Tödliche Liebe
Roman
Deanna Reynolds moderiert eine erfolgreiche Talkshow und lebt in einer erfüllten Beziehung mit dem gut aussehenden Finn. Nicht einmal die bedrohlichen Liebesbriefe eines besessenen Fans können ihr Glück trüben. Viel zu spät erkennt...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Tödliche Liebe “
Deanna Reynolds moderiert eine erfolgreiche Talkshow und lebt in einer erfüllten Beziehung mit dem gut aussehenden Finn. Nicht einmal die bedrohlichen Liebesbriefe eines besessenen Fans können ihr Glück trüben. Viel zu spät erkennt Deanna: Sie schwebt in tödlicher Gefahr. Wird Finn sie retten können?
Klappentext zu „Tödliche Liebe “
Sie ist in größter Gefahr. Und nur einer kann sie rettenDeanna Reynolds ist am Ziel ihrer Träume. Sie moderiert eine erfolgreiche Talkshow und hat eine erfüllte Beziehung mit dem gut aussehenden Finn Riley. Auch die Schikanen ihrer Erzrivalin und die bedrohlichen Liebesbriefe eines besessenen Fans können ihr Glück nicht trüben. Viel zu spät erkennt Deanna, was ihr Verlobter Finn schon die ganze Zeit geahnt hat: Sie schwebt in tödlicher Gefahr. Doch wird Finn sie retten können?
Lese-Probe zu „Tödliche Liebe “
Tödliche Liebe von Nora RobertsAus dem Amerikanischen von Gunther Seipel
Teil Eins
Chicago, 1994
Es war Mitternacht in Chicago, eine Nacht ohne Mond. Deanna kam sich in diesem Augenblick allerdings vor wie in dem Film Zwölf Uhr mittags. ohne Schwierigkeiten konnte sie sich in die Rolle des ruhigen, würdevollen, beherzten Gary Cooper hineinversetzen, der sich gerade darauf vorbereitete, den verschlagenen, rachsüchtigen Revolverhelden zur Strecke zu bringen.
Verdammt! dachte Deanna. Chicago war doch ihre Stadt und Angela die außenstehende!
Vermutlich entsprach es Angelas Sinn für Dramatik, sie genau in dem Studio zur entscheidenden Kraftprobe herauszufordern, in dem sie beide die schlüpfrige Leiter ihrer ehrgeizigen Bestrebungen erklommen hatten, dachte Deanna. Mittlerweile jedoch war das hier ihr Studio und ihre Talkshow - Deannas Stunde -, die den Löwenanteil an Einschaltquoten einbrachte, und daran würde auch Angela nichts ändern können, es sei denn, sie ließ Elvis von den toten auferstehen und bat ihn, dem Studiopublikum »Heartbreak Hotel« vorzusingen.
Ein flüchtiges Lächeln huschte über Deannas Lippen, doch war ihr keineswegs zum Scherzen zumute. Angela - eine würdige Gegnerin! Die ganzen Jahre hindurch hatte sie mit einer abscheulichen Taktik dafür gesorgt, dass ihre tägliche Talkshow auf dem ersten Platz blieb.
Doch was immer Angela dieses Mal auch im Schilde führen mochte, ihre Strategie würde nicht aufgehen. Sie hatte Deanna Reynolds unterschätzt. sollte sie doch nur von Geheimnissen munkeln und mit Skandalen drohen, so viel sie wollte! sie konnte unmöglich irgendetwas vorbringen, das Deanna veranlassen würde, ihre Pläne zu ändern.
... mehr
Jedenfalls werde ich Angela ausreden lassen, dachte Deanna. Vielleicht werde ich sogar ein letztes Mal versuchen, mich auf einen Kompromiss einzulassen, und ihr zwar nicht gerade meine Freundschaft, aber doch zumindest einen einstweiligen Waffenstillstand anzubieten. es gab zwar nur wenig Grund zu der Hoffnung, dass nach dieser ganzen Zeit und all diesen Feindseligkeiten die Kluft zwischen ihnen überbrückt werden konnte, doch war Deanna der Ansicht, dass man die Hoffnung nie aufgeben sollte.
Zumindest, solange es noch ein Fünkchen Hoffnung gab.
