Trau dich endlich!
Roman. Deutsche Erstausgabe
Kein Mensch glaubt heutzutage noch an Flüche! Das dachte Gabrielle zumindest, bis sie von ihrer großen Liebe Derek sitzen gelassen wurde. Und das aus Angst vor einem alten Familienzauber. Was für ein Unsinn! Als Gabrielle ihren Ex-Lover nach...
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Produktinformationen zu „Trau dich endlich! “
Kein Mensch glaubt heutzutage noch an Flüche! Das dachte Gabrielle zumindest, bis sie von ihrer großen Liebe Derek sitzen gelassen wurde. Und das aus Angst vor einem alten Familienzauber. Was für ein Unsinn! Als Gabrielle ihren Ex-Lover nach einigen Jahren wieder trifft, lässt sie sich erneut auf eine heiße Affäre mit ihm ein. Aber ist Derek diesmal bereit, zu seiner Liebe zu stehen?
Klappentext zu „Trau dich endlich! “
Der große Auftakt zur neuen Serie der BestsellerautorinKein Mensch glaubt heutzutage noch an Flüche! Das dachte Gabrielle zumindest, bis sie von ihrer großen Liebe Derek sitzen gelassen wurde. Und das aus Angst vor einem alten Familienzauber. Was für ein Unsinn! Als Gabrielle ihren Ex-Lover nach einigen Jahren wieder trifft, lässt sie sich erneut auf eine heiße Affäre mit ihm ein. Aber ist Derek diesmal bereit, zu seiner Liebe zu stehen?
Lese-Probe zu „Trau dich endlich! “
Trau dich endlich von Carly PhillipsEinleitung
Stewart, Massachusetts, ein kleines Dorf etwa zwei Kilometer westlich von Salem, dem Schauplatz der berüchtigten Hexenprozesse. Ende des neunzehnten Jahrhunderts herrschte unter den Bewohnern von Stewart schreckliche Furcht vor Verwünschungen und Hexenzauber. Just in jener Zeit geschah es, dass ein gewisser William Corwin sein Herz an eine Frau verlor und mit ihr durchbrannte, obwohl sie bereits einem anderen versprochen war. Martin Perkins, der sitzengelassene Mann, war der älteste Sohn einer wohlhabenden Familie aus dem Nachbardorf, das eben dieser Familie auch seinen Namen verdankte. Seine Mutter, Mary Perkins, war eine Hexe, und sie rächte sich umgehend für das Unrecht, das ihrem Sohn widerfahren war, indem sie die Corwins mit einem Fluch belegte. Seither ist jeder männliche Spross der Familie dazu verdammt, die Frau seines Herzens und sein Hab und Gut zu verlieren, sobald er sich verliebt. Fortan gab es keinen männlichen Nachfahren von William Corwin, dem dieses Schicksal erspart geblieben wäre…
Kapitel 1
Das Städtchen Stewart in Massachusetts erlangte aus zweierlei Gründen eine eher traurige Berühmtheit: einerseits aufgrund seiner Nähe zu Salem, und andererseits wegen des Corwin-Fluches. Letzterer war auch Derek Corwin wohlbekannt. Dieser verdammte Fluch, hieß es in seiner Familie, wenn es um die Bürde ging, die William Corwin seinen männlichen Nachfahren auferlegt hatte. Und alles nur, weil er seinen Piephahn nicht in der Hose hatte halten können. Was normalerweise höchstens für einen Skandal sorgte, hatte in diesem Fall eine Familie über Jahrhunderte hinweg ins Unglück gestürzt. So stand es in der Stadtchronik. So war es überliefert. Seither war noch jeder männliche Corwin ins Verderben gerannt, und Derek bildete da keine Ausnahme. Nun
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möchte man meinen, jeder halbwegs vernünftige Mann würde einen großen Bogen um die Stadt machen, in der für ihn die Wurzel allen Übels begraben liegt. Doch nachdem ihm das Glück, genauer gesagt, der Dow Jones, vor sechs Monaten wieder einmal die kalte Schulter gezeigt hatte, war Derek zu dem Schluss gekommen, dass nun ohnehin schon alles einerlei war. »Dad!