaum noch wahr. Hausdame Rita beginnt, mir ans Herz zu wachsen. Mit den beiden netten Jungs, die das Betrugs-Alibi-Portal hochziehen, tausche ich SMS. Die kopulierenden Paare auf den Flachbildschirmen im ersten Stock sehe ich gar nicht mehr. Aber sie werden immer mehr, die Momente, in denen ich mich wegdrehe, weil ich lachen muss. Ich schaue mir beim Fotografieren inzwischen selbst zu. Wie ich im Puff-Zimmer mein Stativ hin und her rücke. Und mit welcher Selbstverständlichkeit die Männer nackt vor meiner Linse Platz nehmen, als seien sie beim Friseur.
Nur über eines komme ich einfach nicht weg. Daran kann ich mich bis zum letzten Tag einfach nicht gewöhnen: an den Anblick der Frauen und Männer, wenn sie in die Zimmer gehen. Wie die Frauen vor den Männern den Gang entlanggehen. Wie nackte Untote wanken sie da auf ihren hochhackigen Schuhen, mit maskenhaften, unbeweglichen Gesichtern. Schweigend, den Zimmertroddel in der Hand. Und die Männer in den weißen Bademänteln hinterher. Wenn sie dann nach einer halben Stunde das Zimmer wieder verlassen, ist die Reihenfolge umgekehrt...
Copyright © 2013, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln.
Drehscheibe des Frauenhandels in Europa ist heute Deutschland. Das liegt nicht nur an der zentralen geografischen Lage, sondern vor allem an der liberalen Gesetzgebung. Die 2002 von Rot-Grün verabschiedete Reform des Prostitutionsgesetzes sollte vorgeblich den Prostituierten nutzen - sie hat jedoch, wie zu erwarten, den Frauen nur geschadet und lässt das Geschäft der Profiteure boomen. Und Vater Staat kassiert mit.
Prostitution und Frauenhandel sind zu Beginn des 21. Jahrhunderts neben dem Waffen-und Drogenhandel weltweit das profitabelste Geschäft. Der Jahresumsatz wird allein in Deutschland auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt (Quelle: ver.di), mit Profitraten von oft über tausend Prozent. Die kassieren allerdings nicht die Prostituierten, sondern die Menschenhändler, Zuhälter, Bordellbetreiber und Manager. Ihnen zur Seite steht eine Handvoll der seit Jahren immer gleichen Paradeprostituierten, die in den Talkshows und Illustrierten erzählen, wie gern sie es tun und wie gut sie dabei verdienen. Sie betreiben in der Regel längst selbst Bordelle oder Studios und lassen andere Frauen für sich anschaffen. Wir reden bei der Prostitution nicht von Ausnahmen.
Wir reden von einem Massenphänomen. Die Zahl der Frauen in der Prostitution wird heute allein in Deutschland auf zwischen 400.000 bis 1.000.000 geschätzt. Nehmen wir den Mittelwert, also 700.000, und gehen wir einmal davon aus, dass eine Prostituierte im Laufe eines Jahres im Schnitt mindestens 40 verschiedene Freier hat (dabei haben manche fünf Stammfreier, andere über hundert Gelegenheitsfreier). Gehen wir also davon aus, geht mindestens jeder zweite Mann in Deutschland gelegentlich oder regelmäßig zu Prostituierten - und jede zweite Freundin oder Ehefrau ist davon betroffen, moralisch wie gesundheitlich (die Zahl der Freier, die es ohne Kondom machen wollen, steigt).
Und all das passiert nicht in einem fernen Land, sondern gleich nebenan: auf dem Strich zehn Meter vom Supermarkt entfernt, in der Modelwohnung im Nebenhaus oder im Sauna-Club inmitten ländlicher Idylle. Wir könnten es sehen - wenn wir nicht länger wegsehen. Wir könnten die Männer sehen, die hinschleichen oder schlendern, und die Frauen, deren Pupillen oft geweitet sind von den Drogen, ohne die sie es nicht aushalten.
Die Realität der Mehrheit der Prostituierten sieht so aus: Etwa 90 Prozent sind Armuts-und Zwangsprostituierte. Mit welchen Illusionen Mädchen und Frauen in den goldenen Westen gelockt, mit welcher Gewalt sie von Menschenhändlern verschleppt und mit welcher Skrupellosigkeit sie von ihren eigenen Familien zum Anschaffen gezwungen werden, ist bekannt - doch die Empörung bleibt aus. Wie kann das sein?
Schon lange stellt sich die Frage, ob und wie die »Hurenprojekte « von der Prostitutionslobby in Deutschland unterlaufen wurden und Medien sowie Politik manipuliert. Die Beiträge über die »Folgen der Reform« und die Rolle von »Hydra & Co« gehen dem Entstehen des deutschen Zuhälterparadieses nach.
Bis heute hält Deutschland an seinem Sonderweg fest - trotz aller Warnungen von Justiz und Polizei, denen mit dieser Gesetzesreform die Strafverfolgung von Zuhälterei und Menschenhandel massiv erschwert wurde. Auch wenn inzwischen eine gewisse Verunsicherung bei der Politik aufkommt. Die Niederlande, die zunächst ähnlich liberalisiert hatten, haben längst das Steuer herumgeworfen. Sie haben erkannt, dass sie mit der Liberalisierung nur den Händlern mit der Ware Frau genutzt und den Prostituierten geschadet haben. Skandinavien hat schon vor Jahren die Bestrafung des Frauenkaufs eingeführt, mit Billigung einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, inklusive der Männer. Und nicht nur das sozialistisch regierte Frankreich erwägt inzwischen, es Schweden gleichzutun.
Vor allem aber kommen in diesem Buch die Prostituierten selbst zu Wort: von der sogenannten freiwilligen Prostituierten aus Deutschland bis zur Verschleppten aus Litauen, von der legendären Domenica auf der Reeperbahn der 1980er-Jahre bis zur Betreiberin eines Domina-Studios in Berlin nach der Reform. Auffallend bei den »Freiwilligen« ist: Sie haben (fast) alle bereits in ihrer Kindheit Missbrauchserfahrungen gemacht. Das entspricht auch den internationalen Studien, die feststellen, dass über 90 Prozent aller Frauen in der Prostitution bereits als Mädchen missbraucht wurden. Diese Frauen mussten früh lernen, sich Zuneigung oder Vergünstigungen durch Zurverfügungstellung ihres Körpers zu erkaufen - und sie haben ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem Körper.
Die Prostitution ist das Ende einer langen Kette, in der Männer glauben, das Recht zu haben, Frauen missbrauchen bzw. (ver)kaufen zu können. Entscheidend dabei ist der Freier. Ohne ihn, den Käufer, gäbe es keinen Prostitutionsmarkt. Diesen Männern und ihren Motiven spüren im Folgenden zwei Reportagen nach: eine aus dem Jahr 1993 im thailändischen »Sexparadies« Pattaya, eine zweite 2013 in einem Stuttgarter »Wellness«-Bordell. Vor 20 Jahren mussten deutsche Männer noch ins Ausland fahren, um ihre Fantasien schrankenlos ausleben zu können. Heute ist Deutschland ein »Sexparadies« für Ausländer - dank der Reform von 2002, die Verhältnisse möglich macht, über die man in unseren Nachbarländern nur staunen kann: Großbordelle mit Kleinsttarifen und Flatrates, »Wellness«-Bordelle etc. Die Ausländer reisen, von Skandinavien bis Frankreich, in ganzen Busladungen an.
Was ist das Motiv von Männern, Frauen zu kaufen? Das haben die Reporterinnen gefragt. Und so unterschiedlich die Antworten auch ausfielen, eines ist bei allen gleich: Sie wollen Macht. Die Macht, »mit der Frau zu machen, was ich will«. Dieses Bedürfnis scheint zu steigen mit der zunehmenden Unabhängigkeit und dem Selbstbewusstsein von Frauen im Westen.
Machtmissbrauch kennt keine Empathie. Würden die Männer hinsehen, wessen Seele und Körper sie da für 100, 50, 30 oder auch nur 10 Euro (auf dem Drogenstrich) benutzen - sie könnten es nicht mehr tun. Sie müssen also wegsehen. Sie müssen die Prostituierten entpersonalisieren, was durchaus auch die Form von Verklärung annehmen kann. Und die Frauen machen mit, sie spielen ihren Kunden etwas vor. Dieses Buch möchte auch diesen Männern die Augen öffnen.
