Das Hagebutten-Mädchen / Wencke Tydmers Bd.3
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Das Hagebutten-Mädchen von Sandra Lüpkes
LESEPROBE
Samstag,20.März,9.02Uhr
Derdunkelgraue Rockbund kniff über dem Bauch und sie schob jede Minute denverrutschten Saum über die Oberschenkel. Kostüme waren nicht gerade fürHelikopterflüge gemacht. Wencke Tydmers schaute ausdem Fenster, durch das man tief unten die Insel Juist erkennen konnte, diesich, von der Märzsonne beschienen, im grauen Wattenmeer lang machte. Die rotenHäuschen kauerten in der Inselmitte zwischen Deich und Dünen, sie konnte denklobigen Wasserturm erkennen und knapp daneben das imposante Hotel Dünenschloss. Als sie zum ersten Mal auf Juist gewesenwar, hatte sie hinter diesen luxuriösen weißen Mauern einen Mordfall klärenmüssen. Es war schon ein paar Monate her, oh nein, Wencke stutzte, zwei Jahrewaren inzwischen vergangen. Zwei Jahre leitete sie schon die MordkommissionAurich. Verdammt lange Zeit auf dem Kalender, verdammt kurz, wenn man daraufzurückblickte.
DerHubschrauber flog im großen Bogen über den Hafen und setzte zur Landung nebendem kleinen Leuchtturm an. Das Grün des Deiches kam immer näher und langsam erkanntesie auch die Gestalt dort unten, die sich den hochgeschlagenen Jackenkragenenger um den Hals hielt und mit zusammengekniffenen Augen zu ihr hinaufschaute.Axel Sanders. Sie hatte nicht gedacht, dass sie sich jemals auf ihn freuenkönnte. Meine Güte, was war er doch für ein Ekelpaket gewesen, als er noch alsihr Vertreter in der Auricher Mordkommission gearbeitet hatte. Selbst wenn allein der Abteilung sich einig gewesen waren, hatte er trotzdem immer noch einWenn und Aber auf den Tisch geknallt. Wencke wusste, dass er sich schon immerfür den besseren Polizisten gehalten hatte und wohl niemals akzeptieren würde,dass ausgerechnet sie seine Vorgesetzte geworden war. Damals vor zwei Jahren.
Unddoch fehlte etwas, seit er vor einem halben Jahr auf die Insel abkommandiertwurde, um von dort sozusagen als Bewährungsprobe seinem Posten als Leiter derGemeinschaftsermittlung Rauschgift im Emsland entgegenzusehen. SeineMiesepetrigkeit, seine Klugscheißerei, seine glatten Hemden und tadellosenKrawattenknoten fehlten. Wer hätte das gedacht? Bis zu diesem Moment hatteWencke selbst noch nicht bemerkt, dass sie Axel Sanders vermisst hatte. Und nunstand er da, inzwischen waren sie fast auf der glatten Grasnarbe gelandet, undsie merkte, wie schön es war, ihn endlich wiederzusehen.Es gab da etwas. Etwas, was sie sich selbst noch nie bewusst eingestandenhatte. Sie erinnerte sich daran, dass er ihr damals vor zwei Jahren das Lebengerettet hatte, und vor einem Jahr, bei einem Fall auf der NachbarinselNorderney, hatte sie das erste Mal bemerkt, dass seine organisierte Art, seinkühles, sachliches Wesen einen gewissen Reiz hatten. Und zum Erfolg führenkonnten. Er hatte das, was Wencke nur allzu oft fehlte: einen klaren Kopf!Würde er diesen nicht so verbissen durchsetzen wollen, er könnte vielleichtein richtig feiner Kerl sein.
©Rowohlt Verlag
Autoren-Porträt von Sandra Lüpkes
Sandra Lüpkes, geboren 1971 in Göttingen, lebt seit vielen Jahrenmit ihrer Familie auf der NordseeinselJuist, wo sie als freie Autorin und Redakteurin arbeitet. In ihrer Freizeitsingt sie in der Rockband "Strandgut", die deutschen Texte stammenvon ihr.
