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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    M.M., 12.09.2021

    "Ein erhabenes Königreich" von Yaa Gyasi aus dem Dumont Verlag ist ein außergewöhnliches Buch. Das fängt schon mit dem Cover an. Bereits bei meinem ersten Blick darauf sprang der Funke über. Ich weiß nicht mehr wie oft ich dieses Buch in Händen hielt und mir immer wieder das Äußere anschaute. Das Cover schlägt einen Bogen zum Inhalt des Romans und wenn ich mit den Händen darüber strich, war es für mich Begreifen im wahrsten Sinne des Wortes.

    Im Mittelpunkt des Romans steht Gifty, eine Neurowissenschaftlerin und Doktorantin an einem Institut in San Francisco. Während sie ihre Labor-Mäusen trainiert, süchtig macht, später deren Schädel öffnet, das Gehirn verkabelt und erforscht wie die Hirnströme fließen, erfahren wir als Leser die Geschichte ihrer Familie.

    Ihre Familie stammt aus Ghana. Die Mutter (Nana) war das dortige arme Leben leid und träumte vom finanziellen Glück und war die treibende Kraft bei der Auswanderung in die USA. Sie landeten in einem überwiegend von Weißen bewohnten Staat. Doch es war nicht zu übersehen, die Familienmitglieder sahen anders aus als die meisten in der neuen Heimat - sie hatten eine schwarze Hautfarbe. Und dieser soziale Aspekt gibt dem Buch das Besondere. Wir lesen nicht nur wie es ist in einer weißen Welt schwarz zu sein, nein, als Leser schlüpfte ich oftmals in die Person Gifty, fühlte wie sie sich anpasste, klein machte und manchmal nicht gesehen werden wollte.

    An dieser Stelle muss ich vielleicht ausführen, dass mich Romane von dunkelhäutigen, afrikanischen Frauen schon seit längerer Zeit begeistern. Graue Haare kann man färben wenn man damit nicht auffallen will. Aber eine schwarze Hautfarbe kann man nicht verstecken. Sie bleibt gleichermaßen schwarz. Dunkelhäutige Frauen haben nicht nur die normalen Alltagsprobleme aller Frauen, nein, sie gehen durch ihr Leben und werden auch noch angestarrt, weil sie in einer weißen Welt auffallen, obwohl sie das nicht wollen. Dieses Gefühlt lese ich auch aus diesem Roman.

    Die Mutter von Gifty bekam die schlecht bezahlten Jobs. Oftmals mehrere gleichzeitig, damit das Geld reichte. Giftys Vater, ein großer stattlicher Mann, musste sich als Hausmeister oder mit sonstigen unterbezahlten Jobs rumschlagen und irgendwann hatte er dieses Leben in der westlichen Welt satt, ließ seine Frau, seine Kinder im Stich und floh zurück nach Hause, nach Ghana. Diese Passage hat mich besonders berührt. Das Leben, weshalb seine Frau ihr Geburtsland verließ, war für den Chin-Chin Mann, wie er genannt wird, nicht erstrebenswert. Irgendwie passt das nicht so richtig in unser Weltbild.

    Zurück blieb die Mutter mit Gifty und deren Bruder, einem sehr talentierten Sportler. Und hier verläuft der rote Faden, der später das Leben aller trübt. Am Anfang stand die Sportverletzung und das Medikament Oxycodon. (S.157) Doch was anfangs nicht bekannt war, dieses Medikament macht nach kürzester Zeit süchtig. Heute ist dies ein ganz großes Thema in den USA, denn die Zahl derer, die durch dieses Schmerzmittel abhängig wurden ist immens groß. Viele Menschen kämpfen derzeit gegen diese, durch ein Schmerzmittel verursachte Sucht.