Die junge Frau lenkte ihre Gedanken wieder auf das, was sie gerade tat, und fuhr auf den Parkplatz des CBC-Gebäudes. tagsüber war dieser Parkplatz völlig überfüllt; Leute von der Technik und aus den Redaktionen, Produzenten und Regisseure, Sekretärinnen, Künstler, Schauspieler, Moderatoren und die vielen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - alle stellten hier ihren Wagen ab. Sie selbst ließ sich immer von ihrem Fahrer absetzen und wieder abholen und vermied so das lärmende Durcheinander. Im Innern des großen weißen Gebäudes hasteten normalerweise die Menschen hin und her, um die Nachrichten auf die Beine zu stellen, die um sieben Uhr morgens, zwölf Uhr mittags, fünf Uhr nachmittags und zehn Uhr abends ausgestrahlt wurden. Auch die Sendungen Das Kochstudio mit Bobby Marks, das allwöchentliche Magazin Nachgefragt mit Finn Riley und die landesweit beste Talkshow, Deannas Stunde, wurden hier produziert.
Jetzt jedoch, kurz nach Mitternacht, war der Parkplatz nahezu leer. Nur ein halbes Dutzend Autos war zu sehen. sie gehörten dem Stammpersonal, das sich in der Nachrichtenredaktion die Zeit um die Ohren schlug und darauf wartete, dass irgendwo in der Welt etwas passierte. Wahrscheinlich hofften sie darauf, dass der Ausbruch neuer Kriege bis zum Ende der einsamen Nachtschicht auf sich warten ließ.
Während Deanna ihren Wagen einparkte und den Motor abschaltete, wünschte sie sich, woanders zu sein, ganz egal wo. Für einen Moment blieb sie einfach sitzen und lauschte in die Nacht hinein, hörte das brausen des Straßenverkehres und das Dröhnen der gewaltigen Klimaanlage, die das Gebäude und die teuren Gerätschaften darin kühl hielt. bevor sie Angela gegenübertrat, musste sie unbedingt ihre widersprüchlichen Gefühle in den Griff bekommen und ihre seelische stärke wiedergewinnen.
Seelenstärke und Selbstbeherrschung waren in dem Beruf, den sie sich ausgesucht hatte, zu ihrer zweiten Natur geworden; erst diese Eigenschaften befähigten sie zu ihrer Arbeit. eigentlich hatte sie ihr Temperament unter Kontrolle, denn es führte zu nichts, die Fassung zu verlieren. bei den starken und sich widersprechenden Gefühlen, die momentan mit ihr durchzugehen drohten, war das jedoch anders. auch nach der ganzen Zeit, die mittlerweile verstrichen war, fiel es schwer zu vergessen, dass die Frau, der sie gleich gegenüberstehen würde, eine Person war, die sie einmal bewundert und respektiert und der sie vertraut hatte.
Aus bitterer Erfahrung wusste Deanna, dass Angela eine Expertin im Manipulieren von Gefühlen war. Deannas Problem - und nach den Äußerungen vieler auch ihre besondere Stärke - bestand darin, dass sie unfähig war, ihre Gefühle zu verbergen. sie standen ihr einfach ins Gesicht geschrieben und sprachen für jeden, der darauf achtete, eine deutliche Sprache. Was immer sie gerade fühlte, spiegelte sich in ihren grauen Augen, wurde durch die Neigung des Kopfes oder den Ausdruck ihres Mundes offenbar. Einige meinten, genau dadurch würde sie unwiderstehlich und gefährlich. Mit einer schnellen Bewegung des Handgelenks drehte Deanna den Rückspiegel auf sich zu. Ja, dachte sie versonnen, sie konnte sehen, dass ihre Augen vor Wut funkelten, konnte den verhaltenen Groll und den Schmerz, der auf ihrer Seele lastete, erkennen. Immerhin waren sie und Angela einmal Freundinnen gewesen oder hatten zumindest kurz davor gestanden, welche zu werden.
Doch Deanna verspürte auch eine gewisse Vorfreude. es ging um ihren stolz, und das anstehende Wortgefecht war schon lange überfällig gewesen.
Mit einem dünnen Lächeln brachte sie einen Lippenstift zum Vorschein und bemalte sorgfältig ihren Mund. Ohne diesen elementarsten Schutz sollte sie nicht in den Schlagabtausch mit ihrer Erzrivalin gehen. Erfreut über ihre völlig ruhige Hand ließ sie den Lippenstift wieder in die Handtasche fallen und stieg aus dem Wagen. Einen Augenblick lang stand sie da, atmete die milde Nachtluft ein und stellte sich die eine Frage.
Bist du ruhig, Deanna?
Nein, dachte sie, innerlich rotiere ich. Solange das jedoch ihrer Kraft zugutekam, war das nicht weiter schlimm. Deanna schlug die Autotür zu und ging mit energischen schritten über den Parkplatz. Sie zog den Plastikausweis aus der Tasche und steckte ihn in den sicherheitsschlitz neben dem Hintereingang. Sekunden später leuchtete ein kleines grünes Licht auf, und ein Klicken zeigte an, dass sie die Türklinke nach unten drücken und die schwere Tür aufziehen konnte.