Studien belegen: Mindestens drei von vier Frauen in der Prostitution greifen zu Drogen und Alkohol. Zwei von drei Prostituierten werden im Job vergewaltigt, jede zweite mehr als fünfmal. Zwei von drei (Ex-)Prostituierten leiden unter posttraumatischen Störungen, die mit denen von Folteropfern vergleichbar sind.
Da ist es keine Überraschung, dass neun von zehn Frauen gerne aussteigen würden - wenn sie nur könnten.
In keiner westlichen Demokratie aber scheint der Ausstieg aus der Prostitution so schwer wie in Deutschland. Was auch daran liegt, dass Prostitution nicht mehr geächtet wird, sondern toleriert, ja mehr noch: propagiert! Männer, die zu Prostituierten gehen, schämen sich heutzutage noch nicht einmal mehr. Sie finden das cool und »Promis« erzählen es stolz in den Medien. Mit dem Resultat, dass die Frauen in der Prostitution mit ihrer Verzweiflung einsamer sind als je zuvor. Denn: »Warum stellt die sich denn so an? Es ist doch nichts dabei.« Diesen Trend sah Domenica, als Tochter einer Prostituierten quasi in die Prostitution hineingeboren, bereits in den 1980er-Jahren kommen. Die erfahrene Prostituierte und spätere Streetworkerin war tief schockiert, bürgerliche Mütter zu erleben, die ihre Töchter auf dem Strich besuchten - anstatt sie schnellstmöglich da runterzuholen.
Die »Chronik« am Ende dieses Buches zeigt, wie Frauenrechtlerinnen sich immer schon mit den Prostituierten solidarisiert haben - und gleichzeitig das System Prostitution bekämpften. Die Erste, die die Abolition, die Abschaffung der Prostitution, ab 1875 mit Verve und im internationalen Stil betrieben hat, ist Josephine Butler. Sie war nicht zufällig die Tochter eines Vaters, der für die Abschaffung der Sklaverei gekämpft hatte. Für Josephine ist die Prostitution nichts anderes als eine »weiße Sklaverei «. Ein Begriff, den die heutigen Feministinnen international wieder aufgenommen haben.
Über einen Aspekt, der uns alle angeht, ist zwar schon von den frühen Frauenrechtlerinnen geredet worden, doch er geriet seither wieder in Vergessenheit: nämlich welche Auswirkungen die Existenz und Akzeptanz des Systems Prostitution auf alle Frauen und alle Männer hat. Wie wirkt es sich aus auf das Begehren und das Verhältnis der Geschlechter, wenn Frauen das käufliche Geschlecht sind - und Männer ihre Käufer und Händler? In einem Kapitel dieses Buches spricht das Ehepaar Braun sehr ehrlich darüber, was es für die Frau bedeutet hat, als sie entdeckte, dass ihr Mann ins Bordell geht - und warum er hingegangen ist.
Dieses Buch trägt hoffentlich dazu bei, dass »das älteste Gewerbe der Welt« in Deutschland nicht länger für selbstverständlich gehalten, sondern geächtet wird; dass Prostituierte die Chance zum Ausstieg bekommen; dass Männer, die Frauen kaufen, nicht länger die Augen verschließen - und es irgendwann ganz lassen; dass Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbetreiber zur Rechenschaft gezogen werden können; dass die Politik die armen Länder dabei unterstützt, Existenzmöglichkeiten für ihre Mädchen und Frauen zu schaffen, indem zum Beispiel Entwicklungshilfe und Investitionen auch von Frauenrechten und Frauenförderung abhängig gemacht werden. Und dass Frauen der gleiche Lohn gezahlt wird bzw. ihnen die gleichen Berufskarrieren ermöglicht werden. Das geht nur, wenn Väter die Familienarbeit wahrhaft partnerschaftlich teilen und Vater Staat bei der Kinderbetreuung hilft. Denn auch das ist eine der Konsequenzen der Prostitution: Nicht zufällig ist das käufliche Geschlecht auch das unterbezahlte Geschlecht. Eine Menschengruppe, die so verächtlich behandelt wird wie Frauen in einer sexistischen Gesellschaft - die ist eben auch nicht dasselbe wert wie Männer.
Prostitution ist ein fundamentaler Verstoß gegen die Würde des Menschen, des weiblichen wie des männlichen. Prostitution zerstört die Frauen. Prostitution zerstört die Sexualität. Prostitution überschattet die Beziehung der Geschlechter. Darum muss Prostitution endlich geächtet werden! Und zwar nicht aus Gründen der wie auch immer verstandenen »guten Sitten«, sondern aus Gründen der Menschlichkeit.
Wir wollen nicht, dass damit noch 40 Jahre gewartet wird, wie beim Missbrauch der Kinder. Der war von Feministinnen seit 13 Mitte der 1970er-Jahre angeklagt worden, wird aber erst neuerdings ernst genommen. Wir wollen jetzt das Bewusstsein ändern - und damit auch die Gesetze und Strukturen.
Ja, eine Welt ohne Prostitution ist denkbar. Es ist ja auch noch gar nicht lange her, dass wir begonnen haben, eine Welt ohne die so lange akzeptierte schwarze Sklaverei zu denken. Tun wir jetzt also den nächsten Schritt - und bekämpfen wir die weiße Sklaverei.
Köln, im August 2013
ICH HABE MICH FREIWILLIG PROSTITUIERT
Die eine hat EMMA gemailt, die andere war auf einer Lesung von Alice Schwarzer und hat sie anschließend angesprochen. Die eine ist 47, die andere 21. Die eine wirkt erwachsen und tough, die andere wie ein verunsichertes Mädchen, das zu viel lächelt. Die eine hat Hosen an, die andere einen sehr kurzen Rock. Die eine scheint den Ausstieg geschafft zu haben, die andere ist vor zwei Wochen »rückfällig« geworden.
Ihr habt in den Briefen, die ihr an EMMA geschrieben habt, beide gesagt: Wir gehören zu den Frauen, die sich - wie es so schön heißt - »freiwillig« prostituiert haben. Was heißt das?
Marie Ich habe hier in Deutschland ja die Option, mich zu verkaufen. Es ist legal und ich kann mich entscheiden, das zu tun. Die Entscheidung ist also freiwillig. Gleichzeitig zwingen die Umstände aber dazu. Ich kenne keine Frau, die es nicht aus Geldnot gemacht hat. Die zum Beispiel sagen: Wenn die Männer sowieso permanent über einen herfallen wollen, dann können sie auch dafür zahlen. Und wenn man sich erst mal dazu entschieden hat, geht das sehr einfach übers Internet. Es gibt ja viele dieser Plattformen: Kaufmich.com, Poppen.de, dieboerse.de und so weiter. Ich habe einfach ein Profil in einem Forum erstellt, ein paar Bilder hochgeladen und dann haben sich die Männer gemeldet. Es ging also sehr einfach. Zu einfach.
Emilia Das kann ich nur unterschreiben. Ich hatte die Straßenprostitution in Berlin direkt vor der Haustür, die war total präsent. Ich 15 hab halt da die Mädchen stehen sehen - und eine Woche später hab ich mich dazugestellt. Das ging alles wahnsinnig schnell. Es war praktisch so, als ob ich in einer Kneipe nach einem Nebenjob fragen würde. Ich habe das also freiwillig gemacht.
Das heißt, hinter euch stand kein Zuhälter oder Frauenhändler, der gesagt hat: Du musst dich prostituieren!
Emilia Nein. Allerdings tauchten bei mir dann schon Männer auf, die einem neue Kunden vermittelt und dafür dann Sex umsonst bekommen haben.
Was war denn eigentlich dein Motiv, Emilia?
Emilia Schon auch das schnelle Geld. Aber das habe ich nicht existenziell zum Überleben gebraucht. Mein Motiv war vor allem Selbstbestrafung. Oder sogar Selbstzerstörung. Ich habe mir selbst damit schaden wollen. Das habe ich aber damals nicht geblickt. Das begreife ich erst im Rückblick. Es hat mir das Gefühl gegeben: Ich kann mit meinem Körper machen, was ich möchte. Ich habe die Macht. Aber als ich dann den ersten Geschlechtsverkehr hatte, war da keine Macht mehr. Plötzlich war ich wie tot. Wie in eine frühere Situation zurückversetzt. Und ich war plötzlich wieder genauso hilflos und hatte die Kontrolle nicht mehr, die ich mir doch eigentlich damit hatte verschaffen wollen.
