Tausend kleine Schritte
Roman
Dies ist die bemerkenswerte Geschichte der Grace Lisa Vandenburg. Seit ihrem achten Lebensjahr zählt sie die Dinge in ihrem Leben, die Buchstaben ihres Namens (19) und die Borsten an ihrer Zahnbürste (1768). Seit einiger Zeit arbeitet sie nicht...
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Produktinformationen zu „Tausend kleine Schritte “
Dies ist die bemerkenswerte Geschichte der Grace Lisa Vandenburg. Seit ihrem achten Lebensjahr zählt sie die Dinge in ihrem Leben, die Buchstaben ihres Namens (19) und die Borsten an ihrer Zahnbürste (1768). Seit einiger Zeit arbeitet sie nicht mehr als Lehrerin und konzentriert sich ganz auf das Zählen und die Ordnung in ihrem Alltag. Nur mit einem hat sie nicht gerechnet: mit ihrer Liebe zu Seamus Joseph O'Reilly (19 Buchstaben). Seamus bringt alles durcheinander. Denn er glaubt, Grace wäre glücklicher ohne die Zahlen. Seamus öffnet eine Tür in ihrer Seele, aber er kennt die Ursache für Grace' Angewohnheit nicht. All ihr funkelnder Humor und ihre kuriosen Listen halten ihn nicht davon ab, die tiefempfundene Not hinter diesem Geheimnis ergründen zu wollen.
Klappentext zu „Tausend kleine Schritte “
Dies ist die bemerkenswerte Geschichte der Grace Lisa Vandenburg. Seit ihrem achten Lebensjahr zählt sie die Dinge in ihrem Leben, die Buchstaben ihres Namens (19) und die Borsten an ihrer Zahnbürste (1768). Seit einiger Zeit arbeitet sie nicht mehr als Lehrerin und konzentriert sich ganz auf das Zählen und die Ordnung in ihrem Alltag. Nur mit einem hat sie nicht gerechnet: mit ihrer Liebe zu Seamus Joseph O'Reilly (19 Buchstaben). Seamus bringt alles durcheinander. Denn er glaubt, Grace wäre glücklicher ohne die Zahlen. Seamus öffnet eine Tür in ihrer Seele, aber er kennt die Ursache für Grace' Angewohnheit nicht. All ihr funkelnder Humor und ihre kuriosen Listen halten ihn nicht davon ab, die tiefempfundene Not hinter diesem Geheimnis ergründen zu wollen.
Lese-Probe zu „Tausend kleine Schritte “
Tausend kleine Schritte von Toni Jordan Alles zählt. Eines Morgens, nicht lange nach dem Unfall, drehte ich mich auf dem Weg zur Schule an der Gartenpforte um und schaute zur Treppe zurück. Es waren nur zehn Stufen – ganz normale graue aus Stein, nicht aus Holz wie die zweiundzwanzig tückischen hinten am Haus. Die Stufen der Vordertreppe hatten schmale Streifen und dazwischen etwas grauen Sand, damit man bei schlechtem Wetter nicht ausrutschte. Aus irgendeinem Grund fand ich es falsch, sie so gedankenlos zu benutzen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Kam mir undankbar vor gegenüber diesen Stufen, die mich in den acht Jahren meines bisherigen Lebens klaglos getragen hatten. Ich lief zur Treppe zurück und stieg rauf. Dann stieg ich wieder runter und zählte dabei jede Stufe einzeln. Na bitte! 10. Der Tag ging weiter, aber ich musste immer wieder an die 10 Stufen denken.
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Es war keine fixe Idee. Nichts, was mich vom Unterricht oder Seilspringen oder Reden abgehalten hätte, sondern eher ein leichtes Ziepen, wie bei einem losen Zahn, den man ständig mit der Zunge befühlt. Auf dem Heimweg ergab es sich fast wie von selbst, dass ich meine Schritte zählte. Ich fing beim Schultor an, dann den Trampelpfad entlang, auf dem Fußweg, über die Straße, unten am Hügel vorbei, wieder über eine Straße und den Hügel hinauf bis in unseren Garten: 2827. Ziemlich viele Schritte für eine so kurze Entfernung, aber damals war ich auch noch kleiner. Heute, da ich 1,72 m und nicht mehr 1,20 m groß bin, würde ich die Strecke gerne noch mal ablaufen, und irgendwann gelingt mir das vielleicht auch. Ich weiß nur noch, dass ich am Ende jenes ersten Tages mit einem triumphierenden Gefühl im Bett lag. Ich hatte die Dimensionen meiner Welt vermessen.
