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  • 5 Sterne

    42 von 62 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 16.09.2017

    Eine neue Sau wird durchs Dorf getrieben – oder so ähnlich. Ein Schwein, Mitten in Brüssel, der europäischen Hauptstadt. Die Gemüter sind erregt, die Gazetten stürzen sich auf das Thema. Derweil plagen die Beamten der Europäischen Kommission ganz andere Sorgen als Schweine auf Brüssels Straßen. Schweineohren sind interessant, aber nur, weil man damit auf dem chinesischen Markt Geld verdienen kann und aktuell die Nationalstaaten im Alleingang mit dem asiatischen Riesen verhandeln und sich gegenseitig reihenweise ausbooten und schaden. Ist das im Sinne der EU? Die könnte etwas für ihr Image tun, da kommt Fenia Xenopoulou das Big Jubilee Project gerade recht. Außerdem könnte das ihr Sprungbrett in ein wichtiges Ressort sein, Kultur ist mehr so das Abstellgleis. Apropos Gleis, als Kind ist David de Vries von einem Zug gesprungen, einem Deportationszug nach Auschwitz, der ihn in den sicheren Tod befördern sollte. Sein Leben lang war er Zeuge dessen, was Hass und Nationalstolz verursachen können, doch jetzt kann er sich kaum mehr erinnern, was er zehn Sekunden zuvor noch gedacht hat. Sein geistiges Erbe droht zu verfallen. Ähnlich verfällt auch der Körper von Kommissar Brunfaut, der eigentlich einen Mord aufklären will, den es aber plötzlich nicht mehr gegeben haben soll und der ihm einen unplanmäßigen Urlaub einbringt. Sie alle haben das Schwein gesehen, wie viele andere in der Hauptstadt der derzeit unpopulären Union, ein Schwein, über das alle reden und das die Leute in der Suche nach einem Namen zusammenführt und so wenigstens in einem Thema vereint.

    Es ist nicht einfach, Robert Menasses Roman auf den Punkt zu bringen. Sehr viele Figuren, sehr viele Einzelhandlungsstränge, viel Geschichte und Politik – aber vielleicht ist es doch ganz einfach: es lebe die EU. Was wie ein chaotisches Kaleidoskop undurchdringlich scheint, schillert jedoch und entsteht in jeder Sekunde neu und kann bestaunt und bewundert werden. Die Menschen sind es, die das gemeinsame Europa entstehen lassen und die Vielfalt ausmachen.

    Die Figuren sind durchdacht und vielschichtig kreiert. Die Karrieristin, der brave Beamte, der leidenschaftliche Volkswirt – es mangelt nicht an Stereotypen, jedoch bleiben sie dabei nicht stehen, sie haben Brüche und zeigen Facetten, die sie aus der Schablone herauslösen und zu Individuen werden lassen. Ihre Wege kreuzen und überschneiden sich, lösen sich dann wieder und oftmals bleiben die Begegnungen unentdeckt. Ein buntes Treiben geradezu, genau wie man es in Brüssel auch erleben kann.

    Zweifelsohne ist der Roman ein Lobgesang auf die nachnationale Staatengemeinschaft, auch wenn die Mitarbeiter der Kommission weniger an der großen politischen Idee als an dem persönlichen Weiterkommen interessiert zu sein scheinen. Geradezu ad absurdum wird dies durch die Figur Alois Erharts geführt, der ein rauschendes Plädoyer auf eine neue europäische Hauptstadt singt, die aus Ruinen auferstehen müsse und daher nur an dem Ort entstehen könne, an dem die größte Niederlage Europas zu beklagen war: in Auschwitz. Leider verstirbt kurz danach der letzte Überlebende der Tragödie. Ein Humor, der begeistern kann, wenn man über eine gewisse Morbidität hinwegsieht, die sich durch das ganze Buch zieht. Menasse versteht sein Handwerk und setzt seine Sprachfertigkeit gekonnt ein, nein, er steht sogar über dem gängigen literarischen Diskurs und kann sich eine Eröffnung mit „Wer hat den Senf erfunden?“ erlauben.

