Faschismus (PDF)
Konzeptionen und historische Kontexte. Eine Einführung
Über sechzig Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches lebt die Erinnerung an die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte zwischen 1933 und 1945 ungebrochen weiter, als handele es sich um einen Zivilisationsbruch, der erst gestern geschehen ist. Bei einem...
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Produktinformationen zu „Faschismus (PDF)“
Über sechzig Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches lebt die Erinnerung an die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte zwischen 1933 und 1945 ungebrochen weiter, als handele es sich um einen Zivilisationsbruch, der erst gestern geschehen ist. Bei einem solchen virulenten Aktualitätsbezug verwundert es nicht, dass über das Dritte Reich eine Fülle von Publikationen erschienen sind, die ganze Bibliotheken füllen. Angesichts dieser unübersichtlichen Forschungslage will Richard Saage nicht nur dem engeren Fachpublikum einen Leitfaden bieten. In ideengeschichtlicher Vertiefung geht es ihm darum, die wichtigsten Faschismuskonzeptionen im Kontext ihrer Entstehung zu rekonstruieren: Es handelt sich um sowjetmarxistische, bonapartismustheoretische, konflikttheoretische, totalitarismustheoretische, modernisierungstheoretische, geistesgeschichtliche und sozialpsychologische Faschismusinterpretationen. Neben der Darstellung dieser konzeptionellen Deutungsmuster, die in 17 Schaubildern zur Orientierung des Lesers grafisch vereinfacht dargestellt werden, unternimmt es Sage auch, sie auf ihre analytische Tragweite und Grenzen zu untersuchen. Ein Abkürzungsverzeichnis und Personenregister tragen erheblich zur Steigerung des Gebrauchswertes des vorliegenden Buches bei.
Lese-Probe zu „Faschismus (PDF)“
Erstes Kapitel Einleitung (S. 13) Als im Jahr 1976 mein Buch Faschismustheorien1 veröffentlicht wurde, reagierte es auf eine ganz spezifische Forschungslage, die untrennbar mit dem damals in der Bundesrepublik Deutschland vorherrschenden politischen Klima verbunden war.
Einer im Zeichen der sozial-liberalen Koalition stehenden Tendenz, unter dem Einfluss der Studentenbewegung und ihrer emanzipatorischen Impulse mehr Demokratie zu wagen und gleichzeitig die starre Ost-West-Konfrontation zugunsten einer allmählichen Aufweichung des Eisernen Vorhanges, der Deutschland in zwei Teile zerriss, zu lockern, stand eine neo-konservative Opposition gegenüber, die mit der Infragestellung des bisherigen sozio-kulturellen Status quo den Einbruch eines neuen Totalitarismus befürchtete.
Diese Polarisierung ging nicht spurlos an der Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich vorbei. Bis Ende der 60er Jahre im Schatten der identifizierenden Totalitarismustheorie einerseits und einer personalisierenden Deutung des Dritten Reiches als eines von dämonischen Kräften verursachten Betriebsunfalls der Geschichte andererseits stehend, die den an sich gesunden deutschen Staat in den abschüssigen Strudel des nationalsozialistischen Reichs der niederen Dämonen gerissen habe, trat nun in Gestalt einer akademischen Marxismus-Rezeption eine Alternative gegenüber, die von vielen als Provokation empfunden wurde.
Für kurze Zeit wurden in der Faschismusforschung Fragen relevant, welche die damals herrschende Totalitarismustheorie bzw. personalisierende Deutung des Dritten Reiches relativierten: Welchen Anteil hatte die deutsche Großindustrie an der faschistischen Machtübergabe?
In welchem Maße waren großindustrielle Gruppen an der militärischen Expansion in Osteuropa beteiligt? Warum erwies sich der Faschismus vor allem für den alten und neuen Mittelstand so attraktiv, dass er jenem zu einer Massenbasis verhalf? Woran lag es, dass die am besten organisierte
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Arbeiterbewegung der Welt in Deutschland fast kampflos vor dem Faschismus kapitulierte? War der Faschismus an der Macht wirklich identisch mit jenem monolithischen Machtblock, als den die identifizierende Totalitarismustheorie ihn ausgab?Diesen Fragenkatalog könnte man beliebig fortführen.
