5€¹ Rabatt bei Bestellungen per App

 
 
Merken
Merken
 
 
lieferbar
versandkostenfrei

Bestellnummer: 111298246

Buch (Gebunden) 24.90
Dekorierter Weihnachtsbaum
In den Warenkorb
Sortiert nach: relevanteste Bewertung zuerst
Filtern nach: alle
  • 4 Sterne

    4 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gertie G., 28.02.2019

    Die Autorin Ursula Cerha heftet sich mit dieser Familiengeschichte auf die Spuren ihrer mütterlichen Vorfahren. Sie lässt uns eintauchen in die Welt des zaristischen Russlands und seiner Entwicklungen bis hin zum Zweiten Weltkrieg.

    Wir begeben uns auf die Reise in das 19. Jahrhundert, auf das Gut Dedlovo (heute Weißrussland), dem Familiensitz derer von Kign. Den Bauern der großen Gutes scheint es scheint es ein wenig besser zu gehen als andern. Was vor allem dem fortschrittlichen Denken einer Reihe von Gutsherren zu verdanken ist. So ist das Dorf weitgehend autark. Es gibt eine Ziegelbrennerei, eine Textilmanufaktur und die Landwirtschaft. Die jeweiligen Gutsherrinnen achten auf Schulbesuch und Religiosität. Man ist mit jüdischen Händlern und anderen Gutsbesitzern sowie Dichtern und Denkern wie Anton Tschechow befreundet. Man ist fernab von Moskau und St. Petersburg. Regierungskrisen und/oder politische Stürme bekommen die Bewohner Dedlovos nur mit mehrtägiger Verspätung mit. Selbst der plötzliche Tod Zar Alexander III. wird irgendwie „schaumgebremst“ erlebt. Russland ist groß und der Zar ist weit. Dank moderner Kommunikation wie Telegraf und Telefon rücken Zar Nikolaus II. und seine Familie näher. Man nimmt Anteil an der Sorge um den Zarewitsch, hält aber wenig von Nikolaus‘ Regierungsgeschäften.

    Nicht zu unterschätzen ist die Rolle der Verwalterfamilie Pitkievich, die den Kigns seit Generationen treu, loyal und hilfreich zur Seite steht.

    Die scheinbare Idylle nimmt mit dem Ausbruch der sozialen Unruhen, dem Ersten Weltkrieg und späteren Revolution(en) ein jähes Ende. Die Familie erlebt einen Schicksalsschlag nach dem anderen. Einige Mitglieder können fliehen und in Bad Deutschaltenburg (Niederösterreich) ein neues Zuhause finden.

    Meine Meinung:

    Ursula Cerha ist es gelungen, ihre Familiengeschichte aus dem Dornröschenschlaf der Geschichte zu holen. In eindrucksvollen Worten schildert sie den Alltag der russischen Adeligen und ihrer Untertanen. Anders als üblich, scheint die Familie Kign wenig von barbarischen Strafen zu halten und behandelt die Menschen, die in ihrem Einflussbereich leben, fortschrittlich. Die Arbeit in der Landwirtschaft ist hart, noch eher manuell als mittels Maschinen.
    Natürlich müssen Abgaben und Steuern bezahlt werden, doch hat der Leser den Eindruck, dass nichts Unmenschliches verlangt würde. Das ändert sich erst als der Zar gestürzt und die Bolschewiki an die Macht kommen. Der Bürgerkrieg „Rote“ gegen „Weiße“ artet in unvorstellbaren Terror aus. Dennoch verstecken einige Bauern (unter Einsatz des eigenen Lebens) die adeligen Kinder. Während es dem Kindermädchen Wanda gelingt, die beiden Mädchen zu retten, verschwindet Alexeji in einem staatlichen Waisenhaus und wird einer Gehirnwäsche unterzogen. Eine später mögliche Familienzusammenführung lehnt der Vater ab. Vielleicht aus Angst?

    Beachtenswert ist die aufwändige Recherche der Autorin in den Archiven von St. Petersburg und Moskau. Unzählige, verloren geglaubte Dokumente kann sie ans Tageslicht einsehen.

