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  • 5 Sterne

    37 von 53 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Anne H., 07.01.2019

    Als Buch bewertet

    Eine Frage von Moral und Schuld

    Am Neujahrstag des Jahres 1942 trifft Friedrich in Berlin ein. Aufgewachsen in Chouleux bei Genf, Sohn eines Samthändlers und seiner Frau, der Tochter eines deutschen Großgrundbesitzers. Der Vater reist, die Mutter malt und trinkt nicht allzu heimlich. Friedrich soll nach ihrem Wunsch auch ein Künstler werden, doch verliert er nach einer Gesichtsverletzung die Fähigkeit Farben zu sehen, eine Tatsache, die in der allgemeinen Tendenz zur Realitätsflucht seiner Mutter nicht gerade zu einem entspannten Familienleben beiträgt. Ganz offensichtlich sympathisiert die Mutter mit der nationalsozialistischen Ideologie, was letztlich die Ehe der Eltern endgültig zerrüttet. Ende 1941 plant die Familie ihre Zerstreuung in verschiedene Himmelsrichtungen: die Mutter zieht nach München, der Vater geschäftlich nach Istanbul und Friedrich will reisen, etwas Zeichenunterricht nehmen - gerade das ein unwirkliches Szenario bedenkt man die Jahreszahl -, noch skurriler mutet die Reiseroute an, zunächst will er nach Berlin fahren. Das Großstadtszenario reizt ihn, das Getuschel über das Nachtleben, Drogen, Klubs – und gegensätzlicher geht es nicht: die Gerüchte über einen ominösen Möbelwagen, der Menschen abholt, Gerüchte, die der Vater ihm bestätigt, deren Ausmaß und Tragweite aber nicht fassbar erscheinen und deshalb möchte Friedrich die „Grauzone“ selbst ausloten, sehen, was „die Deutschen“ da tun, die im andererseits so verlockend stark vorkommen, selbstbewusst, ein Volk von Siegern. Kurz nach seiner Ankunft lernt er die junge Kristin kennen und sofort ist er mittendrin in diesem verführerischen Taumel aus Alkohol, verrauchten Nachtklubs, Verliebtsein. Das alles zwischen Menschen mit dem gelben Stern auf dem Mantel, Bombenalarm, Nächten im Bunker. Kristin ist alles was Friedrich nicht ist, frech, draufgängerisch, geheimnisvoll und deshalb so unglaublich anziehend für ihn. Als sie einige Tage verschwindet und plötzlich in einem schlimmen, misshandelten Zustand vor ihm steht, muss er erkennen, dass Kristin nur eine Fassade war, eine Lüge. Die Wahrheit heißt Stella Goldschlag, ist Jüdin und schwebt selbstverständlich in größter Gefahr. Stella fühlt sich nicht als Jüdin, sie sieht nicht so aus und hat vor langer Zeit schon eine Entscheidung getroffen, die einem Tanz auf der Rasierklinge gleicht. Nun wird sie gezwungen, diesen Tanz sogar über einem Abgrund weiterzuführen.

    Takis Würger erzählt die Geschichte von Stella Goldschlag, die es tatsächlich gab. Nicht als Biographie, nicht als Nacherzählung der tatsächlichen Geschehnisse, sondern als mögliches Szenario. Stella Goldschlag war Gestapo-Kollaborateurin und als Greiferin tätig. Nach dem Krieg wurde sie von einem sowjetischen Militärtribunal verurteilt. Für mich spielt es aber auch keine Rolle, inwieweit sich der Autor und im Detail an die Fakten gehalten hat und welche Bestandteile er fabuliert hat, das Thema des Buches liegt für mich deutlich auf einem anderen Schwerpunkt. Zum einen ist für mich, und er ist nun einmal auch der Erzähler, Friedrich der Protagonist. Es geht um ihn, um seine Art, mit Realität, mit Gefühl, mit Liebe umzugehen – mit den Frauen in seinem Leben: seiner Mutter, Stella. Da gibt es einige Parallelen. So wie er in einer Art von Co-Abhängigkeit vor den Problemen seiner Mutter die Augen (mit)-verschließt, so tut er es im Wesentlichen auch später bei Stella, aus Liebe. Das ist für mich ein ganz zentraler Ansatzpunkt bei der Lektüre des Buches. Viel schwieriger zu fassen, finde ich wirklich die Auseinandersetzung und Bewertung mit der Person Stella Goldschlag. Sie ist mir nicht sympathisch, von Beginn an nicht, tatsächlich mag ich auch diese etwas rotzige Art mancher Menschen einfach überhaupt nicht. Dann liest man und es ist so furchtbar was sie tut, mit ihrem Hintergrund und man fragt sich, wie kann sie das tun, wie viel Schuld lädt diese Person auf sich und dann ist man selbst schockiert davon, dass man sich fragt, wie moralisch man selber wäre. Sie fühlt sich nicht als das, was die Nationalsozialisten aus ihr gemacht haben und sie möchte leben und sie ist vielleicht auch einfach kein netter, selbstloser, sich aufopfernder Mensch? Das entschuldigt nicht, aber darf es erklären ?– auch sehr schwierig. Viele Gedanken, die noch lange nach dem Lesen des Buches nachklingen.
    Das inhaltliche beiseitegelassen, hat mich auch der Aufbau des Romans und der Stil Takis Würgers sehr angesprochen. Ein Highlight war der – mein Deutschlehrer hätte es damals „Einordnung in den historischen Kontext“ – zu Beginn jedes Kapitels, begonnen mit der Vorgeschichte der eigentlichen Romanhandlung. Grundsätzlich schreitet die Handlung ab dem Eintreffen Friedrichs in Berlin monatsweise voran und wird eingeleitet von einer Zusammenfassung der politischen Gesamtlage, kleinen Details, Einzelschicksalen und Zitaten. Würgers Stil ist sehr prägnant, manchmal direkt nüchtern anmutend – aber er macht einfach keine unnötigen Worte. Das führt dazu, dass man manchmal einen kurzen Satz mit einem z.B. in dem Moment erschreckenden Inhalt noch einmal lesen muss, da er allzu unvermittelt auftauchte. Das hat mir letztlich sehr gut gefallen.
    Ein lesenswertes Buch, sehr viel anspruchsvoller als ich es vermutet hätte, definitiv ein Lesehighlight im noch jungen Jahr!