Was für eine frühere Situation?
Emilia Ich wurde als Kind von meinem Vater missbraucht. Und plötzlich ist man dann wieder in einer kindlichen Rolle. Man fühlt sich genau wie früher. Man geht auf Abstand zu sich und spürt gar nichts mehr. Ich hab die Augen zugemacht und bis zehn gezählt und dann wieder rückwärts. Es war die gleiche Hilflosigkeit. Ich konnte in diesem Moment auch nicht mehr Nein sagen wie eine Erwachsene.
Wie alt warst du, als du angefangen hast, dich zu prostituieren?
Emilia Ich war 18.
Marie Und da wollen einige das Schutzalter für Prostitution auf 16 herabsetzen!
Und was war dein Einstieg, Marie?
Marie Bei mir war es Geldnot. Die Studiengebühren meiner Tochter waren zu hoch. Die hab ich nicht mehr geschafft. Da war ich 45.
Hast du dich jemals vorher prostituiert oder hat der Gedanke dich schon mal gestreift?
Marie Nein. Aber ich habe auch meine Vorgeschichte. Meine Mutter ist gestorben, als ich zwölf war. Und mein Vater hat mich missbraucht. Da war ich vier, fünf. Den habe ich aber so stark verdrängt, dass die Erinnerung daran nur schemenhaft ist. Klare Erinnerung setzt ab der Pubertät ein. Das Einzige, was ich von meinem Vater an Zuwendung bekommen habe, war, dass er meine Brust mit zwei Fingern gewogen und gesagt hat: »Na, das wird doch!« Und meine Stiefmutter hat zugeguckt. Mit 16 bin ich dann beim Trampen vergewaltigt worden. Da hab ich Todesangst gehabt, das war richtig schlimm. Dazwischen gab es eine Zeit, in der sich linksintellektuelle alte Männer über mich hergemacht haben. Ich habe mich in der linken Szene rumgetrieben, war ein kluges Kind und hab viel gelesen. Da konnte man gut mit mir diskutieren, und die Herren haben gemeint, nicht nur das. Ich war da etwa 15 und die waren 45 oder 50. Mich hat es nicht gestört, weil es ja die Art von Zuwendung war, die ich seit dem Tod meiner Mutter kannte. Es war eben ein Weg, Liebe zu bekommen.
Und dein Mann?
Marie Ich habe meinen Mann kennengelernt, als ich 19 war. Mit 21 kam dann mein Kind auf die Welt und man hat halt geheiratet. Ich hab dann einen Laden aufgemacht und damit die Familie ernährt. Mein Mann hat sich neben mir kleiner und schwächer gefühlt und dann war sein Bestreben, mich kleiner zu machen. Das hätte auch fast funktioniert. Ich habe mein Selbstwertgefühl mehr und mehr verloren und mich von ihm getrennt, als ich das Gefühl hatte, ich hänge nur noch an einem ganz dünnen Faden.
Emilia Ich hatte auch ganz oft Beziehungen zu älteren Männern. Also Männern, die praktisch mein Vater hätten sein können. Und es ist, als wollte ich dadurch das, was damals schiefgelaufen ist, noch mal anders machen.
Als ihr angefangen habt, euch zu prostituieren - was ist da passiert?
Marie Vor dem ersten Date hatte ich das gleiche Gefühl wie Emilia. Ich mache das jetzt ganz für mich! Dann war es aber einfach eklig. Das Hotel war eklig. Ich hab mich gewundert, wie so eine Absteige solche Preise nehmen kann. Der Typ war auch eklig. Den hab ich erst mal zum Duschen geschickt, weil der so verschwitzt war. Dann hab ich das schnell hinter mich gebracht. Es war ganz schrecklich und ich erinnere mich auch nicht mehr an allzu viel. Am deutlichsten daran, wie ich nach Hause gefahren bin und das Geld in der Tasche hatte.
Und wie viel war das?
Marie 150 Euro. Ich hatte extra einen ziemlich hohen Preis angesetzt, weil ich dachte: Eine Frau von Mitte 40, etwas übergewichtig, kurze Beine - da ist der Preis vielleicht eine Hürde, über die dann keiner springt. Aber das war nicht so. Ich hatte dann sehr schnell raus, wie man Männer dahin manipulieren kann, wo man sie haben will, damit das alles schneller geht. Die buchen eine halbe Stunde oder eine Stunde und sind nach einer Viertelstunde fix und alle. Je geiler man spielt, umso schneller sind sie fertig. Die funktionieren ziemlich stereotyp. Das ist wirklich erschreckend. Das Schlimme für mich war, dass es so viele nette Männer waren. Reflektierte Männer. Die reden über ihre Ehe, über ihre Frauen, die arbeiten an ihrer Beziehung. Aber kaufen sich Frauen. In Sachen Prostitution haben die einen blinden Fleck. Das fand ich das Frustrierendste. Ich hab sie auch gefragt, warum sie das machen.
Und was haben sie gesagt?
Marie Ihre Frauen hätten halt keine Lust mehr auf Sex. Einen hab ich gefragt: »Gibst du dir bei deiner Frau auch so viel Mühe wie bei mir?« Da antwortete er: »Das will die doch gar nicht!« Zwei Wochen später hat er mir geschrieben, dass er den besten Sex seines Lebens hatte, und das mit seiner eigenen Frau.
Was hast du als besonders hart empfunden?
Marie Das Nett-sein-Müssen. So tun zu müssen, als ob ich's total geil finde. So tun zu müssen, als ob ich den Mann total gern rieche. So tun zu müssen, als ob mir die Küsse gefallen. So tun zu müssen, als ob mir der tiefe Blick in die Augen gefällt. Die Männer wollen ja inzwischen nicht nur ficken, sondern den sogenannten GF6: »Girlfriend-Sex« mit Gefühl. Bussi hier, Eiteitei da.
Das war doch früher in der klassischen Prostitution total tabu.
Marie Ja, aber heutzutage musst du das machen. Und das fand ich schlimm, dieses: Nicht-ich-selbst-Sein.
Und die Männer glauben das?
Marie Klar, die halten sich alle für was Besonderes. Und sie kriegen es ja auch vorgespielt. Dann haben sie gar kein Unrechtsbewusstsein. Das ist ein Teufelskreis.
Emilia Ich finde es auch das Schlimmste, so tun zu müssen, als ob man das alles toll findet. Und man kann ja dann auch nicht mehr Nein sagen, denn er hat ja bezahlt. In dem Moment hab ich mein Recht verkauft zu sagen, was ich will und was ich nicht will. Das geht nicht mehr. Denn wenn ich es doch sagen würde, hätte ich Angst, dass er es trotzdem tut. Deshalb war es jedes Mal für mich wie eine Vergewaltigung. Ich weiß, wie sich eine Vergewaltigung anfühlt, und ich weiß, wie es sich anfühlt, sich zu prostituieren. Nämlich gleich.
Marie Ich musste mich danach immer belohnen. Ich habe immer ein Drittel des Geldes für Kompensation ausgegeben: ein tolles Parfum oder so was.
Emilia Das Geld war unheimlich viel wert, weil man sich ja dafür verkauft hatte. Ich hatte immer das Gefühl: Das, was ich davon kaufe, kann gar nicht so viel wert sein wie dieses Geld.
Wie war dein »erstes Mal«, Emilia?
Emilia Meine erste Erfahrung war, dass ich in einem Sex-Shop um die Ecke in einer Kabine mit einem Mann Verkehr hatte.
Wie viel Geld hast du da bekommen?
Emilia 30 Euro. Ich kannte mich mit den Preisen gar nicht aus. Ich hatte an dem Abend aber auch Männer, die gemeint haben, 30 Euro wäre aber teuer.
Und wie hast du dich danach gefühlt?
Emilia Ich hatte viel Alkohol getrunken und habe mich erst am nächsten Morgen schlecht gefühlt. Ich bin aufgewacht und dachte: Du hast dich damit kaputtgemacht. Du hast dich umgebracht. Das hat richtig wehgetan. Und dann hab ich's aber wieder gemacht.
Warum?
