Märchen, Sagen & Romane / Zotne Dadiani - Fürst von Georgien

Es war Mittag. Man brachte die Verschwörer, an den Händen gefesselt, in den rings von einer Mauer umschlossenen Hof. Mit unordentlich gewaschenen Bärten und Haaren schritten die Gefangenen bleich und gesenkten Kopfes heran. In der Mitte des Hofs hielt man die in Fußeisen Laufenden an. "Setzt euch!" befahl der Zehnerschaftsführer, und die von der Gefängnishaft steif gewordenen Gefangenen ließen sich auf den Boden fallen. Auf dem Hof, der nackt wie eine Handfläche war, war nirgends auch nur die Andeutung deines Grashalms zu sehen, die sonnenerhitzte war heiße wie eine Pfanne. Der Hundertschaftsführer gab den Soldaten ein Zeichen. Sie stürzten sich auf die Gefesselten und begannen ihnen die Kleider vom Leib zu reißen. Die Gefangenen blickten erst erstaunt auf, als man ihnen die Sachen auszog, doch da sie sowieso keinen Widerstand leisten konnten, gaben sie nach und fügten sich. Man entblößte ihre Oberkörper. Dann brachte man einen Kessel voll Honig und stellte ihn in die Mitte. Jedem einzeln strichen sie den Honig auf den nackten Leib und das Gesicht. Als sie damit fertig waren, wandten sie sich von den erbämlich Daliegenden ab. "Wir lassen euch hier, damit die Sonne euch brennt und die Wespen euch stechen, bis ihr alles verratet. Falls einer von euch seinen Verstand gebraucht und die Wahrheit sagen will, wir sind ganz in der Nähe, unter dem Säulendach. Ruft uns, und wir beenden eure Qual", erklärte der Hundertschafsführer und begab sich in den Schatten des Daches. Die Gefangenen blieben allein. Im Nu füllte sich der Hof mit Fliegen, Bienen und Wespen. Sie schwirrten durch die Luft und setzten sich den Verschwörern auf den honigbestrichenen Körper und das Gesicht. Aus einem Keller kam Zotne Dadiane gestiegen. Er ging auf die Gefangenen zu, machte den Oberkörper frei und ging daran, sich mit Honig zu bestreichen. Die Verschwörer starrten ihn entgeistert an."Bist du es, Zotne, oder scheint es mir nur so?" fragte Zichisdshwareli. "Ich bin es, Quarquware Guten

Grigol Abaschidse hat mit Vorliebe Themen aus der georgischen Geschichte bearbeitet. Der 1914 in Sedargani geborene Verfasser, der nach dem Studium in Tbilisi und Moskau als Redakteur die Zeitschriften Niangi (Krokodil), Droscha (Fahne) und Mnatobi (Gestirn) gestaltete und seit 1967 als Vorsitzender des Georgischen Schriftstellerverbandes wirkte, fühlte sich anfangs besonders der Lyrik verbunden (Goldener Weinberg, Tao), wandte sich aber später auch der Epik zu, wo er vielfach geschichtliche Stoffe literarisch formte. Gerade das Auftauchen der Mongolen in Georgien, das Ende der Blütezeit des georgischen Hochfeudalismus und der Kampf des georgischen Volkes gegen die Eroberer, die den Hintergrund für seine historischen Romane bilden und mit er sich einen Namen als Prosaschriftsteller erwarb, haben in der georgischen Literatur ihre künstlerische Wiedergabe gefunden.