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Buch (Kartoniert) 14.30
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  • 5 Sterne

    5 von 10 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Buecherseele79, 19.10.2020

    Svea lebt in ihrer eigenen Welt. Sie ist in den Mann „M“ verliebt, hat ihn nur einmal in der Schule gesehen. Ihr Leben besteht aus teurer Kosmetik, Kleidung und technischen Dingen die immer wie eine Art Werbung im Hinterkopf ablaufen. Doch Svea hat Essstörungen, sie schläft nicht mehr richtig, sie geißelt ihren Körper und ihre Gedanken. Doch in der Flüchtlingsunterkunft, für die sie arbeitet, hat sie Amina kennengelernt, für sie empfindet sie Freundschaft und gegenseitig versuchen sich die Frauen zu stützen. Doch wird Svea ihren inneren Dämon besiegen können?

    „Menschen können Jahrzehnte zusammenleben und sich hassen, Menschen können Minuten nur zusammen sein und sich lieben. Zeit spielt keine Rolle. Sie ist nur das Lineal, an dem wir unser Leben abschreiten. Der Bindfaden, an dem wir festhalten, der Orientierung gibt und uns zeigt, wo das Ende ist.“(Seite 214)

    Dieses Buch behandelt mehr als das Thema für das es wirbt. Was es mit 09236 Clausnitz auf sich hat kann jeder im Netz gerne recherchieren. Eine wirkliche Rolle, das vorweg, spielt der Klappentext nicht, aber doch, ja, es ist mehr als nur ein Thema.

    Svea hat erhebliche Probleme, sie gehen von immense Kosten von Konsum über körperliche und seelische Erkrankungen hin zu einer unerfüllten, ja fast geheimen Liebe zu ihrem „Mister M“ den sie nur einmal kurz in der Schule gesehen hatte. Warum Svea diese inneren Dämonen mit sich herumschleppt ist nicht klar, wir erhalten von ihr eine Momentaufnahme. Allerdings bin ich mir sicher – es muss nichts in der Kindheit geschehen sein damit sich Mitmenschen so fühlen wie Svea.

    Neben Svea gibt es noch Christian und Rafik die mit ihr zusammenarbeiten. Rafik ist selbst geflüchtet und steht den beiden nun zur Seite um zu übersetzen und zu erklären, sie arbeiten beide in der Flüchtlingssozialhilfe, ein neues Feld welches sehr schnell nach dem Flüchtlingsstrom 2015 aus dem Boden gestampft wurde. Mit Christian hatte ich so meine Probleme weil er, wie viele in der Gesellschaft, laut und oft aggressiv aufgetreten ist, er verteidigt irgendwie alles und dann doch gewisse Klischees. Woran man bei ihm wirklich ist war mir nie so ganz klar.

    Was macht dieses Buch so besonders? Erstmal der absolut eindringliche Schreibstil, die Beschreibungen die Svea liefert zu ihrem Job, zu den aktuellen Brennpunkten in Deutschland, ob geflüchtet oder im Allgemeinen. Der Autor hat wunderbar über die aktuellen Themen die uns alle etwas angehen recherchiert und über das Kosmetikwissen muss ich hier meinen tiefsten Respekt aussprechen, wow.

    Svea steht für viele in der Gesellschaft. Über das immer schön und perfekt sein, keine Gefühle zeigen, heimliche Schwärmerei, der Druck der durch die sozialen Medien entsteht und doch kehren Abends viele in ihre kalten, leeren Wohnungen Heim ohne die wirklichen Sozialkontakte in der Nähe.

    Der Autor hält jedem Leser den Spiegel vor wie man Geflüchtete wahrnimmt, was hier die Probleme sind, ob mit den Geflüchteten, der Gesetzgebung oder wie Menschen die mit nichts hier ankommen und vor Tod und Hunger flüchten, angenommen oder akzeptiert werden. Mit welchen Klischees gearbeitet wird, wie schwer und undurchdringlich diese ganze Thematik ist, auch von der Gesetzesseite her mit ihrem ewigen Papierkram.

    Dass wir eigentlich nur froh sind wenn unser engeres Umfeld sauber, freundlich und ja, deutsch ist, wir schauen über den Tellerrand schon gar nicht mehr hinweg, wir nehmen die Gesellschaft und ihre Probleme und Sorgen so einseitig wahr und eigentlich kümmert es keinen, keiner kümmert sich um den anderen.

    Wie gesagt, der Autor spricht hier viele Themen an, verwebt sie miteinander, lässt manche Enden einfach so fallen, im Raum stehen, für sich sprechen ohne eine eigene Aussage zu treffen, überlässt es dem Leser welche Schlüsse und Lehren er daraus zieht.