Emilia Man fühlt sich ganz schwach und merkt: Man zerbricht in dem Moment. Aber gleichzeitig hat man so eine Härte. Wenn ich losgegangen bin, habe ich mich aktiv gefühlt, fast übermütig. Ich hab vorher immer viel Alkohol getrunken. Es ist ähnlich wie mit der Magersucht. Da schädigt man sich auch selbst, und trotzdem gibt es einem ein Gefühl der Stärke. Marie Es ist eine ganz merkwürdige Art von Selbstbestätigung, die man daraus zieht. Ich war eine Frau Mitte 40, und es bestätigt einen ja, dass ein Mann was für einen bezahlt. Männern bedeutet Geld ja was. Etwas, wofür sie viel bezahlen, behandeln sie auch entsprechend. Das ist nicht Respekt mir gegenüber, es ist Respekt ihrem Geld gegenüber. Außerdem wollen sie ja morgens noch in den Spiegel gucken können und sich sagen: Ich behandle Frauen respektvoll, und ich behandle auch Huren respektvoll. Also, man kann da schon kurzfristig für sich was draus ziehen. Aber das fällt sofort wieder in sich zusammen. Danach ist es ganz schal.
Emilia Ich bin auch deshalb auf den Strich gegangen, weil ich mich nach körperlicher Nähe gesehnt habe. Und paradoxerweise hab ich diese Nähe eben auch dort gesucht. Ich hab mir gewünscht, dass mich jemand in den Arm nimmt. Aber das ist natürlich auf die falsche Weise passiert. Und hat dann wieder wehgetan.
Ihr hattet ja beide vermutlich eine sehr unterschiedliche Klientel ...
Marie Dafür würde ich die Hand nicht ins Feuer legen. Ich bin ja viel in diesen Foren unterwegs. Und da sieht man: Wenn die einmal auf diesem komischen Trip sind, sich über ihren Schwanz zu definieren, dann nehmen die alles mit. Die Jungs sind dann in diesen Popp-Foren genauso registriert wie in Freier-Foren oder bei Elitepartner. Die versuchen alles abzugreifen. Und in den Erfahrungsberichten schreiben die Jungs dann von der Hure für 15 Euro auf dem Drogenstrich bis zur Escort-Dame für 300 Euro.
Du hast uns in deinem Brief geschrieben: Was die Prostitution mit einem macht, sei »unumkehrbar«. Was meinst du damit?
Marie Meine Wahrnehmung von Männern. Eine bestimmte Form von Vertrauen zu Männern ist nicht mehr möglich. Für mich wird es nie mehr den Helden auf dem Pferd geben. Bei allem Realitätssinn hatte ich mir dieses Gefühl immer gern gegönnt. Aber das ist vorbei.
Emilia Ich habe einen Freund, der ist wirklich lieb. Aber ich kann seine Nähe nur bis zu einem gewissen Punkt ertragen. Ich muss eine rauschende Party feiern und am besten noch ein Beruhigungsmittel nehmen, bevor ich mit ihm schlafen kann. Einmal bin ich währenddessen in Tränen ausgebrochen. Das kann er natürlich nicht verstehen, weil er nicht weiß, dass ich mich prostituiert habe.
Dein Freund weiß gar nichts davon?
Emilia Nein, und ich werde ihm das auch nicht sagen. Ich bin überzeugt, dass ich einem Mann nie wieder vollständig vertrauen kann. In meinen Augen ist jeder Mann ein potenzieller Täter. Weil man weiß, zu was all diese Männer, die man da Tag für Tag bedient hat, fähig sind.
Marie Zum Beispiel auch, was Safer Sex angeht. Mir ist es passiert, dass einer im letzten Moment den Präser abgezogen und mir dann doch in den Mund oder in den Arsch gespritzt hat. Das ist kriminell. Aber zeig das mal an!
Wie lange habt ihr euch prostituiert?
Emilia Ein Jahr lang. Manchmal mehrmals die Woche.
Marie Zwei Jahre lang. Mal hab ich nur zwei Dates pro Woche gemacht, mal mehr. Mehr als ein Date am Tag konnte ich aber nicht.
Gab es Menschen in eurem Umfeld, die es wussten?
Emilia Ich hab es einer älteren Freundin und einer Sozialarbeiterin erzählt. Die haben nur gesagt: »Mach das doch nicht mehr.«
Marie Das ist ja ein hilfreicher Tipp! Ich hab es heimlich gemacht. Meine Tochter weiß es auch nicht, die würde sich totale Vorwürfe machen. Aber ein Grund für die Heimlichkeit war auch das Geld. Hätte ich das mit der Prostitution offiziell gemacht, hätten mir die Krankenkassen-Beiträge das Genick gebrochen.
Wann kam der Punkt, an dem ihr gesagt habt: Ich will das nicht mehr machen!
Emilia Ich bin irgendwann nicht mehr in die Schule gegangen. Ich lag ein paar Tage im Bett und hab mich nur noch schlecht gefühlt. Ich hatte keine Kraft mehr zu gehen und habe mich auch geritzt. Und dann habe ich mich selbst in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
Hast du den Ärzten gesagt, dass du dich prostituierst?
Emilia Ja. Aber die haben das mit mir nicht aufgearbeitet. Sie haben zwar gesagt, ich soll das aufschreiben. Als ich das gemacht habe, habe ich fürchterlich geweint und konnte mich gar nicht mehr beruhigen. Es kam dann auch jemand und hat mich beruhigt. Aber geredet hat nie jemand mit mir darüber. Keiner hat das genau wissen wollen. Ich hatte das ja freiwillig gemacht. Und da ich mich selbst entschieden hatte, das zu tun, konnte es ja wohl nicht so schlimm sein. Das wurde mir rübergebracht. Dann hab ich mich noch weniger verstanden gefühlt.
Marie Es gibt ja kaum Hilfsangebote zum Ausstieg. Einstiegsberatung machen sie alle, aber Ausstieg? Ich hab bei uns im Landkreis angerufen. Da gibt es eine Stelle, die für die Prostituierten zuständig ist. Aber das Einzige, was der Sozialarbeiter mir angeboten hat, war Hartz IV. Aber ich hatte doch da gar nicht wegen dem Geld angerufen. Ich brauchte einfach Hilfe, weil ich merkte: Irgendwas stimmt überhaupt nicht. Ich bin nicht mehr belastbar, ich bin unheimlich nah am Wasser gebaut, ich mach mir wahnsinnig viele negative Gedanken. Ich sitze stundenlang zu Hause und heule. Und dann hab ich Hilfe gesucht und keine gefunden. Ich hab dem Sozialarbeiter gesagt: Mir geht's schlecht, ich hab keine Kraft mehr, ich komme mit der Situation nicht klar. Und er hat gesagt, da wüsste er jetzt auch nicht weiter. Dann hat er drei Tage später zurückgerufen und gesagt: meine finanzielle Situation sei doch sicher auch sehr belastend, er könne mir helfen, Hartz IV zu beantragen. Na, danke fürs Gespräch! Ich habe auch bei Hydra in Berlin angerufen, aber da hatte ich das Gefühl, dass sie die Prostitution gar nicht als problematisch betrachten.
Es gibt also offensichtlich keine Sensibilisierung für die seelische Not in so einer Situation und den Schaden, den die Prostitution anrichtet?
Marie Nein. Meine Frauenärztin hat zum Beispiel gesagt: »Ich finde das ganz toll, dass Sie das können!«
Wie bitte?
Emilia Mir ging es ganz ähnlich. Ich hatte meine Hoffnung in die Klinik gesetzt. Aber niemand hat verstanden, warum es mir so schlecht ging. Ich war ja diejenige, die die Schule mit dem 1,2-Schnitt macht, die mit dem tollen Elternhaus und den guten finanziellen Verhältnissen. Die haben dann gesagt, ich wäre wohl in einer schwierigen Lebensphase. Dabei hatte ich denen doch alles erzählt! Das sind doch Fachleute. Und ich war trotzdem ganz allein damit. Die Polizei hilft auch nicht. Ich bin einmal von einer Streife kontrolliert worden, die wegen »Bekämpfung der illegalen Straßenprostitution« unterwegs war. Die habe ich gebeten: »Nehmen Sie mich mit!« Ich war megaverzweifelt und hab denen auch erzählt, dass ein Typ mir immer neue Männer verschafft, also praktisch mein Zuhälter ist. Aber die haben mich wieder auf die Straße geschickt. Es gab keine Anzeige, keine Hilfe, gar nichts.