Auf einige von ihnen versuchte ich in meinem Band Faschismustheorien durch die Rezeption der einschlägigen Ansätze der Zwischenkriegszeit, aber auch der 40er Jahre sowie der Nachkriegszeit und neueren historiografischen Untersuchungsresultate eine Antwort zu geben. Heute hat sich, wie es scheint, die Situation grundlegend geändert. Die Rezeption von Faschismustheorien, mit deren Hilfe man Klarheit zu erlangen suchte über die gesellschaftliche Basis, die Aufstiegsbedingungen, aber auch über die Funktion des Faschismus hat zur Zeit keine Konjunktur.
Neue Fragen sind in der Faschismusforschung hegemonial geworden, die das Problem des Faschismus von der Strukturebene auf die Ebene der Opfer verlagerten: bis hin zu der deprimierenden Einsicht Primo Levis, dass sich die Geschichte der Konzentrationslager nicht auf die beiden Blöcke der Opfer und Verfolger herunterbrechen lässt.
Insbesondere am Beispiel der Sonderkommandos kann Levi zeigen, dass es eine blühende `Grauzone von protekcja (Korruption) und Kollaboration der Opfer in den Lagern gab, und zwar der Opfer in ihrer ganzen Bandbreite: von der buntzusammengewürfelten Fauna der mit niederen Funktionen betrauten Häftlinge, die sorgsam über die kleinen Vorteile wachten, die sie gegenüber den anderen Häftlingen genossen, über das Netz der tatsächlich privilegierten Kapos, denen es freistand, nach Lust und Laune die gemeinsten Brutalitäten zu begehen, bis zu den Sonderkommandos, die das fürchterliche Schicksal hatten, ihr Leben im KZ dadurch verlängern zu können, dass sie die Gaskammern und Krematorien bedienten.
Sind angesichts dieses dämonischsten Verbrechens des Nationalsozialismus (Primo Levi), nämlich der Erfindung und Organisation von Sonderkommandos, Faschismuskonzeptionen obsolet? Für diejenigen, die in dem subjektiven Leid unzähliger Menschen, das der deutsche Faschismus zu verantworten hat, den Tatbestand sehen, der ausschließlich zählt, muss dies sicherlich der Fall sein. Wer aber die sozialen Mechanismen zu dechiffrieren sucht, welche jene menschenverachtende Grauzone erst ermöglichte, kommt um strukturelle, d.h. konzeptionelle Analysen des faschistischen Syndroms nicht herum.
Auf einige von ihnen versuchte ich in meinem Band Faschismustheorien durch die Rezeption der einschlägigen Ansätze der Zwischenkriegszeit, aber auch der 40er Jahre sowie der Nachkriegszeit und neueren historiografischen Untersuchungsresultate eine Antwort zu geben. Heute hat sich, wie es scheint, die Situation grundlegend geändert. Die Rezeption von Faschismustheorien, mit deren Hilfe man Klarheit zu erlangen suchte über die gesellschaftliche Basis, die Aufstiegsbedingungen, aber auch über die Funktion des Faschismus hat zur Zeit keine Konjunktur.
Neue Fragen sind in der Faschismusforschung hegemonial geworden, die das Problem des Faschismus von der Strukturebene auf die Ebene der Opfer verlagerten: bis hin zu der deprimierenden Einsicht Primo Levis, dass sich die Geschichte der Konzentrationslager nicht auf die beiden Blöcke der Opfer und Verfolger herunterbrechen lässt.
