Ungefähre Landschaft

Wie kann ein Mann sich derart in die Gedanken- und Gefühlswelt einer Frau hineinversetzen, wie Peter Stamm es tut in »Ungefähre Landschaft«? Bewunderung für so viel Beobachtungsgabe und Einfühlungsvermögen! Das Ergebnis ist eine große Intimität, die die Leserschaft zwangsläufig zur Protagonistin, der 28-jährigen Kathrine, aufbaut.

Kathrine kommt aus einem kleinen Ort oberhalb des Polarkreises. Sie hat den ersten Mann – Helge – geheiratet, weil sie schwanger war und den zweiten – Thomas -, weil, ja, warum eigentlich? Überhaupt ist Kathrine eine Frau, die sich offensichtlich gern durchs Leben treiben lässt, die sich selten ihrer Gefühle bewusst ist und dennoch vieles intuitiv tut. »Ungefähre Landschaften« steht für Kathrine und ihr Leben. Alles wirkt vage, alles möglich. Es ist schwer, einen roten Faden zu finden, ein wenig ist es vielleicht Randy, ihr Sohn, aber sie ist keine typische Mutter. »Ungefähre Landschaften« steht aber auch für die Welt ganz tief oben im Norden. Wie halten die Menschen dieses Leben in der Kälte aus, in den Extremen des Sonnenlichts? Menschen, die an der Kälte verzweifeln. Menschen, die kaum rauskommen aus ihrer Heimat wie Kathrine, bevor sie sich auf die Reise macht.

Die Erzählerfigur mag die Protagonistin, doch sie verschweigt nichts von ihrer mannigfaltigen Persönlichkeit. Kathrine ist nicht einfach, sie ist eigen und steht sich oft selbst im Weg. Ihr zu folgen ist elektrisierender als so mancher Krimi. Sie bekommt schließlich ein Happy End, das einen erfreut, denn man gönnt es ihr von Herzen.