Der Hiob ist weg (ePub)

Zwei Minuten später stellte ich den Volvo in der Windeckstraße ab und wandte mich erneut an meinen angeschlagenen Praktikanten. "So, Endstation. Ich bin schon mal im Buro, bis dahin schaffst du es ja wohl alleine. Falls du in einer Stunde noch nicht da bist, ruf ich den Notarzt." Mit diesen Worten schlug ich die Fahrertur zu und verschwand im Hinterhof meines neuen Domizils. Seitdem der graue Betonklotz in der Sonnemannstraße einem moderneren Glaskasten weichen musste, hatte ich hier vorubergehend eine neue Bleibe gefunden. Kurt Bratfisch, Privatdetektiv. Mein Firmenschild Seite an Seite mit dem der Eheberatungsstelle Harmonie der Seele. Das Hinterhaus stand, von der permanenten Anwesenheit meiner sechsundachtzigjährigen Nachbarin mal abgesehen, fast immer leer. Die anderen Wohnungen wurden nur sporadisch an durchreisende Osteuropäer vermietet. In diesen Zeiten glich der rostbraune Altbau dann einem Rastplatz aufdringlich schnatternder Zugvögel, doch momentan herrschten Ruhe und Frieden. Nur ab und zu drangen verzweifelte Schreie aus dem gekippten Fenster der Eheberatung. Man brauchte wirklich keine Uhr in diesem Haus. Montags um viertel nach neun war immer Schreitherapie. Ich ließ die Burotur offen stehen und setzte die Kaffeemaschine in Gang. Der Anrufbeantworter blinkte. Eine Automatenstimme unternahm ihr Bestes, meinen AB von einem neuen Telefonvertrag zu uberzeugen. Maschinen reden mit Maschinen. So sieht es aus, das wahre Gesicht der Einsamkeit. Kurz darauf humpelte Kanonen-Robert durch den schmalen Flur in mein Empfangszimmer. "Fur nicht laufen können geht's doch ganz gut", spottete ich und goss mir einen Becher voll Kaffee. Der Ex-Stuntman ließ sich unmittelbar auf einen Burostuhl fallen und rollte sich uber das verranzte Parkett an den Schreibtisch. "Machst du mir auch einen?" "Aber naturlich. Milch, Zucker, Kekse?" "Ein Schuss Cognac vielleicht." "Das war ironisch gemeint, Idiot."