Jetzt kannte ich sie, und keiner konnte sie mehr verändern; sie waren beständig. Im Gegensatz zum Wetter in Melbourne. 36 Grad und sonnig; 38 Grad, sonnig; 36 Grad, sonnig; 12 Grad und so starker Regen, dass ich auf dem Weg zum Briefkasten fast eine Gehirnerschütterung riskiere. So jedenfalls ist dieser Januar bisher gewesen. Als Kind fand ich das nahezu unzumutbar. Mit 8 Jahren begann ich die täglichen Höchstund Tiefstwerte aus der Zeitung in eine Tabelle zu übertragen, auf der Suche nach einem Muster. Nichts. Im Laufe der Zeit wurde das Zählen zum Gerüst meines Lebens. Wenn ich gestört wurde, bemühte ich mich, die Unterbrechung möglichst unauffällig zu gestalten, um keinen Verdacht zu erregen. Abbrechen war erlaubt und kein Verstoß gegen die Regeln – Zahlen sind geduldig und warten – man durfte nur nicht vergessen, wo man war oder einen Schritt zu viel machen. Auf alle Fälle durfte man sich nicht verzählen, denn sonst musste man von vorn anfangen. Schwierig war nur, das Zucken der Finger zu verhindern. »Grace, warum bewegst du die Finger so komisch?« »Wie komisch?« Schon damals spürte ich, dass Zählen nicht zu den Dingen gehörte, über die ich mit anderen reden sollte, obwohl ich erst acht war. Die Zahlen waren ein Geheimnis, das nur mir gehörte. Manche Kinder wussten nicht mal, wie breit die Schule oder ihr Haus war, geschweige denn die Zahl der Buchstaben in ihrem Namen. Ich bin eine 19: Grace Lisa Vandenburg; Jill eine 20: Jill Stella Vandenburg, einer mehr als bei mir, obwohl sie drei Jahre jünger ist. Meine Mutter ist eine 23: Marjorie Anne Vandenburg. Mein Vater war auch eine 19: James Clay Vandenburg. Plötzlich sah ich überall Zehner. Warum endete fast alles mit Nullen? Über die Straße gehen: 30 Schritte. Vom vorderen Gartenzaun zum Lebensmittelladen: 870 Schritte.
War es möglich, dass ich meine Zählerei unbewusst dezimalisierte? Blieb ich an der Fußmatte des Ladens stehen statt an der Tür, nur damit ich am Ende eine Null bekam? Nullen, Zehner. Finger, Zehen. Wir benennen die Zahlen in Blöcken. Eines Tages lernten wir im Matheunterricht Auf- und Abrunden, also eine Zahl in die nächste, durch 10 teilbare zu verwandeln. Ich fragte Mrs. Doyle, ob man nicht auch die nächste durch 7 teilbare Zahl nehmen könne. Sie wusste nicht, was ich damit meinte. Warum sind Uhren so unübersehbar falsch? Auf der Grundlage von 60 zu zählen ist eine heidnische Tendenz. Warum nehmen die Menschen das hin? Als ich die Highschool abschloss, wusste ich alles über das digitale System, seine indoarabische Geschichte und die Rolle der Fibonacci-Folge bei der Einführung der Bezugsgröße 10 im Jahr 1202. Noch heute ärgern sich viele im Cyberspace – die Leute, die immer noch glauben, dass die Erde eine Scheibe ist, sind wütend, weil als Bezugsgröße die 10 und nicht die 12 gewählt wurde, die in ihren Augen reiner ist; sie ist leicht zu halbieren und zu vierteln, und entspricht der Anzahl der Monate und der Apostel. Aber ich halte mich an die Finger – so ist unser Körper nun mal angelegt. Ende der Diskussion. Die Erkenntnis, dass Zehner die Welt bestimmen, markierte einen wunderbaren Wendepunkt, als hätte mir jemand den Schlüssel zum Leben gegeben. Wenn ich mein Zimmer aufräumte, hob ich immer 10 Sachen auf. 10 Sachen in der Stunde, 10 Sachen am Tag. 10 Bürstenstriche durchs Haar. 10 Weintrauben als Snack. 10 Seiten lesen vor dem Einschlafen. 10 Erbsen essen. 10 Socken falten. 10 Minuten duschen. 10. Jetzt erkannte ich nicht nur die Ausmaße meiner Welt, sondern auch die Größe und Form aller Dinge darin. Klar definiert und alles an seinem Platz. Mein Barbie-Camper war out, meine Cuisenaire-Stäbchen waren in. Rein äußerlich machen sie nicht viel her: Eine grüne Plastikbox, die zurechtgeschnittene und glattgeschliffene Holzstücke in diversen Größen und Farben enthält. Erfunden von Georges Cuisenaire, meinem zweitliebsten Erfinder, als er nach einer Methode suchte, Kindern den Zugang zur Mathematik zu erleichtern. Ich liebe sie, besonders die Farben. Die Länge eines jeden Stäbchens entspricht seinem Zahlenwert, und jede Zahl hat eine andere Farbe. Noch als ich längst erwachsen war, verband ich mit Zahlen immer auch Farben. Weiß war 1. Rot 2. Hellgrün 3. Rosa (ein knalliges leuchtendes Rosa) war 4. Gelb 5. Dunkelgrün 6. Schwarz 7. Braun 9. Orange 10. Ich lag stundenlang auf meinem Bett, hielt die Stäbchen in der Hand und lauschte dem Klacken, wenn sie zusammenstießen. Sobald ich dieses Geräusch höre, bin ich wieder acht Jahre alt: Das Bett ragte diagonal aus einer Zimmerecke, denn so kam meine Mutter leichter von beiden Seiten ran. Die Bettwäsche aus Baumwollflanell mit 34 pastellrosa und -blauen Streifen, die ich abends anstelle von Schäfchen zählte.