« Der Aufschrei seiner elfjährigen Tochter erinnerte ihn daran, dass die Rückkehr in seine Heimatstadt auch positive Seiten hatte. Nachdem er Holly zwei lange Jahre nicht hatte sehen dürfen, hatte seine Ex-Frau wieder geheiratet und beschlossen, den Sommer mit ihrem neuen Mann in Paris zu verbringen. In trauter Zweisamkeit. Und so kam es, dass Holly die Ferien bei Derek in Stewart verbrachte, in einem zum Gästehaus umfunktionierten ehemaligen Wirtschaftsgebäude direkt hinter dem Haus, das die Corwins seit Generationen bewohnten. Arme Holly. Ihr stand ein langer, heißer Sommer in ausschließlich männlicher Gesellschaft bevor. Derek dagegen war heilfroh, sie bei sich zu haben. Bis vor kurzem war er ganz auf seine Karriere fixiert gewesen und als Vater kaum in Erscheinung getreten. Er freute sich über diese zweite Chance, seine Tochter kennenzulernen. Wenn er auch mit ihren Gefühlsausbrüchen und ihrer Vorliebe für rosa Rüschen und dergleichen noch nicht viel anzufangen wusste. »Was ist los?«, rief er vom Fuße der Treppe aus, die zu den beiden kleinen Schlafzimmern unterm Dach führte. Eines für ihn, eines für sie. Bis vor kurzem hatte er alleine in einer Wohnung gelebt, die für New Yorker Verhältnisse riesengroß gewesen war. Nun aber fand er es schön, sich sein neues Heim, das allmählich richtig behaglich wirkte, mit einem Familienmitglied zu teilen. »Der Hund hat meine Abercrombie-Flipflops ruiniert!«, ließ Holly von oben verlauten. Derek schloss die Augen und stöhnte. Verdammtes Mistvieh. »Deine was?« Seine Tochter erschien am oberen Treppenabsatz und stützte die Ellbogen auf dem Geländer auf. »Meine Flipflops. Du weißt schon, Zehensandalen. Schläppchen«, erklärte sie genervt. Aha. Es ging also um Schuhe. »Das tut mir leid. Wir besorgen dir im Supermarkt neue.« »Im Supermarkt? Da gibt es aber nicht die von Abercrombie mit dem Elch«, jammerte sie und klimperte mit den Wimpern. »Mit anderen Worten, du möchtest nach Salem ins Einkaufszentrum? « »Ja!« Sie streckte triumphierend die Faust in die Höhe, dann wirbelte sie herum und verschwand. Er lachte, erleichtert darüber, dass er noch einmal die Kurve gekriegt hatte, wenngleich es für ihn mit Ausgaben verbunden war. Dabei sollte er derlei längst gewöhnt sein. Seine Ex hatte ihn mit schöner Regelmäßigkeit daran erinnert, was sie davon hielt, sich beim Shoppen einzuschränken. Je härter er gearbeitet hatte, desto mehr Geld hatte sie ausgegeben, um seine Abwesenheit zu kompensieren. Sie waren zwar schon über zwei Jahre geschieden, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihre diesbezüglichen Gewohnheiten geändert hatte. Zumal seine monatlichen Überweisungen für Unterhalt und Alimente ihr weiterhin den gewohnt luxuriösen Lebensstandard ermöglicht hatten – zumindest bis er bei einer umfangreichen Investition auf das falsche Pferd gesetzt und einen Großteil seines Vermögens verloren hatte. Danach war er wieder nach Stewart gezogen. Noch ehe er vor Gericht eine Herabsetzung der Zahlungen hatte beantragen können, weil sich sein Einkommen beträchtlich verringert hatte, wurde er von seiner Ex darüber informiert, dass sie wieder zu heiraten gedachte. Somit musste Derek nur noch die Alimente zahlen, und die konnte er sich zum Glück problemlos leisten. Er spähte nach oben. »Was hältst du davon, wenn wir dort Eis essen gehen?« »Geht nicht! Ich vertrage doch keinen Milchzucker.« Ach, richtig. Dass er das immer wieder vergaß. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass er solche Details bis zum Ende des Sommers verinnerlicht haben würde. »Dann essen wir eben dort zu Mittag«, schlug er vor. »Okay. Ich ziehe mich um. Dauert nur eine Minute.« Das hieß, die nächste Viertelstunde brauchte er wohl nicht mit ihr rechnen. Holly hatte nämlich auch den Modefimmel ihrer Mutter geerbt. »Gut. Ich bringe inzwischen Fred zu deinem Großvater rüber.