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  • 5 Sterne

    12 von 21 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 10.05.2019

    „Mich überraschte, dass sie neuerdings von mir in der abgeschlossenen Vergangenheitsform sprach, als sei ich kein Problemfall mehr und dürfte leben, essen und atmen wie ein normaler Mensch.“


    Inhalt


    Maxim, liebevoll Mäxchen gerufen zieht mit 6 Jahren gemeinsam mit seinen Großeltern nach Deutschland. Ursprünglich stammt er aus Russland und ist mit einer äußerst resoluten, kampflustigen Großmutter gesegnet, die alle Fäden straff in der Hand hält. Nicht nur ihre äußerst explizite Einstellung zu angeblichen Erkrankungen des Jungen macht sie so einprägsam, nein auch ihre schillernde Vergangenheit als Balletttänzerin und ihre milde Nachsicht mit ihrem Mann Tschingis, der eigentlich überhaupt nichts zu melden hat. Und obwohl Maxim sehr viel unter seiner dominanten Oma aushalten muss, hat er sie dennoch lieb, selbst wenn sie mal wieder den Unterricht überwacht oder sein Essen püriert.

    Erst als sich der Großvater in Maxims Klavierlehrerin Nina verliebt, schwant dem Jungen, dass Großmutter nun reagieren muss. Erst recht, als sie in den Kinderwagen der jüngeren Frau schaut und dort das Abbild ihres Mannes entdeckt. Doch Margarita Iwanowna hegt zwar immensen Groll gegen Gott und die Welt, doch auf den unehelichen Sohn ihres Gatten lässt sie dennoch nichts kommen, denn eines steht fest, ein neues Kind in der Familie bedarf eindeutig ihrer Anleitung und Präsenz – ganz egal wie die Mutterschaftsverhältnisse auch sein mögen.


    Meinung


    Dies war bereits mein zweites Buch der aus Russland stammenden Autorin Alina Bronsky, welches ich nach ihrem für den Buchpreis nominierten Roman „Baba Dunjas letzte Liebe“ (2015) gelesen habe und mittlerweile bin ich regelrecht verliebt in ihre Art des Erzählens und den bittersüßen Humor, den ihre Geschichten alle gemeinsam zu haben scheinen. Ganz gewiss werde ich nun gezielt nach ihren anderen literarischen Werken Ausschau halten, weil man sich auch Lieblingsautoren warmhalten muss.


    Das wunderbare an diesem kleinen Buch ist der warmherzige Erzählton des Enkelsohnes, der von seiner Großmutter absolut angetan ist, selbst wenn diese nichts anderes zu sein scheint als der alternde Hausdrachen, den man jeden Tag aufs Neue von der Leine lässt. Margarita, die sich selbst gerne Margo nennt und von ihrem Gatten nur „Ritalein“ gerufen wird, ist im besten Sinne des Wortes exzentrisch und schillernd. Angefangen von ihrem rot gefärbten Haarschopf, bis hin zu ihrer ständigen Überwachungsmanie, so kommt beim Leser jedoch ein ganz anderer Tenor an, nämlich die Tatsache, dass sich diese Frau kümmert, für die Familie engagiert und mit resoluter Hand die Geschicke aller Angehörigen leitet. Wäre sie nicht so, wie geschildert, dann ergäbe die Geschichte selbst und ihr Verlauf eigentlich gar keinen Sinn – so jedoch, meint man diese Margo ganz genau zu kennen und kauft ihr es sogar ab, dass sie den Sohn ihres Mannes, den dieser mit einer jüngeren Frau gezeugt hat, doch tatsächlich als ein weiteres Kind annimmt.


    Ein ebenso unschlagbarer Fakt der Erzählung ist die angesprochene Entwicklung verschiedener Kinder in einer gelungenen Patchworkfamilie, denn als solche kann man die bunte Mischung aus Großelternpaar, Enkel, angenommener Enkeltochter im gleichen Alter, akzeptierter Geliebter und dem gemeinsamen neugeborenen Sohn tatsächlich bezeichnen. Gerade für Maxim öffnet sich dadurch die Lücke und er kann dem präsenten Einfluss seiner Oma hin und wieder entkommen, während andere in der Bevormundung durch Margarita endlich zu mehr Entschlusskraft gezwungen werden.


    Fazit


    Ich vergebe begeisterte 5 Lesesterne für diese ungewöhnliche, nicht unbedingt nachvollziehbare Familiengeschichte, die von lebendigen Charakteren, aussagekräftigen Bildern und einer guten Portion Lebensweisheit gespeist wird und die auch nach dem Lesen Zufriedenheit bei mir hinterlässt. Und so ist auch der Schwerpunkt des Buches gewählt: Große Nörgler, die an allem etwas auszusetzen haben und sich über ihr angeblich schweres Schicksal beklagen, finden hin und wieder doch die innere Nähe zu Menschen, die sie in der Tiefe ihres Herzens lieben. Und so kann es Margarita nichts anhaben, wenn bei ihr jedes Lebensjahr wie zwei zählt, denn sie hat vor sehr lange zu leben, länger als alle anderen zusammen. Unbedingte Empfehlung für humorvolle Lesestunden mit Unterhaltungswert und Scharfsinn.

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  • 4 Sterne

    5 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Chattys Bücherblog, 03.08.2019

    Die deutsche Autorin mit russischen Wurzeln ALINA BRONSKY beschreibt in ihrem Roman, anhand der Großmutter, eine Frau, die immer auf der Suche nach Anerkennung und ihren Platz in der Gesellschaft sucht. Sie hatte zwar nicht die nettesten Charakterzüge, aber dennoch hat sie Herz (wenngleich das auch manchmal etwas sonderbar wirkt).

    Dieser Roman ist etwas besonderes. Keine Story, die man mal eben so zwischen Tür und Angel lesen kann, sondern eine Geschichte mit Tiefgang. Dieser zeigt sich besonders auf den letzten Seiten. Mich hat dieser Roman berührt und auch nachdenklich gemacht.

    Ein Roman, den man nach dem Lesen nicht einfach nur so wieder zur Seiten legen kann.

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  • 4 Sterne

    4 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Beust, 03.06.2019 bei bewertet

    Margarita Iwanowna hat es nicht leicht: Sie ist in einer deutschen Kleinstadt als russischer Kontingentsflüchtling gelandet, hat einen schweigsamen, fleißigen Mann und einen debilen, dem Tode nahen Enkelsohn, dessen schwacher Metabolismus jeden Augenblick den gefährlichen Keimen in Speiseeis, auf Kofferaußenseiten oder in Weihnachtskalenderschokolade erliegen könnte. Sie opfert sich lautstark, märtyrerhaft und unter Aufbringung aller russischen Raffinesse auf, um ihrem Enkel ein Überleben und ihrem Mann Tschingis ein menschenwürdiges Leben zu sichern.