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  • 3 Sterne

    11 von 17 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    ele, 16.02.2019 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Stella, Historischer Roman von Takis Würger, 224 Seiten, erschienen im Hanser –Verlag.
    Ein Buch welches stark polarisiert und zu kontroversen Meinungen oder auch Streitgesprächen herausfordert.
    Friedrich ist Schweizer, er ist ein armer, reicher Junge. Seine Mutter wünscht sich sehnlichst, dass er eines Tages ein berühmter Maler wird. Nach einer Gesichtsverletzung wird er farbenblind, von da an ist er für seine Mutter „uninteressant“, sie verfällt immer mehr dem Alkohol. Sein Vater ein Industrieller, ist viel unterwegs und so verbringt er seine Jugend in Einsamkeit, die einzige Bezugsperson ist die Köchin. Mit 21 Jahren beschließt er sich in der Welt umzusehen, er beginnt seine Reise in Berlin, wo er in einer Kunstschule, die junge Kristin trifft. Die beiden verlieben sich. Eines Tages steht sie schwerverletzt und misshandelt vor seiner Zimmertür und gesteht: „Ich heiße Stella und bin Jüdin.“ Um ihre Eltern zu retten, verrät sie untergetauchte Juden an die Gestapo. Und Friedrich steht vor der Entscheidung, was ist ihm wichtiger, sein Gewissen oder Stella.
    Dieses Buch wird beworben mit dem Slogan: „ Man beginnt dieses Buch mit Skepsis, man liest es mit Spannung und Erschrecken, man beendet es mit Bewunderung. Ich muss gestehen, nachdem dieses Buch in den Medien so hohe Wellen geschlagen hat, habe ich es mit Spannung begonnen, es mit Verwunderung gelesen und mit Enttäuschung beendet. Bei den kursiv gedruckten Textstellen, handelt es sich um Briefe, Liedtexte, Gedanken und vor allem um die Auszüge aus den Feststellungen eines sowjetischen Militärtribunals. Von einer moralischen Stellungnahme möchte ich hier unbedingt absehen. Niemand kann von sich sagen, wie er in Stellas Situation gehandelt hätte, um geliebte Menschen zu retten. Takis Würger erzählt emotionslos und ohne moralisch zu werten, in kurzen Sätzen und völlig sachlich, diese Geschichte. Die Figuren bleiben blass, Spannung ist kaum vorhanden. Es liest sich wie ein Tatsachenbericht, ohne viel sprachliches Niveau. Der Protagonist im Roman ist kein Held, er ist unsicher und unbeholfen. Das zeigt auch, seine Racheaktion beim „Gärtner“, dass er dabei so glimpflich davonkommt, gerade in dieser Zeit, ist einfach unglaubwürdig. Würger bedient sich der Ich-Erzählsituation aus der Sicht Friedrichs. Da es sich in diesem Roman eigentlich – siehe Titel, um die Person Stella handelt, bleibt bei dieser Erzählform die eigentliche Hauptperson leider sehr blass. Was waren Stellas Gedanken, ihre Gefühle, ihre Ängste? Hatte sie womöglich Gewissensbisse bei ihrem Tun? Und vor allem fehlte mir die Handlung aus Stellas Sicht, wenn sie und Friedrich getrennt unterwegs waren. Da es sich bei Stella um eine reale Person handelt, hätte ich mir einfach mehr Informationen zu ihrem Tun gewünscht. Da hätte der Autor anstatt Stella Goldschlag, auch eine weitere fiktive Person wählen können. Weil keine besondere Spannung vorhanden war, konnte ich das Buch jederzeit aus der Hand legen. Sogar die letzten 50 Seiten konnte ich einen Tag lang liegen lassen. Sowas passiert mir sehr selten. Gefallen hat mir allerdings der Anfang der jeweiligen Leseabschnitte, die jeweils den Zeitraum eines Monats im Jahre 1942 zusammenfassten. Würger hat einige Informationen einfließen lassen, Alltäglichkeiten, Weltgeschehnisse, geschichtliche Fakten und natürlich die zehn Gebote des Propagandaleiters Dr. Joseph Goebbels. Einige gute Sätze, z. B. „Wir machten uns schuldig, jeder auf seine Art“, oder: „Ich weiß nicht ob es richtig ist, einen Menschen zu verraten, um einen anderen zu retten“, machten mich nachdenklich. Betroffen gemacht hat mich auch die Dekadenz der Reichen und der Wehrmachtgrößen, in einer Zeit in der die Soldaten an der Front und auch die Bevölkerung darben mussten. Dieses Buch wird als Bestseller bezeichnet, obwohl es weder sprachlich noch inhaltlich besonders ausdrucksvoll erscheint. Alleine durch die dadurch losgetretene Diskussion, findet es seine Abnehmer. Eine Leseempfehlung möchte ich nicht aussprechen, wer sich ein eigenes Bild machen will oder neugierig geworden ist, kann es wie auch ich, in einer Bibliothek ausleihen. Das ansprechende Cover dazugerechnet, dann ergibt es für mich 3 gutgemeinte Sterne.

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  • 5 Sterne

    4 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke O., 08.01.2019

    Als Buch bewertet

    Friedrich wächst zwischen den Kriegen zunächst wohlbehütet am Genfer See auf, bis ihm ein schrecklicher Unfall zustößt, der einiges verändert. Seine Mutter, eine Alkoholikerin, bindet ihn sehr stark an sich, sie hat große Pläne mit ihm, die durch den Unfall aber ins Wanken geraten. Sie verfällt immer mehr dem Alkohol, und Friedrich ist recht einsam. Die politische Entwicklung hält man weitgehend von ihm fern, bis er sich als junger Mann entscheidet, sich endlich einmal vom Elternhaus zu lösen, er will auf Reisen gehen. Seine erste Station ist Berlin, wo er schauen will, ob die vermeintlichen Judentransporter wirklich existieren oder nur erfunden sind. Schnell lernt er Kristin kennen und verliebt sich in sie. Kristin akzeptiert ihn, wie er ist, bringt ihm positive Gefühle entgegen und öffnet ihm so manche Tür zum Leben...doch eines Morgens wird Friedrich mit der Wahrheit konfrontiert: Kristin heißt in Wirklichkeit Stella und ist Jüdin, sie wurde von der Gestapo gefoltert und soll andere Juden ausliefern....
    Zunächst waren meine Gefühle für den Hauptprotagonisten positiv und voller Mitleid, endlich wird er geliebt und übt sich im Vertrauen, doch bald fragt man sich, ob er an der Realität vorbei lebt. So blind kann man doch nicht sein! Und außerdem so egoistisch, denn Friedrich lebt ein Luxusleben in dieser ärmlichen Umgebung, weil er Geld hat und als Schweizer politisch nichts befürchten muss. Er liebt Stella bedingungslos und ohne jedes Misstrauen, obwohl sie oft einfach verschwindet, ohne zu sagen warum....
    Immer wieder schiebt der Autor kurze authentische Gerichtsprotokolle ein, sie wurden dem Prozess gegen Stella Goldschlag entnommen. Dies hinterlässt ein beklemmendes Gefühl und zeigt die Hilflosigkeit der Verfolgten im 2.Weltkrieg. Im Gegensatz dazu werden auch ganz banale Sachen aufgelistet, die während des Schicksalsjahres 1942 geschahen, Fußballereignisse oder Paul McCartney wird geboren.....unfassbare Geschehnisse, wenn man in der Handlung des Buches verwurzelt ist.
    Würgers Schreibstil ist klar und angenehm, er benutzt keine überladenen Beschreibungen und trotzdem kommt sehr viel Atmosphäre rüber, z.B. der brechend volle Musikclub oder auch die Suite im Luxushotel. Die Sätze sind überwiegend kurz und übersichtlich. Die Dialoge wirken authentisch und nicht inszeniert. Man könnte das Buch in einem durchlesen, es hat mich gefesselt. Am Ende legt man das Buch nicht einfach beiseite, es wirkt nach, es bleiben so viele Fragen, speziell zu der Liebe zwischen Friedrich und Stella, aber auch zu der damaligen Zeit und ihren Menschen.
    Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch, das ich ohne Zögern mit 5 Sternen belohne.