    Ein anderes großes Thema dieses Romans ist auch Religion, die Zuflucht für Gifty und ihre Familie. Doch Gifty hinterfragte die Predigten, wurde kritisch bis ablehnend, bis sie die Pastorin hörte. (S.142) ".... Mein ganzes Leben wäre anders verlaufen, wenn ich in der Kirche dieser Frau aufgewachsen wäre statt in einer Kirche, die Intellektualität als eine Falle der säkularen Welt mied, weil sie angeblich den Glauben unterminierte. ...." Es ist die persönliche Entwicklung von Gifty, die hier im Mittelpunkt steht. Fortschritt als Entwicklung. "Ich meine fortschrittlich auf die natürliche Weise, auf die das Erlernen von etwas Neuem erfordert, etwas Altes loszuwerden...." (S. 143) " Wir lesen die Bibel, wie wir sie lesen wollen. Sie verändert sich nicht, aber wir verändern uns". (S. 144)

    Das ganze Buch durchzieht sowohl Hoffnung als auch Tragik. Dieser wunderbare Bruder, den sie so liebte starb nach einer Überdosis.

    "Die einzige sichere Möglichkeit Sucht zu vermeiden, ist, nie eine Droge zu probieren". (S. 253) Doch dies war Giftys Erkenntnis, mit der sie ihren Bruder nicht mehr erreichen konnte. Für ihren Bruder kam dies zu spät. Im Grund starb in allen Familienmitgliedern etwas mit dem Bruder.

    Nana versank in einer nicht enden wollenden Depression. Für Gifty wurde es zu einem Ziel, mit ihrer Arbeit und Forschung anderen Menschen helfen zu können. An Mäusen erprobte sie, wie das Hirn auf Sucht reagiert.

    Zitate: "Meiner Mum wird es besser gehen" sage ich zu.... "Ich werde meine Arbeit zu Ende schreiben und promovieren, und in Jahren wird diese Arbeit etwas wert gewesen sein, wird für irgendjemanden wichtig sein, und meine Mutter wird es erleben, ja?"

    Was für ein tiefgründiges und umwerfendes Buch!

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  • 5 Sterne

    dj79, 18.08.2021

    Glaube und Wissenschaft - ein Zusammenspiel
    Yaa Gyasi legt mit ihrem aktuellen Roman ein breites Spektrum an Gesellschaftsfragen vor. Die aus Gahna eingewanderte Familie um die Hauptfigur Gifty ist Mitglied in einer hauptsächlich weißen Gemeinde. Solange Gifty‘s Bruder Nana nur mit sportlichen Leistungen glänzt, sind sie akzeptiert. Als er mit Drogen in Berührung kommt, gewinnt leider der Alltagsrassismus. Der Roman handelt ebenso von elterlicher Trennung, von der Armut einer alleinerziehenden Mutter und ihrer Kinder. In ihrer Not, den Lebensunterhalt irgendwie aufrecht zu erhalten, bleibt der Mutter nur wenig Zeit, sich wirklich um ihre Kinder zu kümmern.

    Trotzdem schafft es Gifty in die Forschung der Neurowissenschaften. Sie ist nur noch einen minimalen Schritt von ihrer Promotion entfernt. Mit ihrer Forschung will sie aber nicht nur den nächsten Karriereschritt machen, sondern vielmehr ergründen, ob es möglich ist, Süchte und Depression, die beiden Katastrophen, die ihre Familie heimsuchten, zu heilen. Als Kind, tief gläubig, betend für ein besseres Leben, versucht Gifty nun mittels Wissenschaft „ihre“ Probleme zu lösen. Hat sie ihren Glauben ganz verloren? Kann die Wissenschaft allein alle Probleme lösen? Gifty versucht einen Balanceakt zwischen Beidem.

    Ich muss sagen, ich mag Gifty. Ich kann mich gut mit ihren Gedanken identifizieren, mit ihren Zweifeln. Ich finde es bewundernswert, dass sie nicht aufgibt. Ich liebe ihre linkische Art, wenn sie mit kecken Bemerkungen ihrem Kollegen Han die Röte in die Ohren treibt. Das beste an ihrem Charakter ist die Loyalität zur Familie. Obwohl die eigene Mutter sie als Kind oft nur wie Zweite Wahl behandelt hat, nimmt Gifty sie, an Depression leidend, bei sich auf und pflegt sie.