    Margarita sähe es vielleicht so. Aber der Roman ist aus er Sicht des Enkels Maxim erzählt, der sich auf 214 Seiten und über einige Jahre von der tyrannischen Umklammerung der Großmutter befreit und alles andere als debil, sondern sehr hellsichtig, die Affäre des Großvaters mit Nina kommen sieht, aus der ein Kind hervorgeht, das wie der Großvater Tschingis heißt und vom Tag seiner Geburt an der Onkel des Erzählers ist. Dieser skurrile Gedanke einer Patchworkfamilie wider Willen, die die Generationen durcheinanderwürfelt, ist beispielhaft für die ungewöhnlichen Einfälle der Autorin, für die im familiären Miteinander auftretenden Details des Mit- und Gegeneinanders.

    Hauptfigur, ja: Fixstern des Romans ist die Großmutter, deren despotischer Irrsinn die Familie auf Trab hält und den Text mit grotesken Situationen, Sätzen und Überraschungen würzt. Margarita hat nicht nur einen Fimmel, sondern ausgewachsene Defekte, die sie an ihrem passiven Mann und dem anfänglich wehrlosen Enkel auslässt. Margarita ist zwar für den einen oder anderen Lacher gut, aber völlig ungeeignet, sich an ihr zu wärmen. Dass hinter ihrem Kontrollwahn eine tragische Geschichte steht, durchzieht den Text bis an sein Ende, versöhnt aber nicht mit der Übergriffigkeit der russischen Radauschwester.

    Schnell ist klar: Es geht in dem Roman nicht um die Glaubwürdigkeit der Gesamtgeschichte oder ihrer Einzelteile, dafür sind die Elemente der Geschichte und die Personen zu stark überzeichnet. Vielmehr zeigt sich der Schmerz und die Liebe zum Kind im gegensätzlichen Verhalten der Großmutter, entwickelt sich ein Verständnis für die durchgebrannten Sicherungen der Alten zusammen mit der Emanzipation des erzählenden Enkels. Dann ist der Roman witzig, unterhaltsam und tragikomisch - und darin ein wortwitziger Genuss.

    Gegen Margarita können die anderen Figuren nicht ankommen - und das ist schade. Nina Tochter Vera bleibt blass, Nina desgleichen, und die oft erwähnte Alterslosigkeit des Großvaters korrespondiert mit seiner nicht stattfindenden Entwicklung.

    Noch problematischer empfand ich den Verlauf der Handlung, die gerade im ersten Drittel zugunsten der großmütterlichen Grotesken stark abnimmt und weniger durch Bewegung als durch Beschreibung in das Figurenleben einführt. Erst mit des kleinen Tschingis Geburt nimmt die Handlung wieder Fahrt auf, um sich zum Ende hin in ein abnormes Tempo zu steigern, bei dem man sich eigentlich gewünscht hätte, dass die Autorin sich mehr Zeit gelassen hätte.

    Vor allem ist der Roman eine vergnügliche Lektüre mit einigen tiefen Einblicken in den Menschen hinter dem Wahnsinn.

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  • 4 Sterne

    7 von 10 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    .L., 26.04.2019 bei bewertet

    Mit Trickserei gelingt es der titelgebenden Großmutter, mit Mann und vermeintlich krankem Enkel als angebliche jüdische Spätaussiedler nach Deutschland zu kommen.
    Eine Oma tröstet, ermutigt, lobt, verwöhnt. Das tut diese Großmutter nicht, obwohl sie sich für den Enkel aufopfert: setzt sich in der Grundschule neben ihn, isst seine Geburtstagstorte auf, damit sein empfindlicher Magen nicht rebelliert, futtert seine tapfer erkämpften Gummibärchen und bezahlt die Nachbarstochter, damit diese auf den Idioten aufpasst. Die revanchiert sich mit Gemeinheiten und Tritten. Permanente Kontrolle, Überwachung und Demütigung führen trotz negativer Zukunftsvoraussagen nicht dazu, dass Mäxchen ein baldiges schönes Begräbnis bekommt, nein, er wächst und bewältigt sogar die schulischen Anforderungen gut.
    Bei der ganzen Schinderei für den Enkel bemerkt die Großmutter nicht, dass ihr duldsamer Ehemann sich in eine jüngere Frau verliebt und mit ihr ein Verhältnis beginnt. Ihre Reaktion darauf ist allerdings sehr anders, als man erwarten würde.
    Alina Bronsky beschreibt mit beißender Satire den mühsamen Kampf um ein besseres Leben, ein Schicksal, das trotz aller Widrigkeiten angenommen und nach besten Kräften gemeistert wird. Vieles, mit bester Absicht geplant, geht fürchterlich daneben. Trotzdem: alle Achtung vor dieser Großmutter, die man sich selber nicht wünscht, die aber eine stolze, anpackende und nie mutlos werdende Frau verkörpert.

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  • 5 Sterne

    5 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Herbstrose, 02.05.2019 bei bewertet

    In Deutschland ist es auch nicht besser als in Russland, stellt Großmutter nach ihrer durch einen Trick erschlichenen Aussiedlung fest. Jetzt leben sie umgeben von Juden im Wohnheim und sind auf deutsche Almosen angewiesen. Auch die deutschen Ärzte sind unfähig, können sie doch keine der vielen Krankheiten feststellen, die Mäxchen, ihr sechsjähriger Enkel, ihrer Meinung nach hat. Er ist zurückgeblieben, ein schwacher Krüppel und debiler Idiot, den sie ständig von Keimen, Bakterien und anderen schädlichen Einflüssen fernhalten muss meint Großmutter, und dessen Magen nur von ihr selbst zubereitetes Püriertes verträgt. Für Max wird die Situation erst etwas besser, als sie die Klavierlehrerin Nina mit ihrer Tochter Vera kennen lernen. Großvater verliebt sich auf den ersten Blick in Nina und beginnt, als er ihr auf Großmutters Befehl beim Umzug helfen muss, ein Verhältnis mit ihr. Da Großmutter ihre einzige Aufgabe darin sieht, sich um ihren Enkel zu kümmern, merkt sie zunächst nicht, was um sie herum vorgeht …

    Alina Bronsky (der Name ist ein Pseudonym) wurde 1978 in Jekaterinburg, dem damaligen Swerdlowsk in der UdSSR, geboren. Als sie 12 Jahre alt war, wanderte ihre Familie nach Deutschland aus. Sie arbeitete später als Werbetexterin und Redakteurin beim Darmstädter Echo, nachdem sei ein begonnenes Medizinstudium abgebrochen hatte. Alina Bronsky ist Mutter von vier Kindern. Der Vater ihrer ersten drei Kinder verunglückte 2012 tödlich in den Walliser Alpen. Heute lebt sie mit dem Theater- und Filmschauspieler Ulrich Noethen, von dem sie eine Tochter hat, in Berlin-Charlottenburg.