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  • 5 Sterne

    7 von 12 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    smenti2002., 30.01.2019

    Als eBook bewertet

    Ein für mich gut geschriebenes Buch für alle die sich für die Zeit des dritten Reiches interessieren klasse

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  • 2 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    hennie, 07.03.2019

    Als Buch bewertet

    BLONDES GIFT
    Dieses Buch erzeugte mit seinem Erscheinen für gehörigen Wirbel! Anzeige wegen Rufschädigung, Streit, Diskussionen, widersprüchliche Reaktionen..! Ein Hype sondersgleichen und für Takis Würgers Roman „Stella“ viel PR und Werbung! Im Endeffekt bin ich dem auch erlegen und habe mir den Roman besorgt. Das ganz große Fragezeichen möchte ich gleich zu Beginn benennen. Warum nennt der Autor sein Werk „Stella“? Die Hauptperson ist Friedrich und entgegen der realen Stella eine fiktive Figur.
    Nun zur Handlung:
    Man schreibt das Jahr 1942. Der junge Friedrich aus der Schweiz, sehr naiv und unbedarft, kommt nach einer behüteten Kindheit am Genfer See nach Berlin, ins Nazideutschland. Der 20jährige Sohn eines vermögenden Vaters möchte sich davon überzeugen, ob das Gerücht wahr ist, dass Juden mit Hilfe von Möbelwagen aus der Stadt verschwinden und nicht mehr wiederkehren.
    „Jemand musste die Gerüchte von der Wirklichkeit trennen.“
    Geschützt durch seinen Schweizer Pass und dem Geld des Vaters, verbringt er einige unbeschwerte Wochen in der deutschen Hauptstadt und will ohne die Wahrheit gefunden zu haben, wieder abreisen. Von der Willkür des Staates, den Lebensumständen der Bevölkerung, den unübersehbaren Anzeichen der Judenverfolgung hatte er bis dahin so gut wie nichts bemerkt. Seine Pläne ändern sich schlagartig, als er die attraktive Kristin kennenlernt, die ihn fast augenblicklich durch ihre unkonventionelle Art fasziniert. Sie ist so anders als er, und er verliebt sich Hals über Kopf in sie. Die gleichaltrige, sexuell erfahrene Frau verbringt viel Zeit in Friedrichs Zimmer des Luxushotels. Doch sie kommt und geht, wie es ihr beliebt. Dann bleibt sie ganz weg. Friedrich ist verzweifelt, kennt er doch noch nicht einmal ihren Nachnamen. Auch der charismatische, etwas undurchsichtige SS-Mann Tristan von Appen, mit dem beide die verruchte, dekadente, verbotene Geselligkeit im geheimen pflegten, kann ihm nicht helfen. Als Kristin plötzlich wieder erscheint, ist sie schwer von den Folterungen der Gestapo gezeichnet. Sie gesteht ihm, dass sie Jüdin ist: „Ich bin Stella. Stella Goldschlag.“ Und von da ab, hätte der Roman ganz anders verlaufen müssen. Friedrich, aus dessen Sicht der Roman erzählt wird, versteht die Wirklichkeit nicht mal in Ansätzen bis zu dieser Stelle. Erst da ist er in der Realität angekommen. Friedrich scheint nicht nur farbenblind zu sein. Bis zum Ende ist Friedrich der Wahrheit nicht näher gekommen. Das zeigt sich in seiner Äußerung: „Ich wußte nicht, was von dieser Frau blieb, wenn ich alle Lügen abzog.“
    Hier wird mit beiläufigen Erklärungen („Teile dieser Geschichte sind wahr.“) die schnulzige, fiktive Liebesgeschichte erzählt, der im krassen Gegensatz die Fakten der furchtbaren Wirklichkeit entgegenstehen. Ich verspürte zwar die Inspiration, welche die reale Stella Goldschlag beim Autor ausgelöst haben muss. Davon zeugen die kursiv geschriebenen Protokolle des sowjetischen Militärtribunals, die Fallbeispiele, die sich auf ihre Taten beziehen. Takis Würger kann schreiben. Deshalb unterstelle ich ihm, dass er Diskussionen verursachen wollte. Das kann er als Autor auch tun; daran ist nichts Verwerfliches. Ich empfand es als große Widersprüchlichkeit, die Story so zu schreiben, dass auf der einen Seite die Fallakten und auf der anderen Seite die verharmlosende Liebesgeschichte standen. Das ist vollkommen unpassend für das Thema Holocaust. An welcher Stelle ist der Zusammenhang zweifelsfrei erkennbar?
    Stella Goldschlag galt als „das blonde Gift“ unter den Juden Berlins. Sie spürte als sogenannte „Greiferin“ in der Illegalität lebende Juden auf und lieferte sie der Gestapo aus. Sie war schön und tödlich! Stella Goldschlag blickt uns vom Cover des Buches direkt an. Ein Eyecatcher!
    Takis Würger meinte im AZ-Interview vom 18.01.19:
    „Mein Buch war der Versuch, sich diesen Fragen von Verbrechen, Wegschauen, Schuld, Mitläufertum anzunähern.“
    Der Versuch ist leider gescheitert, in den Ansätzen stecken geblieben. Die Geschichte wird dem großen Thema nicht gerecht. Sie ist nicht gelungen! Zwei von fünf Sternen von mir!

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  • 3 Sterne

    5 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ingeborg, 07.04.2019

    Als eBook bewertet

    Schwierige Thematik…
    „Stella“ ist ein Roman des Autors Takis Würger, in dem dieser die Figur der jüdischen Denunziantin Stella Goldschlag als Vorlage für seine fiktive Liebesgeschichte nahm.
    Die strahlende fröhliche Frau auf dem Cover und der Klappentext versprachen für mich eine tragische Liebesgeschichte zwischen einer Jüdin und einem Schweizer zur Zeit des Dritten Reichs. Trotz des Hinweises, dass die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht, war mir nicht klar, dass hier eine echte Person sowie historisch dokumentierte Begebenheiten die Vorlage gaben.
    Zur Person der Stella Goldschlag, ihrem Handeln und ihren Motiven möchte ich nichts sagen, jedoch fand ich die Einbindung in die Liebesgeschichte mit dem jungen Schweizer Friedrich ein wenig befremdend. In den ersten Kapiteln lernt man nur Friedrich kennen, einen fiktiven jungen Mann, seine Kindheit, einerseits behütet in einem wohlhabenden Elternhaus aufwachsend, andererseits mit einer Alkoholikerin als Mutter und einem Vater, der ständig auf Reisen ist – kurz gesagt, er entwickelt sich zu einem etwas merkwürdigen Zeitgenossen. Da mutet es nicht mal mehr seltsam an, dass der junge Friedrich ausgerechnet mitten in Kriegszeiten im Berlin des Dritten Reichs „Urlaub“ machen will, um sich zu vergewissern, ob gewisse Gerüchte über die Deportation jüdischer Familien im Nazideutschland der Wahrheit entsprechen. Friedrich erschreckt mit seiner Naivität, er blickt nicht hinter die Kulissen, nichts kommt ihm merkwürdig vor – weder bei seinen Zusammentreffen mit „Kristin“, die sich später als die Jüdin Stella Goldschlag entpuppt, noch bei seinen Besuchen in Jazzclubs, in denen er schließlich auch auf den –ebenfalls fiktiven - SS-Mann Tristan von Appen, einen Liebhaber von verbotener Jazzmusik, gutem Essen und latent homosexuell trifft.
    Die Kontrastierung Stellas mit der fiktiven Figur des naiven Friedrich hat mich letztendlich nicht wirklich überzeugt…

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  • 5 Sterne

    4 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Paul S., 05.01.2019

    Als Buch bewertet

    Intensiv

    Kristin oder Stella? Stella oder Kristin?

