Radikal führen (ePub)
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Erste Kernaufgabe: Zusammenarbeit organisieren Einer für alle, alle für einen Eine kleine Naturgeschichte Es gibt immer "natürliche" Erklärungen für bestimmte Verhaltensweisen. Und es gibt "kultürliche". Die natürlichen Erklärungen werden von der Biologie oder der Anthropologie bereitgestellt, die kultürlichen von den Sozialwissenschaften. Das, was hier mit "Natur" gemeint ist, ist schlicht unser biologisches Gepäck, das uns durch einige Millionen Jahre Entwicklung als Gattungswesen mitgegeben wurde. Eine mächtige Mitgift. Wir sind gut beraten, der Stimme der Biologie wenigstens zuzuhören, bis wir sie mit kultürlichen Argumenten des Zeitbedingten zum Schweigen bringen. Fragt man Anthropologen nach dem wesentlichen Unterschied zwischen Menschen und Affen, dann ist das nicht - wie man lange glaubte - die Sprache. Es ist die partnerschaftliche Grundhaltung. Anders gewendet: Bevor der Mensch sprechen kann, kann er gemeinsam planen und handeln. "Der vermutlich bemerkenswerteste Aspekt der Evolution", schrieb der Evolutionsbiologe Martin Nowak, "ist ihre Fähigkeit, in einer konkurrenzorientierten Welt Kooperation zu erzeugen." Es ist unklar, warum es dazu kam (ich folge hier vor allem Michael Tomasello) und warum andere Primaten von der Evolution dafür nicht ausgestattet wurden. Denn der Mensch war naturgeschichtlich ein Selbstversorger. Er kümmerte sich nicht in der Gruppe um Nahrung, Wohnung und Fortpflanzung, sondern allein. Sein Interesse an Kooperation war gering - wie bei anderen Primaten auch. Was aber veranlasste den "cooperative turn", die Hinwendung zu gemeinsamem Planen und Handeln? Die wahrscheinlichste Antwort lautet: dass sich irgendetwas in der Umwelt verändert hatte, was ein Vorgehen "mit vereinten Kräften" überlebensnotwendig machte. Wahrscheinlich sahen sich Menschen zur gemeinsamen Nahrungssuche gezwungen - sowohl beim Sammeln als auch beim Jagen. Es ist also weder unsere Sprache noch unsere Denkfähigkeit, die uns entwicklungsgeschichtlich einzigartig
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macht, sondern unsere Fähigkeit zur Kooperation: geteilte Absicht, abgestimmte Handlungen, gemeinsame Zukunft. Wer eine gemeinsame Absicht teilt, nimmt sich Aufgaben vor, welche die eigenen Möglichkeiten übersteigen. Und zählt darauf, dass sich die anderen zum Mittun bewegen lassen - aus welchen Gründen auch immer. Diese Handlungen sind durch ein gemeinsames Ziel und verschiedene, aber allgemein anerkannte Rollen gekennzeichnet. Und allen Handelnden ist bewusst, dass ihr Erfolg von ihrem wechselseitigen Einsatz abhängt. Als also die Menschen zu kooperieren begannen, begab man sich in wechselseitige Abhängigkeit. Dem Einzelnen war es nun wichtig (mitunter überlebenswichtig), jenen zu helfen, von denen er abhängig war. Er war sich dessen bewusst und signalisierte, dass man sich auf ihn verlassen konnte. So empfahl man sich als Partner für zukünftige Beutezüge. Dadurch begannen die Individuen, sich mit der Gruppe zu identifizieren. Sie entwickelten neben ihrer individuellen Identität auch eine Gruppenidentität. Phänomene wie kollektiver Stolz und kollektive Scham weisen darauf hin. Wenn also Individuen eine Absicht teilen, dann löst sich ihre Individualität nicht auf. Sie beabsichtigen ja je individuell eine gemeinsame Handlung. Zudem teilen sie die gemeinsame Handlung auf. Und drittens wissen sie voneinander - von individuellen Absichten und arbeitsteiligen Festlegungen. Aber sie bilden doch ein "Wir", einen