Wie die Franzosen die Liebe erfanden
Neunhundert Jahre Leidenschaft
Wurde die Liebe in Frankreich erfunden?
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Produktinformationen zu „Wie die Franzosen die Liebe erfanden “
Wurde die Liebe in Frankreich erfunden?
Klappentext zu „Wie die Franzosen die Liebe erfanden “
Neurotisch, leidenschaftlich, höfisch: Die Franzosen kennen fast so viele Spielarten der Liebe wie Käsesorten. Von den Minnesängern bis Dominique Strauss-Kahn: Immer wieder verblüffen sie den Rest der Welt. Wurde die Liebe in Frankreich erfunden?Marilyn Yalom, die große Romanistin und Feministin der ersten Stunde, geht dieser unterhaltsamen Frage anhand berühmter Meisterwerke der Literatur nach - offenherzig, fundiert und mit viel Humor. Nicht umsonst sind Wörter wie Rendezvous, Tête-à-Tête, Ménage-à-trois, Amour fou überall auf der Welt ein Begriff.
Von der raffiniert-bösartigen Erotik der Gefährlichen Liebschaften bis zur berechnenden Sinnlichkeit einer Madame Bovary, von der offenen Ehe zwischen Sartre und Beauvoir bis zum exotischen Liebhaber der Marguerite Duras - am Ende steht immer die uralte Frage: Was macht die Liebeaus? Trieb oder Gefühl? Seele oder Intellekt? Für Kenner der Literatur ist dieses Buch ein Fest, bei dem man alte Freunde unter neuen Vorzeichen wiedertrifft. Alle anderen werden große Lust aufs Lesen bekommen.
Lese-Probe zu „Wie die Franzosen die Liebe erfanden “
Wie die Franzosen die Liebe erfanden von Marilyn YalomProlog
Abaelard und Heloise, die Schutzheiligen französischer Liebespaare
Ich aber habe in jedem Augenblick meines Lebens, Gott weiß es, mehr Angst gehabt, Dich zu kränken als Gott selbst. Und ich habe mehr danach begehrt, dir zu gefallen als ihm.
Heloise an Abaelard1 (um 1133)
Abaelard und Heloise sind den Franzosen so vertraut wie Romeo und Julia den Amerikanern und Briten. Die seltsame Lebensgeschichte dieses Liebespaars, das im frühen 12. Jahrhundert gelebt hat, liest sich wie ein Schauerroman. Die erstaunlichen Briefe, die sie einander in lateinischer Sprache schrieben, sowie Abaelards autobiografische Schrift Historia calamitatum zählen zu den Urtexten der Geschichte der Liebe in Frankreich.
Abaelard war Wanderprediger, Gelehrter und Philosoph - und wohl der populärste Lehrmeister seiner Zeit. Zwischen Mitte zwanzig und Mitte dreißig erlangte er durch seine Reden zur Dialektik (Logik) und Theologie einige Berühmtheit. Dass er noch dazu gut aussah, sollte sein Schaden nicht sein: Wie heutige Rockstars begeisterte er die Massen, wann immer er öffentlich als Redner auftrat.
Bevor es in Frankreich zur Errichtung von Universitäten kam, bildeten sich um etliche berühmte Gelehrte städtische Schulen heraus, und die von Abaelard in Paris gegründete brachte Studenten aus allen christlichen Ländern zusammen.
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Heloise war die Nichte und das Mündel eines Kanonikus aus Paris und bereits als Halbwüchsige für ihren glänzenden Verstand und ihre große Gelehrsamkeit bekannt. Des Lateinischen war sie bereits mächtig, nun sollte sie auch Kenntnisse des Griechischen und Hebräischen erwerben. Abaelard, der sich von ihren außergewöhnlichen Talenten angezogen fühlte, sann auf eine todsichere Methode, sie zu verführen: Er würde im Haus des Kanonikus logieren und Heloise Privatunterricht erteilen. Es dauerte nicht lange, und sie verfielen einander in glühender Leidenschaft.