Sie knipste die Treppenbeleuchtung an und ließ die Tür hinter sich sanft ins Schloss fallen.
Interessant, dass Angela nicht schon vor mir da ist, dachte sie. Wahrscheinlich wird sie den Fahrdienst genommen haben. Seit Angela sich in New York niedergelassen hatte, stand ihr in Chicago nicht mehr rund um die Uhr ein Fahrer zur Verfügung. Überrascht stellte Deanna fest, dass sie auf dem Parkplatz gar keine Limousine gesehen hatte, die auf Angela wartete.
Angela war sonst wirklich immer sehr pünktlich, und das war eines der vielen Dinge, die Deanna an ihr schätzte.
Während sie ein Stockwerk nach unten ging, wurde das Klicken ihrer Absätze auf den Treppenstufen mit einem hohlen echo von den Wänden zurückgeworfen. Als sie ihren Ausweis in den nächsten sicherheitsschlitz gleiten ließ, fragte sie sich kurz, wen Angela wohl geschmiert, bedroht oder verführt haben mochte, um Einlass in dieses Studio zu bekommen.
Vor gar nicht so vielen Jahren war Deanna genau diesen Weg noch mit weit aufgerissenen Augen und voller Enthusiasmus entlanggeeilt, wenn Angela sie mit einem fordernden Fingerschnippen gebeten hatte, irgendwelche Aufträge für sie auszuführen. Wie ein kleines Hündchen hatte sie jedem Zeichen der Anerkennung entgegengefiebert. Doch wie jeder kluge kleine Hund hatte auch sie dazugelernt.
Als es dann zum Verrat und ihrer abrupten und schmerzhaften Desillusionierung gekommen war, hätte sie - um bei dem Vergleich mit dem kleinen Hund zu bleiben - herumwinseln können. stattdessen hatte sie ihre Wunden geleckt und sich alles nutzbar gemacht, was sie gelernt hatte - bis die Schülerin zur Meisterin geworden war.
Eigentlich hätte sie die Entdeckung, wie schnell alte Ressentiments und seit Langem verflogener Groll wieder aufatmen können, nicht weiter überraschen sollen. Dieses Mal würde sie Angela in ihrem eigenen Revier gegenüberstehen, dachte Deanna, und das treffen würde nach ihren Regeln ablaufen. Das naive Mädchen aus Kansas brannte inzwischen darauf, ihrer Kontrahentin zu beweisen, dass ihre Ambitionen Wirklichkeit geworden waren.
Und hatte Deanna das erst einmal getan, würde es ja vielleicht die Atmosphäre zwischen ihnen bereinigen, sodass sie sich beide auf der gleichen ebene begegnen konnten. Sollte es nicht gelingen zu vergessen, was in der Vergangenheit zwischen ihnen vorgefallen war, konnten sie das immer noch akzeptieren und ihrer Wege gehen.
Deanna ließ ihren Ausweis in den Schlitz neben den Türen zum Studio gleiten. Das Licht blinkte grün auf. sie schob sich nach innen, in die Dunkelheit hinein.
Das Studio war leer, was sie freute.
als erste hier anzukommen verschaffte ihr einen weiteren Vorteil, denn sie würde dann als Talkmasterin den unwillkommenen Gast an einen ihr wohlvertrauten Ort führen, an dem sie sich ganz wie zu Hause fühlte. In diesem Studio war Deanna vom Mädchen zur Frau herangereift, hier hatte sie gelernt und sich herumgezankt; insofern war das Studio wirklich ihr Zuhause.
Mit einem feinen Lächeln streckte Deanna in der Dunkelheit den Arm nach dem Schalter aus, mit dem das Lampenaggregat an der Decke eingeschaltet wurde. sie vermeinte, etwas gehört zu haben, ein leises, kaum wahrnehmbares Flüstern. Und die Vorfreude, die sie verspürte, wurde jäh von dem Gefühl durchbrochen, nicht allein zu sein.
Angela, dachte sie und betätigte den Schalter.
Doch als die Strahler an der Decke aufflammten, explodierten gleichzeitig hellere, blendendere Lichter in ihrem Kopf. schmerz durchzuckte sie, und sie versank wieder in der Dunkelheit.