    Friedrich wächst in begüterten Verhältnissen am Genfer See auf. Sein Vater ist oft geschäftlich unterwegs. Seine Mutter, eine Malerin, strebt für ihren Sohn eine Maler-Karriere an. Doch nach einem Unfall verliert Friedrich die Fähigkeit Farben zu sehen. Damit ist eine Maler-Karriere nicht mehr möglich. Die Mutter verfällt immer mehr dem Alkohol.

    Als junger Mann geht Friedrich nach Berlin. Er will selbst erleben, was man sich über das Leben in Berlin erzählt. Der Aufenthalt ist nur für eine kurze Zeit geplant. Daraus wird dann jedoch ein ganzes Jahr. Das Jahr 1942, das Friedrich in Berlin verbringt, ist der Hauptteil des Buches. Hier trifft er Kristin. Sie ist Aktmodell in einer Zeichenschule, die Friedrich in Berlin besucht. Er trifft sie aber auch in einer Bar, wo sie als Sängerin auftritt. Die beiden verleben die meiste Zeit zusammen und Friedrichs Zimmer im Grandhotel wird quasi Kristins neues Zuhause.

    Erst nach einiger Zeit, als Kristin plötzlich kahlgeschoren und mit Folterspuren bei Friedrich im Hotel auftaucht, wird klar, dass Kristin eigentlich Stella Goldschlag heißt und Jüdin ist.

    In die Liebesgeschichte zwischen den beiden, die fiktiv ist, sind echte Protokolle aus späteren Gerichtsverhandlungen gegen Stella verflochten. In diesen Verhandlungen geht es darum, dass Stella andere Juden an die Gestapo verraten hat und dadurch deren Tod mit verursacht hat. Sie hat dies zunächst getan, um ihre Eltern vor dem Transport ins Vernichtungslager zu retten.

    Durch das Einflechten der echten Protokolle in die fiktive Geschichte schafft Würger es, eine sehr dichte Geschichte zu erzählen, die einen nicht so leicht los lässt. Berührend ist sie und dabei gleichzeitig verstörend. Eine besondere Sichtweise auf die Geschehnisse in dem einen Jahr 1942 in Berlin.

    Ein Buch, das man am liebsten in einem Rutsch lesen möchte. Ein Buch, das eine unbedingte Empfehlung verdient.

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  • 5 Sterne

    5 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Freizeitleser, 04.01.2019

    Als Buch bewertet

    Was für ein Buch!

    Takis Würgers Buch "Stella" hat mich zutiefst berührt. Es schildert die Geschichte zwischen Kristin (Stella) und Friedrich, der seine erste Liebe erlebt und dabei blauäugig und mit Scheuklappen durchs Leben geht.

    Doch wie soll man das Buch beschreiben, ohne zuviel zu verraten? Vielleicht so: Es hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Mit seinem kurzen, prägnanten Schreibstil schafft es Würger bravourös, den Spagat der Verwebung zwischen den Gräueln der damaligen Zeit und einer Liebesgeschichte herzustellen. Er schreibt kein Wort zuviel, aber dennoch so aussdrucksstark, das es ihm mit Leichtigkeit gelingt, den Leser in seinen Bann zu ziehen, ihn fesselt, berührt, verstört und in ein tiefes Gefühlschaos stürzt.
    Teile der Geschichte beruhen auf wahren Begebenheiten, Protokolle aus Gerichtsakten flechtet Würger in die Handlung mit ein.

    Obwohl das Jahr noch jung ist und trotz der schwierigen Thematik hat das Buch für mich das Potenzial, eines der besten Bücher des Jahres zu werden.

    Erwähnenswert ist abschließend noch der besondere Einband des Buches, der - je nach Lichteinfall und Blickwinkel des Betrachters - im übertragenen Sinne die zwei Gesichter von Stella (silber/gold) wiedergibt.

    Ein rundum gelungenes Werk. Unbedingt lesen!

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  • 5 Sterne

    15 von 29 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    wusl, 28.01.2019

    Als Buch bewertet

    Ob wohl Takis Würger einkalkuliert hat, dass sein zweiter Roman „Stella“ einen solchen Sturm in der Literaturszene auslösen würde. Selbst Menschen, die den Roman gar nicht auf dem Schirm hatten, werden jetzt aufmerksam, wenn TAZ und FAZ und Spiegel Rezensionen schreiben, in denen teilweise mit der wirklich großen Rezensentenkeule auf dieses sehr dünne und äußerlich eher unscheinbare Büchlein eingedroschen wird. Das Thema Nationalsozialismus und Judenverfolgung sind in den letzten Jahren sehr en vogue geworden im Belletristikbereich und werden auf jede nur erdenkliche Art und Weise in Romanen verwurschtet.

    Die Frau, die seinem Buch den Namen Stella gibt, hat es wirklich gegeben. Sie war Jüdin und gleichzeitig eine der größten Denunziantinnen im Dritten Reich. Dafür wurde sie im realen Leben auch verurteilt und sie nahm sich das Leben. In Würgers fiktiven Buch – auf das Wort Fiktion muss man hier speziell nochmal hinweisen – verliebt sich ein junger Schweizer in eine Frau namens Kristin, von der er erst später erfährt, dass sie Jüdin ist und Stella heißt. Und auch, wie sie ihr Überleben in einer Diktatur sichern will, die jeden Juden vernichtet, dessen sie habhaft wird.

    Wie gesagt, die Geschichte ist schmal und schnell erzählt. Würger findet treffende Worte, spart sich Ausschmückungen und Schönfärberei. Sein Held ist ein naiver Kerl, der lange vor Liebe blind ist und dem nicht mal auffällt, dass er einen bekennenden Nazi als Freund hat. Er bewegt sich wie ein Traumwandler in diesem NS-Deutschland und erst am Schluss ringt er sich durch, Farbe zu bekennen und Stellung zu beziehen.

    Viele Rezensionen der Literaturkritiker bemängeln, dass Thema und reale Person der Stella hier in einem fiktiven Roman spielen. Mir hat gefallen, wie Würger das Leben dieser Frau aufgreift, die polarisiert und deren Schicksal doch nicht vergessen werden sollte. Man redet sich im Nachhinein leicht, dass man den Nazis Stand gehalten hätte, dass man so eine Geschichte nicht so scheinbar trivial erzählen darf. Aber ist nicht das Leben trivial? Ist Takis Würger nicht in Wirklichkeit erschreckend nah dran an den Menschen? Und darf nur große gewichtige vielseitige Literatur sich solch eines Themas annehmen?

    Ich vergebe 5 Sterne für den Mut, für den Schreibstil, für die Anregung sich mit der Geschichte dieser Frau zu beschäftigen.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Michel, 16.02.2019

    Als Buch bewertet

    Takis Würger schafft es wieder einmal eine wunderbare Geschichte zu verfassen. Das Bucht schafft es eine tolle Liebesbeziehung zwischen Kristin (bzw. Stella) und Friedrich entstehen zu lassen. Leider erscheint mir Stella bzw. Kristin zum Ende des Buches viel zu gut. Die Grausamkeit welche (die echte) Stella begangen hat wird in echten Prozessakten (Kursiv) gezeigt, jedoch, so ist es mir ergangen, konnte ich nicht sofort etwas mit diesen Dokumentenauszügen anfangen. Erst in der Mitte des Buches verstand ich diese. Was ich damit sagen möchte ist, dass nicht jeden Leser klar sein könnte wie viele Menschen die echte (und somit auch die im Buch beschriebene Stella) verraten und somit getötet hat. Deswegen nur 3 von 5 statt 4 von 5.

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  • 5 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge W., 26.01.2019

    Als Buch bewertet

    Horrorfahrt in die Realität. Eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht. Takis Würger erzählt schnörkellos und kompromisslos die Geschichte von Friedrich und Stella in einer "dunklen Zeit". Ein junger Mann auf der Suche nach der Wahrheit hat in diesem Roman eine ebenso abenteuerliche wie erschreckende Geschichte zu erzählen. Sie könnte ganz einfach sein. Aber sie spielt in Berlin im Jahr 1942. Friedrich ist äußerst behütet in einer wohlhabenden Familie am Genfer See aufgewachsen. Dann trifft er mit knapp 20 Jahren den Entschluß, für eine Weile nach Berlin zu ziehen. weil er wissen will, was tatsächlich in Deutschland vor sich geht. Das wäre gar nicht so bemerkenswert, wäre Deutschland nicht mitten im Krieg. Das stört Friedrich wenig, ist er doch durch seinen Schweizer Pass und das Geld seines Vaters vor der Willkür des Staates ebenso geschützt wie vor den schlimmen Folgen des Krieges im täglichen Leben. Wie unter einer Schutzglocke verbringt er einige Wochen in Berlin und ist schon kurz davor, wieder abzureisen, als sich alle seine Pläne ändern. Zufällig trifft er eine junge Frau, die ihn fasziniert und die sich auch für ihn interessiert. Kristin arbeitet als Modell in einer Zeichenschule und singt in einem eigentlich verbotenen Jazzlokal. Schon bald verbringt Kristin viel Zeit in Friedrichs Zimmer im Luxushotel. Sie ist geheimnisvoll, lebenshungrig und zeigt Friedrich, dem jungen Schweizer, das nächtliche Berlin mitten im Krieg. Kristin verrät ihrem Liebhaber so gut wie nichts über sich. Friedrich weiß nicht, wo sie wohnt oder wie sie Geld verdient. Aber er bemerkt, dass sie sehr gute Beziehungen zu den Mächtigen zu haben scheint. Durch sie lernt Friedrich einen Mann kennen, der eindeutig zu den Nazis gehört und sich ausschließlich um sein eigenes Wohlbefinden kümmert. Friedrich versteht die Wirklichkeit um ihn herum nicht einmal in Ansätzen. Bis zu dem Tag, an dem Kristin mit deutlichen Zeichen von Misshandlungen zu ihm ins Hotel kommt. Nun erfährt er, dass ihr wirklicher Name Stella ist und sie sich in einer Notsituation befindet. Sie lieben sich, aber Stella hat ein furchtbares Geheimnis. Sie hat sich mit der Gestapo auf ein schmutziges Geschäft eingelassen, um ihre Eltern vor dem KZ zu bewahren. Nun ist Friedrich in der Realität angekommen. Er versucht sogar, sich für Stellas Eltern einzusetzen, scheitert aberr an seiner Naivität. Er fühlt sich unwohl in Berlin, die Beziehung zu Stella hat ihre unschuldige Basis verloren. Aus der Liebesgeschichte ist eine Horrorfahrt in die Realität geworden. Der Autor versteht es sehr geschickt, Friedrichs naive Sicht auf die Welt mit der grauenhaften Realität zu kombinieren. Der wahre Horror der Geschichte geht viel tiefer, ein erheblicher Teil des Romans beruht auf Tatsachen. Es gab tatsächlich während des Zweiten Weltkriegs in Berlin eine Jüdin Stella, die mit der Gestapo zusammenarbeitete. Takis Würger erzählt mit Tempo und Wucht die Geschichte einer Liebe im Jahr 1942. Ich kenne wenige Autoren, die mit so viel Herzenswärme und feinem Humor schreiben. Wunderbar wehmütig und einfach schön erzählt. Einfühlsame Einblicke in ein nicht immer idyllisches Studentenleben. Ganz großes Kino!

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ulrike R., 11.01.2019

    Als Buch bewertet

    Es ist 1942, mitten im Krieg zieht der junge Schweizer Friedrich nach Berlin. Dort begegnet und verliebt er sich in das Aktmodell und Barsängerin Kristin. Doch eines Tages steht die junge Frau vor seiner Tür, geschlagen und kahl rasiert. „Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt!“, gesteht sie, die eigentlich Stella Goldschlag heißt, Jüdin ist und für die Gestapo als Greiferin arbeitet.
    Stellas Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten. Takis Würger verpackt diese Geschichte, spielt mit Fakten und Fiktion. Zart und brutal, dekadent und voller Verzweiflung, obsessiv und sehnsüchtig, die Palette an Gefühlen dieses Romans ist so vielfältig, wie die Farben, die Friedrich aufgrund einer Kindheitsverletzung nicht mehr sehen kann. Es ist auch ein guter Teil des Romans, der sich mit Friedrichs Biografie beschäftigt. Einsamkeit war dem jungen Friedrich nicht fremd, aufgewachsen in einem Chalet, der Vater wohlhabend aber kaum anwesend, die Mutter übermächtig und Alkoholikerin. Es ist die Suche nach „der Wahrheit“, die den jungen Mann nach Berlin treibt, aber gleichzeitig auch ein Ausbruch aus dem goldenen Käfig, trotz aller Naivität das Aufstöbern der niedrigsten Instinkte Das Verbotene treibt ihn an, der Besuch von Jazzclubs im Untergrund, Alkohol, Drogen. Nahezu obszön empfand ich die Beschreibung von Nächten im Bombenkeller bei Schampus und Geigenmusik. Der Schweizer Pass als Joker ständig im Hinterkopf. Ein wenig wirkt das Erzählte wie aus einem Paralleluniversum
    Auf den Boden der Tatsachen kehrt man zurück durch kleine Chroniken historischer Fakten und Randnotizen, die immer wieder eingeschoben werden. Und natürlich der Paukenschlag über Stellas wahres Gesicht. Opfer oder Ungeheuer? Bei dieser Geschichte gibt es kein schwarz oder weiß. Wie weit kann man gehen, sein Leben, das Leben von Angehörigen zu retten. Wie weit kann Liebe über Schuld hinweggesehen. Friedrich erzählt aus seiner Kindheit, dass er die Einsamkeit ertrug, weil er nicht vermissen konnte, was er nicht kannte. Stella sagte später: „Noch schlimmer als die Angst war die Einsamkeit.“
    Die Liebesgeschichte von Stella und Friedrich ist tragisch, hoffnungslos, und konnte nur fatal enden. Wenn die Not über die Moral siegt, bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 07.01.2019

    Als Buch bewertet

    "Aus der Entfernung hatten die Deutschen groß gewirkt, aus der Nähe wirkten sie so klein wie ich. Groß waren nur die Kulissen, die Fahnen vor allem. Die deutschen Fahnen waren sehr groß. Ich nahm mir vor, bald weiterzureisen.“


    Inhalt


    Friedrich ist Schweizer und nimmt sich entgegen jeder Vernunft vor, im Jahre 1942 die Heimat zu verlassen und sich ins Zentrum Deutschlands, in die Großstadt Berlin zu begeben. Sein familiäres Zuhause hält ihn nicht, denn die Ehe seiner Eltern ist schon viele Jahre zerrüttet, die Mutter ist Künstlerin und darüber hinaus Alkoholikerin, der Vater schwimmt zwar in Geld, lebt aber sein ganz eigenes, irgendwie weltfremdes Leben.