Marie Die Männer denken, wenn sie nett zu einem sind, wäre alles gut. Das ist es aber nicht. Ich muss von mir viel mehr hergeben, als ich eigentlich hergeben will. Denn was du den Freiern vorspielst, ist immer auch ein Teil von dir selbst. Ich bin ja keine Schauspielerin, ich kann ja nichts reproduzieren, was ich nicht aus meiner Sexualität kenne. Und da gibt man was vom Intimsten, was man zu geben hat. Deshalb ist da eine große Trauer über das, was ich verloren habe. Als ich angefangen habe, habe ich gedacht: Ich mit meiner Kraft und meiner Stärke - ich krieg das hin! Aber es hat mich volle Breitseite erwischt.
Nun gibt es aber immer wieder Prostituierte, die in Talkshows begeistert über ihre »selbstbestimmte Prostitution« berichten, die ihnen gar nichts ausmacht.
Marie Was sollen die denn anderes sagen? Da gucken doch Kunden zu. Wenn die Frau dann sagt: »Mir macht das eigentlich überhaupt keinen Spaß, aber ich mach euch 'ne gute Show vor!«, dann kommt doch keiner mehr. Außerdem ist das reiner Selbstschutz. Mir wird von Prostituierten natürlich vorgehalten, ich sei dann wohl eben »für den Job nicht geeignet«. Aber irgendwann holt 25 es jede ein. Eine Bekannte von mir, die sich lange prostituiert hat, hat das schließlich nur noch mit drei Wodka vor dem ersten Freier machen können. Dann hat sie mit dem Alkohol aufgehört und gemerkt, dass sie es ohne gar nicht mehr kann. Bei einer anderen, die jahrelang von der »freiwilligen, selbstbestimmten« Prostitution geschwärmt hat, bricht es langsam. Nur: Die, die dann ausgestiegen sind, weil sie nicht mehr können, die sitzen nicht in den Talkshows. Weil es ihnen zu schlecht geht oder weil sie sich ein neues Leben aufbauen und anonym bleiben wollen.
Emilia Man sieht es an den Augen. Wenn mir eine Prostituierte erzählt, dass sie das gern macht, und ich in ihre Augen gucke, dann sehe ich, was los ist.
Wie hast du dann aussteigen können?
Marie Ich habe mir zwei neue Jobs gesucht und sieben Tage die Woche gearbeitet. Dann musste ich das nicht mehr machen. Ich habe dann nur noch zwei Dates gemacht und beim letzten gemerkt: Ich kann das nicht mehr.
Wäre es denkbar, dass du das noch einmal tust?
Marie Auf gar gar gar keinen Fall.
Und du, Emilia?
Emilia Ich bin vor zwei Wochen wieder rückfällig geworden. Ich war zwar in der Klinik und später in der Kur erst mal weg aus Berlin. Aber es hatte ja keiner verstanden, was die Prostitution mit mir gemacht hat, es wurde ja alles nur zur Seite geschoben. Und als ich dann ein Wochenende in Berlin war, hab ich es wieder gemacht. Ich bin in Berlin angekommen und war sofort wieder in diesem Kreislauf drin. Ich hab wieder gefühlt, was ich mit diesem Ort verbinde: meinen Selbsthass.
Was müsste passieren, damit Frauen wie euch rasch geholfen werden kann?
Marie Prostitution gehört knallhart verboten! Es muss wieder in die Köpfe rein: Das tut man nicht! Die Männer, die sich Frauen kaufen, sollen bestraft werden. Denn nur wo eine Nachfrage existiert, kann man auch was anbieten. Und für Menschenhändler und Zuhälter muss es viel härtere Strafen geben. Für das unermessliche Leid, das die den Frauen zufügen.
Emilia Ich bin auch für ein knallhartes Verbot! Es geht einfach nicht, dass man Menschen kauft.
Marie Der Staat hat die Funktion, mich zu beschützen. Ich hätte mir gewünscht, dass er das getan hätte. Der Staat passt auf mich als Frau nicht auf. Er kassiert Steuern dafür und verdient noch dran, aber er bietet keine Hilfsangebote für den Ausstieg.
Emilia Wenn ich mich auf eine Brücke stelle und runterspringen will, dann retten mich die Leute doch auch. Aber wenn ich mich jeden Tag prostituiere und mich auf diese Weise langsam kaputtmache, dann gilt das als meine freie Entscheidung.
Marie Das alles ist doch nur das Produkt einer Gesellschaft, die das zulässt!
Gibt es etwas, das wir euch nicht gefragt haben - und was ihr noch sagen wollt?
Marie Ja. Dass mir das Gespräch unheimlich gutgetan hat. Es hat mir Kraft gegeben.
Emilia Ihr seid die Ersten in meinem Leben, die mir zugehört haben. Bisher hat niemand verstanden, was es für mich bedeutet, mich zu prostituieren.
Das Gespräch führten Alice Schwarzer und Chantal Louis.
Zuerst erschienen im Oktober 2012 in EMMA
DIE FOTOGRAFIN IM WELLNESS-PUFF
VON BETTINA FLITNER
Die Fotografin Bettina Flitner (Foto rechts) hat für den Stern Freier in einem Stuttgarter Großbordell porträtiert. Und sie hat sie nach ihren Motiven befragt: Warum kaufen Sie sich Prostituierte?
Es ist wenig los in der Lobby. Nur ein einzelner Mann checkt ein. Er hat seinen Rollkoffer abgestellt und schüttelt sich. Es regnet draußen, der Matsch klebt noch an seinen schwarzen Profilsohlen. Er öffnet seine wattierte Jacke und lockert den Schal. Die Frau am Empfang händigt ihm Bademantel und Badelatschen aus. Sie bindet ihm ein blaues Plastikbändchen um das Handgelenk.
Da macht der Fahrstuhl »ping«, eine Frau steigt aus. Sie stellt sich ebenfalls an die Empfangstheke. Eine knappe Frage an die Empfangsdame, ein kurzes Sortieren in ihrer Handtasche, ein rascher Blick auf den Mann. Die Frau ist vollkommen nackt. Nur an den Füßen trägt sie Schuhe, goldene High Heels. Der noch vollständig angezogene Mann mustert sie. Schaut auf den Busen, auf die Schenkel, auf den rasierten Venushügel. Die Frau kramt noch ein wenig in ihrer Handtasche, klappt sie zu, hängt sie über die Schulter und geht nach rechts ab.
Diese Szene spielt sich innerhalb weniger Minuten noch ein paar Mal ab. Männer, die in dicken Mänteln aus der Kälte kommen, Frauen, die nackt in ihren Taschen kramen. Der Fahrstuhl spuckt immer mehr vollkommen entblößte Frauen aus, sie durchqueren die Lobby, holen sich frische Handtücher. Mit einem Blick werden sie von den neu ankommenden Männern taxiert und erfasst.
Ich sitze in der Mitte der Lobby und warte auf den Pressesprecher des Großbordells Paradise, Herrn Beretin. Alles hier ist auf Tausendundeine Nacht dekoriert. Bestickte Kissen auf weichen Liegelandschaften, gehämmerte Messingtischchen, indirektes weiches Licht aus arabischen Leuchtern. Ein Hauch von Harem. Nur das mit dem Geheimnisvollen, Stichwort Schleiertanz, das ist irgendwie schiefgegangen.
Herr Beretin sitzt mir in der Anmeldung im zweiten Stock gegenüber. Er hat Locken, die nach hinten gegelt sind, im Nacken etwas länger, die Michel-Friedman-Frisur in Dunkelblond. Er trägt handgenähte Schuhe und einen großen Ring am Finger. »Das ist mein Familienwappen. Wenn die Leute da draußen wüssten, wie ich richtig heiße ...«, sagt er und lächelt vielsagend. Seinen richtigen Namen verrät er mir im Laufe der Woche dann auch noch. Aber den habe ich noch nie gehört und vergesse ihn leider gleich wieder. Herr Beretin war auch mal Fotograf, Kriegsfotograf. Wenn es irgendwo geknallt hat, war er immer als Erster draußen. Die anderen, die Pfeifen, sind im Hotel geblieben.