Interview mit Sandra Lüpkes
Mit bisher drei Nordseeinsel-Krimishaben Sie schon ein begeistertes Lese-Publikum gefunden. Geht es auch im"Hagebutten-Mädchen" um einen nordischen Kriminalfall?
"DasHagebutten-Mädchen" spielt auf meiner Heimatinsel Juist und erzählt vondem alljährlich stattfindenden Treffen der ostfriesischen Inseln. Es geht umShantychöre, Akkordeonvereine, Volkstanzgruppen und den schwulenVorsitzenden des Juister Heimatvereins, der am Morgennach dem "Bunten Abend" tot im Schaufenster seines Trödelladensgefunden wird. Sehr viel Lokalkolorit, ohne dass die Protagonisten ständig Teemit Kluntje und Sahne trinken müssen, soviel kann ichversprechen.
Ihre Heldinnen scheinen jeweils eineganze Menge mit Ihnen gemeinsam zu haben. Wie ist das mit der Protagonistin des"Hagebutten-Mächens"?
Die Komissarin Wencke Tydmersbegleitet mich nun schon durch das dritte Buch, sie ist inzwischen wie einegute Freundin geworden und führt tatsächlich so etwas wie ein Eigenleben, demich "hinterherschreiben" darf. Außer demäußerlichen Erscheinungsbild (klein mit breitem Grinsen) und dem Alter (knappüber 30) haben wir aber gar nicht soviel gemeinsam. Wencke ist mutig, chaotischund beziehungsunfähig, das trifft auf mich weniger zu. Aber ich würde trotzdem gerneinmal ein Bier mit ihr trinken gehen.
Ihre Kriminalromane atmen vielNordseeluft. Wie finden Sie darüber hinaus Ihre Themen?
Speziellbeim "Hagebutten-Mädchen" lagen mir die wunderbar mystischenNordseelegenden und Sturmflutgeschichten am Herzen, die ich allerdings in einenmodernen Roman einbinden wollte. Auf die Idee, ein altes Akkordeon zumGegenstand krimineller Verwicklungen zu machen, brachte mich ein befreundeterHandzuginstrumentenbaumeister (schönes Wort, nicht?), der mich bei meinenLesungen am Schifferklavier begleitet.
Sie leben seit vielen Jahren aufJuist. Was macht das Besondere am Leben auf einer Insel aus?
Auf einerInsel kann man der konzentrierten Gemeinschaft nicht entfliehen. Wenn man aufdem Festland in einem kleinen Dorf lebt, so besteht immer noch die Möglichkeit,in einem Nachbardorf einkaufen zu gehen oder dem Kegelverein der nächstenKleinstadt beizutreten, wenn man die Gesichter vor Ort nicht mehr sehen kann.Dies ist hier nicht möglich. Ich treffe immer die selben Personen. BeimBrötchenholen, in der Sparkasse, am Strand, auf dem Elternabend, amKneipenstammtisch. Es gibt kein Entrinnen.
Neben Ihrem Beruf alsSchriftstellerin sind Sie außerdem selbstständige Werbegestalterin, vermietenan Feriengäste, singen in einer Rockband und haben eine Familie. Wie wichtigist das Schreiben für Sie?
Es warschon immer mein ganz großer Wunsch, Schriftstellerin zu sein, Geschichten zuerzählen und die Details des Lebens auf Papier zu bringen. Schon als Kind sahich mich in Gedanken an einer Schreibmaschine sitzen. Es ist wunderbar, dasssich dieser Traum erfüllt hat. Dass ich dabei auch noch eine tolle Familie unddie Musik in meinem Leben habe, ist... da fehlen selbst mir die Worte!
- Autor: Sandra Lüpkes
- 2004, 13. Aufl., 256 Seiten, Maße: 11,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499235994
- ISBN-13: 9783499235993
- Erscheinungsdatum: 03.05.2004
2 von 5 Sternen
5 Sterne 0Schreiben Sie einen Kommentar zu "Das Hagebutten-Mädchen / Wencke Tydmers Bd.3".
Kommentar verfassen