« Derek klopfte sich auf den Oberschenkel und stieß einen Pfiff aus, woraufhin ein Basset schwerfällig die Treppe heruntergewatschelt kam und auf ihn zuschlenderte. Fred wirkte in keiner Weise zerknirscht darüber, dass er Hollys Sandalen angeknabbert hatte, und dass er heute früh in Dereks Schuhe gepinkelt hatte, bedauerte er sichtlich ebenso wenig. Warum auch? Fred trieb, was er wollte, und in den vergangenen zehn Jahren hatte sich niemand daran gestoßen. Wäre Holly nicht so verrückt nach diesem Tunichtgut gewesen, Derek hätte ihn längst endgültig ins Haus seines Vaters verbannt. Derek befestigte die Leine am Hundehalsband (zwei Anschaffungen, die er gleich nach seiner Rückkehr getätigt hatte) und wollte eben das Haus verlassen, als Holly die Treppe herunterhopste. »Warte! Ich hab doch gesagt, es dauert nur eine Minute.« »Schon, aber ich hab nicht erwartet, dass du das ernst meinst. Entschuldige.« »Kein Problem.« Sie traten nach draußen. Das Gästehaus stand auf dem hinteren Teil des Anwesens, das »Haupthaus « vorne an der Straße, dazwischen erstreckte sich eine große grüne Wiese. »Wir sehen uns bei Grandpa!«, rief Holly plötzlich und sprintete los. Derek zog in Erwägung, es ihr nachzutun, doch nach einem Blick auf Freds trauriges Gesicht überlegte er es sich anders. »Deinetwegen setze ich noch Speck an, Alter«, schalt er den Hund und drosselte sein Tempo sogar ein wenig. »Dad!«, gellte gleich darauf Hollys Stimme durch die vormittägliche Stille. »Grandpa hat ein Gewehr!« »Ach du grüne Neune«, brummte Derek und joggte los, wobei er Fred hinter sich herzerrte, ob es dem Hund passte oder nicht. Was mochte sein streitsüchtiger alter Herr wohl wieder im Schilde führen? Holly kam angerannt, und Derek drückte ihr die Leine in die Hand. »Bleib hier«, befahl er. Als er um die Ecke bog, hantierte sein Vater in der Tat gerade mit der alten Repetierflinte, die seit Generationen im Besitz der Familie war. »Nimm das Ding runter, Dad, ehe du dir damit die Rübe wegschießt!« Hank Corwin stellte die Waffe ab. »Sie ist nicht geladen.« Derek atmete erleichtert auf. Das verringerte die Verletzungsgefahr schon mal ganz beträchtlich. »Noch nicht jedenfalls.« Hank gluckste. Derek runzelte die Stirn. »Was hast du denn damit vor?« Er konnte sich nicht entsinnen, dass sie das Gewehr je aus der Glasvitrine genommen hatten, in dem es ausgestellt war. »Ich poliere sie, weil ich mir damit heute Abend in der Bücherei Gehör verschaffen will.« Mit unverkennbarem Stolz ließ Hank seine Hand über die glänzende Waffe gleiten. Er war gelernter Elektriker und sah für seine siebenundfünfzig Jahre ausnehmend gut aus, wie Derek fand – und das, obwohl sich Hank keinen Deut um sein Aussehen scherte. Wozu auch? Sämtliche Frauen in der Stadt wussten von dem Fluch und hielten sich wohlweislich von den Corwin- Männern fern. Seine einzige Gesellschaft waren sein Bruder Thomas und Fred, der Basset. Deshalb war Hanks dunkles Haar meist ungeschnitten und unfrisiert, und auch um seine Kleidung machte er keinerlei Aufhebens. Er lief den ganzen Sommer in beigefarbenen Hosen und weißen T-Shirts herum, sowohl bei der Arbeit als auch in seiner Freizeit. Die Corwin-Männer aus Hanks Generation hatten den Fluch allesamt zu ignorieren versucht – und es bitter bereut. Inzwischen teilte sich Hank sein Elternhaus mit seinem Bruder Thomas. Edward, der Dritte im Bunde, war ein Einzelgänger, ja, ein Sonderling. Er wollte nichts mit Thomas zu tun haben, weil dieser ihm die große Liebe vor der Nase weggeschnappt hatte. Zu Mike und Jason, seinen beiden Cousins – einer pro Onkel – hatte Derek ein gutes Verhältnis. Thomas hatte zudem zwei Töchter, die beide glücklich verheiratet