    Es ist schwer dieses wirklich sehr bewegende und tief gehende Buch zu beschreiben, aber ich möchte es trotzdem jedem ans Herz legen.

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  • 5 Sterne

    Hoppsi, 29.09.2020

    Klappentext:

    Svea lebt ihren Alltag in einem durch die Flüchtlingskrise beschäftigten Deutschland. Eintönig und trostlos gestalten sich ihre Arbeitstage, wären da nicht zwei Begegnungen, die sie hoffen lassen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Und ein Wettlauf gegen den inneren Dämon. Kann Svea diesen Kampf gewinnen?

    Inhalt & Meinung:

    Sebastian Caspar ist mit seinem neusten Werk ein weiteres Meisterstück gelungen. Welches allerdings höchste Aufmerksamkeit vom Leser fordert um die einzelnen Facetten zu erfassen. Denn in "09236 Clausnitz" wird nicht einmal der Name des Ortes (außer im Titel) erwähnt und auch die Flüchtlingskrise wird ganz anders thematisiert als ich es erwartet hätte. Schon dies allein ist Herausragend, denn der Leser wird auf eine ganz andere Weise mit dem Thema konfrontiert. Diese ist teilweise brutal, aber eben dadurch auch verdammt ehrlich. Die Wirkung des Buches ist emotional sehr tiefgehend, so dass die Be- und Verarbeitung der Thematik einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Es gibt kein großes Vorgeplänkel, wir steigen direkt in die Handlung ein, in dem wir Svea in ihrem Leben und bei der täglichen Arbeit begleiten. Sie arbeitet als Sozialarbeiterin in einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge. Dort wird sie von ihrem Kollegen Christian und dem Leiter des Heims unterstützt. Schnell wird dem Leser klar, dass Svea psychische Probleme hat. Hätte ich zunächst erwartet dass es sich viel um ihre Arbeit mit den Flüchtlingen dreht, wurde ich recht schnell eines Besseren belehrt. Das ist meiner Meinung nach der eigentliche Clou des Buches. Klar wird manchmal erwähnt dass neue Bewohner erwartet werden oder wie ein Zimmer in der Unterkunft aussieht, letzten Endes geht dieses Bild jedoch nie über das hinaus was Svea in ihrem Alltag erlebt. Christian, ihr Kollege, zitiert des Öfteren Zeitungsartikel, Schlagzeilen (die aus der Bild sein könnten) und andere "Fakten", die schnell den Gedanken aufkommen lassen dass er ein Rassist ist. Die Person Christian ist sehr gut getroffen, ich denke sie spiegelt einen nicht unerheblichen Teil der Gesellschaft wieder. Auch gerade weil er ja u.a. immer wieder betont seine Partnerin komme von den Philippinen. Nochmal zurück zu Svea, aus deren Sicht ja die Handlung geschildert wird. Um ihre psychische Gesundheit steht es nicht besonders gut. Alles was sie am Leben hält scheinen ihre Arbeit, ihre Kollegen, ihre Freundin Amina (die in der Gemeinschaftsunterkunft lebt) und den mysteriösen M in den sie "verliebt" ist. Amina ist geflüchtet, weil sie Zwangsverheiratet wurde und von ihrem Mann gequält wurde. Sie hat demzufolge schon viel Leid erfahren. Svea vertraut sich ihr an, es gibt sonst niemanden in ihrem Leben dem sie so viel von sich Preis gibt wie Amina. Der Kontrast dieser Freundschaft ist krass. Amina weiß nicht ob sie eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt oder gemeinsam mit ihren Kindern abgeschoben wird. Svea dagegen hat ganz andere "Probleme". Sie investiert ihr Geld in teure Klamotten und bei jedem Schminkritual läuft Werbefilm mäßig in ihrem Kopf ab wofür zum Beispiel der Mascara oder die Creme gut ist. (Da hat der Autor auf jeden Fall Mal extrem gut recherchiert). Das alles nur um nach außen den Schein aufrecht zu erhalten das alles in Ordnung ist. Ihr fällt es außerdem schwer allein zu sein, sie verletzt sich selbst und ihr ganzes Dasein hängt am seidenen Faden. Alles läuft auf ein unvorhersehbares Ende hinaus, welches mich mit der Frage "Und nun?" zurück lässt. Sebastian Caspar gelingt es meisterhaft die Psychose zu beschreiben. Ich bin immer noch ganz gefangen von der Handlung, selten viel mir eine Rezension so schwer und auch jetzt bin ich mir nicht sicher ob ich alles in seiner Gänze erfasst habe. Ein sehr starkes und wichtiges Buch.

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