Suus cuique mos (PDF)
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Das 4. Jahrhundert n. Chr. ist eine - in der Forschung aufgrund der Dekadenzvorstellungen lange verkannte - kulturelle Blütezeit, in der sich ein letztes Mal die schöpferischen Fähigkeiten der traditionellen paganen Eliten zeigen, bevor dann das Christentum in jeder Hinsicht die Macht übernimmt. Der Sammelband untersucht Literatur, Kunst und Bildungsgeschichte und erhellt Strategien der Sicherung überkommenen Wissens unter sich wandelnden politischen und kulturellen Rahmenbedingungen.
Mit Beiträgen von Petra Fleischmann, Thomas Kellner, Walter Kissel, Richard Klein, Severin Koster, Peter Kranz und Wolfgang Srb.
von Petra FLEISCHMANN
1. Die Tradition der Auslegung von Texten bis zu Servius
Die Auslegung, Exegese, eines Textes oder einzelner Realien beginnt in der abendländischen antiken Literatur mit den Werken Homers. Abgesehen von ersten Ansätzen zu einer etymologischen Erklärung von Namen schon in der Ilias, ist seit dem 5. Jh. v. Chr. die Homer-Erklärung nachweisbar: Mittels Schulglossaren soll die Bedeutung nicht mehr verstandener Wörter erhellt werden. Dies ist in der Folgezeit ein wichtiges Tätigkeitsfeld für die γραμματικοι/grammatici. Platons Auslegung eines Simonides-Gedichts (Plat. Prot. 339a-348a) stellt dann die erste „methodisch durchdachte Erklärung eines Werkes der überlieferten Literatur“ dar.
Exegetische Schriften im eigentlichen Sinn und Kommentare, vor allem zu poetischen Werken, sind dann die qualitativ wie quantitativ bemerkenswerte Errungenschaft der alexandrinischen Philologen ab dem 4. Jh. v. Chr.; ihre Wirkung dauert bis weit ins Mittelalter fort. Gegenstand der Auslegung waren unter anderem Etymologie, Grammatik, Syntax, Realienwissen, Echtheitsfragen. Ebenfalls wurde die Homer-Allegorese, deren Anfänge bis ins 6. Jh. v. Chr. zurückreichen, in Alexandria systematisiert und zur Blüte geführt, so daß „alexandrinisch“ zum terminus technicus für sorgfältige Bemühung um Texte wurde.
Die Methode der Sach- und Worterklärung erfuhr dann Erweiterungen: So verfaßte Aristophanes von Byzanz Inhaltsangaben zu Tragödien und Komödien, während Didymos in seiner eigenen Dichter-Interpretation nicht mit Kritik an anderen Kommentatoren sparte. In der Tradition dieser wissenschaftlichen Methode stehen römische
Mit der Stadt Alexandria ist seit dem 2. Jh. n. Chr. auch die exegetische Entwicklung im Bereich der christlichen Literatur eng verbunden: Des Clemens von Alexandria wörtliche, allegorische und typologische Methode der Auslegung läßt Gemeinsamkeiten mit den Ansätzen nicht-christlicher Exegese erkennen. Dagegen führt Origenes’ dreifache Auslegung letztlich in eine ganz andere Richtung. Die philologischen Methoden, die Origenes bei der Kommentierung biblischer Texte anwendet, stehen allerdings ausnahmslos in der Tradition der kaiserzeitlichen Grammatikerschule. Im Westen des römischen Reiches zählt Hieronymus zu den wichtigsten Exegeten biblischer Texte, und im gesamten Werk dieses Kirchenvaters finden sich deutliche Spuren seiner umfangreichen Kenntnisse paganer lateinischer Literatur. In den großen Kommentaren zu alttestamentlichen Propheten spielt Hieronymus seine pagane Bildung aus – sei es in Zitaten, sei es in Anspielungen oder in der stilistischen Ausrichtung ganzer Passagen. Die Grammatik, Servius’ Forschungsgebiet, leistet nach antikem Verständnis zweierlei: die recte loquendi scientia und die poetarum enarratio (Quint. inst. 1,4,1ff.; vgl. 1,2,14f.; 1,9,1f.).
- 2006, 253 Seiten, Deutsch
- Herausgegeben: Ulrich Schmitzer
- Verlag: Edition Ruprecht
- ISBN-10: 3897442426
- ISBN-13: 9783897442429
- Erscheinungsdatum: 01.01.2006
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