Herr Beretin sitzt hinterm Schreibtisch, ich davor, da, wo auch die Frauen sitzen, wenn sie zum ersten Mal hier sind. An diesem Tisch wird alles aufgenommen, erklärt er mir, hier wird alles erst mal ordentlich registriert: Personalausweis, Aufenthaltsgenehmigung, Fotos fürs Internet. Und auch die Gebrauchsanweisung für die Frau wird hier ausgefüllt. Denn im Haus gilt ein Einheitspreis von 50 Euro pro halbe Stunde. Aber was liefert die Frau dafür? Welche Dienstleistungen sind darin enthalten? Auf dem Formular wird Zutreffendes angekreuzt: Küssen ja oder nein? Lesbenshow ja oder nein? Französisch, Dildospiele, Körperbesamung? Einiges kostet natürlich extra. Anal zum Beispiel. Gleich 100 Euro mehr. Ins Gesicht abspritzen ist auch nicht inklusive, macht 50 Euro zusätzlich. So, sagt Herr Beretin, dann zeige ich Ihnen mal die Zimmer. Er meint die Zimmer, in denen die nackten Frauen wohnen. Denn die Frauen arbeiten hier nicht nur, sie wohnen auch hier. Oft nur für ein paar Wochen, bis sie ins nächste Bordell weitergereicht werden. Beretin klopft kurz und öffnet die Türe. Zehn Quadratmeter, sechs Betten nebeneinander. Er schließt das Zimmer schnell wieder. »Wir haben auch Zwei-Bett-Zimmer«, sagt er, und dann laufen wir ein wenig. Schließlich öffnet Herr Beretin wieder eine Türe. Ja, hier ist es. Zwei Mädchen sitzen da, die eine liegt auf dem Bett und döst, die andere sitzt vor einem Laptop. Herr Beretin fährt ihr durchs Haar und schließt die Tür wieder.
Ich mag keine zu professionellen, sondern eher solche, die das nur ab und zu machen. Die bringen mehr Leistung. Mein letztes Mal war vor einer Woche. Die hat gesagt: »Das war der schönste Sex meines Lebens.« 50 Euro. Da stimmt einfach das Preis-Leistungs-Verhältnis.
Günther, 55, Gastwirt, geschieden, ein Sohn
Warum ich für Sex bezahle? Frauen gehen mir oft auf den Sack. Sie machen Stress, wenn man nicht genug Zeit für sie hat. Und außerdem: Dafür zu zahlen hat das gewisse Etwas. Eigentlich ist das Macht. Da besitzt man die Frau. Man kann mit ihr machen, was man will.
Christian, 23, Speditionskaufmann, Single
Solche Frauen wie die hier, die würde ich normalerweise nie kriegen. Und hier kann ich auch mal über Grenzen gehen. Anal zum Beispiel. Tät ich mich sonst nicht trauen zu. Kostet 100 Euro extra. Ich geh seit drei Jahren immer zu der Gleichen. Ob es ihr auch gefällt? Da kann ich nur glauben, was sie mir vorspielt.
Kai, 49, Bankangestellter, geschieden, 2 Kinder
Dann zeigt er mir die anderen Zimmer vom Paradies, die, die für die halbe Stunde zum Einsatz kommen. Sie sind doppelt so groß, aber dafür steht da auch nur ein Bett drin. Es ist goldfarben und kugelrund. Herr Beretin setzt sich auf den rosa Frotteebezug und schaut mit missmutiger Miene auf die dunklen Flecken. »Die Menschen fliegen zum Mond, aber wie man die Flecken hier rauskriegt, das kann mir niemand sagen«, murmelt er.
Auf dem Weg nach unten erklärt er mir das Geschäftsmodell: »Wir stellen hier nur die Infrastruktur zur Verfügung.« Die Männer zahlen 79 Euro Eintritt, die Frauen zahlen auch 79 Euro. Zusätzlich zahlen die Frauen täglich 25 Euro Steuer. Plus 23 Euro für das Mehrbettzimmer pro Nacht. Macht für die Frauen 127 Euro Kosten pro Tag. Macht 23 Euro Verdienst nach drei Mal Geschlechtsverkehr innerhalb von 24 Stunden. Essen gibt's umsonst. Immerhin.
Wir betreten den Hauptraum. Gleich neben dem Empfang geht's rein. Vorne eine lang gestreckte Bar. Es stehen drei Männer an der Theke, jeder für sich allein. Sie tragen weiße Frotteebademäntel und haben ein blaues Band am Handgelenk. Der Mann mit dem Rollkoffer ist auch dabei. Bei ihm ist schon eine nackte Frau stehen geblieben. »Hello Schatzi«, sagt sie, »wherrre arre you frrrom?« Der zweite starrt unverwandt in den Fernseher an der Theke, wo gerade ein Fußballspiel läuft. Der dritte schaut etwas angestrengt in den Raum hinein, der sich hinter der Bar auftut. Um eine beleuchtete Messingstele in der Mitte gruppieren sich Sitzlandschaften. Auf den Sofas sitzen nackte Frauen, zu zweit, zu dritt, zu viert.
Jetzt steht eine von ihnen auf und geht langsam durch den Raum. Aber keiner von den drei, vier Männern, die da sind, hebt auch nur den Kopf. Die Frau lässt sich nach einer Minute wieder neben ihre Kolleginnen auf die Kissen fallen. »Alles original aus Marokko«, sagt Herr Beretin und zeigt auf den goldverzierten Massageraum. »Den Produzenten haben wir groß gemacht. Millionen haben wir hier reingesteckt.«
Woher kommt eigentlich so viel Geld, frage ich mich. »Hier wird alles gewaschen«, sagt Herr Beretin. Wie bitte? Ach so, die Wäsche. Wir stehen in der Waschküche. In zehn Waschmaschinen drehen sich die Trommeln. Eine emsige Frau um die 50 wuchtet Bademäntel und Frotteetücher aus den Körben. »Übrigens«, sagt Beretin, »wir haben mit dem sogenannten Milieu nichts zu tun. Gar nichts. Dass die Hell's Angels bei uns den Sicherheitsdienst machen, das ist reiner Zufall.« Die weißen Handtücher tanzen in den Wäschetrommeln.
Und dann fügt der Pressesprecher des Paradieses noch etwas hinzu: »Da draußen sind überall Kameras. Wir sehen hier alles, hier kann keiner unbemerkt Fotos machen.« Mit dem letzten Fotografen, da hat Herr Beretin so richtig Klartext reden müssen: »Dem habe ich gesagt, beim nächsten Mal kannst du dir deine Kamera aus dem Arsch wieder rausziehen.« Bei dem Satz wird er ein wenig lauter, weil die Trommeln auf Schleudern umgeschaltet haben.
Mein erster Arbeitstag im Paradies beginnt am nächsten Tag um 16 Uhr. Ich fahre von Stuttgart auf die Autobahn, geradewegs ins Industriegebiet Echterdingen, und parke auf dem großen Parkplatz neben dem fünfstöckigen, rot angestrichenen Zweckbau. Meinen Fotokoffer wuchte ich die Stufen hoch und stehe nun wieder am Empfang, die nackten Frauen mit den Handtaschen sind schon da. Mit dem Fahrstuhl fahre ich in den ersten Stock, da, wo die großen Zimmer mit den runden Betten sind. Ich gehe durch den langen Gang, die meisten Zimmer stehen offen. Überall das gleiche Bett, nur der Dekor der Zimmer variiert. Mal rot, mal gelb, mal schwarz. Vorne am Schlüsselbrett hole ich mir die Nr. 31. Das ist das letzte Zimmer in der Ecke.
Hier bin ich für den Stern. Ich will Freier porträtieren. Männer, die zugeben, dass sie ins Bordell gehen. Die sich nicht nur fotografieren lassen, sondern mir auch erzählen, warum sie das tun. »Das macht niemand«, hatten mir alle prophezeit. Selbst die Leute aus dem Milieu hatten ungläubig den Kopf geschüttelt. Aber ich will es zumindest versuchen. Also habe ich den Inhaber des Paradieses, Herrn Rudloff, angesprochen und ihn gefragt, ob ich bei ihm im Hause die »Gäste« fotografieren kann. Er hat tatsächlich Ja gesagt.
Und da bin ich nun, im Puff. Mein Licht steht, das Zimmer ist durch den Troddel an der Türklinke als besetzt markiert. Ich gehe runter zur Bar. Gerade füllt sich das Haus. Die »Internationale Fachmesse für Verbindungs-und Befestigungstechnologie« hatte Herr Beretin dem Messekalender entnommen. »Da könnte es voll werden.« Die ersten Herren von der Befestigungstechnologie sind schon im Bademantel unterwegs. Ich muss den richtigen Moment abpassen. Besser davor oder danach? Ich stehe an der Theke. Außer der Barkeeperin bin ich die einzige angezogene Frau hier im Raum.