Insbesondere am Beispiel der Sonderkommandos kann Levi zeigen, dass es eine blühende `Grauzone von protekcja (Korruption) und Kollaboration der Opfer in den Lagern gab, und zwar der Opfer in ihrer ganzen Bandbreite: von der buntzusammengewürfelten Fauna der mit niederen Funktionen betrauten Häftlinge, die sorgsam über die kleinen Vorteile wachten, die sie gegenüber den anderen Häftlingen genossen, über das Netz der tatsächlich privilegierten Kapos, denen es freistand, nach Lust und Laune die gemeinsten Brutalitäten zu begehen, bis zu den Sonderkommandos, die das fürchterliche Schicksal hatten, ihr Leben im KZ dadurch verlängern zu können, dass sie die Gaskammern und Krematorien bedienten.
Sind angesichts dieses dämonischsten Verbrechens des Nationalsozialismus (Primo Levi), nämlich der Erfindung und Organisation von Sonderkommandos, Faschismuskonzeptionen obsolet? Für diejenigen, die in dem subjektiven Leid unzähliger Menschen, das der deutsche Faschismus zu verantworten hat, den Tatbestand sehen, der ausschließlich zählt, muss dies sicherlich der Fall sein. Wer aber die sozialen Mechanismen zu dechiffrieren sucht, welche jene menschenverachtende Grauzone erst ermöglichte, kommt um strukturelle, d.h. konzeptionelle Analysen des faschistischen Syndroms nicht herum.
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Autoren-Porträt von Richard Saage
Dr. Richard Saage ist Universitätsprofessor für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle.
Bibliographische Angaben
- Autor: Richard Saage
- 2007, 2007, 230 Seiten, Deutsch
- Verlag: VS Verlag für Sozialw.
- ISBN-10: 3531905511
- ISBN-13: 9783531905518
- Erscheinungsdatum: 13.11.2007
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eBook Informationen
- Dateiformat: PDF
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Pressezitat
"In einer Zeit, in der allgemeine Theorien, besonders über Faschismus 'keine Konjunktur' haben, legt Saage einen empfehlenswerten Überblick vor. Bewußt verzichtet er auf den Titel Faschismustheorien und redet von Konzeptionen, bewußt bleibt er beim Begriff Faschismus. Dafür sprechen das Verständnis der Epoche, die Legitimation bis zur Rechtfertigung des Holocaust, die Beziehung der faschistischen Bewegungen, zwischen dem allgemeinen Begriff und der Empirie einzelner besteht eine fruchtbare Spannung. Saage begreift seine Darstellung als ideengeschichtlich vertiefte 'Paradigmenforschung'."Das Historisch-Politische Buch, 05/2208
"Was [...] an dem Autor - der gut bekannt ist aus seinen hochinteressanten Abhandlungen zur Utopieforschung - immer wieder beeindruckt, ist seine umfangreiche Literaturkenntnis und die ruhige Diktion der Wiedergabe seines profunden Wissens. Davon kann der Leser auf jeden Fall profitieren."
AKP - Fachzeitschrift für Alternative Kommunal Politik, 02/2009
"Auf der ideologiekritischen Ebene der Forschung zum deutschen Faschismus [...] bietet das Buch einen guten und diskussionsanregenden Überblick."
www.projekte.free.de/lotta/rezensionen.htm, 10.02.2009
"Der Hallenser Politikphilosoph und Utopieforscher Richard Saage ist in besonderem Maße prädestiniert, ein Lehrbuch zum Thema vorzulegen, war er doch einer der wenigen bedeutenden deutschen Sozialwissenschaftler, die - unbeeindruckt von konservativer Kritik - den faschismustheoretischen Ansatz bereits vor dem jüngsten Hoch in der internationalen Faschismusforschung verteidigten. So nimmt es auch nicht wunder, dass Saage mit seinem neuen Buch eine besonders tiefgehende und gut strukturierte Überblicksdarstellung liefert."
PVS - Politische Vierteljahresschrift, 03/2008
"Saage unterscheidet [...] sieben Großkonzeptionen [...], deren wichtigste Vertreter er vorstellt und interpretiert. Dies geschieht auf gut strukturierte und für dieses Thema erstaunlich leicht lesbare Weise. Zudem
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