    Ein Feuerwerk aus ätzendem Humor und tragisch-komischen Ereignissen hat die Autorin mit diesem Buch abgeliefert. Sie lässt Max, der im Laufe der Geschichte vom Sechsjährigen zum Teenager heranreift, selbst erzählen. Dabei wird klar, dass der Junge keineswegs geistig behindert ist und einen sehr klaren, wachen Verstand hat. Messerscharf erfasst er das Geschehen und erzählt altersgerecht, oftmals kritisch und anklagend, meist aber voller Verständnis und mit liebevollen Gefühlen für die Großeltern. Auch die Großmutter hat ein Herz, auch wenn sie gründlich versucht, es unter einer harten Schale zu verbergen.

    Sehr wohltuend ist auch zu vermerken, dass nur wenige Protagonisten in die Geschichte eingebunden sind. Dadurch lässt sich das Buch zügig lesen und man verliert nie den Überblick: Großmutter, die den Eindruck einer bösartigen alten Frau erweckt, sich aber im Verborgenen äußerst hilfsbereit zeigt – Großvater, der zu Hause nur nickt oder den Kopf schüttelt, da er es längst aufgegeben hat, gegen seine Frau aufzumucken, außer Haus aber ganz andere Seiten zeigt – Max, an dem glücklicherweise die verächtlichen Worte der Großmutter abprallen und der trotzdem liebevoll von ihr spricht – Nina, die anfangs recht unsichere alleinlebende Frau mit Kind, die aber zu einer selbstsicheren Frau heranreift – und Vera, ihre Tochter, die sich vom bösen kleinen Mädchen zum netten Teenager wandelt.

    Fazit: Eine außergewöhnliche Geschichte, die von absurder Situationskomik lebt, die aber dennoch berührt und nachdenklich macht und die ich gerne weiter empfehle!

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Brigitte S., 09.05.2019

    Auch mir ist der Roman durch das Cover aufgefallen. Ich habe bereits den Roman "Baba Dunjas letzte Liebe" von Alina Bronsky gelesen und bin auch dieses Mal nicht
    enttäuscht worden.
    Die Geschichte wird aus der Sicht des 6-jährigen Max erzählt. Er siedelte mit seinen Großeltern von Russlannd nach Deutschland über und sie landen in einen Wohnheim für Flüchtlinge.
    Es ist ein Buch voller Witz. Die Großmutter ist sehr herrisch und will immer ihre Macht beweisen. Ihr Mann leidet sehr darunter und findet schließlich eine neue Partnerin. Aber die Großmutter bekommt nichts mit.
    Der Roman ist in einen bissigen Schreibstil geschrieben. Er ist sehr unterhaltsam und er liest sich fließend. Schnell waren die 224 Seiten gelesen und ich vergebe 5 Punkte.

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    AnnaMagareta, 25.05.2019

    Bissige Großmutter – ungewöhnlich & unterhaltsam
    „Der Zopf meiner Großmutter“ ist ein bemerkenswerter Roman über ein ungewöhnliches Familienkonstrukt der aus Russland stammenden Autorin Alina Bronsky.

    Gemeinsam mit seinen Großeltern ist Mäxchen aus Russland nach Deutschland gekommen. Die Großmutter bestimmt den Tag und der Großvater ordnet sich ihr unter. Max muss unter ihr so einiges aushalten, wird beschimpft, überwacht, als krank abgestempelt und darf eigentlich nichts. Auch von seinem Großvater bekommt er keine Unterstützung. Dennoch liebt Mäxchen seine Oma.

    Der Schreibstil der Autorin ist einfach toll. Schnell ist man mitten im Geschehen. Oft wusste ich nicht ob ich lachen oder einfach nur entsetzt sein sollte. Die Großmutter ist so boshaft und zynisch, dass ich mich immer wieder gefragt habe, warum der Großvater das mitmacht und nicht eingreift.

    Die Geschichte wird aus der Perspektive von Mäxchen erzählt. Zu Beginn ist er gerade mal sechs Jahre alt und man obwohl man bei seinen Erlebnissen direkt dabei ist, erhält man immer nur die Informationen, die ein Kind wahrnimmt, erhält nie den kompletten Überblick und die Hintergründe und Zusammenhänge erfährt man erst nach und nach.

    Ich habe dieses ungewöhnliche und zum Teil auch skurrile Buch sehr gerne gelesen. Es hat mich gut unterhalten und mir ein Familienkonstrukt vor Augen geführt, das ich so nicht für möglich gehalten hätte.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Simone H., 30.04.2019

    Der namenlose Ich-Erzähler wächst bei seinen Großeltern auf, die mit ihm von Russland nach Deutschland auswandern. Seine Oma behütet ihn und will ihn vor irrwitzigsten Gefahren schützen, sodass der Junge ein sonderbarer Einzelgänger wird. Als jedoch eine junge Frau mit ihrer Tochter ins Wohnheim einzieht gerät das Familienleben gehörig aus der Bahn...

    Ich habe diesen Roman als ersten der Autorin gelesen und weiß jetzt schon, dass sicherlich noch einige Lektüren folgen werden. Selten hat mich ein derart ruhiges Buch so gefesselt. Die Sprache ist angenehm klar und unverschnörkselt. Die Erzählung an sich ist auch eher leise und baut sich nach und nach eher langsam auf. Trotzdem konnte ich diesen Roman so gut wie gar nicht aus der Hand legen. Besonders toll finde ich die Figuren, da diese von Anfang an für den Leser greifbar sind und alle ihren eigenen Charme versprühen. Auch der Grundgedanke dieses Romans ist toll. Hier fließen sehr viele Überlegungen und Denkanstöße ein, die ich in der Form noch in keinem Buch verarbeitet gesehen habe. Auch das Ende hat mir sehr gut gefallen, da für mich alle offenen Punkte nochmals aufgegriffen wurden. Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung ohne jeglichen Kritikpunkt!