Sozialkörper, in dem sich die Beteiligten wechselseitig ihre Bereitschaft signalisieren, ihren Beitrag zum gemeinsamen Projekt zu leisten. Allerdings nur - und das ist die Bedingung -, wenn die anderen dies auch tun. Was resultiert daraus für Führung? Zusammenarbeit als Kern des Unternehmens "Da stellen wir uns mal ganz dumm!" Was in der Feuerzangenbowle der Lehrer Bömmel seinen Schülern empfahl, das sollte auch uns gelingen. Denn um "radikal" zu werden im Sinne von "an die Wurzel gehend", müssen wir eine scheinbar banale Frage stellen: Warum gibt es Unternehmen? Unternehmen hat es ja nicht schon immer gegeben - und wird es wahrscheinlich auch nicht immer geben. Systemisch gefragt: Wie heißt die Frage, auf die Unternehmen die Antwort sind? Stellen Sie sich vor, Sie wollen etwas "unternehmen". Sie haben Ambitionen. Aber Sie können Ihr Ziel nicht allein erreichen. Es gibt einfach Aufgaben, die überfordern einen Einzelnen: die Sache ist komplex; der Arbeitsaufwand ist groß; an mehreren Orten zugleich können Sie nicht sein. Sie brauchen also Hilfe. Sie brauchen die Hilfe anderer Menschen: ihre Hände, ihre Köpfe, ihre Energie - manchmal auch ihre Herzen. Sie brauchen Mitarbeiter. Das ist der Ursprung des Unternehmens. Auf die Frage "Warum gibt es Unternehmen?" lautet die Antwort: Weil es Aufgaben gibt, die man nur zusammen bewältigen kann. Wenn ein Einzelner eine Aufgabe alleine bewältigen kann, sollte er es tun - zumindest aus ökonomischen Gründen. Das ist der Kern: Unternehmen sind um die Idee der Zusammenarbeit herum gebaut, sie sind auf Zusammenarbeit angelegt. Unternehmen sind Kooperations-Arenen. "Zusammenarbeiten", das ist - ausdrücklich! - nicht die Addition von Einzelleistungen. Sondern ein Ergebnis, das im Idealfall nur durch den gleichzeitigen Einsatz aller erzielt werden kann. Das ist Synergie, das ist der Nutzen von Pool-Ressourcen, unterschiedliche Qualifikationen ergänzen sich, ungleiche Kräfte verstärken sich, verschiedene Rollen greifen ineinander, man kennt sich und kann Vertrauensvorteile nutzen. So entsteht Leistungs-Partnerschaft. Auch wenn Nobelpreise immer noch an Einzelforscher verliehen werden, auch wenn ein Unternehmen immer noch mit dem Eigentümer oder dem Vorstandsvorsitzenden identifiziert wird: Ein Manager kann nie alleine handeln. Und auch ein noch so leistungsfähiger Chef an der Unternehmensspitze kann ohne die Zuarbeit hervorragender Fach- und Führungskräfte nicht erfolgreich sein. Seine zentrale Fähigkeit ist es, andere für ein Miteinander zu gewinnen. Wenn es der Sinn der Führung ist, das Überleben des Unternehmens zu sichern, dann ist die daraus resultierende erstrangige Führungsaufgabe, diesen Wesenskern zu hüten: Zusammenarbeit herbeizu"führen", die sich von alleine nicht ergibt. Verbinden, um zu stärken - darum geht es. Es muss gelingen, das Unternehmen als Solidargemeinschaft mit Blick auf eine gemeinsam zu gestaltende Zukunft zu entwerfen. Es geht dabei weniger um Altruismus. Vielmehr geht es um das Wechselseitige, den Mutualismus, durch den wir alle von unseren gemeinsamen Handlungen profitieren. Es geht um den Punkt, an dem sich das Leben des Einzelnen mit dem Anliegen aller berührt. Alles, was das Gemeinschaftliche fördert, ist dazu hilfreich. Alles, was es behindert, nicht. Letztlich läuft es auf die Frage hinaus, ob man in einem Unternehmen arbeitet oder als Unternehmen. Was behindert Zusammenarbeit? Zusammenarbeit organisieren - die sich von alleine nicht ergibt. Warum dieser Nachsatz? Für ihn gibt es mehrere Gründe. Die heute dominierende Form der Unternehmensführung