    Die Geschichte wird in zwei zeitlichen Eben erzählt, eine beschäftigt sich mit Gifty‘s Forschung, die zweite mit ihren Erinnerungen an die Kindheit. In den Prosatext sind immer wieder Gifty‘s kindliche Gebete eingestreut, wodurch der ihr innewohnende Glaube richtig schön herausgearbeitet wird. Gern gelesen habe ich auch die Sätze auf Twi, eine Akan-Sprache, die in Ghana gesprochen wird. Dadurch entstehen für mich trotz wahrscheinlich falscher Aussprache meinerseits zusätzliche Schwingungen, die dem Roman noch mehr Authentizität geben. Da jeder dieser Sätze sofort übersetzt wird, fühlte ich mich direkt mitgenommen in Gifty‘s Welt.

    Ich habe hier einen ganz tollen Roman gelesen, der leise, aber auch unverblümt entscheidende Gesellschaftsprobleme anspricht. Da Gifty’s Forschung auf Tierversuchen basiert, sollte man hierfür eine gewisse Toleranz mitbringen. Sonst lässt sich der Roman nicht genießen. Darüber hinaus spreche ich gern meine Leseempfehlung aus.

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  • 5 Sterne

    gst, 13.08.2021

    Gifty ist Doktorandin für Molekularbiologie. Die Neurowissenschaft suchte sie aus, um mit der Forschung den Verlust ihres Bruders zu überwinden. Nana starb bereits mit 15 Jahren an einer Überdosis. Seitdem ist ihre sehr gläubige Mutter depressiv und findet trotz Kirche nicht mehr zurück ins Leben. Gifty ist als Einzige ihrer Familie in Amerika geboren. Ihre Eltern stammen aus Ghana, wohin der Vater wieder zurückgekehrt ist, weil er in der Fremde nie heimisch wurde.


    Yaa Gyasi, 1989 in Mampong in Ghana geboren, kam 1991 in die USA, wo sie an der Stanford University studierte. Dies ist nach „Heimkehr“ ihr zweiter Roman. Sie lässt Gifty von der Depression ihrer Mutter erzählen, vom Verlust des Vaters und dem Tod ihres Bruders. Sie gibt viele Einblicke in die Gehirnforschung, sowie das kirchliche Leben in den USA und in Ghana.


    Nicht immer war Giftys Leben niederschmetternd. Der ältere Nana war ein guter Sportler und von der Gesellschaft anerkannt - im Gegensatz zu ihrem großgewachsenen Vater, der unter den Augen der Amerikaner zu schrumpfen versuchte, „und den langen, stolzen Rücken krümmte, wenn er mit meiner Mutter durch den Walmart ging, wo er in vier Monaten dreimal des Diebstahls bezichtigt wurde. Heimwehkrank, gedemütigt, verließ er das Haus nicht mehr.“ Als der Bruder nach einer Sportverletzung durch Medikamente drogenabhängig wurde, sinniert die junge Frau noch: „Vielleicht hätte es geholfen, wenn wir eine Familie gewesen wären, die über ihre Gefühle spricht, der hin und wieder ein »ich liebe dich« über die Lippen gekommen wäre.“


    Giftys Leid und die Angst um ihren Bruder mitzuerleben, ist nicht leicht. Ihre Zweifel am Glauben der Mutter sind sehr nachvollziehbar geschildert. Als Leser kann man intensiv Giftys frühe Überforderung miterleben. Gut herausgearbeitet ist das Spannungsverhältnis zwischen Wissenschaft und Religion. Kein Wunder, dass sie Probleme hat, andere an sich heranzulassen.


    Das Buch hat mich emotional erreicht und in eine mir fremde Welt mitgenommen. Trotz der schwierigen Thematik hat es mich nicht runtergezogen, sondern mich bis zur letzten Seite nicht losgelassen. Es lohnt sich wirklich, es zu lesen!