Stöhnend erlangte sie allmählich wieder das Bewusstsein. Ihr Kopf hing nach hinten, stieß gegen einen Sessel, tat fürchterlich weh. Desorientiert hob sie erschöpft eine wacklige Hand an die Stelle, an der der Schmerz am schlimmsten war. Leicht mit Blut beschmiert, bewegten sich die Finger wieder davon weg.
Verzweifelt versuchte sie, sich zu konzentrieren, und stellte verblüfft fest, dass sie an ihrem Stammplatz in dem ihr wohlbekannten Studio saß. Hatte sie einen Einsatz verpasst? fragte sie sich und starrte benommen auf die Kamera, an der das rote Licht aufleuchtete.
Doch hinter der Kamera war kein Studiopublikum zu sehen, außerhalb des von den Kameras erfassten Bereiches herrschte bei den Leuten von der Technik kein geschäftiges Treiben. obwohl die Deckenlichter mit der vertrauten Hitze auf Deanna herunter fluteten, war keine Talkshow im Gang.
Deanna erinnerte sich daran, dass sie eigentlich gekommen war, um sich mit Angela zu treffen.
Wie Wasser, in das ein Stein geworfen wurde, begann ihr Gesichtsfeld erneut zu schwanken. Sie blinzelte, um klarer sehen zu können, und ihr blick blieb an den beiden Bildern auf dem Monitor hängen. Dort sah sie sich selbst, blass und mit glasigen Augen. Dann bemerkte sie voller Entsetzen den Gast im Sessel neben sich.
Angelas rosafarbenes Seidenkostüm war mit Knöpfen aus Perlen verziert. Um den Hals trug sie eine zu diesen passende Perlenkette und kleine Trauben aus diesen Perlen als Ohrringe. Angelas goldfarbenes Haar war zu einer lieblichen Frisur zurechtgemacht, sie hatte die Beine übereinandergeschlagen und die gefalteten Hände über die rechte Armlehne ihres Sessels gelegt.
Jeder Irrtum war ausgeschlossen - das musste Angela sein, auch wenn von ihrem Gesicht nicht mehr viel zu erkennen war.
Die rosafarbene Seide war mit Blut bespritzt, und frisches Blut rann fast gemächlich von dort herunter, wo eigentlich dieses schöne, kluge Gesicht sein sollte.
Deanna fing an zu schreien.
1
Chicago, 1990
Fünf, vier, drei ...
Deanna lächelte von ihrem Platz im Mittagsmagazinstudio aus in die Kamera. »Unser Gast heute Nachmittag ist Jonathan Monroe, ein hiesiger Schriftsteller, der gerade ein Buch mit dem Titel Ich will, was mir zusteht! veröffentlicht hat.« sie hob das dünne buch von dem kleinen runden Tisch zwischen
den Stühlen in die Höhe und versuchte, es vor die zweite Kamera zu bringen. »Jonathan, sie haben diesem Buch den Untertitel Gesunder Egoismus gegeben. Was hat sie veranlasst, über eine Eigenschaft zu schreiben, die die meisten Menschen als charakterliche schwäche ansehen?«
»Nun ja, Deanna.« Der kleine Mann mit dem heiteren Lächeln, dem die Strahler die Schweißperlen auf die Stirn trieben, lachte vergnügt in sich hinein. »Mein gesunder Egoismus eben.«
Gut geantwortet, dachte sie. Ihr war jedoch klar, dass er das nicht weiter ausführen würde, wenn sie nicht ein wenig nachhalf. »Wenn wir ehrlich sind, ist das doch bei uns allen so, oder nicht?«, fragte sie und versuchte ihren Gast ein wenig aufzulockern, indem sie ihm ein Gefühl von Kameradschaftlichkeit vermittelte. »Jonathan, in Ihrem Buch behaupten sie, dass schon im Kinderzimmer Eltern und Betreuer damit beginnen, diesen gesunden Egoismus zu unterdrücken.«
»Ganz genau.« sein starres Lächeln blieb unverändert, während sein blick voller Panik hin und her schnellte.
Deanna rutschte auf ihrem Sessel ein wenig nach vorne und legte unterhalb des von den Kameras erfassten Bereiches die Hand auf seine starren Finger. Ihr blick strahlte Interesse aus, ihre Berührung vermittelte Unterstützung. »Sie sind der Meinung, die Forderung der erwachsenen, Kinder sollten ihr Spielzeug mit anderen teilen, schaffe einen unnatürlichen Präzedenzfall. « Aufmunternd drückte sie ihm die Hand. »Haben sie nicht das Gefühl, dass das teilen eine elementare Form der Höflichkeit darstellt?«
»Überhaupt nicht!« Mit diesen Worten begann Jonathan, ihr seine Gründe dafür zu erläutern. Obwohl er seine Erklärungen nur stockend von sich gab, konnte sie ihm immer wieder über seine Unbeholfenheit hinweghelfen und ihn so sicher durch den drei Minuten und fünfzehn Sekunden langen Beitrag führen.