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  • 5 Sterne

    4 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Cosmea, 30.05.2019

    Eine ungewöhnliche Familie
    Im Mittelpunkt von Alina Bronskys neuem Roman “Der Zopf der Großmutter“ steht eine ungewöhnliche Familie, bestehend aus Großmutter Margarita Iwanowna, Großvater Tschingis Tschingisowitsch und Enkel Maxim. Sie durften wegen ihrer angeblich jüdischen Herkunft nach Deutschland einreisen und leben in einem Flüchtlingsheim, obwohl nur der kleine Junge Halbjude ist. Die Großmutter ist eine sehr dominante Frau mit rabiaten Umgangsformen, die in der Familie das Sagen hat und auch außerhalb keinen Konflikt scheut. Sie lässt kein gutes Haar an ihrer neuen Heimat und weigert sich, die deutsche Sprache zu lernen. Dem Enkel, den sie Max oder Mäxchen nennt, gern aber auch Idiot oder Krüppel, dichtet sie alle möglichen Krankheiten an, obwohl er nach Aussage eines deutschen Arztes kerngesund ist. Die Großmutter hat eine panische Angst vor Bakterien und ernährt ihn ausschließlich mit selbstgekochtem Brei. Sie rechnet mit seinem baldigen Ableben. Der Junge ist jedoch nicht nur völlig gesund, sondern auch sehr intelligent. Er hat schnell Deutsch gelernt und kommt in der Schule gut zurecht. Nur Max bemerkt, dass sich der Großvater in die Nachbarin Nina verliebt, die mit Tochter Vera ebenfalls im Heim lebt, dann aber in eine eigene Wohnung zieht, wo der Großvater, die “asiatische Fresse“, viel Zeit verbringt. Nina wird schwanger und bekommt einen kleinen Tschingis, den die Großmutter eigentlich am liebsten selbst aufziehen würde. Trotz ihrer Grobheit und überaus derben Sprache hat sie ein großes Herz und hält die kleine Gruppe zusammen. Diese sechs Personen bilden eine Art Patchwork-Familie.
    Die ungewöhnliche, teilweise aberwitzige Geschichte wird aus der Perspektive des Jungen erzählt, der nur allmählich Antworten auf die Frage nach seiner Herkunft bekommt. Seine Mutter Maya ist das große Tabuthema der Großeltern mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Seinem Vater, dem rothaarigen Juden, wird über Jahre der Kontakt zu seinem Sohn verwehrt. Der Roman ist sprachlich brillant, witzig und zugleich auch tieftraurig, mit der für Bronsky typischen sehr gelungenen Charakterisierung der Protagonisten, vor allem der Figur der Großmutter. Die Autorin zeigt die gravierenden kulturellen Unterschiede auf, die es neben sprachlichen Problemen Übersiedlern oft schwer machen, in einem anderen Land Fuß zu fassen. Ich habe das Buch mit großem Vergnügen gelesen und bleibe auch weiterhin ein Fan der Autorin.

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  • 5 Sterne

    6 von 10 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 25.04.2019 bei bewertet

    Die Sowjetunion ist nicht mehr das, was sie mal war, genaugenommen ist sie ja gar nicht mehr, und vom neuen Russland erwarten sie nicht viel. Es bleibt den beiden Großeltern also nicht viel anderes übrig, als mit dem kränkelnden Enkelkind Max auch nach Deutschland auszureisen. Irgendein Onkel hatte bestimmt ein Schwager, der Jude war oder so. Im Flüchtlingswohnheim angekommen herrscht die Großmutter jedoch wie eh und je. Max darf nichts anfassen und schon gar nichts essen, der Magen, das Immunsystem, einfach gar nichts will bei dem Jungen richtig funktionieren. Und überall lauern Gefahren. Die größte jedoch geht von Nina aus, die mit ihrer Tochter Vera ebenfalls das Glück im neuen Land sucht. Als der Großvater sie zum ersten Mal sah, war es um ihn geschehen. Aber vor so vielen neuen Eindrücken, hat die Großmutter das noch gar nicht gemerkt.

    Alina Bronsky wanderte selbst als Kind mit ihren Eltern aus Russland nach Deutschland ein und ist bereits seit einigen Jahren eine feste Größe in der hiesigen Literaturwelt. Ihr letzter Roman „Baba Dunjas letzte Liebe“ war für den Deutschen Buchpreis 2015 nominiert und hat sie für mich zu einer Autorin gemacht, bei der ich mich auf jeden neuen Roman gespannt freue. Auch der aktuelle hat meine Erwartungen nicht enttäuscht, im Gegenteil, hier passt einfach alles zusammen.

    Die Geschehnisse werden aus der Sicht des kleinen Max geschildert, der zu Beginn noch im Kindergartenalter ist, dann allmählich zum Teenager heranwächst. Im Gegensatz zu den Annahmen der Oma ist er weder krank noch dumm, mit durchaus kindlichem, aber messerscharfem Blick beobachtet er das Treiben der Erwachsenen und entwickelt ein gutes Gespür für ihre Befindlichkeiten. Die Autorin trifft für meinen Geschmack hervorragend den Ton des Buben, der durchaus auch mal kritisch wird, aber meist doch mit rücksichtsvoller Liebe die Unzulänglichkeiten seiner Angehörigen hinnimmt und sie nicht bloßstellt.

    Die Charaktere sind allesamt außergewöhnliche Unikate, die trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer Eigenarten und ihres bisweilen absurden Verhaltens liebenswerte Figuren sind. Die Not in der Fremde schweißt sie zusammen und irgendwie hat man doch den Eindruck, dass es ihnen, bei allen Widrigkeiten, die die Orientierung in der neuen Heimat mit sich bringt, gut geht und sie ohne Frage immer für einander da sind.