waren. Im Gegensatz zu den männlichen Familienmitgliedern waren die Corwin-Frauen nämlich nicht vom Pech verfolgt. Früher hatte Derek nicht so recht an die Macht des Fluches glauben wollen, doch nachdem er hatte mit ansehen müssen, wie übel das Schicksal seinem Vater und dessen Brüdern mitgespielt hatte, war er entschlossen gewesen, Vorsicht walten zu lassen. Genützt hatte es allerdings herzlich wenig. Derek hatte sogar die Frau, die er liebte, verlassen, um sie – und sich selbst – vor dem Fluch zu bewahren. Trotzdem war sein Leben ein Chaos, und sein Vermögen war den Bach runtergegangen. Der Fluch hatte auch ihn nicht verschont. »Was ist denn heute Abend in der Bücherei los, dass du dich mit einer Knarre auf den Weg machen willst?« Derek beäugte die Waffe und machte sich auf das Schlimmste gefasst. »Das hier.« Hank griff nach einem Flugblatt, das auf dem alten hölzernen Picknicktisch lag, und reichte es seinem Sohn. »Hier, lies das. Deine Freundin aus der Highschool ist wieder da, und sie hat es offenbar auf uns abgesehen.« »Gabrielle ist in der Stadt?« Derek war sicher, dass er sich verhört hatte. Doch sein Vater nickte. »Ganz recht, und wenn die Kleine meint, dass sie einfach hier aufkreuzen und für Aufruhr sorgen kann, indem sie neue Gerüchte verbreitet, dann hat sie sich getäuscht.« Die Kleine war einmal Dereks große Liebe gewesen. Und er hatte ihr den Laufpass gegeben, damit sie nicht wie alle Frauen endete, die einem Corwin ihr Herz schenkten. Seinem Vater war Gabrielle damals durchaus sympathisch gewesen. Sie war häufig zum Dinner gekommen, und Derek hatte seinerseits oft bei ihr zu Hause gegessen. Ihre Eltern hatten ihn wie ein Familienmitglied behandelt, und auch Hank hatte Gabrielle mit offenen Armen willkommen geheißen – ein kleines Wunder in Anbetracht der Tatsache, dass er schon damals ein reichlich bärbeißiger Bursche gewesen war. Derek seufzte. »Du wirst Gabrielle doch wohl nicht erschießen, nur weil dir das Thema ihres Buches nicht passt.« Hank starrte ihn rebellisch an. »Ich kann es nun mal nicht leiden, wenn über mich getratscht wird. Wir hatten jetzt einige Jahre Ruhe, und ich möchte, dass das so bleibt.« »Nur weil dir in letzter Zeit kein Gerede über den Fluch zu Ohren gekommen ist, heißt das noch lange nicht, dass die Leute nicht trotzdem hinter unserem Rücken tuscheln. Und das werden sie auch weiterhin tun.« Derek schnappte sich den Flyer und überflog ihn. Die öffentliche Bücherei von Perkins und Stewart lud zu einem Vortrag ein mit dem Titel: Fluch oder sich selbst erfüllende Prophezeiung? Referentin: Gabrielle Donovan, Bestsellerautorin aus Stewart. Derek wusste, dass Gabrielle bereits mehrere Bücher geschrieben hatte, in denen sie weit verbreitete Mythen als Schwindel entlarvt hatte. Sie wurde auch immer wieder in große Talk-Shows eingeladen, um über ihre Werke zu sprechen. Für Derek war es kein Zufall, dass sie sich von Berufs wegen mit Okkultismus und Esoterik auseinandersetzte; schließlich hatte seine Familiengeschichte ihrer beider Leben bestimmt. Obwohl Gabrielle nie nach Stewart zurückgekehrt war, wurde sie hier als berühmte Tochter der Stadt verehrt. Im Diner in der Hauptstraße hing sogar ein signiertes Foto von ihr. Derek wagte allerdings zu bezweifeln, dass die Unterschrift echt war. Er hatte das Autogramm selbst gesehen, und es war Henry, dem Besitzer, durchaus zuzutrauen, dass er die Unterschrift gefälscht hatte. Hank gehörte ebenfalls zu ihren Fans – Derek hatte ihre Bücher in den Regalen seines Vaters gesichtet. Natürlich nahm er nicht an, dass Hank eine ernsthafte Bedrohung für Gabrielle darstellte, aber man musste damit rechnen, dass er für Aufruhr sorgen würde. Derek legte das Flugblatt auf den Picknicktisch und bedachte Hank mit einem strengen Blick. »Du wirst dich nicht einmal in die Nähe der Bücherei wagen, Dad.