Im Winter 1115/16, als sie erstmals ein Liebespaar wurden, war Heloise gerade fünfzehn geworden und Abaelard etwa siebenunddreißig Jahre alt. Er behauptete, vor ihrer Begegnung ein keusches Leben geführt zu haben, und die überwältigende Kraft ihrer sinnlichen Leidenschaft traf ihn völlig unvorbereitet: »Da lag dann das Buch meist offen, wir aber sprachen von der Liebe und nicht von gelehrten Dingen, es gab Küsse und nicht gelehrtes Geschwätz. Meine Hand verließ die Bücher und wanderte zu ihrer Brust, und wir sahen weniger in die Bücher als einander in die Augen.«2
Heloise empfand ihre Liebe als ein Paradies der Glückseligkeit, das sie nie wieder vergessen konnte: »... das Glück, dem wir beide uns hingegeben hatten, war für mich so süß, dass es mir niemals Abscheu einflößen könnte und dass ich es auch nie werde vergessen können.«3
Doch die erotische Liebe hatte auch ihre Schattenseite: Abaelards Arbeit wurde allmählich in Mitleidenschaft gezogen, und die Schüler beklagten sich über seine Geistesabwesenheit. Da er mehr damit beschäftigt war, Liebeslieder für Heloise zu komponieren als theologische Thesen aufzustellen, war er taub gegenüber den Gerüchten, die um sie laut wurden. Heloises Onkel konnte die Augen nicht länger vor der Angelegenheit verschließen, und die Liebenden sollten sich trennen - doch da wurde Heloise schwanger. Abaelard schickte sie zu seiner Familie in der Bretagne, wo sie ihr Kind Abaelard und Heloise austrug, während er in Paris zurückblieb und dem Unmut ihres Onkels die Stirn bot. Die beiden Männer kamen überein, das Paar müsse nun heiraten, um die verlorene Ehre wiederherzustellen. Niemand schenkte Heloises Einwänden auch nur die geringste Beachtung: Sie wäre lieber Abaelards Geliebte geblieben, statt seine Frau zu werden, denn ihr war bewusst, dass eine Heirat seine Karriere zunichte machen würde, und sie teilte die allgemeine Ansicht, innerhalb einer Ehe könne die Liebe nicht gedeihen.
Dennoch wurden Abaelard und Heloise kurz nach der Geburt ihres Sohnes Astralabius kirchlich getraut; die Zeremonie fand heimlich in Anwesenheit ihres Onkels und einiger weniger Zeugen statt. Um Abaelards Ruf nicht zu schaden, sollte die Ehe auch weiterhin geheim gehalten werden. Doch gerade diese Geheimhaltung missfiel Heloises Onkel, in dessen Haus sie immer noch wohnte. Als er anfing, sie mit üblen Worten zu beschimpfen und zu verleumden, beschloss Abaelard, Heloise vorübergehend im Kloster von Argenteuil unterzubringen, wo sie schon als kleines Mädchen ihre Erziehung genossen hatte. In der Annahme, Abaelard habe sie ins Kloster geschickt, weil er sie loswerden wollte, bestrafte der Onkel ihn auf ungeheuerliche Weise: Eines Nachts, als Abaelard schlief, schlichen sich Diener in seine Kammer und entmannten ihn. Was für eine drakonische Maßnahme! Selbst im schlimmsten Horrorfilm würde man vor einer solchen Tat zurückschrecken.
D D ie Namen Abaelard und Heloise hörte ich zum ersten Mal in dem Song Just One of Those Things aus Cole Porters Musical Jubilee von 1935: »As Abélard said to Héloïse, / Don't forget to drop me a line, please.«
Dieser Song war Mitte des 20. Jahrhunderts sehr populär, und damals erwartete man von einem gebildeten Theaterbesucher, derlei Anspielungen auf Anhieb zu verstehen. Mir sagten die Namen allerdings nichts, bis ich in den Fünfzigerjahren am Wellesley College Französische Literatur des Mittelalters studierte und die bekannte »Ballade von den Frauen vergangener Zeiten« las, die der Dichter François Villon im 15. Jahrhundert verfasst hatte:
Wo die so weise Heloise,
für die man Abaelard entmannt,
der dann als Abt von Saint-Denis
sein Liebesleid nicht mehr empfand.4
Ich schlug das Wort châtré im Wörterbuch nach, das hier mit »entmannt« übersetzt ist, nahm all meinen Mut zusammen und bat meine Professorin um weitere Erklärungen. Professor Andrée Bruel, eine recht korpulente Dame, die uns hie und da bühnenreife Vorführungen ritterlicher Kampfgesten bot, erklärte etwas peinlich berührt, Abaelard sei tatsächlich seiner Hoden beraubt worden, und zwar durch ein paar Schurken, die Heloises Onkel gedungen hatte. Dann be
endete sie das Thema rasch und verwies mich auf den Briefwechsel zwischen den beiden Liebenden und auf Abaelards Autobiografie.
Ich brachte es irgendwie zuwege, neben meinen laufenden Hausarbeiten diese Texte zu lesen (in einer französischen Übersetzung des lateinischen Originals), und war einfach sprachlos. Wie konnte dieser Teenager - sie war jünger als ich - sich so vollkommen einem Mann hingeben, der doppelt so alt war wie sie und noch dazu ein Geistlicher! Wie konnten sie den strengen Regeln der römisch-katholischen Kirche die Stirn bieten, die ja bekannt war für ihre Verachtung irdischer Leidenschaften und den Glauben, die fleischliche Liebe sei, sofern sie nicht von einem verheirateten Paar zum Zweck der Zeugung vollzogen wurde, sündige
Copyright © Graf Verlag
Heloise war die Nichte und das Mündel eines Kanonikus aus Paris und bereits als Halbwüchsige für ihren glänzenden Verstand und ihre große Gelehrsamkeit bekannt. Des Lateinischen war sie bereits mächtig, nun sollte sie auch Kenntnisse des Griechischen und Hebräischen erwerben. Abaelard, der sich von ihren außergewöhnlichen Talenten angezogen fühlte, sann auf eine todsichere Methode, sie zu verführen: Er würde im Haus des Kanonikus logieren und Heloise Privatunterricht erteilen. Es dauerte nicht lange, und sie verfielen einander in glühender Leidenschaft.
Im Winter 1115/16, als sie erstmals ein Liebespaar wurden, war Heloise gerade fünfzehn geworden und Abaelard etwa siebenunddreißig Jahre alt. Er behauptete, vor ihrer Begegnung ein keusches Leben geführt zu haben, und die überwältigende Kraft ihrer sinnlichen Leidenschaft traf ihn völlig unvorbereitet: »Da lag dann das Buch meist offen, wir aber sprachen von der Liebe und nicht von gelehrten Dingen, es gab Küsse und nicht gelehrtes Geschwätz. Meine Hand verließ die Bücher und wanderte zu ihrer Brust, und wir sahen weniger in die Bücher als einander in die Augen.«2
Heloise empfand ihre Liebe als ein Paradies der Glückseligkeit, das sie nie wieder vergessen konnte: »... das Glück, dem wir beide uns hingegeben hatten, war für mich so süß, dass es mir niemals Abscheu einflößen könnte und dass ich es auch nie werde vergessen können.«3
Doch die erotische Liebe hatte auch ihre Schattenseite: Abaelards Arbeit wurde allmählich in Mitleidenschaft gezogen, und die Schüler beklagten sich über seine Geistesabwesenheit. Da er mehr damit beschäftigt war, Liebeslieder für Heloise zu komponieren als theologische Thesen aufzustellen, war er taub gegenüber den Gerüchten, die um sie laut wurden. Heloises Onkel konnte die Augen nicht länger vor der Angelegenheit verschließen, und die Liebenden sollten sich trennen - doch da wurde Heloise schwanger. Abaelard schickte sie zu seiner Familie in der Bretagne, wo sie ihr Kind Abaelard und Heloise austrug, während er in Paris zurückblieb und dem Unmut ihres Onkels die Stirn bot. Die beiden Männer kamen überein, das Paar müsse nun heiraten, um die verlorene Ehre wiederherzustellen. Niemand schenkte Heloises Einwänden auch nur die geringste Beachtung: Sie wäre lieber Abaelards Geliebte geblieben, statt seine Frau zu werden, denn ihr war bewusst, dass eine Heirat seine Karriere zunichte machen würde, und sie teilte die allgemeine Ansicht, innerhalb einer Ehe könne die Liebe nicht gedeihen.
