Elli gibt den Löffel ab / Ullstein eBooks (ePub)
"Elli gibt den Löffel ab" - witzig, augenzwinkernd und mitten aus dem Leben gegriffen.
Ein unerwarteter Brief aus Italien stellt Ellis Leben völlig auf den Kopf: Die liebenswerte 60-Jährige hat eine kleine Pension auf der Ferieninsel Capri geerbt. Als ihr...
Ein unerwarteter Brief aus Italien stellt Ellis Leben völlig auf den Kopf: Die liebenswerte 60-Jährige hat eine kleine Pension auf der Ferieninsel Capri geerbt. Als ihr...
Leider schon ausverkauft
eBook (ePub)
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenloser tolino webreader
Produktdetails
Produktinformationen zu „Elli gibt den Löffel ab / Ullstein eBooks (ePub)“
"Elli gibt den Löffel ab" - witzig, augenzwinkernd und mitten aus dem Leben gegriffen.
Ein unerwarteter Brief aus Italien stellt Ellis Leben völlig auf den Kopf: Die liebenswerte 60-Jährige hat eine kleine Pension auf der Ferieninsel Capri geerbt. Als ihr museumsreifer VW-Käfer auf dem Weg in den Süden schlappmacht, bekommt sie ausgerechnet Hilfe von Aussteiger Heinz, der Elli in seinem klapprigen Wohnmobil nach Capri bringt. Aber dort wartet eine unangenehme Überraschung auf sie: Ellis ältere Schwester Dorothea hat es ebenfalls auf das Erbe abgesehen. Ein Schwesternstreit entbrennt, bei dem es nicht nur um die Pension, sondern natürlich auch um Männer geht!
Ein unerwarteter Brief aus Italien stellt Ellis Leben völlig auf den Kopf: Die liebenswerte 60-Jährige hat eine kleine Pension auf der Ferieninsel Capri geerbt. Als ihr museumsreifer VW-Käfer auf dem Weg in den Süden schlappmacht, bekommt sie ausgerechnet Hilfe von Aussteiger Heinz, der Elli in seinem klapprigen Wohnmobil nach Capri bringt. Aber dort wartet eine unangenehme Überraschung auf sie: Ellis ältere Schwester Dorothea hat es ebenfalls auf das Erbe abgesehen. Ein Schwesternstreit entbrennt, bei dem es nicht nur um die Pension, sondern natürlich auch um Männer geht!
Lese-Probe zu „Elli gibt den Löffel ab / Ullstein eBooks (ePub)“
Elli gibt den Löffel ab von Tessa HennigKapitel 2
... mehr
Natürlich wäre es kein Problem, mit dem Flieger nach Neapel zu reisen und von dort mit der Fähre nach Capri überzusetzen. Dummerweise gab es in nächster Zeit, wie Ellis abendliche Recherche im Internet ergab, keine Billigflüge, und sie konnte den für sie zuständigen Sachbearbeiter in der Bank schlecht darum bitten, ihren Dispokredit für eine Flugreise nach Neapel noch einmal zu erhöhen, noch dazu wegen einer dubiosen Erbangelegenheit.
Nach der dritten Tasse Tee, die neben ihrem Notebook auf dem kleinen Küchentisch gemütlich vor sich hin dampfte, beschloss Elli, keine weiteren Recherchen mehr anzustellen. Kaum war der Rechner heruntergefahren und zugeklappt, fiel ihr Blick auf die gerahmten Bilder an der Wand neben der Anrichte. Kein Zweifel. Das Stillleben mit den knallgelben Zitronen, das sie vor Jahren auf dem Flohmarkt erstanden hatte, war ihr Lieblingsbild. Wie lange schon hatte sie es gar nicht mehr bewusst wahrgenommen? Erst Fabrizios Brief ließ das leuchtende Gelb der Früchte in noch kräftigeren Farben erstrahlen. Es erinnerte sie an Capri. Sofort stieg ihr wieder der Duft der Zitronenplantagen in die Nase. Es roch nach Frühling und nach guter Laune, aber wer wusste es schon, vielleicht war ja auch irgendetwas faul an Fabrizios Brief. Vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn sie Friedas Meinung dazu einholte. Am frühen Abend war sie bei ihrer Tochter sicher telefonisch erreichbar.
