Reise nach Kalino
Roman
Julius Werkazy, gekleidet in billige Schnürlsamthosen und braunes Jackett, ist ein Detektiv alten Schlages. Es gibt wahrlich renommiertere Agenturen als seine - dennoch lädt der rätselhafte Gründer von Kalino ausgerechnet ihn ein, um den schwierigsten Fall...
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Produktinformationen zu „Reise nach Kalino “
Klappentext zu „Reise nach Kalino “
Julius Werkazy, gekleidet in billige Schnürlsamthosen und braunes Jackett, ist ein Detektiv alten Schlages. Es gibt wahrlich renommiertere Agenturen als seine - dennoch lädt der rätselhafte Gründer von Kalino ausgerechnet ihn ein, um den schwierigsten Fall der Landesgeschichte zu lösen. Während Werkazy unerwartet über sich hinauswächst, beginnt er zu begreifen, dass die Wahl nicht zufällig auf ihn gefallen ist ...
Lese-Probe zu „Reise nach Kalino “
KAPITEL 1Julius Werkazy erhält einen Anruf und sorgt sich um seine Araukarie
Seit Julius Werkazy zurückdenken konnte, teilte er Probleme in zwei Kategorien ein: in solche, denen er ausweichen konnte, wie unbezahlte Rechnungen, und in solche, die er wohl nie loswerden würde, wie seinen eigenen Namen. Jedes Mal, wenn er ihn auf der Tür seines Büros sah, glaubte er, eine bösartige Macht hätte ihn mit einem zweifelhaften Pseudonym bedacht, das er nicht nur auf der Tür, sondern eines Tages auch auf seinem Grabstein würde ertragen müssen.
Um dem zu entgehen, goss er sich, nachdem er ins Büro gekommen war, ein paar Tropfen seines kostbaren Otards in den Tee und betrachtete ausgiebig das Gemälde über seinem Schreibtisch. Es zeigte einen wohlhabenden Mann, der eine gelbe Katze im Arm hielt. Und obwohl die Katze ziemlich schwer aussah, schwebte der Mann einige Zentimeter über der Erde und strahlte eine Ruhe aus, die Werkazy nicht einmal überkam, wenn er nachts todmüde ins Bett fiel. So stellte er sich nicht nur einen perfekten Detektiv vor, sondern auch einen Mann mit einem Namen, der sich nicht wie ein Pseudonym anhörte.
An jenem Morgen, als er gerade dazu übergehen wollte, alle Punkte auf dem Fell der Katze zu zählen, läutete ganz unerwartet das Telefon. Werkazy stellte vorsichtig den Tee ab und betrachtete misstrauisch den läutenden Apparat. Wenn eine Agentur so wenig abwarf wie die seine, wurde das Abheben des Hörers zu einer Kunst. Es wäre nicht klug, sich gleich auf den Apparat zu stürzen und einem Klienten zu verraten, wie es in Wirklichkeit um die "Agentur Werkazy" stand, andererseits durfte man nicht zu lange warten, damit der Anrufer nicht wieder auflegte. Werkazy beherrschte diese Kunst, und so buchstabierte er das Wort "Araukarie" rückwärts. Das dauerte knapp zehn Sekunden, seiner Erfahrung nach die ideale Wartezeit. Diesmal aber kam es ihm vor, als sei der Anrufer übermäßig hartnäckig, deshalb legte er noch zwei Sekunden drauf. Dann erst nahm er den Hörer
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ab und meldete sich wie immer, indem er den Namen seiner Agentur nannte.
"Spreche ich mit dem Chef der Agentur Werkazy oder einem der Mitarbeiter?", fragte eine kräftige Männerstimme am anderen Ende der Leitung.
"Sie sprechen mit dem Inhaber persönlich", bestätigte Werkazy und vermied es dabei, noch einmal seinen Namen zu nennen.
Die Stimme des Mannes klang nicht wie der übliche Anrufer. Er klang wie jemand, der nicht selber anruft, sondern das seiner Sekretärin oder einem Mitarbeiter überlässt. Aber offenbar war etwas passiert, das den Mann zwang, persönlich zum Hörer zu greifen. "Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle", sagte er. "Mein Name ist Osmos, und ich rufe aus einem Ort an, den man als Kalino kennt."
Werkazy las selten Zeitung, aber es war unmöglich, den Namen Kalino oder den von Kalinos Gründer F. Osmos nicht zu kennen. Es war ungefähr so, als bekäme man einen Anruf aus dem Vatikan, bei dem sich der Papst persönlich am Apparat meldete. Nur war Werkazy weder besonders religiös, noch wusste er mehr über Kalino, als dass es sich um eine Art Stadt handelte, die seit Jahrzehnten so gründlich von der Welt abgeschottet war, dass man praktisch nichts von ihr wusste.
Er fixierte seine Teetasse und sagte mehr zu ihr als zu Osmos: "Ich bin ganz Ohr. Womit kann ich Ihnen helfen ? "
"Nun, helfen ist inzwischen vielleicht das falsche Wort", sagte Osmos. "Es geht um einen Vorfall, der sich bereits ereignet hat und nicht rückgängig machen lässt. Jetzt gilt es einzig und allein den Schaden zu begrenzen, damit nicht noch mehr Unheil geschieht."
