Die Welt da drinnen (ePub)
Eine deutsche Nervenklinik und der Wahn vom »unwerten Leben«
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Am 7. August 1946, eine Woche vor dem Sachsenberg-Prozess gegen einen Teil des medizinischen Personals der Schweriner Heil- und Pflegeanstalt, erstattete eine Mutter Anzeige gegen deren Direktor und auch gegen den Oberstadtdirektor von Boizenburg. Der Wohnort des Oberstadtdirektors war ihr unbekannt, aber er war in die englische Zone geflohen, das wusste sie. Er hatte vier Jahre zuvor ihren damals 13-jährigen Sohn dem Jugendamt Hagenow gemeldet (mit der Begründung, der Junge hätte mit anderen Kindern unsittliche Handlungen betrieben, sähe unmenschlich aus und müsste verschwinden). Das Jugendamt brachte den Jungen daraufhin am 1. Juni 1942 in die Schweriner Nervenheilanstalt, wo er, wie man der Mutter sagte, mit Hormonen behandelt werden sollte und für den Schulbesuch vorgesehen war. Die Mutter versuchte, ihren Sohn über das Rathaus in Boizenburg, über das Jugendamt in Hagenow und das Amtsgericht in Züren nach Hause zurückzubekommen, aber es gelang ihr nicht. Ein Vierteljahr nach seiner Einlieferung, am 3. September 1942, erhielt die Mutter folgenden Brief aus der Klinik: Sehr geehrte Frau ...! Leider war es mir nicht möglich, Sie rechtzeitig von der Erkrankung Ihres Kindes zu benachrichtigen, der Junge hatte einige Tage kaum nennenswerte Beschwerden, die auf einen leichten Katarrh der Gallenwege zurückgeführt werden mussten. Am Abend vor seinem Ableben trat eine plötzliche Verschlimmerung mit hohem Fieber auf, und es erfolgte kurz darauf ein Durchbruch der Gallenblase, der den schnellen Tod des Kindes veranlasste. Heil Hitler! Dr. L., Medizinalrat Dr. Alfred L. also hatte diesen Brief verfasst. Schon am 4. September war die Beerdigung des 13-Jährigen. Die Eltern und seine beiden Schwestern konnten ihn noch einmal sehen und bemerkten dabei vier Einstiche am Kopf, die nicht von den Hormongaben herrühren konnten - das bestätigten außerhalb der Anstalt alle Ärzte, die sie fragten: Hormone werden in Tablettenform verabreicht. Die Mutter vermutete in der Anzeige, dass ihr
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Sohn mit Wasserstoffspritzen in den Kopf umgebracht worden war. In unserem Nachbardorf, im Einzugsbereich dieser Klinik, lebte bis in die neunziger Jahre ein Mann, der in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft gearbeitet hatte. Jetzt erst, bei meinen Nachfragen, erfuhr ich, dass er vor 1945 aus der Nervenklinik entkommen war. Er war einfach weggelaufen. Nein, hatte er zu Hause gesagt, da bleibe ich nicht, da wird man ja umgebracht. Alle hatten es gewusst.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Helga Schubert
- 2013, 290 Seiten, Deutsch
- Verlag: EDITION digital
- ISBN-10: 3863949110
- ISBN-13: 9783863949112
- Erscheinungsdatum: 08.01.2013
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eBook Informationen
- Dateiformat: ePub
- Größe: 0.67 MB
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