Vom Winde verweht
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Die Südstaatlerin Scarlett O'Hara ist jung und vom Leben verwöhnt. Als Tochter eines Plantagenbesitzers lebt sie im Luxus auf dem Familiengut Tara, und es mangelt ihr nicht an Verehrern. Doch der Ausbruch des Bürgerkriegs verändert mit einem Schlag alles. Plötzlich muss Scarlett mit aller Kraft um die Erhaltung ihres Familienbesitzes kämpfen. Ein Mann taucht immer wieder in ihrem Leben auf und steht ihr in den Wirren der Nachkriegszeit bei: der skrupellose Kriegsgewinnler Rhett Butler. Zwischen ihm und Scarlett entwickelt sich eine große Liebe, doch beide sind auch viel zu stolz und eigensinnig, um diese Liebe zu leben... Margaret Mitchells Klassiker wurde sofort nach Erscheinen im Jahre 1936 zum Bestseller und hat seitdem Millionen Leser auf der ganzen Welt begeistert. Die legendäre Verfilmung drei Jahre später machte Vivien Leigh als Scarlett und Clark Gable als Rhett zum berühmtesten Liebespaar der Filmgeschichte.
Vom Windeverweht von Margaret Mitchell
LESEPROBE
Zum erstenmal seit Beginn des Krieges drang der Schlachtlärmbis nach Atlanta hinein. In den frühen Morgenstunden, ehe die Geräusche derStadt erwachten, waren die Kanonen von Kennesaw Mountain aus weiter Ferne zuhören. Es war ein schwaches, unbestimmtes Gedröhn, das einem fernensommerlichen Gewitter glich. Manchmal machte es sich selbst zur Mittagszeitnoch durch den Lärm des Verkehrs bemerkbar. Man versuchte, es nicht zu hören,suchte zu reden, zu lachen und sich zu belustigen, als lägen keine Yankees zweiundzwanzigMeilen vor der Stadt. Dennoch lauschte jedermann auf den Klang. Die ganzeStadt mutete an, als wäre sie nie recht bei der Sache, denn womit auch die Handbeschäftigt sein mochte, das Ohr horchte, und das Herz stockte wohl hundertmalam Tag. Ob General Johnston dieses Mal standhielt? Die scheinbare Ruhe verhülltekaum noch die drohende Panik. Alle Nerven waren zum Zerreißen angespannt. VonFurcht sprach niemand. Dies Thema war verpönt. Aber die Aufregung machte sichin unverhohlener Kritik an dem General Luft. Die Stimmung in der Öffentlichkeitfieberte heiß. Sherman stand unmittelbar vor den Toren Atlantas.
Gebt uns einen General, der nicht zurückweicht! Gebt unseinen, der standhält und kämpft!
Unter dem fernen Grollen der Kanonen verließen der Landsturmdes Staates, »Joe Browns Schoßkinder«, und die Landwehr die Stadt, um inJohnstons Rücken die Fähren und Brücken über den Chattahoocheefluß zuverteidigen. Es war ein grauer, bewölkter Tag, und als sie durch Five Pointsund die Straße nach Marietta hinauszogen, begann ein feiner Regen zu fallen.Die ganze Stadt war auf den Beinen, um ihnen das Geleit zu geben. Dichtgedrängtstanden die Leute unter den hölzernen Sonnendächern der Kaufhäuser in derPfirsichstraße und versuchten, ihnen zuzujubeln.
Scarlett und Maybelle Merriwether-Picard hatten Erlaubnis bekommen,das Lazarett zu verlassen und die Leute abmarschieren zu sehen, weil OnkelHenry Hamilton und Großpapa Merriwether bei der Landwehr waren. Sie standen mitMrs. Meade im Gedränge und hoben sich auf die Zehenspitzen, um besser zu sehen.Obwohl Scarlett von dem allgemeinen Wunsch des Südens beseelt war, nur dasErfreulichste und Beruhigendste vom Krieg zu hören und zu glauben, wurde ihrdoch heiß und kalt, als sie die buntscheckigen Reihen an sich vorbeiziehen sah.Die Sache mußte schon verzweifelt stehen, wenn dieses Durcheinander von Greisenund Knaben wirklich in den Kampf sollte! Freilich waren auch junge, kräftigeMänner darunter, die sich in der schmucken Uniform gesellschaftlich exklusiverTruppenteile mit wehenden Federn und tanzenden Schärpen gefielen. Aber doch zogsich Scarlett das Herz vor Mitleid und Schreck zusammen. Graubärte, die nochälter waren als ihr Vater, versuchten in dem feinen Regen zum Takt der Trommelnund Pfeifen festen Tritt zu halten. Großpapa Merriwether hatte sich Mrs. Merriwethersbestes Plaid um die Schultern geschlagen und ging in der vordersten Reihe. Ergrüßte die Mädchen mit einem Lächeln, und sie winkten mit den Taschentüchernund riefen ein herzliches Lebewohl. Aber Maybelle packte Scarlett beim Arm undflüsterte: »Ach Gott, der Alte! Ein tüchtiger Regenguß, und er ist erledigt. SeinRheuma!«