läuft - um mit Giorgio Agamben zu sprechen - auf eine "Enteignung des Gemeinsamen" hinaus, auf einen "Amoklauf" der Segmentierung, die letztlich die Zusammenarbeit als "Grund" der Unternehmens-"Gründung" verhöhnt. Infolgedessen ist das Bewusstsein der wechselseitigen Abhängigkeit in Unternehmen verloren gegangen. Die Arbeitsteilung spielt dabei eine Rolle, das Abteilungsdenken, Silostrukturen, die Individualisierung von Leistungszurechnung, der Autismus der Expertensysteme, geografische Umstände. Auch die Art und Weise, wie Medien Manager präsentieren, verführt Letztere dazu, sich als einsame Helden zu sehen, die auserwählt sind, ihre Unternehmen zu Höchstleistungen zu führen. Entsprechend unterentwickelt ist bei der heutigen Generation von Führungskräften das Bewusstsein, dass das Ermöglichen von Zusammenarbeit die wichtigste Führungsaufgabe ist. Sie sehen das Unternehmen mehr als prozesshaftes Verknüpfen von Einzelleistungen. Kennzeichnend dafür ist das allgemeine Erstaunen, wenn man "Zusammenarbeit ermöglichen" als die wichtigste Kernaufgabe ausweist. Das zentrale Problem liegt in der Unwahrscheinlichkeit, dass es Managern dauerhaft gelingt, miteinander erfolgreich zusammenzuarbeiten. Oft wird man ja den Verdacht nicht los, dass gerade auf den Top-Etagen jeder nur seinen eigenen verdeckten Interessen folgt und man lediglich aus taktischen Gründen oberflächlich kooperiert. Diese Unwahrscheinlichkeit der Kooperation hat eine personenbedingte Seite, und eine strukturelle. Wo genau die Grenze verläuft, ist - bis auf wenige pathologische Ausnahmen - schwer zu bestimmen. Aber man tut gut daran, das Strukturbedingte zuerst anzuschauen, bevor man den Scheinwerfer auf den Einzelnen richtet. Denn weithin unreflektiert ist der Formwandel, dem das Arbeiten unterliegt, wenn man durch die Pforten des Unternehmens tritt. Man muss sich von seinem ausschließlich individuellen Fokus lösen, will man in seiner Rolle als Mit-Arbeiter teilnehmen an einer gemeinsamen Willensbildung, die über selbstversorgerische Grenzen hinausreicht. Das ist ein Lernprozess, der sich nur in einem entsprechenden Klima vollziehen kann. Dafür brauchen wir andere Institutionen, zumindest veränderte, vor allem aber eine andere Praxis innerhalb der bestehenden. Weil die meisten Unternehmen von selbstversorgerischen Eliten geführt werden, besteht ein gefährlicher Widerspruch zwischen der Aufforderung zu mehr Zusammenarbeit und deren strukturellem Dementi sowie dem, was insbesondere das Topmanagement für sich selbst "herausholt". Der Mitarbeiter reagiert mit Teilnahmslosigkeit. Die wichtigste Frage lautet daher für eine Führung, die Zusammenarbeit ermöglichen will: Wie löse ich die Spannung zwischen der expliziten Aufforderung zur Kooperation und deren individueller und struktureller Relativierung durch die tägliche Praxis im Unternehmen? Oder, noch konkreter: Wie präsentiere ich eine Aufgabe so, dass sie zur Zusammenarbeit einlädt? Das stellt gleichzeitig die Frage nach den Beziehungen, die aufgebaut werden müssen, um sie zu lösen. Das stellt die Frage nach den Mitarbeitern, die zu echter und vertrauensvoller Zusammenarbeit bereit und in der Lage sind. Das stellt vor allem die Frage nach einer Unternehmensarchitektur, die auf Zugangserlaubnisse, Barrieren, Würdefelder verzichtet und direkt-spontanen Kontakt ermöglicht. Anerkennt man die Zusammenarbeit als Zentralwert der Unternehmensführung, dann müssen viele Institutionen und Verhaltensweisen neu bewertet werden. Aus gutem Grund, wie bereits dargelegt, beginnen wir bei den Institutionen.
