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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    alekto, 28.01.2023

    Als eBook bewertet

    Gekonnte Beschreibungen bei blassen Figuren und einer sprunghaften Erzählweise geprägt von einer lebhaften Zitierfreude

    Die Filmemacherin Andrea und ihr Freund Tom, der meist für die Kamera verantwortlich ist, arbeiten mit Unterstützung der Tontechnikerin Sascha an einem Film über den Schriftsteller Richard Wechsler. Die Idee dazu ist ihnen gekommen, als sie Wechsler bei einer Lesung im Museum kennengelernt haben, da Tom alle seine Bücher begeistert gelesen hat. Nachdem sie in Paris gedreht haben, wo der in die Jahre gekommene Wechsler lebt, sind sie in sein Heimatdorf gereist. Doch als Wechsler am vereinbarten Tag nicht im Dorf eintrifft, überbrücken Andrea und Tom die Wartezeit damit Jugendfreunde von Wechsler aufzuspüren und diese nach dem Autor zu befragen. So hoffen sie, mehr über den sein Privatleben so geheim haltenden Schriftsteller zu erfahren, um ein wenig Licht in das Rätsel zu bringen, das Wechsler immer noch für sie bedeutet. Welchen von seinen Geheimnissen werden sie auf die Spur kommen? Und weist sein Werk tatsächlich die autobiographischen Bezüge auf, die Andrea und Tom diesem unterstellen?

    In einer dunkelblauen Stunde wird aus Sicht von der nicht sonderlich erfolgreichen Dokumentarfilmerin Andrea geschildert. Sie hat bislang nur wenige Filme u.a. Auftragsarbeiten für ein Museum realisiert und lebt so im Wesentlichen von der Entwicklungsförderung, die sie auch für den Film über Wechsler beantragt hat.
    Obwohl ich aufgrund der von Stamm gewählten Perspektive eigentlich ganz nah an Andrea hätte dran sein sollen, indem ich Gelegenheit hatte tief in ihre Gedankenwelt einzutauchen, ist sie mir doch seltsam fremd geblieben. Dazu trägt wohl auch bei, dass ich die vom Autor integrierte Meta-Ebene als nicht so gelungen empfunden habe. Andrea betrachtet ihre Umgebung meist wie durch die Linse einer Kamera, die dadurch einer Kulisse in einem Film gleicht. Und in Andreas Gesprächen mit Wechsler, in denen dieser wenig von sich preisgibt, spinnt sie jede Andeutung, die in einem unvollendeten Satz stecken könnte, in umfangreichen Was-wäre-wenn-Szenarien weiter. Da ihr dafür entscheidende Informationen fehlen entwirft sie Alternativen oder ergänzt die Lücken mit Szenen aus Wechslers Büchern und lässt so die in diesem Roman entworfene Wirklichkeit auf die in Gestalt von Wechslers Werk gegebene Fiktion treffen, die dabei verschwimmen. Andrea beschränkt sich in dieser Sichtweise nicht nur auf in Zusammenhang mit ihrem Film stehenden Personen (u.a. Wechslers Jungendfreunde), sondern scheint die Welt im Allgemeinen auf diese Weise zu betrachten, wie ihre zufällige Begegnung mit dem Nachtportier des Hotels, als sie nicht schlafen kann, zeigt. So ergeht sich Andrea in ihren Gedankenspielereien statt ihre Mitmenschen als echte Individuen wahrzunehmen und diese mit einem Mindestmaß an Respekt zu behandeln.
    Auf der einen Seite gibt es Filme wie Matrix, der sogar in diesem Buch zitiert wird und in dem auf gekonnte, fast schon philosophische Weise die Grenze zwischen Fiktion und Realität ausgelotet wird. Auf der anderen Seite wird beispielsweise im Woody Allen-Film Melinda und Melinda auf leichtfüßige Art mit alternativen Szenarien gespielt. In diesem Roman gelingt leider weder das eine noch das andere.