    Dass „Die Hauptstadt“ auf der Shortlist des Deutschen Buchpreis 2017 gelandet ist, ist keine große Überraschung. Thematisch am Puls der Zeit – das Schwein soll hier nochmals ganz am Ende eine grenzwertige politisch relevante Rolle spielen und den Verdruss der Bürger zu einer unsäglichen Klimax führen – und doch leicht und unterhaltsam. Es macht tatsächlich wieder Lust auf das europäische Miteinander, das Europa von Menschen, die hier bei Menasse auch äußert menschlich sein dürfen.

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  • 1 Sterne

    27 von 44 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gabriela W., 18.11.2017

    Nachdem dieses Buch den Deutschen Buchpreis 2017 erhalten hatte, hatte ich etwas ganz besonderes erwartet. Mein Resümee: Die EU wird auf den Arm genommen. Zu viele Personen und Handlungen werden ins Visier genommen und letztendlich kommt man zu dem Schluss, dass die EU in Brüssel nur von Leuten vertreten wird, die Karriere geil sind bzw. nur die Interessen ihres eigenen Landes vertreten und nur ein ausscheidender EU-ler glaubt tatsächlich an ein vereintes Europa, schlägt als EU-Hauptstadt sogar Auschwitz vor . Die Wort- und Sprachspiele sind zum Teil komisch gemeint, bringen aber niemanden zum Schmunzeln. Das Schwein, das immer wieder Teil der Lektüre ist und anscheinend den roten Faden von Beginn bis zum Ende darstellen soll ist grotesk. War von dem Buch total enttäuscht und kann den Buchpreis dafür nicht verstehen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Connie Ruoff, 22.01.2018

    „DIE HAUPTSTADT“ VON ROBERT MENASSE
    1. KLAPPENTEXT
    Robert Menasse die Hauptstadt Der große europäische Roman | Deutscher Buchpreis 2017 In Brüssel laufen die Fäden zusammen – und ein Schwein durch die Straßen. Fenia Xenopoulou, Beamtin in der Generaldirektion Kultur der Europäischen Kommission, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der Kommission aufpolieren. Aber wie? Sie beauftragt den Referenten Martin Susman, eine Idee zu entwickeln. Die Idee nimmt Gestalt an – die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte, das für Unruhe in den EU-Institutionen sorgt. David de Vriend dämmert in einem Altenheim gegenüber dem Brüsseler Friedhof seinem Tod entgegen. Als Kind ist er von einem Deportationszug gesprungen, der seine Eltern in den Tod führte. Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen. Auch Kommissar Brunfaut steht vor einer schwierigen Aufgabe.


    Er muss aus politischen Gründen einen Mordfall auf sich beruhen lassen; ≫zu den Akten legen≪ wäre zu viel gesagt, denn die sind unauffindbar. Und Alois Erhart, Emeritus der Volkswirtschaft, soll in einem Think-Tank der Kommission vor den Denkbeauftragten aller Länder Worte sprechen, die seine letzten sein könnten. In seinem neuen Roman spannt Robert Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher Bürokratie und großen Gefühlen. Und was macht Brüssel? Es sucht einen Namen – für das Schwein, das durch die Straßen läuft. Und David de Vriend bekommt ein Begräbnis, das stillschweigend zum Begräbnis einer ganzen Epoche wird: der Epoche der Scham.

    2. ZUM INHALT
    Der Wiener Autor Robert Menasse erhielt 2017 den Deutschen Buchpreis. Mit diesem Preis zeichnet die Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. „Die Hauptstadt“ war der Sieger.

    Robert Menasse gibt uns in „Die Hauptstadt“ 235 mal die Buchstabenfolge SCHWEIN zu lesen. Dennoch geht es keineswegs um Tiere. Er zeichnet uns eher ein Psychogramm unserer Zeit. Er lässt die Geschichte in der fiktiven Welt der Europäischen Union spielen. Trotzdem läuft in Brüssel eine nicht identifiziertes namenloses Schwein durch die Straßen. Das Schwein als Metapher? Was will der Autor damit sagen?

    Der Leser erfährt viel über chinesische Essgewohnheiten, den Mangel an Schweinsohren, Schweinehandel, den Dissens über einen Ausbau der Schweineproduktion, Stilllegungsprämien und die Haltung zu Tierschutz.