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  • 4 Sterne

    Marapaya, 13.08.2021

    SEID ALLEZEIT FRÖHLICH, BETET OHNE UNTERLASS

    Als Kind bin ich in einem christlichen Umfeld aufgewachsen. Es war ganz natürlich, dass es Gott gibt und es gehörte dazu, in die Kirche zum Gottesdienst zu gehen, Lieder zu singen und Gebete zu sprechen. In meiner Familie gab es keinen dogmatischen Umgang mit dem Glauben. Die Kirche gehörte zum Alltag dazu, nahm aber keinen übergeordneten Raum ein. Mir gab das als Jugendliche die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie ich zum Glauben und zur Kirche stehe. Und der hatte viel mit den Menschen der Kirche zu tun, die mir in der sensiblen Zeit des Erwachsenwerdens auf Augenhöhe begegnet sind, sich meinen kritischen Fragen gestellt und mir Raum gegeben haben. In Yaa Gyasis Roman „Ein erhabenes Königreich“ spielt der Glaube eine große Rolle. Giftys Familie stammt aus Ghana. Ihre Mutter aber wollte ihrem Sohn Nana „die ganze Welt geben“ und wanderte in die USA aus, ihr Mann zog nur widerstrebend mit. Als Gifty in Alabama zur Welt kam, war das Leben der Familie schwer und vom Rhythmus der Arbeit bestimmt, deren Lohn trotzdem kaum für das Nötigste reichte. Giftys Vater blieb unglücklich in diesem fremden Land, in dem man auf ihn herabsah. Er kehrte nach einem Besuch der Heimat nicht wieder zur Familie zurück. Giftys Bruder Nana war ein begnadeter Sportler. Für einen kurzen Augenblick schien es möglich, dass er sich die ganze Welt erobern könnte. Doch dann entwickelten sich die Dinge in die falsche Richtung und Nana starb, bevor sein Leben richtig begonnen hatte. Der Verlust des Bruders lässt Gifty an ihrem Glauben zweifeln. Als Studentin wendete sie sich ab von Gott hin zur Wissenschaft und forscht als Neurowissenschaftlerin über die Möglichkeit dem Suchtverhalten mehr als Willenskraft entgegenzusetzen. Giftys Mutter schien ihre Stärke immer aus dem Glauben und ihrer Kirchengemeinde zu ziehen. Nach Nanas Tod legte sie sich eines Tages ins Bett und stand nicht wieder auf. Jenen Sommer verbrachte Gifty bei ihrer Verwandtschaft in Ghana, bis es ihrer Mutter wieder besser ging. Das Leben ging weiter. Doch nun passiert es ein zweites Mal und zwingt auch Gifty dazu sich mit ihrer Mutter und dieser schmerzlichen Zeit erneut auseinander zu setzen.
    Yaa Gyasis Roman ist eine faszinierende Auseinandersetzung mit dem Glauben, Verlust, Familie und Zugehörigkeit. Aus Giftys Erzählperspektive wird Vergangenheit und Gegenwart in loser, wechselnder Abfolge zusammengebracht, bis sich die gesamte Familiengeschichte darstellt. Es ist ein fast sachliches Erzählen, aus dem ich dennoch Giftys ganzen Schmerz herauslesen kann, der mich trifft und tief bewegt. Sie ringt mit Gott und ihrem Glauben, sie ringt aber auch mit ihrer Familie. Mit der starken, stolzen Mutter, die in der fremden englischen Sprache ihre Lautstärke verliert. Sie ringt mit dem Vater und seiner Abwesenheit in der Familie. Sie ringt mit dem Ehrgeiz ihres großen Bruders und dem Nichtverstehen seiner Sucht, der ihn und die Familie zerstört. Am meisten ringt Gifty wohl aber mit sich selbst. Sie wird von niemanden an die Hand genommen, der große Bruder ist fort und die Mutter, die ohnehin kaum Zeit für ihre Kinder hatte, weil sie für deren Lebensunterhalt sorgen musste, versinkt in ihrem eigenen Schmerz ohne Blick für ihre einsame Tochter. Besonders erschüttert mich die Darstellung der christlichen Gemeinde, in der Giftys Mutter ihren Halt sucht und in der ihre Tochter Erlösung finden soll. Diese Art der unkritischen, dogmatischen Auseinandersetzung mit der Bibel und dem Glauben an Gott macht mich wütend und traurig zugleich. Diese Gemeinschaft gibt keinen Halt, sie flüchtet sich in ein religiöses Konstrukt, geprägt von einem überheblichen und überholten Blick auf die Welt.
    Ob wir es wollen oder nicht, aber Familie prägt uns. Yaa Gyasi zeigt auf eine eindringliche und berührende Art und Weise auf, dass nicht die Abkehr von der Familie, sondern die Auseinandersetzung mit ihr und damit mit uns selbst, ein Weg sein kann, Hoffnung für die Zukunft und Frieden in uns selbst zu finden.