»Ich schwöre dir, das stinkt zum Himmel«, gab Frieda ihr später mit Nachdruck zu verstehen. »Das klingt wie bei einem von diesen dubiosen Gewinnspielen. Erst hast du eine Reise gewonnen, und wenn du dann das Kleingedruckte liest, stellt sich heraus, dass die zusätzlich anfallenden Kosten für die Getränke, den Transfer und sonstige Leistungen teurer sind, als wenn du gleich eine Pauschalreise im Reisebüro gebucht hättest.«
»Und wenn es doch stimmt?«
»Elli! Das ist Unsinn. Wer auf Capri sollte ausgerechnet dir etwas vererben?«
»Genau das möchte ich ja herausfinden«, warf Elli mit Vehemenz ein.
»Wer weiß, vielleicht braucht dieser Fabrizio Geld. Erst lockt er dich nach Italien und redet dir ein, wie lukrativ diese Pension ist, und dann schnappt die Falle zu.«
»Du weißt genau, dass ich kein Geld habe.«
»Umso schlimmer«, meinte Frieda nur. »Er hätte dir zumindest seine Telefonnummer geben können. Das Ganze ist mir nicht geheuer.«
Mit ihrer Miesmacherei und den Gegenargumenten erreichte Frieda letztlich genau das Gegenteil. Eigentlich typisch deutsch, fiel Elli auf. Bloß nichts riskieren, auf jeder noch so zarten Pflanze, die in ihrem Fall Hoffnung auf finanzielle Rettung versprach, herumtrampeln und alles schon im Vorfeld zerreden. Sie war allergisch dagegen, sogar hochgradig allergisch. Wie oft hatten irgendwelche amerikanischen Filmverleiher Druck auf sie und Josef ausgeübt und sie dazu zwingen wollen, ihre Massenware »made in Hollywood« zu zeigen, anstatt auch mal einem kleinen Film eine Chance zu geben. Vergeblich, und der Erfolg an der Kinokasse hatte ihnen am Ende immer recht gegeben. Nein! Ihr die Reise nach Capri ausreden zu wollen, war ein hoffnungsloses Unterfangen.
»Ich fahre trotzdem!«, widersprach sie mit voller Überzeugung.
Das kurze Schweigen in der Leitung deutete darauf hin, dass Frieda daran zu knabbern hatte. »Na ja, ein bisschen Sonne und das gute Klima werden dir sicher guttun«, lenkte sie angesichts Ellis Entschlossenheit ein. »Wann fliegst du?«
»Gar nicht. Zu teuer.«
»Du willst mit dem Zug bis nach Neapel? Da bist du ja ewig unterwegs.«
»Ich fahre mit dem Auto. Gleich morgen früh!«
»Was?« Frieda klang entsetzt. »Mit Reinhards alter Karre schaffst du es doch nicht mal bis zum Brenner.«
»Und wenn ich den Wagen schieben muss!«, erwiderte sie trotzig und signalisierte zugleich, dass sie sich keine weiteren Miesmachereien anhören wollte.
»Aber ruf mich an, wenn irgendetwas ist, auf dem Handy.«
»Mach ich.«
Ein VW-Käfer Baujahr 1973 ist eigentlich ein Museumsstück, sofern er optisch noch in Schuss ist. Reinhard, Autofreak und Wirtschaftswunder-Nostalgiker, war zeit seines Lebens Käfer gefahren, jedenfalls bis zu seinem tragischen Bergunfall am Wilden Kaiser. Vom Schneesturm überrascht, hatte er sich entgegen allen Warnungen in den Kopf gesetzt, den Abstieg doch noch zu schaffen. Leider ein Trug schluss, der dafür gesorgt hatte, dass sich die Kegelrunde um eine weitere Person dezimiert hatte.