Ich gebe mir einen Ruck und spreche den Ersten an. »Guten Tag, ich mache für den Stern eine Geschichte über das Paradise und die Gäste hier.« Er reagiert freundlich. Aber entschieden. Er sei verheiratet und habe zwei Töchter. Wenn das rauskäme... Der nächste Bademantel ist zwar nicht verheiratet, aber liiert. »Für meine Freundin würde eine Welt zusammenbrechen...« Ich ziehe eine Zigarette aus der Schachtel. Verdammt, ich fange wieder an zu rauchen.
Ein Mann Ende 50, Bauunternehmer, ein jugendlich-schlanker Typ mit schütterem Haar, gibt mir Feuer und erzählt mir bei der Gelegenheit, wie toll die Thailänderinnen ihre Schamhaare gescheitelt haben, einen richtigen Seitenscheitel haben die. »Hier können die das ja leider nicht, wegen der Hygiene, da ist ja alles abrasiert.« Und er verrät mir auch, woran er die Dichte der Schambehaarung einer Frau erkennt, selbst wenn die ausnahmsweise mal angezogen ist. »Wenn die Augenbrauen einen Bogen machen - so wie bei dir.« Und dabei fährt er mit dem Finger an meiner rechten Augenbraue entlang.
Als ich in der Nacht vom Hof fahre, habe ich keinen einzigen Mann im Kasten. Obwohl ich vor wenig zurückgeschreckt bin. Im Hotel angekommen, nehme ich ein langes, heißes Bad. Am nächsten Tag gehe ich mit einer Freundin, die sich bestens auskennt, in die Bars der Stuttgarter Altstadt. Ich habe mir was überlegt: Jede Frau, die mir »einen Gast« vermittelt, bekommt 50 Euro von mir. Irgendwie muss ich schließlich an Freier herankommen. Ich streue meine Handynummer und gehe mit Sandra essen.
Kaum sitzen wir, klingelt auch schon mein Telefon: »Hirrrr Illlonnna. IIIcccch habä Frrrrrayer fiier diiich. Wannnn kannnst du hiiieerrrrr sein?« Bingo. 20 Minuten später bin ich in der Tabu- Bar und treffe Iwan. Ein dicker, gemütlicher Lkw-Fahrer, der bereitwillig erzählt und sich auf der von Ilona rasch herbeigeschafften Leopardendecke fotografieren lässt. Ich schöpfe Hoffnung.
Mein zweiter Tag im Paradies. Ich erklimme die Stufen, grüße die Empfangsdame und die nackten Frauen in der Lobby, fahre mit dem Fahrstuhl in den ersten Stock und rolle meinen Fotokoffer den Zimmergang entlang. Schräg über mir kopulieren Paare auf zwei Flachbildschirmen. Die Frau, die sich um die Säuberung der Zimmer kümmert, stöhnt. Ein Blick auf die von Küchenrollenpapier überquellenden Papierkörbe sagt mir, warum. Ich nehme mir vom Schlüsselbrett die Nummer 29, baue mein Licht auf, hänge den Troddel an die Tür und gehe runter zur Bar.
Der Laden ist voll. Von einigen Stammgästen werde ich bereits begrüßt. »Das Mädchen vom Stern ist wieder da«, sagt Hans*. Das führt allerdings zu einer gewissen Verwirrung. Denn auch die nackten Frauen heißen ›Die Mädchen vom Stern‹. Weil sie oben wohnen. Und zum Arbeiten herabsteigen müssen. Es sind viele Männer da. In Bademänteln, mit Handtüchern um die Hüften. Sie sitzen an der Bar, am Buffet oder liegen im großen Raum auf den arabischen Kissen. Einer liegt gleich mit drei Frauen auf dem schaukelnden Hängebett ganz hinten.
An der Bar treffe ich auf zwei Jungs Ende 20. Sie sind mir irgendwie sympathisch. Wir kommen ins Gespräch. Sie ziehen gerade ein Internetportal auf. Eine App, mithilfe derer man das perfekte Alibi für den Puff-Besuch geliefert bekommt. »Wir können alles liefern, sogar einen waschechten Unfallbericht und einen Krankenhausaufenthalt«, sagen die netten Jungs. »Sollte die Ehefrau im ungünstigen Moment anrufen, schickt unser Kunde uns einfach eine SMS. Wir kümmern uns dann um das Alibi.« Ich begegne den beiden noch öfter. Irgendwann sehe ich die Jungs aus dem fünften Stock kommen, von da, wo die Geschäftsleitung des Paradieses sitzt. Von »einer Besprechung mit einem Sponsor«.
Ich spreche eine Gruppe junger Männer an, Anfang 20. Einer von ihnen, Christian, ist einverstanden. Ein echter Frauentyp. Dunkler Bartschatten, verdammt gut aussehend. Wir gehen in die Nummer 29. Warum er Spaß daran hat, eine Frau für Sex zu bezahlen, will ich wissen. »Das ist Macht, irgendwie«, sagt er. »Dann kann ich mit der Frau machen, was ich will.« Klare Worte. Unten ist jetzt richtig was los. Italiener, Franzosen, Russen. Allein, zu zweit, in Gruppen. Die Frauen legen ihnen die Arme um den Nacken, die Hand auf den Arm. Die Männer taxieren sie, fassen sie an, küssen sie. Um dann doch eine abwedelnde Handbewegung zu machen. Oder mit ihnen Hand in Hand die Treppe raufzugehen. Da oben soll es nicht immer nur freundlich zugehen, sagt mir eine der Putzfrauen. Manchmal werden die Frauen schon im Flur hart rangenommen oder auch lautstark als »Schlampen« etc. beschimpft.
Ich sitze an der Bar, zünde mir eine Zigarette an. Hinter mir starrt eine nackte Frau seit über einer Viertelstunde auf den Spielautomaten. Sie wartet darauf, dass drei Erdbeeren nebeneinander stehen. Sie füttert und füttert den Automaten - aber sie kriegt nichts zurück. Neben mir tauschen zwei schwäbische Familienväter Tipps aus. Ein massiger Endfünfziger mit Halbglatze und ein Endvierziger mit den Stuttgarter Nachrichten in der Bademanteltasche. »Die war richtig schmuddelig«, höre ich. »Da hab ich der Hausdame aber Bescheid gesagt.« Und von einer »Sharon « ist zu hören, die sehe zwar »spitzenmäßig aus, ist ja auch erst 22, aber die kokst«. Der Endfünfziger schüttelt den Kopf. »Nee, die brauch nicht mehr ankommen bei mir. Geht doch gar nicht.«
Jetzt wird mir »der Römer« angekündigt. Der sei mal noch ein echter Macho. Und Stammgast hier. Er ist gerade angekommen und wird von zwei Mädchen umschwirrt. Modisch gestutztes Kinnbärtchen, betont cool. Ich frage ihn, warum er hier ist. »Das ist hier einfach ohne Stress«, sagt er. »Ich habe Sex und dann gehe ich wieder. Ohne Ansprüche.« Ein Argument, das ich noch oft zu hören bekommen werde.
Ab dem dritten Tag gehöre ich dazu. Die Stammgäste begrüßen mich wie eine alte Freundin. Die nackten Frauen nicken mir zu. Hans, Ende 50 mit Schnäuzer, hat heute sein Zwei-Stunden- Date. »Desch iss Championsleague. Bei der hat man drei Monate Wartezeit, weil die nur am Wochenende arbeitet.« Und »multipleorgasmusfähig« ist sie auch noch! Aber vielleicht ja nur bei Hans. Er hat heute einen Rucksack dabei. Der ist ganz schön schwer. Was da denn so alles drin sei, will ich wissen. »iPad zum Musikhören, Fesseln, Handschellen und noch ein bisschen mehr.«
Mohammed ist auch wieder da, heute mit zwei Freunden. Er ist Elektriker, Ende 20, schwäbelt leicht und hat ein riesiges Tattoo auf der Brust. Was darauf steht? Zwei Worte, die Mohammed ganz wichtig sind: »Liebe« und »Mutter«.