    Die Verknüpfung der EU mit Auschwitz ist ungewöhnlich, aber nachvollziehbar. Es erinnert uns wieder an unsere Geschichte

    Der Autor zeigt uns Episoden, die den Leser auf unsere zeitgenössischen Probleme hinweisen, mit denen wir kämpfen: BREXIT, Flüchtlinge, Euro Krise, wachsender Rechtspopulismus und Terrorismus.

    In diesen Episoden hat der Autor einen Mordfall versteckt, der jedoch nur die Aufgabe hat, den Verschwörungstheoretiker im Leser hervorzulocken.

    Facebookseite des Autors

    Beitrag in der ARD Mediathek

    5/5 Punkten

    3. PROTAGONISTEN
    Robert Menasse hat seine Charaktere liebevoll gezeichnet. Sie haben eine vollständige Vita. Der Leser erfährt ihre Vergangenheit und welche Pläne sie für die Zukunft schmieden. Sie Alle suchen Anerkennung und Liebe – sie folgen „the Pursuit of happiness“!



    Fenia Xenopoulou, eine Zypriotin ist äußerst ehrgeizig. Sie ist Kommissarin des Bereichs „Kultur“. Durch einflussreiche Kontakte versucht sie, ihre Versetzung zu erreichen.



    Martin Susman, einer der Mitarbeiter des Fachbereichs Kultur, wird mit der Ideenfindung zur Jubiläumsveranstaltung beauftragt. Er besucht im Rahmen einer Dienstreise Birkenfeld und Auschwitz. Dort hat er das folgende Erlebnis.

    „Zwei Jugendliche sprechen Türkisch. Ein Lehrer fordert sie auf, hier nicht Türkisch zu sprechen, einer antwortet: Genau hier sprechen wir nicht deutsch.“

    Martin Susmans Vater war Schweinebauer. Sein Bruder Florian machte aus dem väterlichen Betrieb den größten Schweinemastbetrieb Europa und versucht in Brüssel auf Martin politischen Einfluss zu nehmen und seine Interessen durchzusetzen.

    „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil ist Susmans Lieblingsbuch. Was soll das über ihn aussagen?



    Professor Alois Erhart, Emeritus der Volkswirtschaft, trauert seiner großen Liebe nach.

    Eine sehr schöne Stelle im Buch: Eines morgens wandte er sich seiner Frau zu und „plötzlich in größter Erregung spürte er es: Ein Verschmelzen, in dem ihre Seelen sich berührten.“

    Zwei Jahre später stirbt seine Frau.



    Kommissar Brunfaut muss aus politischen Gründen, die Ermittlungen in einem Mordfall, niederlegen. Nicht einmal mehr die Akten des Falls sind auffindbar.



    Der Leser lernt David de Vriend kennen, als er gerade seinen Hausstand auflöst, um in ein Altenheim zu ziehen. Robert Menasse zeigt uns, dass David de Vriend mit dem Fortschreiten der Demenz zu kämpfen hat. Er hat in seinem Zimmer ein Notizblatt, auf dem Namen der Menschen geschrieben sind, die er kennt oder kannte. Sobald einer dieser Menschen stirbt, streicht er den Namen durch. Auch sein Name steht darauf.

    Es fällt ihm schwer, sich von seiner Vergangenheit zu lösen. Er floh als Kind vom Deportationszug, der seine Eltern in den Tod fuhr. Er ist einer der letzten Zeitzeugen.



    Außerdem gibt es noch den Auftragskiller, der im Namen des Herrn tötet.



    Sie alle sind die Schauspieler in „Die Hauptstadt“. Sie haben dem bürokratischen Moloch Europäische Kommission Leben eingehaucht.

    5/5 Punkten

    4. SPRACHLICHE GESTALTUNG
    Robert Menasse zeigt hier einen für die Belletristik außergewöhnlichen Schreibstil. In einer dialektischen Erzählweise, oder einem Diskurs ähnlichen Stil, offenbart uns der Autor die Charaktere und die Themen des Romans.

    Dadurch sieht der Leser nicht nur die Entscheidungen seiner Protagonisten, sondern auch, deren Beweggründe und die Abwägung derselben. Der Leser kommt dem vermeintlichen Menschen hinter den Figuren sehr nahe.

    Termine für Lesungen von Robert Menasse.

