Wittgenstein im 1. Weltkrieg

Der junge Ludwig Wittgenstein, geb. 1889 in Wien, studierte nach der Matura ab 1906 zunächst in Berlin und seit 1908 in Cambridge bei Bertrand Russell und George Edward Moore am Trinity College, wo er seine Studien zur modernen Logik begann. 1914 kam er in Kontakt mit Ludwig von Ficker, dem Herausgeber der Zeitschrift "Der Brenner". Am 7.8.1914 meldete er sich als Freiwilliger zur österr. Armee und wurde dem 2. Festungs-Artillerieregiment in Krakau zugeteilt, wo er mit der Abfassung der Tagebücher begann, die er teilweise in einer Geheimschrift verfasste. Im September 1914 kaufte er Tolstois "Kurze Einleitung in die Evangelien", die ihn tief beeindruckten. In den Tagebüchern verwendete er auch eine Geheimschrift; drei Hefte blieben erhalten, die einen Eindruck in sein Denken in der Kriegszeit ermöglichen, von der sonst nur wenige Dokumente erhalten blieben. 1918 lernte er seinen Vetter Friedrich August von Hayek näher kennen - den späteren Nobelpreisträger. Nach Teilnahme an den Kämpfen in den "VII Gemeinden" von Asiago und einem Aufenthalt im Bozner Klosterspital geriet er am 3.11.1918 in italienische Kriegsgefangenschaft und kam ins Lager Monte Cassino, wo er seinem Gefährten Franz Parak erzählte, dass er in Zukunft den Kindern in der Volksschule das Evangelium im Sinne Tolstois beibringen wolle. "Der Trieb zum Mystischen kommt von der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch die Wissenschaft", notierte er am 25.5.1915. In seinem "Tractatus" erläuterte er später seine Vorstellungen über die "negative Theologie" der er sich zeitlebens verbunden fühlte.