Elli hing an dem Gefährt, das ihr Reinhards führerscheinlose Frau geschenkt hatte. Das Erbstück hatte ihr bisher immer gute Dienste geleistet, zumindest vom Supermarkt bis nach Hause. Angeblich war so ein Käfermotor ja nicht totzukriegen, aber eine Alternative gab es sowieso nicht. Der Koffer war verstaut, die Kasse um fünfhundert Euro erleichtert. Auf dem Anrufbeantworter der Videothek hatte Elli die Nachricht hinterlassen, dass der Laden für eine Woche geschlossen sei. Pass, Auslandskrankenschein? Sie warf einen letzten Blick in ihre Handtasche: das Postsparbuch mit der eisernen Reserve, Pflaster, zwei Sonnenbrillen, eine Straßenkarte und eine alte Musikkassette mit Italo-Songs, die sie vor Jahren bereits ausgemustert und für die Reise wieder aus dem Keller ausgegraben hatte. Alles komplett. Zwischen den Brillenetuis lugte noch ein golden glitzerndes Etwas heraus: der Teelöffel von Elisabeth, ihrer Mutter. Auf so einer Reise konnte sie unmöglich auf ihren Glücksbringer verzichten!
Gott sei Dank kein Verkehr! Elli hatte sich mit GoogleMaps ausgerechnet, dass sie in neun Stunden in Neapel sein konnte, doch allein bis Innsbruck hatte sie wegen eines Unfalls im zähflüssigen Verkehr schon zweieinhalb Stunden gebraucht. Immerhin war der lahme Käfer dabei nicht weiter aufgefallen. Alles unter neunzig Stundenkilometern ließ sich mit dem knallroten Gefährt, dessen Stoßstange trotz Garagenhaltung im Laufe der Jahre einige Rostflecken abbekommen hatte, prima machen.
Als Elli nun endlich freie Fahrt hatte und ordentlich auf die Tube drücken konnte, wurde aus dem rhythmischen Tuckern, an das sie sich in den letzten Jahren gewöhnt hatte, ein lautes Röhren mit gelegentlichen ächzenden Protestlauten, die ihr sogleich ein Stoßgebet entlockten, da sie die Grenze gern lebend erreichen wollte. Noch vor dem Durchtreten des Gaspedals hatte Drupis »Piccola e fragile«, das aus der ebenfalls in die Jahre gekommenen Stereoanlage dröhnte, wie ein Lobgesang auf ihr kleines, zerbrechlich erscheinendes Markenzeichen des deutschen Wirtschaftswunders gewirkt. Bei über hundert Stundenkilometern war aufgrund der hohen Dezibelwerte in Reinhards Käfer von Drupi allerdings so gut wie nichts mehr zu hören.
Mist! Kopfschmerztabletten zu Hause vergessen. Bei diesem Höllenlärm, noch dazu in einem Wagen, der keine Klimaanlage hatte, war sie trotz ihres luftigen Sommerkleides der inzwischen schon recht starken Frühlingssonne hilflos ausgeliefert. Nach nur etwa zwei Stunden Schlaf, Konsequenz der Kofferpackorgie und der schier endlosen Gedankenschleifen, die um Capri gekreist waren, war es sowieso kein Vergnügen, eine derart lange Autofahrt anzutreten. Dennoch freute Elli sich auf Italien. Zu viele gute Erinnerungen hingen daran.
Zwar hatte sie gemeinsam mit Josef schon die halbe Welt gesehen, doch vermutlich hinterließ die erste große Liebe die nachhaltigsten Spuren. Nur so konnte sie sich erklären, warum der Strom deutscher Touristen, die in den Ferien wie die Lemminge nach Italien pilgerten - zumeist auch noch an denselben Ort und trotz eindeutig überhöhter Preise -, einfach nicht abreißen wollte. Dabei gab es rein objektiv betrachtet schönere Plätze, malerischere Landschaften, idyllischere Urlaubsoasen.
Sofort fielen ihr die tiefen Schluchten des Grand Canyons ein, die sie auf einer Ballonfahrt in Josefs Begleitung hatte erleben dürfen. Einfach atemberaubend. Wie sehr hatte Elli die dreiwöchige Canyon-Rundreise durch Nevada, Utah, Colorado und Montana beeindruckt. Unberührte Natur, befreiende Stille, klare Luft. Dazu Josef mit Cowboyhut wie der Marlboro-Mann - zumindest wenn man sich seinen Bierbauch wegdachte. Trotzdem schlug Ellis Herz höher, wenn sie an die kitschig-verträumte Landschaft der Toskana oder an die Fischer im Hafen von Capri dachte. Erfreulicherweise setzte sich nun die kräftige Stimme von Adriano Celentano, der sie mit »Soli« beglückte, gegen die Protestlaute des Käfers durch. Bis zum Brenner war es zum Glück nicht mehr weit. Der liebe Gott musste ihr Stoßgebet erhört haben.
