Sterne über Afrika
Roman
1906: Ärztin Amelie von Freyer kehrt nach Deutsch-Ostafrika zurück. Dort warten immense Herausforderungen auf sie.
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Produktinformationen zu „Sterne über Afrika “
1906: Ärztin Amelie von Freyer kehrt nach Deutsch-Ostafrika zurück. Dort warten immense Herausforderungen auf sie.
Klappentext zu „Sterne über Afrika “
EINE MUTIGE FRAU. EIN GROSSES ABENTEUER. EINE UNSTERBLICHE LIEBEDeutsch-Ostafrika 1906: Die junge Ärztin Amelie von Freyer schließt sich einer Expedition zur Bekämpfung einer todbringenden Seuche an. Die Reise führt an den Tanganjikasee - durch ein Land voller Geheimnisse und Gefahren. Mehr als deutlich lassen die Männer sie spüren, dass eine Frau in dieser Welt der Abenteuer nichts zu suchen hat. Gegen alle Widerstände kämpft Amelie um ihr Leben und ihre Liebe.«Ein packendes Epos!» (Stuttgarter Nachrichten)
Lese-Probe zu „Sterne über Afrika “
Sterne über Afrika von Ilona Maria Hilliges
LESEPROBE
Berlin, im Wedding.
März 1885
Die Mutter hatte sich ein Tuch in den Mund gestopft; niemand sollte ihre Schreie hören. Sie wand sich unter dem mit Stroh und Zeitungen gefüllten grauen Bettzeug. Ihre Tochter presste den Rücken gegen die feuchtkalte Wand. Zitternd wartete sie darauf, dass die Mutter endlich aufhörte zu stöhnen. Von draußen drangen die Geräusche des Hinterhofs herein: die polternden Holzkarren, das Geschrei der Kinder, die Rufe der Kohlenträger. Das schlitzförmige einzige Fenster, weit oben an der Decke, ließ jetzt, am späten Nachmittag, so gut wie gar kein Licht mehr in die Kellerwohnung.
Ich müsste die Lampe anzünden, dachte die Kleine. Doch sie bewegte sich nicht; der flackernde Schein würde die erstarrten Gespenster zum Leben erwecken.
Die Mutter zerrte sich das Tuch aus dem Mund. Sie hustete. «Amalia ... gib mir Wasser.»
Der helle Blechbecher zeichnete sich auf der schwarzen Gusseisenplatte des Küchenherdes, der gleichzeitig die Stube beheizen sollte, deutlich ab. Das letzte Feuerholz hatte das Kind am Morgen nachgelegt; der Trinkbecher war noch lauwarm. Mühsam trank die Mutter ein paar Schlucke und rang nach Atem.
«Wir brauchen Licht.»
«Ja, Mutter.»
Das Mädchen ging die wenigen Schritte zum Tisch unter dem Fenster, auf dem die einzige Petroleumlampe stand. Kindliche Ungeschicklichkeit ließ die Flamme für
einen Moment in verschwenderischer Kraft aufflackern. Sobald das Mädchen, bedacht auf den sparsamen Umgang mit dem kostbaren Brennstoff, das Licht herunterdrehte, verschwand das einst kräftige Grün und Rot des Blumenmusters der Tapete. Wo die feuchten Papierbahnen an die Decke der Stube stießen, hatten sie sich
... mehr
gelöst; wie die Flügel schwarzer Krähen hingen sie herab.
«Du musst beten, dann wird alles gut.»
«Ja, Mutter.»
Die Mutter schob sich das Tuch wieder zwischen die Zähne. Ihr schweißnasses Gesicht war verzerrt. Sie riss den Kopf in den Nacken, die dick geschwollenen Adern traten auf dem sehnigen weißen Hals hervor.
Die Augen des Mädchens wanderten zum einzigen Wandschmuck, einer schwarzen Tafel mit verschnörkelten weißen Buchstaben. Die Mutter hatte ihr oft gesagt, was dort stand.
Danket dem Herrn, denn er tut Gutes!
Der Kleinen fiel kein Gebet ein. In ihrem Kopf waren nur Leere und Angst. Sie hob den Becher auf, den die Mutter fallen gelassen hatte, stellte ihn auf den Küchenherd und schüttete noch etwas Wasser aus der für sie viel zu schweren Kanne nach.
Die Mutter bäumte sich auf, ihr vom Schmerz entstelltes Gesicht glich einer Fratze. Schließlich stieß sie die Decke fort. Zwischen ihren angewinkelten mageren Beinen hatte sich eine dunkle Pfütze ausgebreitet. Darin, klein und bläulich-weiß, lag etwas in Größe und Form einer Puppe. Die Mutter schob es sich auf den Bauch. Bellender Husten schüttelte sie.