« »Wollen wir wetten?« »Meinetwegen, aber das Gewehr bleibt hier«, versetzte Derek. In Gedanken war er bereits weit, weit weg. Die Vorstellung, Gabrielle wiederzusehen, löste ein regelrechtes Gefühlschaos bei ihm aus. Er hatte schon genug Zeit darauf verwendet, die Fernsehprogramme umzuschalten, weil sie ständig in irgendeiner Sendung zu sehen war. Wenn er ihr nun schon persönlich begegnen musste, dann wollte er sich nicht darüber den Kopf zerbrechen müssen, dass sein Vater womöglich mit einem Gewehr aufkreuzte. Derek griff nach der Waffe, um sie sicher im Gästehaus oder im Kofferraum seines Geländewagens zu verwahren. Man konnte nie wissen – womöglich löste sich plötzlich ein Schuss aus der alten Büchse, wenn Hank damit in der Luft herumwedelte, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Hank stampfte mit dem Fuß auf und schüttelte drohend den Zeigefinger. »Na, warte … Du bist unfair.« »Und du bist unvernünftig. Ich fahre jetzt mit Holly ins Einkaufszentrum; willst du mitkommen?« Derek winkte seine Tochter zu sich. »Nein, ich brauche noch einiges aus der Stadt, und dann bereite ich eine kleine Ansprache vor. Dieses Mädel hat vielleicht Nerven, zu behaupten, der Fluch wäre bloß reine Einbildung!«, brummte Hank und stapfte ins Haus. Derek sah ihm lachend nach. Große Klappe, nichts dahinter. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich sein Vater freiwillig an einer öffentlichen Diskussion über den Corwin-Fluch beteiligen würde. Eine Diskussion, die ausgerechnet Gabrielle Donovan angeleiert hatte. Verdammt. Er konnte nicht fassen, dass sie nach all den Jahren zurückgekommen war. Am Tag nach dem Abschlussball hatte er mit ihr Schluss gemacht, und kurz darauf waren ihre Eltern, beides Universitätsdozenten, mit ihr weggezogen – zum Glück, denn sonst hätte er sich den ganzen Sommer lang nach etwas verzehrt, das für ihn tabu war. Das Zusammensein mit ihr war schlichtweg spektakulär gewesen. Gabrielle war für ihn schon mit achtzehn das schönste, sinnlichste Wesen auf der ganzen Welt gewesen. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sich ihr wohlproportionierter Körper und ihr Porzellanpuppengesicht über die Jahre zu voller Blüte entfaltet hat- ten. Dank der französischen Gene ihrer Mutter kannte Gabrielle in Bezug auf Sex und Leidenschaft keine Hemmungen, und sie hatten häufig miteinander geschlafen – bis Derek bewusst geworden war, dass es nicht nur ein rein körperliches Bedürfnis war, das ihn immer wieder in ihre Arme trieb. Doch Gabrielle war nicht nur bildhübsch, sondern auch clever. Lange bevor er es sich leisten konnte, mit Millionen zu jonglieren, hatte sie Dereks Interesse am Finanzsektor erkannt. Es würde sie bestimmt nicht überraschen, dass er nach seinem Studium an der Columbia University sofort als Trader an die Wall Street gegangen war. Bald darauf hatte ihn eine Investment-Banking-Firma eingestellt. Er hatte Glück gehabt und mit einigen großen Deals ein Vermögen verdient. Und dann war ihm ebendieses Vermögen auf dieselbe Art und Weise wieder abhandengekommen – er hatte zu viel in ein Unternehmen investiert, das sich in die falsche Richtung entwickelt hatte.Heute war er Finanzberater und zog es vor, das Einkommen anderer Leute sicher und sinnvoll anzulegen, statt sein eigenes aufs Spiel zu setzen. Er schüttelte die Erinnerungen ab und ging zu seiner Tochter, die gerade versuchte, Fred zum Apportieren zu bewegen. Mit wenig Erfolg – der Hund lag faul auf seinem Hängebauch und stierte den Stock an, der in einiger Entfernung von ihm im Gras lag, dachte aber nicht im Traum daran, ihn zu holen. »Können wir?