»Italien, ich komme!«, rief sie und trat aufs Gas.
Natürlich wäre es kein Problem, mit dem Flieger nach Neapel zu reisen und von dort mit der Fähre nach Capri überzusetzen. Dummerweise gab es in nächster Zeit, wie Ellis abendliche Recherche im Internet ergab, keine Billigflüge, und sie konnte den für sie zuständigen Sachbearbeiter in der Bank schlecht darum bitten, ihren Dispokredit für eine Flugreise nach Neapel noch einmal zu erhöhen, noch dazu wegen einer dubiosen Erbangelegenheit.
Nach der dritten Tasse Tee, die neben ihrem Notebook auf dem kleinen Küchentisch gemütlich vor sich hin dampfte, beschloss Elli, keine weiteren Recherchen mehr anzustellen. Kaum war der Rechner heruntergefahren und zugeklappt, fiel ihr Blick auf die gerahmten Bilder an der Wand neben der Anrichte. Kein Zweifel. Das Stillleben mit den knallgelben Zitronen, das sie vor Jahren auf dem Flohmarkt erstanden hatte, war ihr Lieblingsbild. Wie lange schon hatte sie es gar nicht mehr bewusst wahrgenommen? Erst Fabrizios Brief ließ das leuchtende Gelb der Früchte in noch kräftigeren Farben erstrahlen. Es erinnerte sie an Capri. Sofort stieg ihr wieder der Duft der Zitronenplantagen in die Nase. Es roch nach Frühling und nach guter Laune, aber wer wusste es schon, vielleicht war ja auch irgendetwas faul an Fabrizios Brief. Vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn sie Friedas Meinung dazu einholte. Am frühen Abend war sie bei ihrer Tochter sicher telefonisch erreichbar.
»Ich schwöre dir, das stinkt zum Himmel«, gab Frieda ihr später mit Nachdruck zu verstehen. »Das klingt wie bei einem von diesen dubiosen Gewinnspielen. Erst hast du eine Reise gewonnen, und wenn du dann das Kleingedruckte liest, stellt sich heraus, dass die zusätzlich anfallenden Kosten für die Getränke, den Transfer und sonstige Leistungen teurer sind, als wenn du gleich eine Pauschalreise im Reisebüro gebucht hättest.«
»Und wenn es doch stimmt?«
»Elli! Das ist Unsinn. Wer auf Capri sollte ausgerechnet dir etwas vererben?«
»Genau das möchte ich ja herausfinden«, warf Elli mit Vehemenz ein.
»Wer weiß, vielleicht braucht dieser Fabrizio Geld. Erst lockt er dich nach Italien und redet dir ein, wie lukrativ diese Pension ist, und dann schnappt die Falle zu.«
»Du weißt genau, dass ich kein Geld habe.«
»Umso schlimmer«, meinte Frieda nur. »Er hätte dir zumindest seine Telefonnummer geben können. Das Ganze ist mir nicht geheuer.«
Mit ihrer Miesmacherei und den Gegenargumenten erreichte Frieda letztlich genau das Gegenteil. Eigentlich typisch deutsch, fiel Elli auf. Bloß nichts riskieren, auf jeder noch so zarten Pflanze, die in ihrem Fall Hoffnung auf finanzielle Rettung versprach, herumtrampeln und alles schon im Vorfeld zerreden. Sie war allergisch dagegen, sogar hochgradig allergisch. Wie oft hatten irgendwelche amerikanischen Filmverleiher Druck auf sie und Josef ausgeübt und sie dazu zwingen wollen, ihre Massenware »made in Hollywood« zu zeigen, anstatt auch mal einem kleinen Film eine Chance zu geben. Vergeblich, und der Erfolg an der Kinokasse hatte ihnen am Ende immer recht gegeben. Nein! Ihr die Reise nach Capri ausreden zu wollen, war ein hoffnungsloses Unterfangen.