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  • 5 Sterne

    begine, 13.08.2021 bei bewertet

    Brillant

    Yaa Gyasi ist in Ghana geboren, ihre Eltern emigrierten mit ihr in die USA.
    Schon mit ihrem Roman Heimkehren konnte sie mich berühren.

    Ihr Roman „Ein erhabenes Königreich“ zeigt Eine Einwanderin aus Ghana in Amerika, die alles für ihre Kinder macht. Sie ist
    Krankenlegerin und wenn das Geld nicht reicht, geht sie auch noch putzen.
    Die Protagonistin ist die Tochter Gifty
    die ehrlich über alles spricht. Als Gifty in der 4, Klasse ist stirbt ihr Bruder. Darauf flüchtet sich die Mutter in Depressionen. Gifty wird den Sommer über nach Ghana geschickt, damit die Mutter genesen kann.

    Als Gifty zurückkommt ist die Mutter nicht mehr die Alte und als Gifty studiert erkrankt sie wieder.

    Die Autorin erzählt alles eindrucksvoll und bringt uns Giftys Emotionen nahe. Sie wird zu einer jungen Frau, die am Glauben hadert, obwohl sie mal sehr gläubig war.

    Der Roman besticht durch seine patente Sprache und lässt den Leser in die Geschichte eintauchen.
    Von Yaa Gyasi werde ich gerne weitere Romane lesen.

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  • 4 Sterne

    Cosmea, 15.08.2021

    Glaube und Wissenschaft
    Im Mittelpunkt von Yaa Gyasis neuem Roman „Ein erhabenes Königreich“ steht Gifty, 28, deren Eltern aus Ghana in die USA eingewandert sind. Sie leben in Huntsville, Alabama. Der Vater kehrt nach wenigen Jahren nach Ghana zurück. Die alleinerziehende Mutter des Sohnes Nana und der kleinen Tochter Gifty arbeitet als Altenpflegerin. In der Erzählgegenwart steht Gifty kurz vor dem Abschluss ihrer neurowissenschaftlichen Studien. Sie führt im Labor Experimente mit Mäusen durch, die sie süchtig macht, um dann durch Eingriffe in ihr Gehirn herauszufinden, ob sie dem Streben nach Belohnung widerstehen können und zu Selbstbeherrschung und damit zur Überwindung ihrer Sucht fähig sind. Es ist ein sehr schwieriges Forschungsgebiet, aber wenn die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, könnte es sehr wichtig werden.
    Erzählt wird in nicht-chronologischer Darstellung ausschließlich aus Giftys Perspektive. Es gibt Szenen aus ihrer Kindheit, aber vor allem immer wieder die traumatischen Erfahrungen der Familie. Der geliebte ältere Bruder Nana, ein begabter Sportler, wurde nach einer Sportverletzung mit einem gängigen Opioid behandelt und starb mit 16 an einer Überdosis Heroin, die Mutter hat schwere Depressionen, zum ersten Mal nach dem Tod des Sohnes, dann noch einmal, als Gifty 28 Jahre alt ist. Der Pfarrer ihrer Gemeinde schickt die Mutter zu Gifty nach Kalifornien, wo sie kaum isst und nicht mehr aus dem Bett aufsteht.
    Es geht in dem Roman jedoch nicht nur um diese familiäre Katastrophe. Die Mutter ist sehr gläubig und hat ihre Kinder entsprechend erzogen. Gifty hat nach dem Tod des Bruders ihren Glauben verloren. Sie stellt sich immer wieder die Frage, ob sie sich für eins von beiden entscheiden muss: Glaube oder Wissenschaft und kommt zu dem Schluss, dass weder das eine noch das andere die Lösung ist.
    Ein weiteres wichtiges Thema neben Sucht und Armut ist der allgegenwärtige Rassismus. Die Mutter muss sich von einem Patienten über Jahre als Nigger beschimpfen lassen, und die ach so frommen Gemeindemitglieder äußern sich in Hörweite über die Affinität „dieser Leute“ zu Sucht und Verbrechen. Gifty beschäftigt sich nicht nur mit der Frage, wie ein liebender Gott die Qualen ihres Bruders zulassen konnte, sondern auch, wie eine Nation, die in ihrer Verfassung Gleichheit garantiert, ein solches Ausmaß an Ungleichbehandlung zulassen kann, außerdem, wie die pharmazeutische Industrie ein angeblich harmloses Schmerzmittel wie Oxycodon - auch unter dem Namen Oxycontin berühmt und berüchtigt - auf den Markt bringen konnte, das Millionen von Amerikanern süchtig gemacht hat. Für Gifty ist es ein sehr weiter Weg, bis sie sich aus Einsamkeit und Isolation befreien und ein normales Sozialleben haben kann.
    Gyasis neues Buch ist völlig anders als ihr Debüt “Heimkehren“. Der hervorragende Roman bietet anspruchsvolle, lohnende Lektüre.