»So viel also zu dem Buch Ich will, was mir zusteht! von Jonathan Monroe«, sagte sie abschließend in die Kamera. »Es ist überall im Buchhandel erhältlich. Vielen, vielen Dank, dass sie heute zu uns gekommen sind, Jonathan.«
»Es war mir ein Vergnügen. Nebenbei bemerkt, arbeite ich gegenwärtig an meinem zweiten Buch mit dem Titel Platz da, ich war zuerst da! Darin geht es um gesunde Aggression.«
»Viel Glück damit! Gleich sind wir wieder da mit dem erst vom Mittagsmagazin.« Sobald die Werbung begonnen hatte, lächelte sie Jonathan an. »Sie waren großartig! Ich schätze es sehr, dass sie gekommen sind.«
»Ich hoffe, ich habe es gut gemacht.« sobald sein Mikrofon entfernt worden war, zückte Jonathan ein Taschentuch, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. »Ich war jetzt das erste Mal im Fernsehen.«
»Sie haben das sehr gut gemacht. Ich glaube, das wird eine Menge Interesse an Ihrem Buch hervorrufen.«
»Meinen sie wirklich?«
Copyright dieser Ausgabe © 2014 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Radom House GmbH.
Jedenfalls werde ich Angela ausreden lassen, dachte Deanna. Vielleicht werde ich sogar ein letztes Mal versuchen, mich auf einen Kompromiss einzulassen, und ihr zwar nicht gerade meine Freundschaft, aber doch zumindest einen einstweiligen Waffenstillstand anzubieten. es gab zwar nur wenig Grund zu der Hoffnung, dass nach dieser ganzen Zeit und all diesen Feindseligkeiten die Kluft zwischen ihnen überbrückt werden konnte, doch war Deanna der Ansicht, dass man die Hoffnung nie aufgeben sollte.
Zumindest, solange es noch ein Fünkchen Hoffnung gab.
Die junge Frau lenkte ihre Gedanken wieder auf das, was sie gerade tat, und fuhr auf den Parkplatz des CBC-Gebäudes. tagsüber war dieser Parkplatz völlig überfüllt; Leute von der Technik und aus den Redaktionen, Produzenten und Regisseure, Sekretärinnen, Künstler, Schauspieler, Moderatoren und die vielen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - alle stellten hier ihren Wagen ab. Sie selbst ließ sich immer von ihrem Fahrer absetzen und wieder abholen und vermied so das lärmende Durcheinander. Im Innern des großen weißen Gebäudes hasteten normalerweise die Menschen hin und her, um die Nachrichten auf die Beine zu stellen, die um sieben Uhr morgens, zwölf Uhr mittags, fünf Uhr nachmittags und zehn Uhr abends ausgestrahlt wurden. Auch die Sendungen Das Kochstudio mit Bobby Marks, das allwöchentliche Magazin Nachgefragt mit Finn Riley und die landesweit beste Talkshow, Deannas Stunde, wurden hier produziert.
Jetzt jedoch, kurz nach Mitternacht, war der Parkplatz nahezu leer. Nur ein halbes Dutzend Autos war zu sehen. sie gehörten dem Stammpersonal, das sich in der Nachrichtenredaktion die Zeit um die Ohren schlug und darauf wartete, dass irgendwo in der Welt etwas passierte. Wahrscheinlich hofften sie darauf, dass der Ausbruch neuer Kriege bis zum Ende der einsamen Nachtschicht auf sich warten ließ.
Während Deanna ihren Wagen einparkte und den Motor abschaltete, wünschte sie sich, woanders zu sein, ganz egal wo. Für einen Moment blieb sie einfach sitzen und lauschte in die Nacht hinein, hörte das brausen des Straßenverkehres und das Dröhnen der gewaltigen Klimaanlage, die das Gebäude und die teuren Gerätschaften darin kühl hielt. bevor sie Angela gegenübertrat, musste sie unbedingt ihre widersprüchlichen Gefühle in den Griff bekommen und ihre seelische stärke wiedergewinnen.