    Schon kurz nach seiner Ankunft trifft Friedrich in einer Kunstschule eine junge Frau, die sich an seine Fersen heftet. Sie heißt Kristin und symbolisiert für ihn das blühende Leben, die so lang ersehnte Freiheit. Nicht nur ihr einnehmendes Wesen und die unkomplizierte Art imponieren ihm, nein auch ihr Mut, ihre Raffinesse, ihr Esprit – all jene Charaktereigenschaften, die ihm zu fehlen scheinen. Und aus Kristin und ihm wird ein Liebespaar.

    Wenig später aber ist sie verschwunden und steht kurz darauf mit geschorenen Haaren, blauen Flecken und Tränen in den Augen vor ihm, um zu gestehen, dass sie eigentlich Stella heißt, eine Jüdin ist und sich gezwungen sieht für die Gestapo zu arbeiten, wenn sie sich selbst und das Leben ihrer Eltern retten will. Friedrich ist mit dem Geständnis überfordert, denn ihn stört zwar nicht die eingestandene Lüge aber doch, die nun drohende Alltagssituation. Immer wieder verschwindet Stella, geht ihren Aufträgen nach, lässt ihn auflaufen und entzieht sich mehr und mehr seinem Einfluss. Sein Unvermögen gegenüber der neuen Entwicklung treibt Friedrich zur Verzweiflung und ihm wird immer deutlicher bewusst, dass er die Gegenwart nicht mehr ertragen kann, das es eine Zukunft mit der Frau seiner Träume nicht geben wird und das es an ihm selbst ist, sein Leben zu ändern …


    Meinung


    Meine Erwartungshaltung an diesen Roman war sehr hoch, zum einen weil ich mich vom Schreibstil und der literarischen Umsetzung des Autors bereits in seinem Vorgängerroman „Der Club“ überzeugen konnte, zum anderen weil ich mit Vorliebe Literatur mit dem Handlungsschwerpunkt Nationalsozialismus bzw. Zweiter Weltkrieg lese und da schon sehr oft wahre Perlen gefunden habe.


    Und so gelingt es dem begabten Autor leider nicht, mich restlos von „Stella“ zu überzeugen und das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Zunächst einmal hat mich hier der nüchterne, eher pragmatische Erzählton gestört, der es mir nicht möglich machte, mich in irgendeine der Personen tatsächlich einzufühlen. Eher im Gegenteil, ich habe mich stellenweise geärgert, wie ruhig und unbeteiligt die vermeintlichen Freunde zusammensitzen und dekadentes Essen genießen, sich ihrer Privilegien durchaus bewusst und nach wie vor zu Späßen aufgelegt. Es gibt ihn nicht, weder den Sympathieträger, noch den Bösewicht, auch nicht die Frau, die beschützt werden muss, noch nicht einmal den Protagonisten, der Ursachenforschung betreibt. Irgendwie schade, denn wenigstens eine Person hätte mich gerne an die Hand nehmen dürfen und durch den Text führen.


    Der andere Kritikpunkt ist eine für mich uneinsichtige Argumentation bezüglich der Straftaten, die hier zwar immer wieder mittels Zeugenaussagen fokussiert werden, deren Ausübung oder vielmehr noch die Motive für die Handlungen der Stella Goldschlag aber im Dunkeln bleiben. Demnach lässt mir der Autor zu viel Spielraum für eigenes Ermessen und zu wenig emotionale Beteiligung an den Geschehnissen. Tatsächlich waren es diese Punkte, die inhaltlich wesentlich besser zu dem Roman „Der Club“ passten und ihn zu einem Highlight gemacht haben.


    Dennoch mag ich die literarische Umsetzung auch hier, selbst wenn sie nicht meine persönlichen Lesevorlieben trifft. Es sind mehr die moralischen Punkte, die hier bedient werden, die innere Zerrissenheit eines liebenden Mannes, der sehr genau zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann und schmerzlich erfahren muss, dass er sich hier in einem persönlichen Dilemma befindet. Das Buch geht eher der Frage nach, ob man verzeihen kann, oder lieber die Augen verschließt, ob man unverzeihliche Fehler dennoch vergibt, eben weil man liebt oder wie weit die Integrität reicht.


    Und ein weiterer Punkt auf der positiven Bewertungsseite ist die Glaubwürdigkeit der Einzelpersonen. Stella hasst den Teil ihrer Selbst, der andere ausliefert, um die eigene Haut zu retten. Tristan von Appen, Freund und Feind gleichermaßen und darüber hinaus ein hohes Tier bei der Gestapo, sonnt sich in seiner Macht und den Vorzügen seiner Stellung, doch würde es den Rahmen nicht geben, wäre auch er ein anderer. Und schließlich Friedrich, der stille Beobachter, der Unbeteiligte, der jederzeit gehen könnte und es doch nicht tut. Der auch später im Leben auf seine Zeit in Berlin zurückblickt und Stella niemals aus der Erinnerung streicht – diese zwiespältigen Verhaltensweisen in Anbetracht der historischen Hintergründe füllen diesen Roman mit einer erzählerischen Dichte, die mir ausgesprochen gut gefallen hat.


    Fazit


    Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen fiktiven doch historisch angelehnten Roman über das Leben der Jüdin Stella Goldschlag und ihrem Wirken im Rahmen des Nationalsozialismus. Eingebettet in tatsächliche Begebenheiten, untermalt mit echten Straftaten und belebt mit einer dramatischen Liebesgeschichte kann man hier in eine andere Zeit eintauchen, psychologische Aspekte menschlicher Verhaltensweisen hinterfragen und sich entspannt zurücklehnen. Etwas mehr Emotionalität hätte der Erzählung aus meiner Sicht gutgetan, ich habe sie aber auch gerne aus der pragmatischen Perspektive betrachtet, für die Wahl des Schauplatzes und der Zeit eine eher sachliche Herangehensweise. Vom Können des Autors bin ich überzeugt, er bringt Leser und Buch zusammen und schildert eindringlich und präzise seine Ausführungen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marcel R., 03.01.2019

    Als Buch bewertet

    »Das Unerzählbare erzählen. Man beginnt dieses Buch mit Skepsis, man liest es mit Spannung und Erschrecken, man beendet es mit Bewunderung.« Daniel Kehlmann
    Es ist 1942. Friedrich, ein stiller junger Mann, kommt vom Genfer See nach Berlin. In einer Kunstschule trifft er Kristin. Sie nimmt Friedrich mit in die geheimen Jazzclubs. Sie trinkt Kognak mit ihm und gibt ihm seinen ersten Kuss. Bei ihr kann er sich einbilden, der Krieg sei weit weg. Eines Morgens klopft Kristin an seine Tür, verletzt, mit Striemen im Gesicht: "Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt." Sie heißt Stella und ist Jüdin. Die Gestapo hat sie enttarnt und zwingt sie zu einem unmenschlichen Pakt: Wird sie, um ihre Familie zu retten, untergetauchte Juden denunzieren? Eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht – über die Entscheidung, sich selbst zu verraten oder seine Liebe. (Kurzbeschreibung vom Buch)
    Eine tolle historische Geschichte aus dem Jahr 1942. Der Text, ist zwar sehr sachlich, aber für mich gut und flüssig geschrieben. Die Personen sind sehr bildlich dargestellt, so dass man meint die Personen schon lange zu kennen.
    Es ist kein Krimi und Thriller und trotzdem konnte ich das Buch nur kaum aus den Händen legen. Da es sehr unterhaltsam und interessant geschrieben ist. Aber jetzt kurz zur Geschichte. Friedrich, ein junger Mann aus der Schweiz, kam nach Berlin. Dort wird er Kristin der Kunstschule kennen lernen, die aber nicht die Person ist die sie vorgibt zu sein. Aber vor Friedrich es erfährt, führt sie Friedrich in das Nachleben von Berlin ein. Aber dann wird Kristin als Jüdin von der Gestapo enttarnt. Aber mehr will ich jetzt hier nicht verraten, auf jedenfalls wird es noch sehr interessant und wir erfahren noch einiges über Stella Goldschlag, alias Kristin.
    Mir ist die Story sehr nahegegangen und hat mir sehr gut gefallen, so dass ich das Buch sehr gut zum Lesen empfehlen kann. Lest es aber nicht unter Zeitdruck, nehmt eich für das Buch Zeit und ihr werdet von der Story begeistert sein.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Mathildis S., 06.01.2019