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  • 4 Sterne

    P.M., 20.08.2021

    In ihrem zweiten Roman nach dem hochgelobten „Heimkehren“ erzählt Yaa Gyasi auf ca. 300 Seiten die Geschichte von Gifty, die mit 28 Jahren in Neurowissenschaften promoviert.

    Ihre Eltern stammen aus Ghana und sind nach der Geburt des ersten Kindes auf Wunsch der Mutter mit einer Greencard nach Amerika gekommen. Doch das Leben in Huntsville / Alabama ist alles andere als einfach, die Mutter arbeitet bis zur Erschöpfung in schlechtbezahlten Jobs und wird obendrein rassistisch beschimpft, der Vater wird noch stärker diskriminiert und kann gar nicht Fuß fassen. Trost und Halt findet die Mutter in der Religion, obwohl die Gemeinde überwiegend aus Weißen besteht. Als Gifty vier Jahre alt ist, kehrt ihr Vater von einem Familienbesuch in Ghana nicht mehr zurück in die USA.

    Anerkennung in der Kirchengemeinde erfährt die Familie vor allem auch, weil der Sohn Nana ein extrem guter Sportler ist. Das hat ein jähes Ende, als er mit 15 Jahren eine Sportverletzung hat und süchtig durch die starken Medikamente wird. Schließlich stirbt er mit 16 Jahren an einer Überdosis. Gifty ist elf Jahre alt, als ihre Mutter ihre erste schwere Depression hat und eine Behandlung ablehnt. Für sie zählt nur der Glaube.

    Trotz der ungünstigen Voraussetzungen schlägt Gifty den Weg zur Wissenschaftlerin ein und sagt sich von der strenggläubigen Gemeinde los. Während sie im Labor Versuche an Mäusen durchführt, um auf ihre Weise Ursachen von Sucht und mögliche Heilungsmethoden zu erforschen, rutscht ihre Mutter zum zweiten Mal in eine schwere Depression und lässt sich auch dieses Mal nicht therapeutisch helfen. Gifty holt sie zu sich und versucht ihr zu helfen, so gut sie kann. Sie pendelt jetzt zwischen der apathisch im Bett liegenden Mutter und den Mäusen im Labor.

    Der Roman ist in einem schönen, sehr angenehm zu lesenden Schreibstil geschrieben. Die kurzen Kapitel wechseln inhaltlich zwischen Giftys Forschungsarbeit, der aktuellen Situation mit ihrer Mutter und nicht chronologisch erzählten Szenen aus der Vergangenheit. Die Autorin behandelt etliche relevante Themen in diesem dann doch recht wenige Seiten umfassenden Buch. Dadurch fehlt es leider dann gelegentlich an Tiefe. Das gilt auch für die Hauptprotagonistin, die als Charakter sehr distanziert bleibt. Dazu passt unglücklicherweise auch das etwas abrupte Ende.