Dennoch wurden Abaelard und Heloise kurz nach der Geburt ihres Sohnes Astralabius kirchlich getraut; die Zeremonie fand heimlich in Anwesenheit ihres Onkels und einiger weniger Zeugen statt. Um Abaelards Ruf nicht zu schaden, sollte die Ehe auch weiterhin geheim gehalten werden. Doch gerade diese Geheimhaltung missfiel Heloises Onkel, in dessen Haus sie immer noch wohnte. Als er anfing, sie mit üblen Worten zu beschimpfen und zu verleumden, beschloss Abaelard, Heloise vorübergehend im Kloster von Argenteuil unterzubringen, wo sie schon als kleines Mädchen ihre Erziehung genossen hatte. In der Annahme, Abaelard habe sie ins Kloster geschickt, weil er sie loswerden wollte, bestrafte der Onkel ihn auf ungeheuerliche Weise: Eines Nachts, als Abaelard schlief, schlichen sich Diener in seine Kammer und entmannten ihn. Was für eine drakonische Maßnahme! Selbst im schlimmsten Horrorfilm würde man vor einer solchen Tat zurückschrecken.
D D ie Namen Abaelard und Heloise hörte ich zum ersten Mal in dem Song Just One of Those Things aus Cole Porters Musical Jubilee von 1935: »As Abélard said to Héloïse, / Don't forget to drop me a line, please.«
Dieser Song war Mitte des 20. Jahrhunderts sehr populär, und damals erwartete man von einem gebildeten Theaterbesucher, derlei Anspielungen auf Anhieb zu verstehen. Mir sagten die Namen allerdings nichts, bis ich in den Fünfzigerjahren am Wellesley College Französische Literatur des Mittelalters studierte und die bekannte »Ballade von den Frauen vergangener Zeiten« las, die der Dichter François Villon im 15. Jahrhundert verfasst hatte:
Wo die so weise Heloise,
für die man Abaelard entmannt,
der dann als Abt von Saint-Denis
sein Liebesleid nicht mehr empfand.4
Ich schlug das Wort châtré im Wörterbuch nach, das hier mit »entmannt« übersetzt ist, nahm all meinen Mut zusammen und bat meine Professorin um weitere Erklärungen. Professor Andrée Bruel, eine recht korpulente Dame, die uns hie und da bühnenreife Vorführungen ritterlicher Kampfgesten bot, erklärte etwas peinlich berührt, Abaelard sei tatsächlich seiner Hoden beraubt worden, und zwar durch ein paar Schurken, die Heloises Onkel gedungen hatte. Dann be
endete sie das Thema rasch und verwies mich auf den Briefwechsel zwischen den beiden Liebenden und auf Abaelards Autobiografie.
Ich brachte es irgendwie zuwege, neben meinen laufenden Hausarbeiten diese Texte zu lesen (in einer französischen Übersetzung des lateinischen Originals), und war einfach sprachlos. Wie konnte dieser Teenager - sie war jünger als ich - sich so vollkommen einem Mann hingeben, der doppelt so alt war wie sie und noch dazu ein Geistlicher! Wie konnten sie den strengen Regeln der römisch-katholischen Kirche die Stirn bieten, die ja bekannt war für ihre Verachtung irdischer Leidenschaften und den Glauben, die fleischliche Liebe sei, sofern sie nicht von einem verheirateten Paar zum Zweck der Zeugung vollzogen wurde, sündige
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Autoren-Porträt von Marilyn Yalom
Yalom, MarilynMarilyn Yalom, Professorin für Französische Literatur und Senior Scholar am Institut für Gender Research an der Stanford University, gehört zu den herausragenden Gelehrten ihrer Generation. Die Feministin, Proustianerin und frühe Verehrerin von Simone de Beauvoir veröffentlichte zahlreiche Werke, die sich durch wissenschaftliche Fundiertheit, provokante Thesen und ihren frischen, mitreißenden Stil auszeichneten. Sie lebt mit ihrem Mann, dem Psychiater und Bestseller-Autor Irvin D. Yalom, in Palo Alto, Kalifornien.
Bibliographische Angaben
- Autor: Marilyn Yalom
- 2013, 448 Seiten, Maße: 13,4 x 21,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Meßner, Michaela
- Übersetzer: Michaela Meßner
- Verlag: Graf Verlag
- ISBN-10: 3862200388
- ISBN-13: 9783862200382
- Erscheinungsdatum: 02.12.2013
Rezension zu „Wie die Franzosen die Liebe erfanden “
"Ein überaus kenntnisreiches und sehr lesbares Buch...", Das Magazin, 06.01.2014
Kommentare zu "Wie die Franzosen die Liebe erfanden"
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