Auf Abstand (PDF)

An ein Ende der Pandemie war lange nicht zu denken und trotzdem setzte sich der Autor an eine umfassende „Gesellschaftsgeschichte der Corona-Pandemie“, die ihm –gleich zu Beginn angemerkt- wohlgelungen ist. Ein engagiertes Projekt, das viel Sachkenntnis und Recherche verlangte. Dabei ging er nicht auf Abstand und wartete nicht bis die Pandemie vorüber war und er die Ergebnisse und Auswirkungen hätte beschreiben und bewerten können. Der Autor ist sich bewusst, dass es ungewöhnlich ist eine Geschichte zu schreiben solange die Geschichte nicht zu Ende ist. Dabei beschreibt er die Pandemie besonders als gesellschaftliches Problem und Aufgabe, nicht nur als Herausforderung an unser Gesundheitssystem. Und als Herausforderung für unsere gesellschaftlichen Grundsätze und Werte mit ihren Auswirkungen auf unser Zusammenleben. Dabei spielen die Aspekte Sicherheit und Freiheit, Zwang und Freiwilligkeit, Bedrohung und Schützenswertes eine besondere Rolle. Der Medizinhistoriker spannt einen Bogen, unter dem er die Pandemie in all ihren gesellschaftlichen Facetten beleuchtet, wobei er aber nicht allein bei Corona bleibt, sondern ein Seuchen-Panorama des 20. Jahrhunderts beschreibt, das von den Pocken über die Spanische Grippe bis hin zu Aids, Ebola und Schweinegrippe reicht. Das Resümee des Buches sollte die Frage „Ist Corona eine Zeitenwende?“ beantworten. Tun wir es auch: Eine Wende im Denken und unseren Ansprüchen sollte, ja muss die Pandemie auf jeden Fall bedingen. Erst recht, wenn immer neue Varianten auftauchen und eine neue schon wieder am Horizont droht: die Affenpocken.
Ein hochinteressantes, lesenswertes Buch, das auch noch einmal im Rückblick zu bewerten sein wird, wenn diese spezielle Pandemie (hoffentlich) einmal zu Ende sein wird.
In diesem Zusammenhang sei auch empfehlend verwiesen auf Volker Reinhardts spannendes Buch „Die Macht der Seuche“ (Wie die Große Pest die Welt veränderte, 1347 - 1353) bei C.H.Beck, 2021.