«, fragte Derek. »Klar!« Holly wischte sich die staubigen Hände an ihrer Jeans ab. »Gut.« Er zerzauste ihr das lange Haar. »Komm, wir bringen Fred ins Haus, dann brechen wir auf.« Holly nickte und zog an der Hundeleine, worauf sich Fred widerstrebend erhob und lostrottete. »Was hast du denn, Daddy?« »Wie kommst du darauf, dass ich irgendetwas habe?«, fragte Derek. Seine Tochter sah zu ihm hoch. Wegen der Sonne musste sie die Augen zusammenkneifen. »Du siehst deprimiert aus.« »Wie könnte ich deprimiert sein, wenn ich mit meiner Lieblingstochter einkaufen gehe?« Derek war entschlossen, sich die Zeit, die er mit seiner Tochter verbringen durfte, von nichts vermiesen zu lassen. Sie grinste. »Ich bringe Fred zu Grandpa rüber.« Und schon war sie weg und überließ ihn seinen Gedanken. Die verführerischste Frau aus seiner Vergangenheit war wieder aufgetaucht, um seine Zukunft durcheinander zu bringen. Nun, vielleicht würde sie ja gleich wieder abreisen. Das war jedoch genauso unrealistisch wie die Behauptung, der Corwin-Fluch hätte nichts mit der Tatsache zu tun, dass seit William Corwin jeder Mann in seiner Familie auf eine gescheiterte Ehe zurückblicken konnte. Gabrielle Donovan ließ den Blick über die Läden und ihre bunten Markisen rechts und links gleiten, während sie in ihrem schwarzen Lexus-Cabrio die Hauptstraße entlangfuhr. Es hatte sich nicht viel verändert. Ein paar Geschäfte waren neu, moderner, aber im Großen und Ganzen war alles beim Alten geblieben. Ob das wohl auch auf Derek Corwin zutreffen mochte? Von ihrer langjährigen Freundin Sharon Merchant wusste Gabrielle, dass Derek vor einem halben Jahr in seine Heimatstadt zurückgekehrt war. Gabrielles Eltern waren in etwa zur gleichen Zeit von Florida nach Boston gezogen, und sie war ihrem Beispiel vor einem Monat gefolgt. Sie hatte immer in der Nähe ihrer Eltern gewohnt, zumal sie sich recht nahestanden und sie als Schriftstellerin so gut wie überall leben konnte. War es Zufall, dass auch Derek ausgerechnet jetzt wieder nach Stewart gezogen war? Gabrielle schüttelte den Kopf. Es gab keine Zufälle. Sie glaubte zwar nicht an Flüche, aber sehr wohl an Schicksal und wahre Liebe. Und Derek Corwin war ihre große Liebe gewesen. Von dem Augenblick an, als sie einander in der sechsten Klasse zum ersten Mal in der Cafeteria begegnet waren, hatte immer eine besondere Verbindung zwischen ihnen bestanden. Aus einer guten Freundschaft war mit der Zeit Verliebtheit geworden. Ein Tanz auf einer Schulfete hatte zu einem Kuss geführt, und von da an waren sie unzertrennlich gewesen, hatten nach der Schule jede freie Minute miteinander verbracht, ihre Hausaufgaben gemeinsam erledigt und alle Geheimnisse geteilt. Derek und Gabby, Gabby und Derek. Er war ihr zweites Ich gewesen, von der achten Klasse bis zum Schulabschluss. Natürlich hatte sie von dem Fluch gewusst – jeder in der Stadt wusste davon –, und obwohl sie selbst nicht an derlei Dinge glaubte, akzeptierte sie in Anbetracht seiner Familiengeschichte, dass Derek wie alle Corwin-Männer die Macht des Fluches fürchtete. Von Liebe hatte er nie gesprochen, selbst dann nicht, als er die Beziehung nach dem Abschlussball beendet und ihr damit das Herz gebrochen hatte. Ihr war klar gewesen, dass er es nur deshalb getan hatte, weil er sie zu sehr liebte und fürchtete, mit seinen Gefühlen den Fluch zu aktivieren, wenn sie weiter zusammenblieben. Er hatte sie nicht einmal nach ihrer Meinung gefragt, ihr gar keine Wahl gelassen. Doch jetzt hatte sie eine Wahl, und sie war zu dem Schluss gekommen, dass das Schicksal sie nach all der Zeit nicht ohne Grund noch einmal in seine Nähe führte. Für Gabrielle bestand kein Zweifel: Sie bekamen eine zweite Chance. Jetzt musste sie nur noch herausfinden, ob es zwischen ihnen noch genauso heftig funkte wie früher. Ihre Erinnerungen an Derek waren so präsent wie eh und je. Sie hatte ihn und die Beziehung zu ihm derart idealisiert, dass ihm kein anderer Mann auch nur annähernd das Wasser hatte reichen können. Keiner hatte sie je so gut verstanden wie Derek, keiner ihr so viel gegeben wie er. Keiner war Derek gewesen. So hatte sie sich von einer Beziehung zur nächsten gehangelt, weil kein Mann ihre Erwartungen zu erfüllen vermochte. Und jetzt, nach Jahren der erfolglosen Suche, bot sich ihr die Gelegenheit, einen Abstecher in die Vergangenheit zu machen und zugleich herauszufinden, ob eine Zukunft mit Derek im Bereich des Möglichen lag. Wenn nicht, wusste sie zumindest Bescheid und konnte die Angelegenheit endgültig ad acta legen. Da kam es ihr wie gerufen, dass ihre beste Freundin als Bibliothekarin in der öffentlichen Bücherei der benachbarten Gemeinden Perkins und Stewart arbeitete. Mit der Einladung, dort einen Vortrag zu halten, lieferte ihr Sharon den perfekten Grund, ihrer Heimatstadt einen Besuch abzustatten. Gabrielle freute sich auf den Abend, rechnete jedoch nicht damit, dass Derek aufkreuzen würde. Wie sie ihn kannte, würde er einen großen Bogen um ein Ereignis machen, bei dem öffentlich über den Corwin-Fluch geredet wurde, und auf ihre Menschenkenntnis war normalerweise Verlass. Aber das machte nichts – Gabrielle hatte in Bezug auf Derek ohnehin andere Pläne. Ihr erstes Reiseziel an diesem Vormittag war das Rhodes Inn gewesen, eine alte Frühstückspension mit gerade mal drei Zimmern. Obwohl Boston nur eine Autostunde entfernt war, hatte Gabrielle vor, ein paar Tage zu bleiben. Deshalb hatte sie sich bei der liebenswürdigen Adele Rhodes eingemietet, die Gabrielle in der fünften Klasse unterrichtet und damals ihre Liebe zur Schule und zum Schreiben nach Kräften gefördert hatte. Mrs. Rhodes hatte sich riesig gefreut, als ihre mittlerweile so berühmte ehemalige Schülerin angerufen hatte, um ein Zimmer zu reservieren. So wurde Gabrielle von ihrer Lehrerin denn auch sehr herzlich im Rhodes Inn empfangen. Nachdem sie ihren Koffer ins Zimmer gebracht und das Nötigste ausgepackt hatte, war sie wieder in ihren Wagen gestiegen und hatte sich auf den Weg zu Sharon gemacht, die bei ihren Eltern am Stadtrand von Stewart lebte.
Copyright © 2008 by Karen Drogin
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Copyright © 2008 by Karen Drogin
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Autoren-Porträt von Carly Phillips
Carly Phillips, eine New York Times- und USA Today-Bestsellerautorin, hat über 50 zeitgenössische, sexy Liebesromane geschrieben, mit heißen Männern, starken Frauen und den emotional fesselnden Geschichten, die ihre Leser inzwischen erwarten und lieben. Carly ist glücklich verheiratet mit ihrer Collegeliebe, hat zwei fast erwachsene Töchter und drei verrückte Hunde, die auf ihrer Facebook Fan Page und ihrer Website zu bewundern sind. Carly liebt die sozialen Medien und kommuniziert ständig mit ihren Lesern.
Bibliographische Angaben
- Autor: Carly Phillips
- 2009, Maße: 11,7 x 18,6 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Sturm, Ursula C.
- Übersetzer: Ursula Christine Sturm
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 345358046X
- ISBN-13: 9783453580466
- Erscheinungsdatum: 06.04.2009
Rezension zu „Trau dich endlich! “
"Ihre Geschichte besitzt genügend erotische Spannung, um ein Feuerwerk unter ihren Fans zu entzünden."
Kommentare zu "Trau dich endlich!"
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