    Zu Beginn des Buchs wähnte ich mich noch in einem von seiner meditativen Stimmung geprägten Roman. Denn zunächst stehen die vom Team mit Wechsler in Paris gedrehten Teile des Dokumentarfilms im Mittelpunkt. Und weil Wechsler in den mit ihm geführten Interviews kaum etwas Brauchbares erzählen wollte, beschränken sich die für den Film verwendbaren Szenen darauf, wie der Schriftsteller durch die Straßen von Paris läuft. Diese Spaziergänge von Wechsler werden mit Gedankenfetzen von Andrea und Bruchstücken ihrer Gespräche mit Tom im Hotelzimmer in Wechslers Heimatdorf verknüpft. Dabei wird eine besondere, fast schon meditative Atmosphäre aufgebaut. Leider belässt es Stamm nicht bei diesem ruhigen Erzähltempo, sondern springt bald schon hin und her, was zwar Abwechslung in sein Buch bringt, obwohl an sich wenig passiert, mir aber nicht sonderlich gut gefallen hat.
    Zu den Stärken dieses Romans zählen neben seinen gelungenen Beschreibungen auch die vielen, darin enthaltenen interessanten Ansätze. Damit meine ich etwa die Idee die Momente zu schildern, bevor verschiedene Personen zum ersten Mal in ihrem Leben von einem zehn Meter Brett im Schwimmbad springen. Diese Erzählung hätte sich bestens als separate Kurzgeschichte geeignet. In diesen an Stories erinnernden Episoden habe ich den Roman als besonders gelungen empfunden. Insgesamt hätte mir dieses Buch besser gefallen, wenn dessen Kurzgeschichtenartiger Charakter - ähnlich wie in Candy Haus von Jennifer Egan - deutlicher herausgearbeitet und mehr betont worden wäre, indem etwa einzelne Kapitel auch nur für sich als Kurzgeschichten bestehen könnten.
    In den Romanen, die ich bisher von Peter Stamm gelesen habe, habe ich die Charakterisierung der Figuren stets als sehr gelungen empfunden, weil ich sogar mit denen gut mitfühlen konnte, mit denen ich wenig gemeinsam hatte. Leider sind die Figuren dieses Romans, die auf mich eher wie Abziehbilder oder Schauspieler in einem Film wirkten, bis zum Schluss schwer greifbar für mich gewesen und deren Handlungen wenig nachvollziehbar geblieben. Nur Pfarrerin Judith, die zugleich als Sympathieträgerin in diesem Roman fungiert, konnte mich da von sich überzeugen.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    yellowdog, 18.01.2023

    aktualisiert am 18.01.2023

    Als Buch bewertet

    Ruhiger Roman, sprachlich brillant

    Peter Stamm ist ein bedeutender Autor und hat seit seinem Erstlingserfolg Agnes schon viele Bücher geschrieben. Viele davon habe ich sehr gerne gelesen.

    Sein neuer Roman „In einer dunkelblauen Stunde“ ist auch interessant, empfinde ich aber sogar für seine Verhältnisse als sehr ruhig erzählt. Zweifellos gibt es hervorragende Formulierungen und das Buch, das von einem Schriftsteller und einer Dokumentarfilmerin handelt, ist sehr reflektiert.

    Die Dokumentarfilmerin Andrea will einen Film mit und über den Schriftsteller Richard Wechsler machen, doch das Projekt scheitert und Wechsler stirbt wenige Monate später. Doch Andrea lässt das ganze nicht los. Ähnlich geht es Judith, die mit Wechsler eine Beziehung hatte.
    Als Leser ist man meistens bei den Gedanken von Andrea.
    Sprachlich ist das nachdenklich stimmende Buch gelungen. Peter Stamm ist ein großer Stilist. Dramatik ist aber nicht seins. Vom Spannungsbogen ist der Roman verhalten.
    Doch das Buch hat mich interessiert und gedanklich beschäftigt. Vielleicht werde ich es sogar noch einmal lesen.
    Zuletzt möchte ich noch unbedingt das Cover loben, das einen gemalten Peter Stamm zeigt. Eine gute Arbeit vom Verlag.

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