    Trotz dieser Kritikpunkte ist der Roman durchaus lesenswert. Vermutlich können Menschen mit einem stärkeren Bezug zu Glauben und/oder Religion aber mehr mit der Thematik anfangen.

    Abraten würde ich allerdings LeserInnen, die Beschreibungen von Tierversuchen nicht ertragen können. Diese Szenen sind teilweise sehr drastisch.

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  • 4 Sterne

    naje, 20.08.2021

    Der Roman von Yaa Gyasi gibt Einblicke in das Leben von Gifty - einer Amerikanerin, deren Eltern zuvor aus Ghana immigriert sind. Sie hat mehrere Schicksalsschläge zu ertragen u. a. Drogensucht und Depressionen im Familienkreis, aber auch Alltags-Rassismus, der nicht nur das Eheleben der Eltern tief beeinflusst.

    Neben der Vielzahl an Themen liegt meiner Meinung nach der Hauptfokus des Romans auf dem Spannungsfeld zwischen Religion und Wissenschaft. Gifty wurde von ihrer Mutter streng religiös erzogen. Ihre Stärke liegt jedoch in der neurowissenschaftlichen Grundlagenforschung, sodass sie sich oftmals mit unterschiedlichen Glaubenssätzen / Weltbildern konfrontiert sieht. „Die Tatsache, dass ich den Teil des Gehirns lokalisieren kann, in dem Erinnerungen gespeichert werden, beantwortet nur die Fragen wo und vielleicht sogar wie. Sie hilft nicht bei der Frage nach dem Warum. Ich war, bin immer verunsichert.“ (S. 221 f.)

    Der Sprachstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen, komplett vom Hocker gerissen hat er mich jedoch nicht. Das lag ggf. daran, dass ich mit einer sehr hohen Erwartungshaltung an das Buch herangetreten bin, da viele Rezessionen des ersten Romans der Autorin (den ich noch nicht gelesen habe) von ihrem Sprachstil schwärmen.

    Einen Punkt Abzug gibt es für die Handlung. Das Springen zwischen Vergangenheit/ Familiengeschichte und Gegenwart ist gut gelungen. Jedoch hat mir ein bisschen das Ziel im Gegenwarts-Strang gefehlt und auch das Ende empfand ich als plötzlich und etwas überraschend. Überraschend im Sinne von: Wurden da nicht ein zwei Schritte übersprungen, um zu diesem Ergebnis zu kommen? Ggf. wurden auch zu viele schwierige Themen im Buch behandelt, sodass am Ende das (sinnvolle) Zusammenführen etwas schwer viel?

    Trotz allem, ein Roman der zum Nachdenken anregt. Durch die kurzen Kapitel und die schöne Sprache auch leicht zu lesen - obwohl die behandelnden Themen alles andere als leicht sind - und hat in meinen Augen definitiv 4 Sterne verdient.

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  • 4 Sterne

    Andy M., 20.08.2021

    Im Mittelpunkt des Romans "Ein erhabenes Königreich" von Yaa Gyasi steht Gifty, die nach ihrem Studium der Neurowissenschaften kurz vor ihrer Promotion steht. Sie ist ganz und gar auf dieses Ziel fixiert, doch plötzlich taucht ihre Mutter bei ihr auf und es ändert sich einfach alles. Sie muss sich fortan auch noch um diese kümmern, da sie aufgrund einer schweren Depression nicht in der Lage ist auch nur das Bett zu verlassen. Gifty beginnt sich an ihre Kindheit und Jugend zu erinnern und nach und nach kommen so die Probleme und Schicksalsschläge zum Vorschein.