Seelenstärke und Selbstbeherrschung waren in dem Beruf, den sie sich ausgesucht hatte, zu ihrer zweiten Natur geworden; erst diese Eigenschaften befähigten sie zu ihrer Arbeit. eigentlich hatte sie ihr Temperament unter Kontrolle, denn es führte zu nichts, die Fassung zu verlieren. bei den starken und sich widersprechenden Gefühlen, die momentan mit ihr durchzugehen drohten, war das jedoch anders. auch nach der ganzen Zeit, die mittlerweile verstrichen war, fiel es schwer zu vergessen, dass die Frau, der sie gleich gegenüberstehen würde, eine Person war, die sie einmal bewundert und respektiert und der sie vertraut hatte.
Aus bitterer Erfahrung wusste Deanna, dass Angela eine Expertin im Manipulieren von Gefühlen war. Deannas Problem - und nach den Äußerungen vieler auch ihre besondere Stärke - bestand darin, dass sie unfähig war, ihre Gefühle zu verbergen. sie standen ihr einfach ins Gesicht geschrieben und sprachen für jeden, der darauf achtete, eine deutliche Sprache. Was immer sie gerade fühlte, spiegelte sich in ihren grauen Augen, wurde durch die Neigung des Kopfes oder den Ausdruck ihres Mundes offenbar. Einige meinten, genau dadurch würde sie unwiderstehlich und gefährlich. Mit einer schnellen Bewegung des Handgelenks drehte Deanna den Rückspiegel auf sich zu. Ja, dachte sie versonnen, sie konnte sehen, dass ihre Augen vor Wut funkelten, konnte den verhaltenen Groll und den Schmerz, der auf ihrer Seele lastete, erkennen. Immerhin waren sie und Angela einmal Freundinnen gewesen oder hatten zumindest kurz davor gestanden, welche zu werden.
Doch Deanna verspürte auch eine gewisse Vorfreude. es ging um ihren stolz, und das anstehende Wortgefecht war schon lange überfällig gewesen.
Mit einem dünnen Lächeln brachte sie einen Lippenstift zum Vorschein und bemalte sorgfältig ihren Mund. Ohne diesen elementarsten Schutz sollte sie nicht in den Schlagabtausch mit ihrer Erzrivalin gehen. Erfreut über ihre völlig ruhige Hand ließ sie den Lippenstift wieder in die Handtasche fallen und stieg aus dem Wagen. Einen Augenblick lang stand sie da, atmete die milde Nachtluft ein und stellte sich die eine Frage.
Bist du ruhig, Deanna?
Nein, dachte sie, innerlich rotiere ich. Solange das jedoch ihrer Kraft zugutekam, war das nicht weiter schlimm. Deanna schlug die Autotür zu und ging mit energischen schritten über den Parkplatz. Sie zog den Plastikausweis aus der Tasche und steckte ihn in den sicherheitsschlitz neben dem Hintereingang. Sekunden später leuchtete ein kleines grünes Licht auf, und ein Klicken zeigte an, dass sie die Türklinke nach unten drücken und die schwere Tür aufziehen konnte.
Sie knipste die Treppenbeleuchtung an und ließ die Tür hinter sich sanft ins Schloss fallen.
Interessant, dass Angela nicht schon vor mir da ist, dachte sie. Wahrscheinlich wird sie den Fahrdienst genommen haben. Seit Angela sich in New York niedergelassen hatte, stand ihr in Chicago nicht mehr rund um die Uhr ein Fahrer zur Verfügung. Überrascht stellte Deanna fest, dass sie auf dem Parkplatz gar keine Limousine gesehen hatte, die auf Angela wartete.
Angela war sonst wirklich immer sehr pünktlich, und das war eines der vielen Dinge, die Deanna an ihr schätzte.
Während sie ein Stockwerk nach unten ging, wurde das Klicken ihrer Absätze auf den Treppenstufen mit einem hohlen echo von den Wänden zurückgeworfen. Als sie ihren Ausweis in den nächsten sicherheitsschlitz gleiten ließ, fragte sie sich kurz, wen Angela wohl geschmiert, bedroht oder verführt haben mochte, um Einlass in dieses Studio zu bekommen.
Vor gar nicht so vielen Jahren war Deanna genau diesen Weg noch mit weit aufgerissenen Augen und voller Enthusiasmus entlanggeeilt, wenn Angela sie mit einem fordernden Fingerschnippen gebeten hatte, irgendwelche Aufträge für sie auszuführen. Wie ein kleines Hündchen hatte sie jedem Zeichen der Anerkennung entgegengefiebert. Doch wie jeder kluge kleine Hund hatte auch sie dazugelernt.
Als es dann zum Verrat und ihrer abrupten und schmerzhaften Desillusionierung gekommen war, hätte sie - um bei dem Vergleich mit dem kleinen Hund zu bleiben - herumwinseln können. stattdessen hatte sie ihre Wunden geleckt und sich alles nutzbar gemacht, was sie gelernt hatte - bis die Schülerin zur Meisterin geworden war.