    Nach „Baba Dunja“ ein weiterer Roman von Alina Bronksy, der mit feinem Humor geschrieben ist und aus dem ganz viel Liebe fürs Detail und die einfachen, wenn auch etwas verschrobenen Menschen spricht.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge W., 27.06.2019

    Alles eine Frage der Disziplin. Die Oma ist ein Alptraum. Sie ist antisemitisch, herrschsüchtig, unbelehrbar, besserwisserisch und traut keinem über den Weg. Nicht mal ihrem geliebten Mann, den sie regelmäßig mit dem Tod bedroht, wenn er nicht spurt. Er heißt Tschingis, ist Mongole und schon vor Jahren verstummt. Aber sie ist auch clever und höchst pragmatisch. Für die Familie tut sie alles, erfindet sogar jüdisch-deutsche Wurzeln für sich, damit sie als Kontingentflüchtlinge aus der zerfallenden Sowjetunion herauskommen. Doch von Deutschland ist sie dann total enttäuscht: Schulsystem, Bonbons, Luft, Gemüseangebot, Ärzte - alles Mist. Das schmutzige Wohnheim ist ein Graus, die Nachbarn sind alle schrecklich. Überleben ist halt nichts für Angepasste. Enkel Max ist der Erzähler dieser herrlich skurrilen, liebevoll-bösen Geschichte über das Ankommen und den harten Kampf ums Überleben in einer fremden Welt. Max ist Großmutters Augenstern und zugleich Opfer. Sie hält ihn für lebensuntüchtig, dichtet ihm alle möglichen Allergien an und verbietet den Umgang mit virenbefallenen Einheimischen. Eigentlich ein Horrorszenario und nah dran an Kindesmisshandlung. Aber eben nur eigentlich. Denn Max weiß es einzuschätzen: Die Oma versucht bloß, ihn zu beschützen und alle durchzubringen. Als sie endlich mitkriegt, dass der Großvater sich eine Freundin zugelegt hat, läuft sie zur Hochform auf. Max konnte sich genau an den Moment erinnern, als sein Großvater sich verliebte. Er war in seinen Augen ein uralter Mensch – die fünfzig bereits überschritten –, und sein neues, zartes Geheimnis überrollte Max mit einer Welle der Bewunderung, in die sich Schadenfreude mischte. Es war klar, dass die Großmutter nichts davon mitkriegen sollte. Sie hatte schon bei geringeren Anlässen gedroht, ihn umzubringen … So bekommt sie als Letzte mit, dass ihr Mann sich verliebt hat. Doch dies bedeutet mitnichten das Ende der Familie, sondern den Anfang eines turbulenten Zusammenlebens unter neuen Vorzeichen. Nein, kein Mord. Im Gegenteil. Mit Verständnis, Engagement und Liebe schafft die Großmutter, was nur wenigen gelingt. Lebenskünstler. Urlaub mit den Eltern. Kindheit mit einer übergriffigen Großmutter. Dreiecksbeziehung mit einem Androiden. Und zwei bemerkenswerte Chroniken. Hier ist zwischenmenschlich schwer was los zwischen den Seiten! Diese wundersame Geschichte zeigt "Der Zopf meiner Großmutter" ist ein spannender Roman mit jeder Menge Fantasie. Vielschichtig und toll erzählt- die Idee dahinter ist super.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Herbstrose, 02.05.2019

    In Deutschland ist es auch nicht besser als in Russland, stellt Großmutter nach ihrer durch einen Trick erschlichenen Aussiedlung fest. Jetzt leben sie umgeben von Juden im Wohnheim und sind auf deutsche Almosen angewiesen. Auch die deutschen Ärzte sind unfähig, können sie doch keine der vielen Krankheiten feststellen, die Mäxchen, ihr sechsjähriger Enkel, ihrer Meinung nach hat. Er ist zurückgeblieben, ein schwacher Krüppel und debiler Idiot, den sie ständig von Keimen, Bakterien und anderen schädlichen Einflüssen fernhalten muss meint Großmutter, und dessen Magen nur von ihr selbst zubereitetes Püriertes verträgt. Für Max wird die Situation erst etwas besser, als sie die Klavierlehrerin Nina mit ihrer Tochter Vera kennen lernen. Großvater verliebt sich auf den ersten Blick in Nina und beginnt, als er ihr auf Großmutters Befehl beim Umzug helfen muss, ein Verhältnis mit ihr. Da Großmutter ihre einzige Aufgabe darin sieht, sich um ihren Enkel zu kümmern, merkt sie zunächst nicht, was um sie herum vorgeht …

    Alina Bronsky (der Name ist ein Pseudonym) wurde 1978 in Jekaterinburg, dem damaligen Swerdlowsk in der UdSSR, geboren. Als sie 12 Jahre alt war, wanderte ihre Familie nach Deutschland aus. Sie arbeitete später als Werbetexterin und Redakteurin beim Darmstädter Echo, nachdem sei ein begonnenes Medizinstudium abgebrochen hatte. Alina Bronsky ist Mutter von vier Kindern. Der Vater ihrer ersten drei Kinder verunglückte 2012 tödlich in den Walliser Alpen. Heute lebt sie mit dem Theater- und Filmschauspieler Ulrich Noethen, von dem sie eine Tochter hat, in Berlin-Charlottenburg.

    Ein Feuerwerk aus ätzendem Humor und tragisch-komischen Ereignissen hat die Autorin mit diesem Buch abgeliefert. Sie lässt Max, der im Laufe der Geschichte vom Sechsjährigen zum Teenager heranreift, selbst erzählen. Dabei wird klar, dass der Junge keineswegs geistig behindert ist und einen sehr klaren, wachen Verstand hat. Messerscharf erfasst er das Geschehen und erzählt altersgerecht, oftmals kritisch und anklagend, meist aber voller Verständnis und mit liebevollen Gefühlen für die Großeltern. Auch die Großmutter hat ein Herz, auch wenn sie gründlich versucht, es unter einer harten Schale zu verbergen.

    Sehr wohltuend ist auch zu vermerken, dass nur wenige Protagonisten in die Geschichte eingebunden sind. Dadurch lässt sich das Buch zügig lesen und man verliert nie den Überblick: Großmutter, die den Eindruck einer bösartigen alten Frau erweckt, sich aber im Verborgenen äußerst hilfsbereit zeigt – Großvater, der zu Hause nur nickt oder den Kopf schüttelt, da er es längst aufgegeben hat, gegen seine Frau aufzumucken, außer Haus aber ganz andere Seiten zeigt – Max, an dem glücklicherweise die verächtlichen Worte der Großmutter abprallen und der trotzdem liebevoll von ihr spricht – Nina, die anfangs recht unsichere alleinlebende Frau mit Kind, die aber zu einer selbstsicheren Frau heranreift – und Vera, ihre Tochter, die sich vom bösen kleinen Mädchen zum netten Teenager wandelt.

    Fazit: Eine außergewöhnliche Geschichte, die von absurder Situationskomik lebt, die aber dennoch berührt und nachdenklich macht und die ich gerne weiter empfehle!