    Als Buch bewertet

    Alle Schriftsteller, die mit ihrem ersten Buch einen großen Erfolg hatten, finden das zweite Buch nach dem Bestseller besonders schwierig zu schreiben. Denn die Erwartungen sind hoch und meist drängen die Verlage auch eine zeitnahe Fortsetzung des Erfolgsbuches. Diese Klippe hat Tarik Würger, der mit "Der Club" einen überraschenden Erfolg feiern konnte, sehr geschickt umschifft, denn das neue Buch ist ganz anders als sein erster Bestseller.
    Der junge Friedrich, ein einsames und verwöhntes Muttersöhnchen, geht 1942 aus der Schweiz nach Berlin und will vor dort weiterreisen. Doch er bleibt in Berlin hängen, weil er sich in das Aktmodell Kristin verliebt und sie zu ihm in das vornehme Hotel zieht. Doch Kristin ist nicht ihr richtiger Name, das stellt sich aber erst heraus, als sie eines Tages verletzt und kahl rasiert vor ihm steht, sie ist eine untergetauchte Jüdin namens Stella. Die Gestapo will sie zwingen andere Juden zu verraten, um ihre Eltern vor der Gaskammer zu bewahren...
    Das Buch besteht eigentlich aus drei verschiedenen Abteilungen: einmal die Geschichte von Friedrich und Stella, dann ein kurzer Abriss, was in den einzelnen Monaten des Jahres 1942 passiert ist und dann gibt es noch Auszüge aus Protokollen eines Gerichts, in denen Stella beschuldigt wird am Tod vieler Menschen beteiligt zu sein.
    Das Buch ist so unglaublich spannend geschrieben, dass ich nicht aufhören konnte zu lesen und es an einem Abend verschlungen habe.
    Würger gelingt es sehr geschickt die Leser in die Geschichte hineinzuziehen und den Konflikt zwischen Leben wollen und Moral aufzuzeigen. Man fragt sich, was man selbst in dieser Situation getan hätte: will man um jeden Preis überleben oder genügt man seinen Moralvorstellungen auch in lebensgefährlichen Grenzsituationen? Sein oder nicht sein? Er spielt sehr geschickt mit Klischees und bezieht die reale Figur der Stella und anderer realer Personen in seine fiktive Geschichte ein.
    Dem Buch ist zu wünschen, dass es ein Bestseller wird!

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    eleisou, 08.02.2019

    Als Buch bewertet

    Ein umstrittenes Buch, das nicht nur positive Kritiken bekommen hat. Das Buch befasst sich mit der Geschichte von Stella Goldschlag, selbst Halbjüdin, die während des Nationalsozialismus untergetauchte Juden verriet, um ihre Eltern und sich selbst vor dem Abtransport in die deutschen Konzentrationslager zu retten.
    Ausgerechnet im Jahr 1942 beschließt der Schwiezer Friedrich nach Berlin zu ziehen um dort zu Studieren. ein naiver, wohlbehüteter junger Mann, der den Klauen seiner Familie entgehen möchte, das die Beziehung vor allen zu seiner Mutter, sich immer schwieriger gestaltet. Dort lernt er die junge, hübsche und lebenslustige Stella kennen und lieben, die sich ihm aber als Kirstin vorstellt. Sie beider erleben eine leidenschaftliche Zeit und da Friedrich es sich finanziell leisten kann, gibt es keinerlei Mängel.
    Doch eines Tages kommt die Wahrheit ans Licht..
    Takis Würger versucht in diesem Buch auch die menschliche Seite von Stella Goldmann hervorzubringen, denn natürlich ist der Verrat, den sie augeübt hat, verurteilungswürdig. Andererseits aber waren die Konditionen von damals nicht vergleichbar, und man weiss nicht wie jeder von uns reagieren würde um seine Familie und sich selbst zu beschützen. Friedrich dagegen ist der naive, reiche Junglin, der nach Berlin zieht um vom goldenen Käfig seiner Eltern zu entkommen, und der den Krieg anfangs nur nebenbei mitbekommt, da er priviligiert im Luxushotel wohnt und es sich leisten kann, sich in diversen Clubs und Lokale noch zu unterhalten. Er wird Stellen gegenüber hörig, da sie seine erste Liebe ist, seine erste reifere Beziehung zu einer Frau und sein erster Versuch richtig intensiv zu leben.
    Fesselnd und eindringlich erzählt Takis Würger etwas Zeitgeschichte kombiniert mit fiktivem Inhalt, der keinen Leser einfach ungerührt lässt. Entweder man liebt seinen Schreibstil oder man hasst ihn. Ich gehöre zur Gruppe eins,

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  • 4 Sterne

    5 von 10 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Diamondgirl, 10.03.2019

    Als Buch bewertet

    Das Unerzählbare...