Warum werden die Reichen und Mächtigen immer so herablassend, wenn etwas außer Kontrolle gerät?, dachte Werkazy und sagte: "Könnten Sie mir andeuten, um welche Art von Schaden es hier geht?"
"Ich fürchte, das würde zu lange dauern. Sie müssen wissen, dass dieser Anruf keine Selbstverständlichkeit ist. Um die Verbindung herzustellen, mussten alle kalinianische
"Spreche ich mit dem Chef der Agentur Werkazy oder einem der Mitarbeiter?", fragte eine kräftige Männerstimme am anderen Ende der Leitung.
"Sie sprechen mit dem Inhaber persönlich", bestätigte Werkazy und vermied es dabei, noch einmal seinen Namen zu nennen.
Die Stimme des Mannes klang nicht wie der übliche Anrufer. Er klang wie jemand, der nicht selber anruft, sondern das seiner Sekretärin oder einem Mitarbeiter überlässt. Aber offenbar war etwas passiert, das den Mann zwang, persönlich zum Hörer zu greifen. "Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle", sagte er. "Mein Name ist Osmos, und ich rufe aus einem Ort an, den man als Kalino kennt."
Werkazy las selten Zeitung, aber es war unmöglich, den Namen Kalino oder den von Kalinos Gründer F. Osmos nicht zu kennen. Es war ungefähr so, als bekäme man einen Anruf aus dem Vatikan, bei dem sich der Papst persönlich am Apparat meldete. Nur war Werkazy weder besonders religiös, noch wusste er mehr über Kalino, als dass es sich um eine Art Stadt handelte, die seit Jahrzehnten so gründlich von der Welt abgeschottet war, dass man praktisch nichts von ihr wusste.
Er fixierte seine Teetasse und sagte mehr zu ihr als zu Osmos: "Ich bin ganz Ohr. Womit kann ich Ihnen helfen ? "
"Nun, helfen ist inzwischen vielleicht das falsche Wort", sagte Osmos. "Es geht um einen Vorfall, der sich bereits ereignet hat und nicht rückgängig machen lässt. Jetzt gilt es einzig und allein den Schaden zu begrenzen, damit nicht noch mehr Unheil geschieht."
Warum werden die Reichen und Mächtigen immer so herablassend, wenn etwas außer Kontrolle gerät?, dachte Werkazy und sagte: "Könnten Sie mir andeuten, um welche Art von Schaden es hier geht?"
"Ich fürchte, das würde zu lange dauern. Sie müssen wissen, dass dieser Anruf keine Selbstverständlichkeit ist. Um die Verbindung herzustellen, mussten alle kalinianische
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Autoren-Porträt von Radek Knapp
Radek Knapp, 1964 in Warschau geboren, lebt als freier Schriftsteller in Wien und in der Nähe von Warschau. Nach seinem mit dem Aspekte-Literaturpreis ausgezeichneten Erzählungsband »Franio« gelang ihm mit dem Roman »Herrn Kukas Empfehlungen« ein großer Publikumserfolg. Außerdem erschienen von ihm unter anderem »Reise nach Kalino«, »Gebrauchsanweisung für Polen« sowie »Der Gipfeldieb«.
Bibliographische Angaben
- Autor: Radek Knapp
- 2014, 2. Aufl., 256 Seiten, Maße: 12 x 18,8 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 349230222X
- ISBN-13: 9783492302227
- Erscheinungsdatum: 17.02.2014
Rezension zu „Reise nach Kalino “
»Negative Utopien scheinen in Österreich derzeit Konjunktur zu haben: Neben Knapps 'Kalino' wären etwa Sautners 'Fremdes Land' und Lukas Meschiks 'Luzidin' zu nennen. Sie alle nehmen Anleihen bei klassischen Dystopien wie Huxleys 'Schöner neue Welt', Orwells '1984' oder Jewgeni Samjatins 'Wir'. Eines aber unterscheidet Radek Knapp von seinen Kollegen: sein Hang, mit pikaresk-anarchistischem Witz gegen die Tragödie der Moderne anzuschreiben.« Neue Zürcher Zeitung 20130619
Pressezitat
»Negative Utopien scheinen in Österreich derzeit Konjunktur zu haben: Neben Knapps 'Kalino' wären etwa Sautners 'Fremdes Land' und Lukas Meschiks 'Luzidin' zu nennen. Sie alle nehmen Anleihen bei klassischen Dystopien wie Huxleys 'Schöner neue Welt', Orwells '1984' oder Jewgeni Samjatins 'Wir'. Eines aber unterscheidet Radek Knapp von seinen Kollegen: sein Hang, mit pikaresk-anarchistischem Witz gegen die Tragödie der Moderne anzuschreiben.« Neue Zürcher Zeitung 20130619
Kommentar zu "Reise nach Kalino"