An der Ostwand befanden sich 4 Dachfenster, durch die morgens, wenn die 31 Lamellen der Aluminiumjalousie hochgezogen waren, die Sonne fiel. Im Kopfteil des Bettes war ein eingebautes Licht hinter einem durchsichtigen Plastikschirm und ein Bord, auf dem ein kleines Transistorradio aus makellosem Silber in einem Kunstlederetui stand, ein Geburtstagsgeschenk von meinem Großvater. An der Westwand befanden sich weitere Regale, auf denen 2 Porzellanfiguren standen, eine Schafhirtin und eine Meerjungfrau, sowie 3 Plüschpekinesen mit langen karamelbraunen Haaren, die ich jeden Abend kämmte: Vater, Mutter und Kind. Und eine Brautpuppe in einem mit 40 Perlen verzierten Satinkleid. Auf dem Fußboden in der Ecke standen 7 Blechautos von der Größe einer Kinderfaust, ein Überbleibsel vom letzten Spielen. In der Schule lief alles normal. Besser als normal.
Eins plus, eins plus, eins plus. Und Klassenbeste ist wieder einmal Grace Vandenburg. Das Geheimnis meines Erfolgs verdankte ich den Zahlen: Ich machte in jedem Fach 100 Minuten Hausaufgaben pro Woche, und wenn ich damit fertig war, lernte ich in alphabetischer Reihenfolge 10 Wörter aus dem Lexikon. Aasfresser, ab, Abakus, Abart, Abgas, Ableger, Absinth, abtrotzen, abwaschen, Achse. Mein Gedächtnis wurde durch Wörter und Zahlen angeregt und geschärft – mir fallen noch heute Fakten und Personen, Daten und Wörter ein, selbst wenn ich gar nicht danach suche. Niemand bemerkte es, als ich mich in Zahlen verliebte. Allerdings wäre es auch niemandem aufgefallen, wenn ich in Flammen gestanden hätte. Es war ein schlimmes Jahr für meine Eltern. Meine Mutter verbrachte Stunden im Garten und pflegte jeden Setzling, als wäre der Tod auch nur eines einzigen eine Niederlage für sie. Und mit meinem Vater ging es zu diesem Zeitpunkt schon bergab. Jill und ich schlugen uns allein durch. Zählen wurde – und blieb – mein Geheimnis. ISBN 978-3-492-05222-1© 2008 by Toni Jordan© der deutschsprachigen Ausgabe:Piper Verlag GmbH, München 2009Satz: Filmsatz Schröter, München
Druck und Bindung: CPI – Clausen & Bosse, LeckPrinted in Germany
Jetzt kannte ich sie, und keiner konnte sie mehr verändern; sie waren beständig. Im Gegensatz zum Wetter in Melbourne. 36 Grad und sonnig; 38 Grad, sonnig; 36 Grad, sonnig; 12 Grad und so starker Regen, dass ich auf dem Weg zum Briefkasten fast eine Gehirnerschütterung riskiere. So jedenfalls ist dieser Januar bisher gewesen. Als Kind fand ich das nahezu unzumutbar. Mit 8 Jahren begann ich die täglichen Höchstund Tiefstwerte aus der Zeitung in eine Tabelle zu übertragen, auf der Suche nach einem Muster. Nichts. Im Laufe der Zeit wurde das Zählen zum Gerüst meines Lebens. Wenn ich gestört wurde, bemühte ich mich, die Unterbrechung möglichst unauffällig zu gestalten, um keinen Verdacht zu erregen. Abbrechen war erlaubt und kein Verstoß gegen die Regeln – Zahlen sind geduldig und warten – man durfte nur nicht vergessen, wo man war oder einen Schritt zu viel machen. Auf alle Fälle durfte man sich nicht verzählen, denn sonst musste man von vorn anfangen. Schwierig war nur, das Zucken der Finger zu verhindern. »Grace, warum bewegst du die Finger so komisch?« »Wie komisch?« Schon damals spürte ich, dass Zählen nicht zu den Dingen gehörte, über die ich mit anderen reden sollte, obwohl ich erst acht war. Die Zahlen waren ein Geheimnis, das nur mir gehörte. Manche Kinder wussten nicht mal, wie breit die Schule oder ihr Haus war, geschweige denn die Zahl der Buchstaben in ihrem Namen. Ich bin eine 19: Grace Lisa Vandenburg; Jill eine 20: Jill Stella Vandenburg, einer mehr als bei mir, obwohl sie drei Jahre jünger ist. Meine Mutter ist eine 23: Marjorie Anne Vandenburg. Mein Vater war auch eine 19: James Clay Vandenburg. Plötzlich sah ich überall Zehner. Warum endete fast alles mit Nullen? Über die Straße gehen: 30 Schritte. Vom vorderen Gartenzaun zum Lebensmittelladen: 870 Schritte.