»Ich fahre trotzdem!«, widersprach sie mit voller Überzeugung.
Das kurze Schweigen in der Leitung deutete darauf hin, dass Frieda daran zu knabbern hatte. »Na ja, ein bisschen Sonne und das gute Klima werden dir sicher guttun«, lenkte sie angesichts Ellis Entschlossenheit ein. »Wann fliegst du?«
»Gar nicht. Zu teuer.«
»Du willst mit dem Zug bis nach Neapel? Da bist du ja ewig unterwegs.«
»Ich fahre mit dem Auto. Gleich morgen früh!«
»Was?« Frieda klang entsetzt. »Mit Reinhards alter Karre schaffst du es doch nicht mal bis zum Brenner.«
»Und wenn ich den Wagen schieben muss!«, erwiderte sie trotzig und signalisierte zugleich, dass sie sich keine weiteren Miesmachereien anhören wollte.
»Aber ruf mich an, wenn irgendetwas ist, auf dem Handy.«
»Mach ich.«
Ein VW-Käfer Baujahr 1973 ist eigentlich ein Museumsstück, sofern er optisch noch in Schuss ist. Reinhard, Autofreak und Wirtschaftswunder-Nostalgiker, war zeit seines Lebens Käfer gefahren, jedenfalls bis zu seinem tragischen Bergunfall am Wilden Kaiser. Vom Schneesturm überrascht, hatte er sich entgegen allen Warnungen in den Kopf gesetzt, den Abstieg doch noch zu schaffen. Leider ein Trug schluss, der dafür gesorgt hatte, dass sich die Kegelrunde um eine weitere Person dezimiert hatte.
Elli hing an dem Gefährt, das ihr Reinhards führerscheinlose Frau geschenkt hatte. Das Erbstück hatte ihr bisher immer gute Dienste geleistet, zumindest vom Supermarkt bis nach Hause. Angeblich war so ein Käfermotor ja nicht totzukriegen, aber eine Alternative gab es sowieso nicht. Der Koffer war verstaut, die Kasse um fünfhundert Euro erleichtert. Auf dem Anrufbeantworter der Videothek hatte Elli die Nachricht hinterlassen, dass der Laden für eine Woche geschlossen sei. Pass, Auslandskrankenschein? Sie warf einen letzten Blick in ihre Handtasche: das Postsparbuch mit der eisernen Reserve, Pflaster, zwei Sonnenbrillen, eine Straßenkarte und eine alte Musikkassette mit Italo-Songs, die sie vor Jahren bereits ausgemustert und für die Reise wieder aus dem Keller ausgegraben hatte. Alles komplett. Zwischen den Brillenetuis lugte noch ein golden glitzerndes Etwas heraus: der Teelöffel von Elisabeth, ihrer Mutter. Auf so einer Reise konnte sie unmöglich auf ihren Glücksbringer verzichten!
Gott sei Dank kein Verkehr! Elli hatte sich mit GoogleMaps ausgerechnet, dass sie in neun Stunden in Neapel sein konnte, doch allein bis Innsbruck hatte sie wegen eines Unfalls im zähflüssigen Verkehr schon zweieinhalb Stunden gebraucht. Immerhin war der lahme Käfer dabei nicht weiter aufgefallen. Alles unter neunzig Stundenkilometern ließ sich mit dem knallroten Gefährt, dessen Stoßstange trotz Garagenhaltung im Laufe der Jahre einige Rostflecken abbekommen hatte, prima machen.
Als Elli nun endlich freie Fahrt hatte und ordentlich auf die Tube drücken konnte, wurde aus dem rhythmischen Tuckern, an das sie sich in den letzten Jahren gewöhnt hatte, ein lautes Röhren mit gelegentlichen ächzenden Protestlauten, die ihr sogleich ein Stoßgebet entlockten, da sie die Grenze gern lebend erreichen wollte. Noch vor dem Durchtreten des Gaspedals hatte Drupis »Piccola e fragile«, das aus der ebenfalls in die Jahre gekommenen Stereoanlage dröhnte, wie ein Lobgesang auf ihr kleines, zerbrechlich erscheinendes Markenzeichen des deutschen Wirtschaftswunders gewirkt. Bei über hundert Stundenkilometern war aufgrund der hohen Dezibelwerte in Reinhards Käfer von Drupi allerdings so gut wie nichts mehr zu hören.