    5/5 Punkten

    5. COVER UND ÄUSSERE ERSCHEINUNG
    „Die Hauptstadt“ von Robert Menasse hat 459 Seiten, einen festen Einband und ist am 11.09.2017 unter der ISBN 9783518427583 bei Suhrkamp im Genre Romane erschienen und kostet als gebundene Ausgabe 24,00 € und als ebook Text 20,99 €.

    Das Cover ist weiß. Eine Häuserlinie ist angedeutet. Der Titel und der Autor werden durch das geradezu minimalistische Cover hervorgehoben. Auf die Fakten beschränkt!

    5/5 Punkten

    6. FAZIT
    Robert Menasse hat den Focus auf europäisches Zeitgeschehen gerichtet. Er zeigt es uns, in Handlungen seiner Protagonisten oder Auswirkungen auf dieselben. Es ist ein wenig, wie Zeitung lesen. Es sind Meldungen aus dem Tagesgeschehen mit denen er uns an Dinge, wie das Widerstandrecht aus Artikel 20 Absatz 4, mit dem Motto „Resistance is possible“, erinnert. Die für das Buch erbrachte vierjährige Rechercheleistung ist unbeschreiblich.

    Mit „Die Hauptstadt“ ist es dem Autor gelungen, durch seine teils ironische Blickweise, der Rieseninstitution „Europäische Kommission“ eine menschliche Seite zu verleihen.

    Der Autor zeigt, dass er „Show it, Dont Tell it!“ absolut beherrscht. Das Buch ist eine Freude zu lesen.

    @Suhrkamp und NetdalleyDE
    Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

    Ich vergebe insgesamt 5/5 Punkten.

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  • 4 Sterne

    2 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Xirxe, 20.07.2018 bei bewertet

    Nach dem Lesen dieses Romans ist eines jedenfalls klar: Brüssel ist Europas Hauptstadt, hier findet man die VertreterInnen aller Nationen, die gegen- und miteinander versuchen, die Gegenwart und Zukunft unseres Kontinents zu gestalten. Doch so unterschiedlich die Menschen dort auch sind, auf irgendeine Weise sind sie miteinander verbunden, jetzt oder durch ihre Vorfahren in der Vergangenheit. Davon handelt dieses Buch, vom Leben in dieser Hauptstadt und den zumeist unsichtbaren Fäden, die die BewohnerInnen untereinander verknüpfen.
    Viele Geschichten werden hier erzählt: die des Kommissars Brunfaut, dem die Untersuchung eines Mordfalles entzogen wird; die des ehemaligen Auschwitzgefangenen David de Vriend, der in ein Altenheim umzieht; die der EU-Beamtin Fenia, die sich strafversetzt fühlt und zum ersten Mal ein Gefühl verspürt, an das sie nie glaubte; und sechs, sieben weitere Personen, die alle auf ihre Art ihre Nationen vertreten, gleichzeitig aber so europäisch sind, wie man es nur sein kann.
    Robert Menasse erzählt in einem locker-leichten Plauderton mit viel (auch schwarzem) Humor und serviert einem praktisch so nebenbei viele der Probleme unserer Zeit mit teilweise umfangreichen Analysen: Flüchtlingskrise, Vergangenheitsbewältigung, die Ökonomisierung aller Lebensbereiche, zunehmende Medialisierung, Werteverlust usw. Das Ganze meist mit jeder Menge feiner Ironie und leichter Spöttelei, sodass ich mich trotz der ernsten Themen häufig gut amüsierte.
    Einen kleinen Haken hat das Buch jedoch, wie ich finde. Durch die vielen ProtagonistInnen wechseln die Erzählstränge zwangsweise häufig und auch schnell. Liest man den Roman zügig durch, dürfte das kein Problem sein. Zieht es sich jedoch etwas hin (wie es bei mir der Fall war), kommt kein richtiger Erzählfluss auf. Die Figuren wurden mir nicht vertraut genug, sodass ich nahtlos wieder einsteigen konnte - häufig musste ich zurückblättern, wer wer war. Trotzdem war es eine unterhaltsame und stellenweise auch erhellende Lektüre.

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  • 5 Sterne

    1 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Christian R., 07.01.2018

    Wirklich gutes Buch und spanend aber möchte nicht viel Verraten macht euch selber ein Urteil machen

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