Die meisten Männer hier scheinen es als willkommene Abwechslung zu sehen, einer »normalen Frau« mal alles so richtig erzählen zu können. Manche berichten mir in allen Einzelheiten, was da so abgeht auf dem Zimmer. Andere kriegen plötzlich einen Moralischen. Wie Michael. Er könnte im Streichquartett die Bratsche spielen. Schmales Gesicht, feine Hände, zurückhaltendes Lächeln. »Als guter Katholik dürfte ich so was hier gar nicht machen. Mein Ideal ist doch, eine Familie zu gründen, Kinder zu haben. Am Ende bleibt ja hier nix übrig, eine halbe Stunde Spaß und das war's.«
Und er sagt mir noch etwas, was mir auch viele andere sagen werden. »Das ist wie eine Sucht.« Wenn man einmal damit anfinge, käme man nicht mehr davon los. Man käme mit normalen Frauen einfach nicht mehr zurecht. »Da passiert was im Kopf, das kriegt man nicht mehr weg. Gleichaltrige Frauen«, sagt er, »das geht jetzt gar nicht mehr.« Und dann wird er immer trübsinniger. »Wir machen uns hier doch alle schuldig«, ruft er und steht in seinem weißen Bademantel vor mir. »Natürlich gibt's hier Zwangsprostitution, das können die hier doch gar nicht kontrollieren. « Michael findet plötzlich, das Geld sollte man lieber russischen Waisenkindern spenden.
Heute bekomme ich gleich drei Mal dieselbe Abfuhr auf meine Frage, ob der Mann meiner Wahl sich fotografieren lassen will: »Wissen Sie, ich bin nicht repräsentativ.« Wieso nicht? »Ich komme aus einem ganz anderen Bereich als die meisten hier. Ich bin Banker.« Banker. Ein eindeutig überrepräsentierter Berufsstand im Paradies.
Über die »Freunde« der Frauen plaudert am späten Abend einer der Angestellten mit mir. »Die haben doch alle Freunde«, sagt er. Ich verstehe nicht gleich. »Na, Zuhälter«, präzisiert er etwas ungeduldig. »Alle sechs Wochen fahren sie nach Hause und liefern das Geld ab. Oder gleich hier vor der Tür.« Da sehe ich in der Tat jetzt ein paar dieser »Freunde« auf dem Parkplatz des Paradieses stehen. Junge Männer in Lederjacken und mit Stiernacken, die an ihre Autos gelehnt Zigaretten rauchen. Ihre Autos sind bescheidener als klassische Zuhälterkisten. Sie scheinen eher eine Art Zulieferer der Frauen zu sein als ihre Zuhälter. Später erfahre ich, dass es so manches Mal auch die eigenen Brüder sind.
Die »Internationale Fachmesse für Industriefedern und Federnteiletechnologie « hat eröffnet. Am Empfang werden die Badeschlappen Größe 43 knapp. »Hab nur noch 42 und 44«, ruft die Empfangsdame der wartenden Männergruppe in Regenjacken zu. Ich gehe jetzt erst mal was essen. Am Buffet ist es voll. Die Frauen sitzen mit umgewickelten Handtüchern da und haben Teller mit riesigen Fleischbergen vor sich. Die Männer sitzen ihnen in Bademänteln gegenüber. Die Frauen sprechen untereinander fast alle Rumänisch, die Männer sagen gar nichts. Die Männer und die Frauen, sie haben nichts miteinander zu tun, ja schauen sich noch nicht mal an. Außer dem Brille tragenden Rechtsanwalt von Mitte 50. Er sitzt mit einer 21-Jährigen und macht einen auf Urlaub: Er hat sie für ein paar Stunden gemietet.
Später an der Bar steht eine der Rumäninnen neben mir. Ich lade sie ein, den dritten Champagner mitzutrinken, den ein betrunkener Schweizer mir ausgegeben hat. »Morgen fahre ich für eine Woche nach Hause«, sagt sie auf Englisch. »Endlich. Ich kann nicht mehr. Zehn Kunden hatte ich heute. Nur Schwänze, Schwänze, Schwänze.« Und dann erzählt sie mir von ihrem kleinen Bruder. Ein kleiner dicker Junge, sagt sie und lächelt. Bald sieht sie ihn wieder. Vielleicht ist es ja auch ihr Sohn.
Ich lande mit Joachim auf Zimmer 11. Er sieht aus wie der liebe ältere Herr, dem man schon mal sein Herz ausschüttet. Joachim ist 58, geschieden, hat eine Tochter, 25 Jahre alt. Seit vielen Monaten geht er mit derselben Frau aufs Zimmer. Die ist 29. Ob das nicht komisch ist, will ich wissen, eine Frau im Alter seiner Tochter. »Nee«, sagt Joachim, »ich achte ja immer drauf, dass die älter sind. Also unter 26 mache ich nicht.«
In den nächsten Tagen fotografiere ich noch mehr Männer. Auf einmal geht es relativ leicht. Ich fange an, Teil der Inszenierung zu werden. Die Nacktheit der Frauen nehme ich kaum noch wahr. Hausdame Rita beginnt, mir ans Herz zu wachsen. Mit den beiden netten Jungs, die das Betrugs-Alibi-Portal hochziehen, tausche ich SMS. Die kopulierenden Paare auf den Flachbildschirmen im ersten Stock sehe ich gar nicht mehr. Aber sie werden immer mehr, die Momente, in denen ich mich wegdrehe, weil ich lachen muss. Ich schaue mir beim Fotografieren inzwischen selbst zu. Wie ich im Puff-Zimmer mein Stativ hin und her rücke. Und mit welcher Selbstverständlichkeit die Männer nackt vor meiner Linse Platz nehmen, als seien sie beim Friseur.
Nur über eines komme ich einfach nicht weg. Daran kann ich mich bis zum letzten Tag einfach nicht gewöhnen: an den Anblick der Frauen und Männer, wenn sie in die Zimmer gehen. Wie die Frauen vor den Männern den Gang entlanggehen. Wie nackte Untote wanken sie da auf ihren hochhackigen Schuhen, mit maskenhaften, unbeweglichen Gesichtern. Schweigend, den Zimmertroddel in der Hand. Und die Männer in den weißen Bademänteln hinterher. Wenn sie dann nach einer halben Stunde das Zimmer wieder verlassen, ist die Reihenfolge umgekehrt...
Copyright © 2013, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln.
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Autoren-Porträt von Alice Schwarzer
Schwarzer, Alice Alice Schwarzer, ist eine deutsche Journalistin und Essayistin. In ihrer Zeit als politische Korrespondentin in Paris war sie zu Beginn der 1970er Jahre eine der Pionierinnen des Mouvement de la liberation des femmes (MLF). Ihre Gespräche mit Simone de Beauvoir in den Jahren 1971-1983 erschienen als Buch in mehreren Sprachen. 1971 initiierte sie in Deutschland die Aktion "Ich habe abgetrieben - und fordere das Recht für jede Frau dazu". Der Kampf gegen Abtreibung wurde zum Auslöser für die deutsche Frauenbewegung. 1977 gründete sie das politische Frauenmagazin EMMA, dessen Verlegerin und Chefredakteurin sie bis heute ist. Sie veröffentlichte bisher insgesamt 22 Bücher als Autorin und 22 Bücher als Herausgeberin. Darunter 1975 den in 12 Sprachen übersetzten Bestseller »Der kleine Unterschied und seine großen Folgen« (über die Rolle von Liebe und Sexualität bei der Unterdrückung von Frauen), sowie Biografien u.a. über Gräfin Dönhoff und Romy Schneider. 2013 publizierte sie als Herausgeberin: »Prostitution - ein deutscher Skandal«. Über den Islamismus veröffentlichte Schwarzer seit 1979 zahlreiche Artikel und gab bei KiWi drei Bücher heraus: »Die Gotteskrieger und die falsche Toleranz« (2002), »Die große Verschleierung. Für Integration, gegen Islamismus« (2010) sowie »Der Schock - Die Silvesternacht von Köln« (2016). 2011 erschienen die Lebenserinnerungen von Alice Schwarzer: »Lebenslauf« und zuletzt »Meine algerische Familie« (2018). Mehr Informationen auf www.aliceschwarzer.de.
Bibliographische Angaben
- Autor: Alice Schwarzer
- 2013, 336 Seiten, Taschenbuch, Deutsch
- Herausgegeben: Alice Schwarzer
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 3462045784
- ISBN-13: 9783462045789
- Erscheinungsdatum: 04.11.2013
Rezension zu „Prostitution - Ein deutscher Skandal “
»Dieses Buch liefert starke Argumente für eine Verschärfung der Gesetze gegen Frauenhandel in Deutschland.« Sybille Hasenclever NDRInfo 20131111
Pressezitat
»Dieses Buch liefert starke Argumente für eine Verschärfung der Gesetze gegen Frauenhandel in Deutschland.« Sybille Hasenclever NDRInfo 20131111
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