Wenn man einen weißen Anzug anhat
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Mit den klugen Worten zu dem, was dem 11. September folgte,
und den Erfolgstexten:
Es soll keiner dabei sein, den man nicht kennt
Kiesinger weiß kein Mensch was drüber
und:
Was man nicht sagt
ebenfalls dabei:
Die Passage mit den jungen Frauen, die Ende März aus einem Glas trinken und dabei zu Tausenden fotografiert werden, was jungen Männern nie passiert und die regional bedeutsame Miniatur:
Kölner und Düsseldorfer.
Wenn man einen weißen Anzug anhat von Max Goldt
LESEPROBE
17.10.2001
Was man nicht sagt
Lohnenswert: Dieses sprachliche Ungeziefer,entstanden durch Kreuzung von «lohnend» mit «lobenswert», hat sich erst in denletzten Jahren ausgebreitet. In Reiseführern ist von «lohnenswerten Abstechern»die Rede, in Computerblättern von «lohnenswerten Updates». Man könnte zwarsagen: «Lohnenswert, das ist halt, wenn etwas gut genug ist, daß man dafür lohnt, also Geld bezahlt», aber das Wort wirdimmer im Sinne von «lohnend» benutzt. Es ist ein typisches Blähwort.
Blähwörter: Wenn jemand ständig «Fragestellung»statt «Frage» sagt, «Thematik» statt «Thema», «Technologie» statt «Technik»»,dann gibt er sich als Freund des Blähworts zu erkennen. In diese Gruppe gehörenauch «sich hinstellen und sagen» statt «sagen» sowie «Ich bin ein Mensch/Ich binjemand, der gerne dies und das tut» statt «Ich tue gern dies und das» («Ich binkein Mensch, der sich hinstellt und sagt, die Küche brauch ich nicht zuwischen, die wird schon von alleine sauber» - ein echtes Zitat).
Witzig: «Wir haben Thematiken gesucht, dieein bissel witzig sind», sagte Margot Werner im Fernsehen bei der Präsentationihrer neuen CD. «Witzig» ist eine Art Frauenwort geworden. Die Damen kaufengern in witzigen Boutiquen winzige T-Shirts und entdecken in witzigen kleinen Seitenstraßenwitzige Friseure mit witzigen Ideen. Habe ich eben geschrieben, die Damenwürden winzige T-Shirts kaufen? Sorry: Sie kaufennatürlich witzige T-Shirts. Zur Beurteilung von humoristischen Filmen etc. läßt sich das Wort nicht mehr heranziehen, da würde es outsiderhaft wirken. Man sagt «lustig» oder «komisch».
Ficken: Was man hinter verschlossener Türsagt, um sich und andere in Ekstase zu bringen, steht hier nicht zur Debatte.Der Mensch ist da ja bemerkenswert genügsam. Hat jedoch einmal jemand gezählt, wieviele Fernsehfilme und Theaterstücke in den neunzigerJahren hergestellt wurden, in denen offenbar auf keinen Fall darauf verzichtetwerden konnte, daß eine Frau herumlief und dabeischreiend Sätze äußerte, in denen das Wort «ficken» vorkam? Immer schreien,immer Frau, immer ficken. Auf der anderen Seite gab es in diesem Jahr zweiPopsongs der Gruppen «Sofaplanet» und «Die Prinzen», die das Wort «ficken»enthielten. Beider Formationen Zielgruppe sind Kinder und jüngere Jugendliche.Ich empfehle eine Vermeidung des Wortes im öffentlichen Raum aufgrund seines zur Zeit unklaren Status zwischen verstaubtem Theaterschockertum und Schülerjargon. Die Aussage übrigens,«die Leute» würden nun einmal so reden, zeugt von einem Poesiemangel, derunter den Neonröhren von New-Wave-Lokalen einmal berechtigtgewesen sein mag. Heute jedoch sitzt man längst wieder in der Gartenlaube undlechzt nach Romantik.
Pseudointellektuell. Daß es Kunstwerke gibt, die nur vorgeben, auf intellektuellerAnstrengung zu basieren, läßt sich schlechtbezweifeln. Das Wort «pseudointellektuell» ist aber generell antiintellektuellgemeint, d. h., es wird von Leuten benutzt, die gar nicht in der Lage sind,zwischen einer echten und einer vermeintlichen intellektuellen Leistung zuunterscheiden. Intellektuellenfeindlichkeit aber ist, da hat mir Frau Rutschky gestern im Gespräch zögernd beigepflichtet,hierzulande und heutzutage eine Schwundstufe von Antisemitismus.
© RohwoltVerlag GmbH
Autoren-Porträt vonMax Goldt
Max Goldt, geboren 1958 in Göttingen, siedelt 1977 nach dem Abiturnach Berlin über, wo er eine Fotografenausbildung beginnt. Er bricht diesejedoch ab und widmet sich der Musik. Auf den Wogen der Neuen Deutschen Welleschwimmt er als Frontmann der Gruppe Foyer des Arts". die er zusammen mit GerdPasemann 1981 gründet. Er ist als Musiker ebenso erfolgreich wie als Autor. AlsMusiker hat er zahlreiche Schallplatten veröffentlicht, teils im Duo, teilssolo; als Autor schreibt er seit 1989 für das Satire-Magazin Titanic. Max Goldtlebt und arbeitet in Berlin.
- Autor: Max Goldt
- 2002, 4. Aufl., 160 Seiten, Maße: 13 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Rowohlt
- ISBN-10: 3498024930
- ISBN-13: 9783498024932
- Erscheinungsdatum: 13.09.2002
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