«Hol die Stoffschere vom Tisch.»
Starr vor Entsetzen war die Tochter zu keiner Bewegung fähig.
»Mach, steh nicht rum!»
Die Schere lag zwischen der Lampe und einem Packen Weißwäsche, die mit neuen Knöpfen und Knopflöchern zu versehen war. Bis zu diesem Morgen hatten sie daran gearbeitet. Die Schere war das wichtigste Werkzeug für Mutters Arbeit als Näherin. Sie durfte niemals nass werden, sonst rostete sie.
Die Kleine wagte nicht, auf das zu blicken, was auf dem Bauch der Mutter lag.
«Schneid hier durch.»
Ich kann das nicht, wollte sie sagen. Doch kein Ton kam über ihre Lippen. Sie wünschte sich zurück in die feuchtkalte Mauerecke zwischen Eingangstür und Tisch.
Die Mutter nahm die Schere selbst in die Hand. Ihre Kraft reichte nicht. Das dicke Band, das sie mit dem Etwas verband, war zu fest. Erneut schüttelte der Husten sie.
»Mach du es.»
Mit zitternden Händen umfasste die Kleine die Stoffschere. Die eiskalte Hand der Mutter führte sie an Schleim und Blut heran. Das Mädchen schloss fest die Augen und öffnete sie erst wieder, als die große Hand ihre kleine freigab.
«Gott meint es gut mit uns. Es lebt nicht.» Die Mutter atmete stoßweise. «Wickle es in eine Zeitung. Dann leg es in die Waschschüssel. Die schieb unters Bett.»
Gehorsam, aber widerwillig berührte die Tochter das blutige und schleimige Es, um zu tun, was ihr aufgetragen worden war. Dann wischte das zarte Mädchen sich die Hände an Zeitungsresten ab, die sie am Vortag gesammelt hatte, um damit die Kochmaschine anzuheizen. Das geronnene, fast schwarze Blut ließ sich kaum entfernen.
Die Mutter wandte sich zur Seite, spuckte hustend einen Schwall Blut. Überall war es; tropfte sogar durch die Strohmatratze auf den Boden. Die Mutter zitterte, während ihre Tochter die schwere, harte Decke über sie zog.
«Mutter? Mutter! Sag doch was.»
Das Kind bekam keine Antwort. Verzweifelt blickte es hinauf zu dem schlitzförmigen Fenster; der schwache Schein der Gaslaterne im Hof drang nicht hinab in die Kellerwohnung. Die Stimmen der Menschen waren verklungen, es war Nacht geworden. Die Kleine kehrte in die Nische neben der Tür zurück. Am liebsten wäre sie davongelaufen. Aber sie durfte ihre Mutter nicht allein lassen. Es gab doch nur sie beide auf der ganzen Welt.
Das unregelmäßige Atmen der Mutter verstummte. Die Kleine kauerte sich in ihrer Ecke auf den Boden. Unter der Tür kroch die Winterkälte in den Raum. Doch das Kind traute sich nicht, zur Mutter in das einzige Bett zu kriechen. Es fror und wickelte sich in den zu großen Mantel der Mutter. Der Mantel wärmte nicht, das Zittern kam direkt aus dem Bauch und breitete sich bis in die Hände und Füße aus. Die Kleine verkrampfte die Hände vor dem Gesicht. Sie wollte beten, so, wie die Mutter es ihr oft gesagt hatte.
Erschrocken riss die Sechsjährige die Finger auseinander und starrte ihre blutverschmierten Hände an.
Was hatten sie getan?
© Wunderlich Verlag
«Du musst beten, dann wird alles gut.»
«Ja, Mutter.»
Die Mutter schob sich das Tuch wieder zwischen die Zähne. Ihr schweißnasses Gesicht war verzerrt. Sie riss den Kopf in den Nacken, die dick geschwollenen Adern traten auf dem sehnigen weißen Hals hervor.
Die Augen des Mädchens wanderten zum einzigen Wandschmuck, einer schwarzen Tafel mit verschnörkelten weißen Buchstaben. Die Mutter hatte ihr oft gesagt, was dort stand.
Danket dem Herrn, denn er tut Gutes!
Der Kleinen fiel kein Gebet ein. In ihrem Kopf waren nur Leere und Angst. Sie hob den Becher auf, den die Mutter fallen gelassen hatte, stellte ihn auf den Küchenherd und schüttete noch etwas Wasser aus der für sie viel zu schweren Kanne nach.