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marie aus E., 23.06.2019

    Großmutter Margo und Großvater Tschingis kommen zusammen mit ihrem Enkel Mäxchen als jüdische Kontingentflüchtlinge nach Deutschland.
    Großmutter hat eine sehr harte Schale, sie ist eine Helicopter-Großmutter der übelsten Sorte. Ständig macht sie Maxim klein und redet ihm ein, dass er ohnehin nicht lange mehr leben wird und kämpft mit allen Mitteln gegen die Gefahren, die tagtäglich auf ihn lauern. Bakterien in Form von Gummibärchen und Geburtstagstorten beispielsweise, die ihr aber nichts anhaben können, weswegen sie sich dann gerne opfert...
    Ihr Umgang mit Maxim ist wirklich fürchterlich, man muss schon eine spezielle Art von Humor mögen, um das Buch nicht schreiend zuzuklappen.
    Doch hinter der harten Schale steckt ein weicher Kern und nach und nach wird auch klar, warum Großmutter so reagiert.

    Alles wird aus Sicht von Maxim erzählt, der im Buch vom Kind zum Jugendlichen heranwächst und alles mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen lässt.

    Eine bitterböse, tragische, aber auch sehr witzige Geschichte über den schwierigen Neustart in einem fremden Land mit einer Vergangenheit voller Leid und Verletzungen im Gepäck. Mit Charakteren, die man überwiegend eigentlich lieber nicht persönlich kennenlernen möchte und die das Buch gerade deshalb so lesenswert machen. Ich konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen und bin vom Erzählstil der Autorin begeistert.

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge H., 01.06.2019

    Russische Großmutter
    Die Schriftstellerin Alina Bronsky beschreibt in ihren Romanen immer besonders extreme Charaktere, die meist aus Osteuropa stammen.

    Der Zopf der Großmutter ist ihr neues Werk. Die Geschichte wird aus der Sicht Max erzählt. Er lebt mit seinen Großeltern in einem Flüchtlingsheim, sie stammen aus der Sowjetunion.
    Die Großmutter hat einige seltsame Erziehungsmethoden.
    So muss er sich sehr oft die Hände waschen und darf vieles nicht essen. Außerdem wurde er von ihr als Krüppel dargestellt.
    Nach und nach erfährt Max mehr über seine Oma.
    Die Großmutter Marga wird von Alina Bronsky, zwar krass dargestellt, aber sie symbolisiert russische Mütter, die aus ihrer Heimat ziehen. Die Frauen müssen den Kampf für die Familie kämpfen.
    Am Ende konnte ich die Großmutter etwas besser verstehen, sie konnte ihre Zuneigung nicht zeigen, meinte es aber immer gut.
    Der Roman war wieder grandios, man sieht die Ecken und Kannten.
    Alina Bronsky ist eine meiner Lieblingsschriftstellerinnen. Ich freue mich auf ihr nächstes Buch.

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 10.05.2019 bei bewertet

    „Mich überraschte, dass sie neuerdings von mir in der abgeschlossenen Vergangenheitsform sprach, als sei ich kein Problemfall mehr und dürfte leben, essen und atmen wie ein normaler Mensch.“


    Inhalt


    Maxim, liebevoll Mäxchen gerufen zieht mit 6 Jahren gemeinsam mit seinen Großeltern nach Deutschland. Ursprünglich stammt er aus Russland und ist mit einer äußerst resoluten, kampflustigen Großmutter gesegnet, die alle Fäden straff in der Hand hält. Nicht nur ihre äußerst explizite Einstellung zu angeblichen Erkrankungen des Jungen macht sie so einprägsam, nein auch ihre schillernde Vergangenheit als Balletttänzerin und ihre milde Nachsicht mit ihrem Mann Tschingis, der eigentlich überhaupt nichts zu melden hat. Und obwohl Maxim sehr viel unter seiner dominanten Oma aushalten muss, hat er sie dennoch lieb, selbst wenn sie mal wieder den Unterricht überwacht oder sein Essen püriert.

    Erst als sich der Großvater in Maxims Klavierlehrerin Nina verliebt, schwant dem Jungen, dass Großmutter nun reagieren muss. Erst recht, als sie in den Kinderwagen der jüngeren Frau schaut und dort das Abbild ihres Mannes entdeckt. Doch Margarita Iwanowna hegt zwar immensen Groll gegen Gott und die Welt, doch auf den unehelichen Sohn ihres Gatten lässt sie dennoch nichts kommen, denn eines steht fest, ein neues Kind in der Familie bedarf eindeutig ihrer Anleitung und Präsenz – ganz egal wie die Mutterschaftsverhältnisse auch sein mögen.


    Meinung


    Dies war bereits mein zweites Buch der aus Russland stammenden Autorin Alina Bronsky, welches ich nach ihrem für den Buchpreis nominierten Roman „Baba Dunjas letzte Liebe“ (2015) gelesen habe und mittlerweile bin ich regelrecht verliebt in ihre Art des Erzählens und den bittersüßen Humor, den ihre Geschichten alle gemeinsam zu haben scheinen. Ganz gewiss werde ich nun gezielt nach ihren anderen literarischen Werken Ausschau halten, weil man sich auch Lieblingsautoren warmhalten muss.


    Das wunderbare an diesem kleinen Buch ist der warmherzige Erzählton des Enkelsohnes, der von seiner Großmutter absolut angetan ist, selbst wenn diese nichts anderes zu sein scheint als der alternde Hausdrachen, den man jeden Tag aufs Neue von der Leine lässt. Margarita, die sich selbst gerne Margo nennt und von ihrem Gatten nur „Ritalein“ gerufen wird, ist im besten Sinne des Wortes exzentrisch und schillernd. Angefangen von ihrem rot gefärbten Haarschopf, bis hin zu ihrer ständigen Überwachungsmanie, so kommt beim Leser jedoch ein ganz anderer Tenor an, nämlich die Tatsache, dass sich diese Frau kümmert, für die Familie engagiert und mit resoluter Hand die Geschicke aller Angehörigen leitet. Wäre sie nicht so, wie geschildert, dann ergäbe die Geschichte selbst und ihr Verlauf eigentlich gar keinen Sinn – so jedoch, meint man diese Margo ganz genau zu kennen und kauft ihr es sogar ab, dass sie den Sohn ihres Mannes, den dieser mit einer jüngeren Frau gezeugt hat, doch tatsächlich als ein weiteres Kind annimmt.