Mist! Kopfschmerztabletten zu Hause vergessen. Bei diesem Höllenlärm, noch dazu in einem Wagen, der keine Klimaanlage hatte, war sie trotz ihres luftigen Sommerkleides der inzwischen schon recht starken Frühlingssonne hilflos ausgeliefert. Nach nur etwa zwei Stunden Schlaf, Konsequenz der Kofferpackorgie und der schier endlosen Gedankenschleifen, die um Capri gekreist waren, war es sowieso kein Vergnügen, eine derart lange Autofahrt anzutreten. Dennoch freute Elli sich auf Italien. Zu viele gute Erinnerungen hingen daran.
Zwar hatte sie gemeinsam mit Josef schon die halbe Welt gesehen, doch vermutlich hinterließ die erste große Liebe die nachhaltigsten Spuren. Nur so konnte sie sich erklären, warum der Strom deutscher Touristen, die in den Ferien wie die Lemminge nach Italien pilgerten - zumeist auch noch an denselben Ort und trotz eindeutig überhöhter Preise -, einfach nicht abreißen wollte. Dabei gab es rein objektiv betrachtet schönere Plätze, malerischere Landschaften, idyllischere Urlaubsoasen.
Sofort fielen ihr die tiefen Schluchten des Grand Canyons ein, die sie auf einer Ballonfahrt in Josefs Begleitung hatte erleben dürfen. Einfach atemberaubend. Wie sehr hatte Elli die dreiwöchige Canyon-Rundreise durch Nevada, Utah, Colorado und Montana beeindruckt. Unberührte Natur, befreiende Stille, klare Luft. Dazu Josef mit Cowboyhut wie der Marlboro-Mann - zumindest wenn man sich seinen Bierbauch wegdachte. Trotzdem schlug Ellis Herz höher, wenn sie an die kitschig-verträumte Landschaft der Toskana oder an die Fischer im Hafen von Capri dachte. Erfreulicherweise setzte sich nun die kräftige Stimme von Adriano Celentano, der sie mit »Soli« beglückte, gegen die Protestlaute des Käfers durch. Bis zum Brenner war es zum Glück nicht mehr weit. Der liebe Gott musste ihr Stoßgebet erhört haben.
»Italien, ich komme!«, rief sie und trat aufs Gas.
... weniger
Autoren-Porträt von Tessa Hennig
Tessa Hennig schreibt seit vielen Jahren große TV-Unterhaltung und Bestseller-Romane mit Herz und Humor, die auch erfolgreich verfilmt wurden. Wenn sie vom Schreiben eine Auszeit benötigt, reist sie auf der Suche nach neuen Stoffen gern in den Süden.
Bibliographische Angaben
- Autor: Tessa Hennig
- 2011, 1. Auflage, 352 Seiten, Deutsch
- Verlag: Ullstein Taschenbuchvlg.
- ISBN-10: 3843700370
- ISBN-13: 9783843700375
- Erscheinungsdatum: 11.03.2011
Abhängig von Bildschirmgröße und eingestellter Schriftgröße kann die Seitenzahl auf Ihrem Lesegerät variieren.
eBook Informationen
- Dateiformat: ePub
- Größe: 0.67 MB
- Ohne Kopierschutz
Rezension zu „Elli gibt den Löffel ab / Ullstein eBooks (ePub)“
"Humorvoller Roman" (Lisa, 09.03.11)"Ein Riesenspaß mit durchaus ernsten Untertönen, geschrieben mit viel Liebe." (Speyerer Morgenpost)
Family Sharing
eBooks und Audiobooks (Hörbuch-Downloads) mit der Familie teilen und gemeinsam genießen. Mehr Infos hier.
Kommentare zu "Elli gibt den Löffel ab / Ullstein eBooks"
4.5 von 5 Sternen
5 Sterne 17Schreiben Sie einen Kommentar zu "Elli gibt den Löffel ab / Ullstein eBooks".
Kommentar verfassen