War es möglich, dass ich meine Zählerei unbewusst dezimalisierte? Blieb ich an der Fußmatte des Ladens stehen statt an der Tür, nur damit ich am Ende eine Null bekam? Nullen, Zehner. Finger, Zehen. Wir benennen die Zahlen in Blöcken. Eines Tages lernten wir im Matheunterricht Auf- und Abrunden, also eine Zahl in die nächste, durch 10 teilbare zu verwandeln. Ich fragte Mrs. Doyle, ob man nicht auch die nächste durch 7 teilbare Zahl nehmen könne. Sie wusste nicht, was ich damit meinte. Warum sind Uhren so unübersehbar falsch? Auf der Grundlage von 60 zu zählen ist eine heidnische Tendenz. Warum nehmen die Menschen das hin? Als ich die Highschool abschloss, wusste ich alles über das digitale System, seine indoarabische Geschichte und die Rolle der Fibonacci-Folge bei der Einführung der Bezugsgröße 10 im Jahr 1202. Noch heute ärgern sich viele im Cyberspace – die Leute, die immer noch glauben, dass die Erde eine Scheibe ist, sind wütend, weil als Bezugsgröße die 10 und nicht die 12 gewählt wurde, die in ihren Augen reiner ist; sie ist leicht zu halbieren und zu vierteln, und entspricht der Anzahl der Monate und der Apostel. Aber ich halte mich an die Finger – so ist unser Körper nun mal angelegt. Ende der Diskussion. Die Erkenntnis, dass Zehner die Welt bestimmen, markierte einen wunderbaren Wendepunkt, als hätte mir jemand den Schlüssel zum Leben gegeben. Wenn ich mein Zimmer aufräumte, hob ich immer 10 Sachen auf. 10 Sachen in der Stunde, 10 Sachen am Tag. 10 Bürstenstriche durchs Haar. 10 Weintrauben als Snack. 10 Seiten lesen vor dem Einschlafen. 10 Erbsen essen. 10 Socken falten. 10 Minuten duschen. 10. Jetzt erkannte ich nicht nur die Ausmaße meiner Welt, sondern auch die Größe und Form aller Dinge darin. Klar definiert und alles an seinem Platz. Mein Barbie-Camper war out, meine Cuisenaire-Stäbchen waren in. Rein äußerlich machen sie nicht viel her: Eine grüne Plastikbox, die zurechtgeschnittene und glattgeschliffene Holzstücke in diversen Größen und Farben enthält. Erfunden von Georges Cuisenaire, meinem zweitliebsten Erfinder, als er nach einer Methode suchte, Kindern den Zugang zur Mathematik zu erleichtern. Ich liebe sie, besonders die Farben. Die Länge eines jeden Stäbchens entspricht seinem Zahlenwert, und jede Zahl hat eine andere Farbe. Noch als ich längst erwachsen war, verband ich mit Zahlen immer auch Farben. Weiß war 1. Rot 2. Hellgrün 3. Rosa (ein knalliges leuchtendes Rosa) war 4. Gelb 5. Dunkelgrün 6. Schwarz 7. Braun 9. Orange 10. Ich lag stundenlang auf meinem Bett, hielt die Stäbchen in der Hand und lauschte dem Klacken, wenn sie zusammenstießen. Sobald ich dieses Geräusch höre, bin ich wieder acht Jahre alt: Das Bett ragte diagonal aus einer Zimmerecke, denn so kam meine Mutter leichter von beiden Seiten ran. Die Bettwäsche aus Baumwollflanell mit 34 pastellrosa und -blauen Streifen, die ich abends anstelle von Schäfchen zählte.