Die Mutter bäumte sich auf, ihr vom Schmerz entstelltes Gesicht glich einer Fratze. Schließlich stieß sie die Decke fort. Zwischen ihren angewinkelten mageren Beinen hatte sich eine dunkle Pfütze ausgebreitet. Darin, klein und bläulich-weiß, lag etwas in Größe und Form einer Puppe. Die Mutter schob es sich auf den Bauch. Bellender Husten schüttelte sie.
«Hol die Stoffschere vom Tisch.»
Starr vor Entsetzen war die Tochter zu keiner Bewegung fähig.
»Mach, steh nicht rum!»
Die Schere lag zwischen der Lampe und einem Packen Weißwäsche, die mit neuen Knöpfen und Knopflöchern zu versehen war. Bis zu diesem Morgen hatten sie daran gearbeitet. Die Schere war das wichtigste Werkzeug für Mutters Arbeit als Näherin. Sie durfte niemals nass werden, sonst rostete sie.
Die Kleine wagte nicht, auf das zu blicken, was auf dem Bauch der Mutter lag.
«Schneid hier durch.»
Ich kann das nicht, wollte sie sagen. Doch kein Ton kam über ihre Lippen. Sie wünschte sich zurück in die feuchtkalte Mauerecke zwischen Eingangstür und Tisch.
Die Mutter nahm die Schere selbst in die Hand. Ihre Kraft reichte nicht. Das dicke Band, das sie mit dem Etwas verband, war zu fest. Erneut schüttelte der Husten sie.
»Mach du es.»
Mit zitternden Händen umfasste die Kleine die Stoffschere. Die eiskalte Hand der Mutter führte sie an Schleim und Blut heran. Das Mädchen schloss fest die Augen und öffnete sie erst wieder, als die große Hand ihre kleine freigab.
«Gott meint es gut mit uns. Es lebt nicht.» Die Mutter atmete stoßweise. «Wickle es in eine Zeitung. Dann leg es in die Waschschüssel. Die schieb unters Bett.»
Gehorsam, aber widerwillig berührte die Tochter das blutige und schleimige Es, um zu tun, was ihr aufgetragen worden war. Dann wischte das zarte Mädchen sich die Hände an Zeitungsresten ab, die sie am Vortag gesammelt hatte, um damit die Kochmaschine anzuheizen. Das geronnene, fast schwarze Blut ließ sich kaum entfernen.
Die Mutter wandte sich zur Seite, spuckte hustend einen Schwall Blut. Überall war es; tropfte sogar durch die Strohmatratze auf den Boden. Die Mutter zitterte, während ihre Tochter die schwere, harte Decke über sie zog.
«Mutter? Mutter! Sag doch was.»
Das Kind bekam keine Antwort. Verzweifelt blickte es hinauf zu dem schlitzförmigen Fenster; der schwache Schein der Gaslaterne im Hof drang nicht hinab in die Kellerwohnung. Die Stimmen der Menschen waren verklungen, es war Nacht geworden. Die Kleine kehrte in die Nische neben der Tür zurück. Am liebsten wäre sie davongelaufen. Aber sie durfte ihre Mutter nicht allein lassen. Es gab doch nur sie beide auf der ganzen Welt.
Das unregelmäßige Atmen der Mutter verstummte. Die Kleine kauerte sich in ihrer Ecke auf den Boden. Unter der Tür kroch die Winterkälte in den Raum. Doch das Kind traute sich nicht, zur Mutter in das einzige Bett zu kriechen. Es fror und wickelte sich in den zu großen Mantel der Mutter. Der Mantel wärmte nicht, das Zittern kam direkt aus dem Bauch und breitete sich bis in die Hände und Füße aus. Die Kleine verkrampfte die Hände vor dem Gesicht. Sie wollte beten, so, wie die Mutter es ihr oft gesagt hatte.
Erschrocken riss die Sechsjährige die Finger auseinander und starrte ihre blutverschmierten Hände an.
Was hatten sie getan?
© Wunderlich Verlag
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Autoren-Porträt von Ilona M. Hilliges
Hilliges, Ilona MariaIlona Maria Hilliges lebte mehrere Jahre in Afrika. Ihr autobiografischer Roman "Die weiße Hexe" stürmte die Bestsellerlisten. Auch die Romane "Sterne über Afrika" und "Ein Kind Afrikas" über die Ärztin Amelie, die bei Wunderlich erschienen, waren beim Publikum außerordentlich beliebt. Ilona Maria Hilliges ist verheiratet, hat vier Kinder und wohnt in Berlin. Autoren-Interview mit Ilona M. Hilliges
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Bibliographische Angaben
- Autor: Ilona M. Hilliges
- 2013, 540 Seiten, 1 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 11,5 x 18,8 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499246287
- ISBN-13: 9783499246289
- Erscheinungsdatum: 02.03.2009
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