    Das Buch handelt viele Problemfelder ab (Drogensucht, Depression, Verlust, Rassismus, fehlende Integration) und wirkt daher teilweise etwas oberflächlich, da nicht alle Themen umfassend berücksichtigt werden. Jedoch dienen diese Themen als Grundlage für den eigentlichen Kern der Handlung, den Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft. Gifty stammt aus einer tiefreligiösen Einwandererfamilie aus Ghana. Ihre Mutter ist streng gläubig, während sich Gifty irgendwann der Wissenschaft verschrieben hat und dadurch nicht nur den Konflikt zwischen ihr und ihrer Mutter heraufbeschwört, sondern auch einen eigenen, inneren Kampf auszutragen hat.

    Durch die Rückblicke auf die Kindheit zeigt sich nach und nach,  wie Gifty zu der Person geworden ist, die sie heute ist. Der Autorin gelingt es sehr gut diesen Werdegang und die Entwicklung zu beschreiben. Hervorzuheben sind auch die neurowissenschaftlichen Ausführungen, die alle für den Leser verständlich dargelegt werden.

    Trotz dieser sehr guten Ansätze war es schwer mit Gifty mitzufühlen und für diese Figur Sympathie zu empfinden. Irgendwie blieb sie immer fremd und auch für den Leser distanziert. Auch wenn die Figur, eventuell bewusst so angelegt wurde, war dies für mich ein Minuspunkt in dem ansonsten gut gelungen Roman.

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  • 4 Sterne

    Celia K., 13.08.2021

    Das Buch besticht als erstes mit seinem schönen Cover, ich bin mir sicher deswegen hätte ich es auf jeden Fall in die Hände genommen in einer Buchhandlung, aber es ist so viel mehr!

    Der Leser hat Teil an der Entwicklung von Gifty deren Eltern von Ghana in die USA ausgewandert sind um sich und ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Das Buch ist zweigeteilt einmal die erwachsenen 28 jährige Gifty und dann die Tagebucheinträge und Rückblicke einer viel jüngeren 12- 15 jährigen Gifty.

    Insgesamt dreht sich das Buch um die Bewältigung einer Tragödie. Nana, Giftys äterer Bruder stirbt an einer Überdosis Heroin mit nicht einmal 20 Jahren und hinterlässt eine Lücke die Gifty nicht zu schliessen vermag. Der Vater verlässt die Familie um zurück nah Ghana zu gehen da ist Gifty noch sehr klein und die Mutter versucht für die Kinder weiter zu machen. Dem Leser wird auch schnell klar, dass Nana, als Junge der Favorit der Mutter gewesen ist und Gifty grundsätzlich auch im Umfeld der Familie, im Schatten ihres Bruders gestanden hat. Der tiefe Fall des Bruders, wird zur Bewährungsprobe zwischen Mutter und Tochter, den Gifty leider gegen die Zeit verliert, jedoch zum Ende des Buches für sich auflösen kann.

    Das Buch behandelt mit viel Mitgefühl und Sensibilität zwei extrem schwere Probleme, Drogensucht und Tod und tut dies doch so, dass der Leser keine Depressionen bekommt sondern gerne an der Entwicklung von Gifty teilnimmt. Mich hat dieses Buch sehr berührt und hinterlässt mich nachdenklich und doch auch gewärmt.

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  • 4 Sterne

    iur83, 13.08.2021

    Das Cover hat mich um ehrlich zu sein nicht angesprochen, aber wichtig ist ja, das der Inhalt es tut. Und das hat es.

    Der Schreibstil ist sehr gut. Man kommt schnell in die Geschichte und versteht auch alles. Es wird in der Ich-Perspektive erzählt.(Gifty)

    Die Kapitel sind kurz gehalten, sodass man viel lesen kann. Mich animiert das immer. Besser als ellenlange Kapitel.

    Die Figur Gifty wird wunderbar beschrieben. Sie gefällt mir total gut und sie tut mir auch leid, welche Schicksalsschläge sie durchleben musste.

    Es werden Themen angesprochen wie z.B. Religion,Rassismus, Depressionen. Sehr sehr gut umgesetzt.

    Das Buch hat mich emotional sehr mitgenommen. Ich denke, das ich es aber auch noch einmal lesen werde.

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