Onkel Henry Hamilton marschierte in der nächsten Reihe, den Kragenseines langen, schwarzen Mantels bis über die Ohren hinaufgeschlagen, zweiPistolen aus dem letzten mexikanischen Krieg am Gürtel und eine kleineReisetasche in der Hand. Neben ihm schritt sein fast ebenso alter schwarzerDiener und hielt einen geöffneten Regenschirm über sie beide. Schulter anSchulter mit den Alten kamen Knaben, von denen keiner älter als sechzehnaussah. Viele davon waren aus der Schule weggelaufen, um ins Heer einzutreten.Hier und dort trug ein Trupp die Kadettenuniform der Militärakademie, dieschwarze Hahnenfeder schlaff an den nassen grauen Mützen, die sauberen weißenLeinenstreifen über der Brust durchnäßt. Unter ihnen befand sich auch PhilMeade, der stolz den Säbel und die Sattelpistole seines gefallenen Bruders trugund den Hut an einer Seite kühn aufgeschlagen hatte. Seiner Mutter gelang es,zu lächeln und zu winken, bis er vorbei war, dann legte sie den Kopf einenAugenblick auf Scarletts Schulter, als hätte alle Kraft sie plötzlichverlassen.
Manche dieser Leute waren völlig unbewaffnet; man hatteihnen weder Gewehre noch Munition austeilen können. Sie hofften, sich spätermit den Waffen gefallener und gefangener Yankees ausrüsten zu können. Vieletrugen Buschmesser im Stiefel und dicke Stöcke mit Eisenspitzen in der Hand, dieunter dem Namen >Joe Browns Piken< bekannt waren. Hier und da hatte einGlücklicherer eine alte Muskete mit Feuersteinschloß über der Schulter und einPulverhorn am Gürtel hängen. Johnston hatte rund zehntausend Mann auf dem Rückzugverloren, er brauchte zehntausend Mann ganz frischer Truppen. »Und jetztbekommt er dies!« dachte Scarlett erschrocken.
Als die Artillerie vorbeirumpelte und die Zuschauenden mit Schmutzbespritzte, fiel ihr ein Schwarzer auf einem Maultier ins Auge, der neben einerKanone einherritt. Es war ein junger Neger mit ernstem Gesicht, und alsScarlett ihn erblickte, rief sie laut: »Das ist ja Moses, Ashleys Moses!« Siekämpfte sich durchs Gedränge bis an den Kantstein und rief ihn an. Moses zogdie Zügel, lächelte beglückt und wollte absteigen. Ein klatschnasser Feldwebel,der hinter ihm ritt, schrie: »Bleib auf deinem Maultier, Junge, oder ich machedir Dampf!
Zögernd blickte Moses zwischen dem Feldwebel und Scarletthin und her, sie aber patschte durch den Schmutz bis dicht an die vorbeifahrendenRäder heran und bekam Moses' Steigbügel zu fassen. »Ach, einen Augenblick, HerrFeldwebel. Bleib im Sattel, Moses. Was in aller Welt machst du hier?«
»Ich will wieder in den Krieg, Miß Scarlett, dieses Mal mitdem alten Master John anstatt mit Master Ashley.«
»Mr. Wilkes!« Scarlett erstarrte. Mr. Wilkes war beinahesiebzig Jahre alt. »Wo ist er?«
»Da hinten, bei der letzten Kanone, Miß Scarlett.«
»Entschuldigen Sie, meine Dame. Vorwärts, Junge!«
Einen Augenblick lang stand Scarlett bis zu den Knöchelnim Schmutz, während die Kanonen vorüberschwankten. Das kann nicht sein, dachtesie. Er ist zu alt, und er denkt über den Krieg ebenso wie Ashley. Sie tratwieder ein paar Schritte zurück und musterte scharf jedes Gesicht, dasvorüberzog. Da, als die letzte Kanone ächzend und spritzend herankam,erblickte sie ihn, schlank und aufrecht, das lange silberne Haar naß an denNacken geklebt, auf einer kleinen, hellen Fuchsstute sitzend, die sich zwischenden Schmutzlöchern so zierlich ihren Weg suchte wie eine Dame im Atlaskleid. Aber... das war ja Nellie! Mrs. Tarletons Nellie! Beatrice Tarletons ängstlichgehüteter Liebling! (...)
© 2004 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
Übersetzung: Martin Beheim-Schwarzbach
- Autor: Margaret Mitchell
- 2006, 12. Aufl., 1120 Seiten, Maße: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Martin Beheim-Schwarzbach
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548261892
- ISBN-13: 9783548261898
- Erscheinungsdatum: 18.11.2004
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