Eigentlich hätte sie die Entdeckung, wie schnell alte Ressentiments und seit Langem verflogener Groll wieder aufatmen können, nicht weiter überraschen sollen. Dieses Mal würde sie Angela in ihrem eigenen Revier gegenüberstehen, dachte Deanna, und das treffen würde nach ihren Regeln ablaufen. Das naive Mädchen aus Kansas brannte inzwischen darauf, ihrer Kontrahentin zu beweisen, dass ihre Ambitionen Wirklichkeit geworden waren.
Und hatte Deanna das erst einmal getan, würde es ja vielleicht die Atmosphäre zwischen ihnen bereinigen, sodass sie sich beide auf der gleichen ebene begegnen konnten. Sollte es nicht gelingen zu vergessen, was in der Vergangenheit zwischen ihnen vorgefallen war, konnten sie das immer noch akzeptieren und ihrer Wege gehen.
Deanna ließ ihren Ausweis in den Schlitz neben den Türen zum Studio gleiten. Das Licht blinkte grün auf. sie schob sich nach innen, in die Dunkelheit hinein.
Das Studio war leer, was sie freute.
als erste hier anzukommen verschaffte ihr einen weiteren Vorteil, denn sie würde dann als Talkmasterin den unwillkommenen Gast an einen ihr wohlvertrauten Ort führen, an dem sie sich ganz wie zu Hause fühlte. In diesem Studio war Deanna vom Mädchen zur Frau herangereift, hier hatte sie gelernt und sich herumgezankt; insofern war das Studio wirklich ihr Zuhause.
Mit einem feinen Lächeln streckte Deanna in der Dunkelheit den Arm nach dem Schalter aus, mit dem das Lampenaggregat an der Decke eingeschaltet wurde. sie vermeinte, etwas gehört zu haben, ein leises, kaum wahrnehmbares Flüstern. Und die Vorfreude, die sie verspürte, wurde jäh von dem Gefühl durchbrochen, nicht allein zu sein.
Angela, dachte sie und betätigte den Schalter.
Doch als die Strahler an der Decke aufflammten, explodierten gleichzeitig hellere, blendendere Lichter in ihrem Kopf. schmerz durchzuckte sie, und sie versank wieder in der Dunkelheit.
Stöhnend erlangte sie allmählich wieder das Bewusstsein. Ihr Kopf hing nach hinten, stieß gegen einen Sessel, tat fürchterlich weh. Desorientiert hob sie erschöpft eine wacklige Hand an die Stelle, an der der Schmerz am schlimmsten war. Leicht mit Blut beschmiert, bewegten sich die Finger wieder davon weg.
Verzweifelt versuchte sie, sich zu konzentrieren, und stellte verblüfft fest, dass sie an ihrem Stammplatz in dem ihr wohlbekannten Studio saß. Hatte sie einen Einsatz verpasst? fragte sie sich und starrte benommen auf die Kamera, an der das rote Licht aufleuchtete.
Doch hinter der Kamera war kein Studiopublikum zu sehen, außerhalb des von den Kameras erfassten Bereiches herrschte bei den Leuten von der Technik kein geschäftiges Treiben. obwohl die Deckenlichter mit der vertrauten Hitze auf Deanna herunter fluteten, war keine Talkshow im Gang.
Deanna erinnerte sich daran, dass sie eigentlich gekommen war, um sich mit Angela zu treffen.
Wie Wasser, in das ein Stein geworfen wurde, begann ihr Gesichtsfeld erneut zu schwanken. Sie blinzelte, um klarer sehen zu können, und ihr blick blieb an den beiden Bildern auf dem Monitor hängen. Dort sah sie sich selbst, blass und mit glasigen Augen. Dann bemerkte sie voller Entsetzen den Gast im Sessel neben sich.
Angelas rosafarbenes Seidenkostüm war mit Knöpfen aus Perlen verziert. Um den Hals trug sie eine zu diesen passende Perlenkette und kleine Trauben aus diesen Perlen als Ohrringe. Angelas goldfarbenes Haar war zu einer lieblichen Frisur zurechtgemacht, sie hatte die Beine übereinandergeschlagen und die gefalteten Hände über die rechte Armlehne ihres Sessels gelegt.
Jeder Irrtum war ausgeschlossen - das musste Angela sein, auch wenn von ihrem Gesicht nicht mehr viel zu erkennen war.
Die rosafarbene Seide war mit Blut bespritzt, und frisches Blut rann fast gemächlich von dort herunter, wo eigentlich dieses schöne, kluge Gesicht sein sollte.