    Die Geschichte der Familie Kign ist sehr gut gelungen. Für mich persönlich ist der Zeit vor der Revolution ein wenig zu viel Platz eingeräumt. Hier werden viele, (wenn auch sehr interessante) Details zum Leben auf einem Gut erwähnt. Die Vertreibung und Flucht, sowie der Neuanfang in Österreich in der Zwischenkriegszeit und das Leben während der NS-Diktatur und danach kommt mir ein wenig zu kurz. („Das Ende der Geschichte“).
    Möglicherweise ist das für die Autorin noch zu nahe, zu wenig „historisch“. Doch der Vollständigkeit halber wäre ein Nachwort „Wie es mit der Familie Kign weiterging“ sehr interessant. Es findet sich leider nur der Satz “Olgas Mann war nur mäßig an der Familiengeschichte interessiert.“ (S. 399)

    Gut gefallen haben mir die vielen Fotos sowie der Stammbaum. Auch hier hätte ich mir eine Ergänzung bis hin zur Autorin gewünscht. Aber, das ist Jammern auf hohem Niveau.

    Diese Familiengeschichte wirft einen etwas anderen Blick auf die adeligen Grundherren des 19. Jahrhunderts. Nicht alle waren Ausbeuter, wie es oft beschrieben wird. Die Familie Kign ist sich ihrer Verantwortung für die Menschen auf ihrem Gut bewusst. Es werden behutsame Modernisierungsmaßnahmen ein- und durchgeführt. Einen wesentlichen Anteil haben hier auch die Gutsherrinnen, die in Abwesenheit der Männer das Gut geschickt führen.

    Fazit:

    Eine beeindruckende Familiengeschichte, der ich gerne 4 Sterne gebe.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Sigrid K., 24.03.2019 bei bewertet

    Wie das Leben eben so spielen kann

    Die Autorin Ursula Cerha beschäftigt sich seit Jahren mit der 200-jährigen Geschichte der russischen Familie Kign, der Familie ihrer Mutter. Sie hat für dieses Buch in den Archiven von St. Petersburg und Minsk recherchiert und kann mit „Es ist uns alles nur geliehen“ ein spannendes Ergebnis präsentieren.

    Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil (1812 – 1893) erzählt die Anfänge auf dem Familiensitz Dedlovo und dem wirtschaftlichen Fortschritt. Es fällt auf, dass auch die Bediensteten und die Dorfgemeinschaft die Gutsherren Elisabeta und Ludwig wertschätzen, die sich nicht zu schade sind, um für den Dienst der guten Sache auch ungewöhnliche Aufgaben zu übernehmen. Während Ludwig den ökonomischen Status des Gutes im Blick hat, ist Elisabeta für die sozialen Belange zuständig, achtet auf Bildung und Gesundheitsversorgung. Zwischendurch erfährt man immer wieder über die politischen Begebenheiten im fernen Moskau, wobei diese die Gutsfamilie zwar mit Interesse aufnehmen, sich aber nicht so sehr davon berühren lassen.

    Der zweite Teil (1894 – 1913) beschäftigt sich mit den nächsten Generationen der Kigns, mit der Veränderung der Gesellschaft und der Erkenntnis wie nahe Freud und Leid beieinanderliegen. Ebenfalls werden Einblicke in das Leben der letzten Zarenfamilie gewährt. Die Bewohner von Gut Dedlovo sorgen sich auch um den kranken Zarewitsch, während man aber in der eigenen Familie ebenfalls von einigen tragischen Ereignissen nicht verschont bleibt.

    Im dritten Teil (1913 – 1943) erfährt man von der Zeit während des Ersten Weltkrieges, von dem Aufstreben der Bolschewiken, von der Angst der Adeligen, die nun plötzlich zu aller Feind wurden. Aber auch von den Nachkriegsjahren, über die Trennung der Kinder von ihren Eltern, vom unglücklichen Wiedersehen in Österreich. Immer wieder verwoben mit den politischen Veränderungen.

    Die Autorin beschreibt hier ein Leben, in dem alles eben nur geliehen ist – erst der Aufschwung, der Wohlstand, aber auch der Verlust von materiellen und immateriellen Dingen, die das Leben so plötzlich verändern können.

    Gut gefallen hat mir, dass die Familie und ihre Bediensteten irgendwie an einem Strang gezogen haben. Allen war die Bewirtschaftung und das Wohl des Gutes wichtig, genau davon konnten alle gut leben. Und hier sticht die Familie Kign ein wenig hervor – es scheint für alle zu passen und die adelige Familie die Untertanen und Bediensteten nicht ausgebeutet zu haben.

    Ergänzend findet sich im Buch auch ein Stammbaum, den man immer wieder zu Hilfe ziehen kann, wenn die Namen durcheinander kommen. Und auch einige Fotos sind enthalten, sowie eine Karte vom zaristischen Russland.

    Der etwas andere Blick auf Russland hat mir gut gefallen und ich habe die Geschichte rund um die Familie Kign sehr gerne gelesen. Daher gibt es von mir auch 5 Sterne.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein