Tristesse und Transparenz

Tristesse und Transparenz! Wann ist der Mensch sich näher als im Zustand der Depression? Während die Euphorie die Sinne durch Glücksgefühle zum Bersten bringt, drängt die Traurigkeit ihn zur Erkenntnis seiner selbst. Das Glück macht die Zeit vergessen und täuscht durch die irrationale Hoffnung den Status Quo des Wünschenswerten vor mit der Folge der Erblindung im Banne einer Illusion. Die Tristesse hingegen macht die Dauer der Zeit zwar schmerzhaft bewusst, und alles, was weh tut, scheint länger anzudauern als das Angenehme, welches in seiner relativ größeren Flüchtigkeit eben das Bewusstsein seiner Endlichkeit ausblendet, aber das Erleben eines scheinbar nicht enden wollenden Albtraumes lädt die Realität unverbrämt und unverfälscht als etwas Unerwünschtes ein. Diesem kann man nicht entfliehen, jenes wünschte man als Bleibendes nicht missen zu müssen. So macht die Tristesse Bedürfnis und Not des Menschen transparent. Hochgefühl ver-schleiert und vernebelt, wie eine Droge, Show, Ruhm und Macht vergleichbar. Dass die Traurigkeit das Gemüt beschwert, das Herz mit Dumpfheit füllt und das Gehirn mit bleierner Blödigkeit lähmt und die Gedanken verfinstert, widerspricht diesem Umstand nicht. Diese Empfindungen entsprechen le-diglich der Qualität der Erkenntnis, die an und für sich nichts anderes als traurig stim-men kann. Und Selbsterkenntnis macht das Kind zu Frau und Mann. Tunlichst bemühe man sich als Mensch im höheren Alter wieder zur Kindschaft zurück zu finden, denn in der Freiheit kindlichen Denkens, in der Unver-dorbenheit frisch erwachender Herzen liegt das erwachsenem Sinn verborgene Paradies. Dieses ist dem zeitlosen Unverstand der Tiere ähnlich. Hier liegt die Geborgenheit, die den Menschen vor der Vertreibung aus Eden, vor dem Biss in die verbotene Frucht umfing. Seit ihn aber die Erkenntnis seiner Not und Wahrheitsferne plagt, ausgeliefert an Lieblosigkeit, Willkür und allseitig drohenden Manipulation des Geistes.