An der Ostwand befanden sich 4 Dachfenster, durch die morgens, wenn die 31 Lamellen der Aluminiumjalousie hochgezogen waren, die Sonne fiel. Im Kopfteil des Bettes war ein eingebautes Licht hinter einem durchsichtigen Plastikschirm und ein Bord, auf dem ein kleines Transistorradio aus makellosem Silber in einem Kunstlederetui stand, ein Geburtstagsgeschenk von meinem Großvater. An der Westwand befanden sich weitere Regale, auf denen 2 Porzellanfiguren standen, eine Schafhirtin und eine Meerjungfrau, sowie 3 Plüschpekinesen mit langen karamelbraunen Haaren, die ich jeden Abend kämmte: Vater, Mutter und Kind. Und eine Brautpuppe in einem mit 40 Perlen verzierten Satinkleid. Auf dem Fußboden in der Ecke standen 7 Blechautos von der Größe einer Kinderfaust, ein Überbleibsel vom letzten Spielen. In der Schule lief alles normal. Besser als normal.
Eins plus, eins plus, eins plus. Und Klassenbeste ist wieder einmal Grace Vandenburg. Das Geheimnis meines Erfolgs verdankte ich den Zahlen: Ich machte in jedem Fach 100 Minuten Hausaufgaben pro Woche, und wenn ich damit fertig war, lernte ich in alphabetischer Reihenfolge 10 Wörter aus dem Lexikon. Aasfresser, ab, Abakus, Abart, Abgas, Ableger, Absinth, abtrotzen, abwaschen, Achse. Mein Gedächtnis wurde durch Wörter und Zahlen angeregt und geschärft – mir fallen noch heute Fakten und Personen, Daten und Wörter ein, selbst wenn ich gar nicht danach suche. Niemand bemerkte es, als ich mich in Zahlen verliebte. Allerdings wäre es auch niemandem aufgefallen, wenn ich in Flammen gestanden hätte. Es war ein schlimmes Jahr für meine Eltern. Meine Mutter verbrachte Stunden im Garten und pflegte jeden Setzling, als wäre der Tod auch nur eines einzigen eine Niederlage für sie. Und mit meinem Vater ging es zu diesem Zeitpunkt schon bergab. Jill und ich schlugen uns allein durch. Zählen wurde – und blieb – mein Geheimnis. ISBN 978-3-492-05222-1© 2008 by Toni Jordan© der deutschsprachigen Ausgabe:Piper Verlag GmbH, München 2009Satz: Filmsatz Schröter, München
Druck und Bindung: CPI – Clausen & Bosse, LeckPrinted in Germany
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Autoren-Porträt von Toni Jordan
Toni Jordan, geb. 1966 in Brisbane, studierte Naturwissenschaften an der Universität von Queensland. Sie arbeitete als Mikrobiologin, Lebensmittelchemikerin und Marketingmanagerin, bevor sie mit dem Schreiben begann. Toni Jordan lebt mit ihrem Mann in Melbourne.Brigitte Jakobeit, Jg. 1955, lebt in Hamburg und übersetzt seit 1990 englischsprachige Literatur, darunter die Autobiographien von Miles Davis und Milos Forman sowie Bücher von John Boyne, Paula Fox, Alistair MacLeod, Audrey Niffenegger und Jonathan Safran Foer.
Bibliographische Angaben
- Autor: Toni Jordan
- 2009, 3. Aufl., 270 Seiten, Maße: 13,6 x 21,2 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Jakobeit, Brigitte
- Übersetzer: Brigitte Jakobeit
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 3492052223
- ISBN-13: 9783492052221
Rezension zu „Tausend kleine Schritte “
»Herrlich skurriles und preisgekröntes Debüt.« Bunte . »>Tausend kleine Schritte< ist eine ungewöhnliche Liebesgeschichte über einen Menschen, der hilflos und kraftvoll zugleich ist.« General-Anzeiger
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