    Ein ebenso unschlagbarer Fakt der Erzählung ist die angesprochene Entwicklung verschiedener Kinder in einer gelungenen Patchworkfamilie, denn als solche kann man die bunte Mischung aus Großelternpaar, Enkel, angenommener Enkeltochter im gleichen Alter, akzeptierter Geliebter und dem gemeinsamen neugeborenen Sohn tatsächlich bezeichnen. Gerade für Maxim öffnet sich dadurch die Lücke und er kann dem präsenten Einfluss seiner Oma hin und wieder entkommen, während andere in der Bevormundung durch Margarita endlich zu mehr Entschlusskraft gezwungen werden.


    Fazit


    Ich vergebe begeisterte 5 Lesesterne für diese ungewöhnliche, nicht unbedingt nachvollziehbare Familiengeschichte, die von lebendigen Charakteren, aussagekräftigen Bildern und einer guten Portion Lebensweisheit gespeist wird und die auch nach dem Lesen Zufriedenheit bei mir hinterlässt. Und so ist auch der Schwerpunkt des Buches gewählt: Große Nörgler, die an allem etwas auszusetzen haben und sich über ihr angeblich schweres Schicksal beklagen, finden hin und wieder doch die innere Nähe zu Menschen, die sie in der Tiefe ihres Herzens lieben. Und so kann es Margarita nichts anhaben, wenn bei ihr jedes Lebensjahr wie zwei zählt, denn sie hat vor sehr lange zu leben, länger als alle anderen zusammen. Unbedingte Empfehlung für humorvolle Lesestunden mit Unterhaltungswert und Scharfsinn.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 02.05.2019

    Bissige Zuneigung
    Max und seine Großeltern fliehen aus der dahinscheidenden Sowjetunion und kommen als Achteljuden bzw. mit kaum noch ermittelbaren, jüdischen Wurzeln nach Deutschland. Dort wohnen sie in einem, zum Flüchtlingswohnheim umfunktionierten, ehemaligen Hotel einer Kleinstadt. Max‘ Großmutter, Margarita Iwanowna, wettert mit einem Mundwerk, das mit Seife ausgewaschen gehört, gegen die Unterbringung, gegen die deutschen Ärzte und das deutsche Schulsystem, gegen Juden und andere Religionen, eigentlich gegen die ganze Welt. Sie beleidigt ihren Enkel und ihren Ehemann, Tschingis Tschingisowitsch, der stoisch sein Schicksal erträgt.

    Wegen unzähliger, von der Großmutter angedichteter Krankheiten muss Max sehr auf seine Gesundheit achten. Süßigkeiten und Kuchen wurden von seinem Speiseplan verbannt, dafür gibt es leicht verdauliche, wenig schmackhafte Breie aus Gemüse oder Getreide. Wir lernen Mäxchen kurz vor seiner Einschulung kennen und begleiten ihn bis ins Teenageralter. Obwohl seine Großmutter ihn stets klein redet, ihm quasi überhaupt nichts zutraut, meistert Max kleine und große Herausforderungen am Band. Eigentlich möchte Margarita nur jegliche Gefahr von ihm fern halten. Das einfach mal zuzugeben, scheint ihr unmöglich. Alles, was sie Max zur Liebe tut, macht sie ihm zum Vorwurf. Max navigiert von klein an klug durch das Minenfeld der Erziehung und hält sämtlichen Demütigungen stand. Dafür mag ich ihn unheimlich gern.

    Als sich der gepeinigte Großvater Tschingis neu verliebt, lässt er seine „alte“ Familie nicht einfach im Stich, sondern kümmert sich verantwortungsvoll um alle Familienmitglieder. Wie er in seiner ruhigen Art die Patchworkfamilie managet , verdient meinen vollen Respekt. Irrwitziger Weise mag ich trotz ihrer Schnodderigkeit und Unterdrückungsmentalität, trotz des permanenten Mobbings, das sie auf ihr Umfeld prasseln lässt, Margarita Iwanowna am meisten. Vielleicht hatte ich auch ein wenig Mitleid mit ihr. Für die Auswanderung hat sie neben ihrer Heimat ihr gesamtes früheres Leben aufgegeben. Am Ende möchte sie doch auch nur das beste für ihre Familie.

    Alina Bronsky lässt uns über Dinge lachen, worüber man eigentlich nicht lacht. Sie lässt die Großmutter Dinge tun, die tabu sind. So wurden wir doch erzogen. „Der Zopf meiner Großmutter“ spricht alle bösen Gedanken, die vielleicht den ein oder anderen bei der Kindererziehung beschleichen, laut aus. Die Angst um ein Kind wird durch das Erzählen von „Schauermärchen“ an das Kind weitergegeben. Der rasante Schreibstil, die unterschwellig mitschwingende Boshaftigkeit haben mir so gut gefallen, dass ich unbedingt noch mehr Bronsky-Bücher lesen möchte.

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  • 5 Sterne

    4 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 02.05.2019 bei bewertet

    Bissige Zuneigung
    Max und seine Großeltern fliehen aus der dahinscheidenden Sowjetunion und kommen als Achteljuden bzw. mit kaum noch ermittelbaren, jüdischen Wurzeln nach Deutschland. Dort wohnen sie in einem, zum Flüchtlingswohnheim umfunktionierten, ehemaligen Hotel einer Kleinstadt. Max‘ Großmutter, Margarita Iwanowna, wettert mit einem Mundwerk, das mit Seife ausgewaschen gehört, gegen die Unterbringung, gegen die deutschen Ärzte und das deutsche Schulsystem, gegen Juden und andere Religionen, eigentlich gegen die ganze Welt. Sie beleidigt ihren Enkel und ihren Ehemann, Tschingis Tschingisowitsch, der stoisch sein Schicksal erträgt.

    Wegen unzähliger, von der Großmutter angedichteter Krankheiten muss Max sehr auf seine Gesundheit achten. Süßigkeiten und Kuchen wurden von seinem Speiseplan verbannt, dafür gibt es leicht verdauliche, wenig schmackhafte Breie aus Gemüse oder Getreide. Wir lernen Mäxchen kurz vor seiner Einschulung kennen und begleiten ihn bis ins Teenageralter. Obwohl seine Großmutter ihn stets klein redet, ihm quasi überhaupt nichts zutraut, meistert Max kleine und große Herausforderungen am Band. Eigentlich möchte Margarita nur jegliche Gefahr von ihm fern halten. Das einfach mal zuzugeben, scheint ihr unmöglich. Alles, was sie Max zur Liebe tut, macht sie ihm zum Vorwurf. Max navigiert von klein an klug durch das Minenfeld der Erziehung und hält sämtlichen Demütigungen stand. Dafür mag ich ihn unheimlich gern.