Deanna fing an zu schreien.
1
Chicago, 1990
Fünf, vier, drei ...
Deanna lächelte von ihrem Platz im Mittagsmagazinstudio aus in die Kamera. »Unser Gast heute Nachmittag ist Jonathan Monroe, ein hiesiger Schriftsteller, der gerade ein Buch mit dem Titel Ich will, was mir zusteht! veröffentlicht hat.« sie hob das dünne buch von dem kleinen runden Tisch zwischen
den Stühlen in die Höhe und versuchte, es vor die zweite Kamera zu bringen. »Jonathan, sie haben diesem Buch den Untertitel Gesunder Egoismus gegeben. Was hat sie veranlasst, über eine Eigenschaft zu schreiben, die die meisten Menschen als charakterliche schwäche ansehen?«
»Nun ja, Deanna.« Der kleine Mann mit dem heiteren Lächeln, dem die Strahler die Schweißperlen auf die Stirn trieben, lachte vergnügt in sich hinein. »Mein gesunder Egoismus eben.«
Gut geantwortet, dachte sie. Ihr war jedoch klar, dass er das nicht weiter ausführen würde, wenn sie nicht ein wenig nachhalf. »Wenn wir ehrlich sind, ist das doch bei uns allen so, oder nicht?«, fragte sie und versuchte ihren Gast ein wenig aufzulockern, indem sie ihm ein Gefühl von Kameradschaftlichkeit vermittelte. »Jonathan, in Ihrem Buch behaupten sie, dass schon im Kinderzimmer Eltern und Betreuer damit beginnen, diesen gesunden Egoismus zu unterdrücken.«
»Ganz genau.« sein starres Lächeln blieb unverändert, während sein blick voller Panik hin und her schnellte.
Deanna rutschte auf ihrem Sessel ein wenig nach vorne und legte unterhalb des von den Kameras erfassten Bereiches die Hand auf seine starren Finger. Ihr blick strahlte Interesse aus, ihre Berührung vermittelte Unterstützung. »Sie sind der Meinung, die Forderung der erwachsenen, Kinder sollten ihr Spielzeug mit anderen teilen, schaffe einen unnatürlichen Präzedenzfall. « Aufmunternd drückte sie ihm die Hand. »Haben sie nicht das Gefühl, dass das teilen eine elementare Form der Höflichkeit darstellt?«
»Überhaupt nicht!« Mit diesen Worten begann Jonathan, ihr seine Gründe dafür zu erläutern. Obwohl er seine Erklärungen nur stockend von sich gab, konnte sie ihm immer wieder über seine Unbeholfenheit hinweghelfen und ihn so sicher durch den drei Minuten und fünfzehn Sekunden langen Beitrag führen.
»So viel also zu dem Buch Ich will, was mir zusteht! von Jonathan Monroe«, sagte sie abschließend in die Kamera. »Es ist überall im Buchhandel erhältlich. Vielen, vielen Dank, dass sie heute zu uns gekommen sind, Jonathan.«
»Es war mir ein Vergnügen. Nebenbei bemerkt, arbeite ich gegenwärtig an meinem zweiten Buch mit dem Titel Platz da, ich war zuerst da! Darin geht es um gesunde Aggression.«
»Viel Glück damit! Gleich sind wir wieder da mit dem erst vom Mittagsmagazin.« Sobald die Werbung begonnen hatte, lächelte sie Jonathan an. »Sie waren großartig! Ich schätze es sehr, dass sie gekommen sind.«
»Ich hoffe, ich habe es gut gemacht.« sobald sein Mikrofon entfernt worden war, zückte Jonathan ein Taschentuch, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. »Ich war jetzt das erste Mal im Fernsehen.«
»Sie haben das sehr gut gemacht. Ich glaube, das wird eine Menge Interesse an Ihrem Buch hervorrufen.«
»Meinen sie wirklich?«
Copyright dieser Ausgabe © 2014 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Radom House GmbH.
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Autoren-Porträt von Nora Roberts
Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren und gehört heute zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt. Auch in Deutschland erobert sie mit ihren Romanen regelmäßig die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.
Bibliographische Angaben
- Autor: Nora Roberts
- 2014, Überarbeitete Neuausgabe, 720 Seiten, 6 Schwarz-Weiß-Abbildungen, 6 Abbildungen, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Gunther Seipel
- Verlag: Diana
- ISBN-10: 3453357698
- ISBN-13: 9783453357693
- Erscheinungsdatum: 10.01.2014
Kommentar zu "Tödliche Liebe"
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