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Inhaltsverzeichnis zu „Radikal führen (ePub)“
Inhalt Einleitung - Worum es nicht geht 11 Worum geht es dann? 12 Der Mensch in der Organisation 14 Was gibt's Neues? 15 Führung 17 Wozu Führung? 17 Der Zweck der Führung 17 Dafür werden Sie nicht bezahlt 19 Erfolg - was ist das? 21 Gibt es "gute" Führung? 23 Was ist Führung? 28 Führen als Nebenbei-Tätigkeit 28 Führen als Etikett 29 Wer beobachtet wen beim Beobachten? 31 Wechselseitige Abhängigkeit 34 Was prägt das Führungsverhalten? 35 Führung ist mehr als Führungskraft 35 Institution und Individuum 37 Gute Leute? Oder passende Leute? 40 Arbeit im System und Arbeit am System 42 Der Manager: Held oder Opfer? 44 Das System hat ein Gesicht 46 Wie kann Führung Wandel bewirken? 47 Erste Kernaufgabe: Zusammenarbeit organisieren 51 Einer für alle, alle für einen 51 Eine kleine Naturgeschichte 51 Zusammenarbeit als Kern des Unternehmens 53 Was behindert Zusammenarbeit? 55 Institution 57 Was Zusammenarbeit ermöglicht 57 Kooperationsstützende Systeme 68 Kleine Einheiten 80 Räumliche Nähe 83 Die Überschrift ändern 86 Konsequenz für die Personalauswahl 89 Individuum 93 Das Anderssein des Anderen 93 Wenn der Andere nicht kooperieren kann 95 Fremdoptimierung 97 Commitment für Zusammenarbeit 100 Zweite Kernaufgabe: Transaktionskosten senken 105 Was sind Transaktionskosten? 105 Knappheit 105 Effizienz 106 Vom Wettbewerber zum Kooperationspartner 107 Interne Märkte 110 Institution 114 Planungen und Zielvereinbarungen überprüfen 115 Mitarbeiter-Loyalität erhöhen, Fluktuation mindern 120 Kundenorientierung 123 Vertrauenskultur 130 Individuum 135 Das Unsichtbare sehen 135 "Auf-den-anderen-zu" 137 Risikomündigkeit und Selbstvertrauen 141 Dritte Kernaufgabe: Konflikte entscheiden 145 Entscheidungen 145 Die Überfülle der Möglichkeiten 145 Entscheidbarkeit sichern 147 Entscheidung oder Wahl? 149 "Richtige" Entscheidungen 153 Zielkonflikte und Wertkonflikte 154 Institution 156 Auf Prinzipien verzichten 157 Widersprüche aushalten 163 Von der Moral zum Kunden 164 Individuum 170 Führen - die
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Kunst des Als-ob 170 Entscheidungsstärke 172 Toleranz für Mehrdeutigkeiten 177 Gelassenheit - die Leidenschaft des Ausgleichs 178 Verhalten im Konfliktfall 181 Entscheiden mit der Sherlock-Holmes-Regel 182 Vierte Kernaufgabe: Zukunftsfähigkeit sichern 185 Allgemeines 185 Wir Reaktionäre 186 Die Erfolgsfalle 188 Erfolgsrezepte: Ursache, Wirkung und das Problem der Zukunft 191 Nach der Krise ist vor der Krise 197 Warum Resilienz immer wichtiger wird 200 Der Störungsauftrag des Managements 201 Die Spannung zwischen Zukunftsfähigkeit und Transaktionskosten 204 Institution 206 Zelte statt Paläste 206 Experimentieren 208 Schwache Signale erkennen 210 Von der Zukunft her denken 213 Projektmanagement 215 Dezentral ist stärker 217 Planungen mittlerer Reichweite 218 Redundanzen bilden 219 Störung 220 Individuum 221 Möglichkeitsbewusstsein und andere Notwendigkeiten 221 Zukunft rekrutieren 225 Offensiver werden 227 Sich selbst unterbrechen 230 Vertrauen in die gemeinsame Zukunft entwickeln 233 Fünfte Kernaufgabe: Mitarbeiter führen 237 Finden Sie die Richtigen! 238 Wen suchen Sie? 239 Wie erkennen Sie die Besten? 244 Fordern Sie sie heraus! 250 Was uns antreibt 250 Sich bewähren dürfen 251 Sprechen Sie oft miteinander! 256 Kontakt statt Lob 256 Sich Zeit nehmen 258 Sprechen statt Schreiben 259 "... wie dich selbst" 262 Vertrauen Sie ihnen! 263 Wozu Vertrauen? 263 Was ist Vertrauen? 265 Vertrauen schaffen 266 Vertrauen zerstören 268 Zutrauen schafft Unternehmertum 269 Bezahlen Sie gut und fair! 271 Gehen Sie aus dem Weg! 275 Führung zur Selbstführung 275 Was tun? 280 Seien Sie ein Beitragender! 282 Literatur 285 Register 291
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Autoren-Porträt von Reinhard K. Sprenger
Reinhard K. Sprenger gilt als der profilierteste Managementberater Deutschlands. Er wurde 1953 in Essen geboren und wohnt heute in Zürich und Santa Fe, New Mexico. Zu seinen Kunden gehören internationale Konzerne und fast alle Dax-100-Unternehmen. Viele seiner Bücher wurden Bestseller. Sie liegen in etlichen Sprachen vor und wurden allein im deutschsprachigen Raum über 800 000 Mal verkauft.
Bibliographische Angaben
- Autor: Reinhard K. Sprenger
- 2012, 1. Auflage, 296 Seiten, Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG GMBH
- ISBN-10: 3593417804
- ISBN-13: 9783593417806
- Erscheinungsdatum: 10.09.2012
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