    Als sich der gepeinigte Großvater Tschingis neu verliebt, lässt er seine „alte“ Familie nicht einfach im Stich, sondern kümmert sich verantwortungsvoll um alle Familienmitglieder. Wie er in seiner ruhigen Art die Patchworkfamilie managet , verdient meinen vollen Respekt. Irrwitziger Weise mag ich trotz ihrer Schnodderigkeit und Unterdrückungsmentalität, trotz des permanenten Mobbings, das sie auf ihr Umfeld prasseln lässt, Margarita Iwanowna am meisten. Vielleicht hatte ich auch ein wenig Mitleid mit ihr. Für die Auswanderung hat sie neben ihrer Heimat ihr gesamtes früheres Leben aufgegeben. Am Ende möchte sie doch auch nur das beste für ihre Familie.

    Alina Bronsky lässt uns über Dinge lachen, worüber man eigentlich nicht lacht. Sie lässt die Großmutter Dinge tun, die tabu sind. So wurden wir doch erzogen. „Der Zopf meiner Großmutter“ spricht alle bösen Gedanken, die vielleicht den ein oder anderen bei der Kindererziehung beschleichen, laut aus. Die Angst um ein Kind wird durch das Erzählen von „Schauermärchen“ an das Kind weitergegeben. Der rasante Schreibstil, die unterschwellig mitschwingende Boshaftigkeit haben mir so gut gefallen, dass ich unbedingt noch mehr Bronsky-Bücher lesen möchte.

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  • 5 Sterne

    4 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Philo, 02.05.2019 bei bewertet

    Alina Bronskys kleine Geschichten sind wahre Kunstwerke. Ich war sehr gespannt auf das neue Buch und bin nach dem Lesen, wie auch bei ihren vorhergehenden Büchern, total begeistert. Zwischen Tragik und Komik wechselt ihre Geschichte und jeder Satz ist eine Offenbarung. Großmutter, Großvater und Max, der Enkel, sind als russische Auswanderer nach Deutschland in ein Flüchtlingsheim gekommenn. Die Großmutter macht aus ihrer Unzufriedenheit keinen Hehl, traut niemandem und tut dies auch lautstark kund. Zu leiden haben Großvater und Enkel. Insbesondere Max wird von ihr als zurückgeblieben und krankes Kind bezeichnet und vor anderen nennt sie ihn auch den Idioten. Leicht zu verstehen, daß der Großvater sich in die hübsche und junge Nacharin verliebt.

    Warum, fragt man sich, ist die Großmutter so bösartig geworden. Nach und nach erfährt man einiges aus ihrem Leben, was ein gewisses Verständnis aufbringen läßt. Trotzdem gehört mein ganzes Mitgefühl dem kleinen Max, der niemals eine Süßigkeit oder etwas leckeres zum Essen bekommt. Alles wegen seiner angeblichen Krankheit und wegen krankheitserregender Keime. Erstaunlich, daß sich Max zu einem klugen und aufgeweckten Kind entwickelt, der die Großmutter nach und nach durchschaut und sie auch austrickst.

    Als die Nachbarin einen Jungen zur Welt bringt, der dem Großvater zum Verwechseln ähnlich sieht, kommt die Großmutter hinter sein Geheimnis, was sie aber dazu bringt, über sich hinauszuwachsen. Man muß es unbedingt lesen.

    Die Figuren des Buches könnten untesrchiedlicher nicht sein. Die Autorin zeichnet die einzelnen Charaktere so treffend, daß sie für die Leser lebendig werden. Dies ist eines der wenigen und besonderen Bücher, die lange nachwirken und die man nicht vergißt.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nil_liest, 01.07.2019

    Alina Bronsky muss man einfach lesen! Schnell getaktet, wortwitzig tischt sie uns wieder eine wahnwitzige Geschichte auf, die nur sie so grandios erzählt bekommt mit ihren russischen Wurzeln!
    „Der Zopf meiner Grossmutter“ wird aus der Perspektive eines (erst) kleinen Jungens erzählt. Er wird von seiner Großmutter aufgezogen, natürlich hat der Großvater nix zu melden. Die Geschichte startet mit der Aussiedlung der kleinen Familie nach Deutschland.
    Zu Beginn steht der Schutzwahn der resoluten Großmutter im Fokus, da der kleine Junge anscheinend nicht bei guter Gesundheit ist und vor allerlei beschützt werden muss: Bakterien, anderen Ausländern und vielem mehr! Der Phantasie der Großmutter ist unbegrenzt.
    Stück für Stück erfahren wir was hinter dem Schutzwall der Großmutter steht, wer Mäxchens Eltern sind und die Neugierde des Jungen wächst was es mit ihm auf sich hat. Beigemengt wird nach und nach ein weiterer Strang mit neuen Personen, die in ihrer aller Leben treten.

    Schlagfertig, bissig ist der Schreibstil von Alina Bronsky. Die schnelle Taktung kombiniert mit komödiantischen Situationen machen die Geschichte aus.
    Zwischen den Zeilen steht noch mal genauso viel wie der Text uns sagt. Aus meiner Sicht eine sehr unterhaltsames Buch, dass sich lohnt diesen Sommer gelesen zu werden!

    Fazit: Dafür gibt es Literatur! Das Leben zu reflektieren und uns durch Beimengung von unglaublichen Ereignissen des Leben die Essenzen vor Augen zu führen. Herrlich erfrischend.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    skandinavischbook, 09.05.2019

    Meine Meinung zum Buch :
    Dies ist mein erstes Buch der russisch/deutschen Autorin Aline Bronsky und ihr Stil ist wahrlich einzigartig und einnehmend!
    Im Mittelpunkt der Geschichte steht weniger die Handlung, als vielmehr die Einzigartigkeit und Ausarbeitung der einzelnen Charaktere/ Protagonisten. Und diese sind wahrlich einzigartig, stilistisch raffiniert und facettenreich, Charaktere, die man so schnell nicht vergisst und die trotz ihrer Stärke, niemals an Authentizität verlieren.
    Und genau darum geht es, um die kleinen Erlebnisse des Lebens, die die Charaktere erleben, diese sind manchmal ebenso banal , wie bedeutend und dennoch sind sie stets so erzählt, das der Leser immer weiterlesen möchte und nie das Interesse verliert.

    Mein Fazit:
    Eine Autorin, die ebenso facettenreich, wie genial zu erzählen weiß und einen Schreibstil vermittelt, der ganz große Kunst ist. In meinen Augen ein literarischer Wurf, der großartig und bedeutend daherkommt. Ein Schmuckstück im Bücherregal!

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