    Kaum ein Buch in den vergangenen Jahren spaltete die Leserschaft - oder eher: die Literaturkritiker - so sehr, wie Takis Würgers neuer Roman. Das liegt zu einem großen Teil sicher daran, dass er ausgerechnet eine Persona non grata als Titelheldin erwählte. Dazu kommt noch, dass dieser Titelheldin die Hauptrolle gar nicht zu kommt.
    Protagonist des Romans ist der fiktive Friedrich (im Buch gerne auch Fritz genannt), den die Lesenden ab den einleitenden Jugendjahren durch das komplette Jahr 1942 begleiten. Friedrich ist Schweizer und wächst dort in wohlsituierten Verhältnissen auf.
    Auf den ersten 35 Seiten erfährt man, wie er aufwuchs und wie er unter seiner alkoholkranken Mutter litt, die ihm erst sehr nah war, dann aber größtenteils ignorierte oder gar missachtete, da er wegen eines Vorfalls keine Farben mehr sehen konnt. So konnte er unmöglich die von ihr gesteckten Pläne, ein großer Maler zu werden, erfüllen. Er wuchs in einer Art Vakuum zwischen Bediensteten und dem leider nur selten anwesenden Vater auf. So erklärt sich auch die für ihn typische Naivität und Blauäugigkeit gegenüber anderen Menschen.
    Nach Schulabschluss entscheidet er, nach Berlin zu gehen, da er unglaubliche "Gerüchte" über den dortigen Umgang mit Juden hörte. Er will diesen "Gerüchten" nachgehen und sie am liebsten als Lügen enttarnen. So kommt er im Januar 1942 nach Berlin und lernt Kristin kennen in die er sich verguckt, von ihr den ersten Kuss bekommt und mit ihr eine Affaire beginnt. Fritz lebt trotz Kriegszeit sehr kommod von Vaters Geld im Grand Hotel und kann sich etwas leisten. Kristin findet natürlich Gefallen daran sich verwöhnen zu lassen.
    Eines Tages kommt sie misshandelt nach Tagen der Abwesenheit zurück und offenbart ihm, dass sie eigentlich Stella Goldschlag heiße und Jüdin sei. Ab da beginnt Friedrich, endlich erwachsen zu werden und seinen Blick zu schulen. Sein Blick, der offenbar noch viel weniger sieht als nur keine bunten Farben. Und er lernt auch, besser hinzuhören. Er lernt Nuancen zu hören und zu sehen.
    Obwohl er Stella beisteht und zu ihr hält, erkennt er immer mehr, welches Drama sich um ihn herum abspielt und seine rosa Brille bröckelt immer mehr. Er erkennt langsam das Unrecht und die Verlogenheit seines Umfelds und hadert damit, dass er selbst kaum Handlungsspielraum hat und Stella nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, aber auch nicht herausreißen und mitnehmen kann.
    Das Buch ist - von der Einleitung abgesehen - in Monate unterteilt, die alle mit einer Zusammenfassung tatsächlicher Begebenheiten des Monats beginnen. Gespickt mit je einem Göbbels-Zitat aus dessen 10 Geboten für jeden Nationalsozialisten. Diese von der Handlung gelösten Zusammenfassungen fand ich ausgesprochen gelungen. Eine wunderbare Art darzustellen, dass eben nicht nur Krieg und Not herrschte sondern auch "normales" Leben auf dem Erdball. In Abständen stehen kursiv gesetzte Passagen aus dem Gerichtsprozess gegen Stella Goldschlag. Auch dies fand ich aufschlussreich und passend.
    Sicher lässt sich darüber streiten, ob man eine solche Person für einen Roman als titelgebenden Protagonisten wählen sollte - dafür gab es von mir leichten Punktabzug - denn sie dient nur dazu, Käufer zu generieren, die dieses Buch sonst nicht erstanden hätten. Auch wenn Fritz Liebe zu Stella Kern des Geschehens ist, ist es dennoch für mich kein Liebesroman. Vielmehr kann man erahnen, wozu Menschen fähig sind, wenn sie Todesangst, auch um ihre Liebsten, haben. Wie sehr man die Augen schließen oder wegsehen kann, wenn man die Wahrheit nicht wissen will. Weil man ahnt, dass man mit ihr nicht leben könnte auf Dauer.
    Dies ist ein Roman, bei dem man sich mit keinem der Protagonisten identifizieren möchte. Ganz im Gegenteil. Aber verstehen kann man zumindest. Sogar gegenüber jemandem wie Stella kann man Verständnis aufbringen, völlig egal, wie nah sie an der tatsächlichen geschrieben wurde.
    Der Schreibstil ist gekonnt und mitreißend.
    Mir hat es wirklich sehr gut gefallen. Es lässt mich darüber nachdenken, ob sich heute wirklich noch jemand vorstellen kann, wie sich Menschen in solchen Situationen verhalten. Und ob jeder sich wirklich selbst davon freisprechen kann anders zu handeln, käme er in eine ähnliche Situation.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kaffeeelse, 01.02.2019

    Als Buch bewertet

    Ja, er kann schreiben, der Herr Würger. Schon "Der Club" hat mir gefallen. Aber jetzt bei "Stella" merkt man, er kann noch mehr Tiefe herstellen in seiner Charakterzeichnung. Und ich muss sagen, Hut ab vor jemandem, der es wagt zu so einem Thema einen Roman zu schreiben. Und an den Diskussionen sieht man wieder, ein großer Teil von uns neigt zu Schubladendenken, Schwarz- oder Weiß-Einteilung. Tja, so einfach ist das aber nicht!

    Ich bewerte hier den Roman "Stella", nicht die Person Stella. Und ich muss sagen, der Roman "Stella" hat mir gefallen. Es hat für meine Begriffe nur wenig zu einer 5 Punkte Bewertung meinerseits gefehlt. Der Charakter Stella im Roman hat mich gefangen genommen, Takis Würger ist es gelungen uns einen Menschen mit Gefühlen zu zeigen. Warum auch nicht? Jeder Mensch hat diese. Auch eine Stella Goldschlag wird ihre Eltern geliebt haben, wird ein Leben gehabt haben, wird Männer geliebt haben, wird ihr eigenes Leben geliebt haben. Dieses Buch empfand ich als einen Versuch eines Blickes auf Stella, einen gelungenen Versuch. Ein Versuch, der in mir Mitgefühl für Stella hochkommen ließ. Erstaunlich und ein Zeichen dafür, dass der Autor sein Handwerk versteht. Die Person des Friedrich fand ich ebenso interessant, die Zeichnung der Kindheit, die Rollen der Mutter und des Vaters und das Kind dazwischen. Den Einfluss, den die Eltern auf das Kind haben und was dieser Einfluss mit dem Kind macht. Die Liebe und was diese mit Friedrich macht. Das Hin- und Herschwanken des verliebten Friedrich mit seinem Wissen um die Taten der Stella. Kennen wir das nicht alle, dass wir eine geliebte Person anders sehen, anders sehen wollen? Und erst später Wahrheiten zulassen. Warum soll das bei einer Stella Goldschlag und ihren Geliebten anders gewesen sein? Wegen ihrer schlimmen Taten? Können wir die Liebe steuern oder steuert die Liebe uns? Die Figur des Tristan fand ich interessant, aber definitiv noch ausbaufähig. Soll sie uns die Figur des mitlaufenden Deutschen mit Schwächen präsentieren? Ich weiß nicht. Ich stelle mir die vollkommen Überzeugten immer als sehr überkorrekte Menschen vor. Aber jeder Mensch hat Fehler, auch die Überkorrekten, vielleicht auch gerade diese.

    Die Einschübe mit den historischen Daten fand ich sehr gut gemacht. Das hat immer wieder den furchtbaren Hintergrund vor dem geistigen Auge entstehen lassen. Und damit vielleicht auch den Druck unter dem die Menschen damals gestanden haben.

    Womit wir bei der Bewertung des damaligen Geschehens wären. Natürlich gibt es Taten die definitiv verachtungswürdig sind. Trotzdem sollten wir uns vorsehen allzu viel des damaligen Geschehens bewerten zu wollen. Es gibt die Bezeichnung des Glücks der späten Geburt. Und wir alle haben wirklich Glück später geboren zu sein. Ich habe in einer Doku gesehen/gehört, dass eine Frau in Nürnberg zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, weil sie geweint hat, als eine Gruppe jüdischer Häftlinge an ihr vorbeigetrieben wurde. Der Druck, unter dem die Bevölkerung damals gestanden hat, wird ein Großer gewesen sein. Und Druck verändert. Genauso wenig wissen wir alle, oder ein Glück die meisten von uns, was wir bereit sind zu tun, wenn Menschen die wir lieben bedroht sind oder unser eigenes Leben bedroht ist.

    Und noch etwas, ich finde auch die Diskussionen um dieses Buch teilweise als unsinnig. In diesem Buch wird meiner Meinung nach nichts verharmlost oder negiert oder verkitscht!

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  • 3 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    H. N., 15.03.2019

    Als eBook bewertet

    Friedrich ist nicht einmal zwanzig, als er mitten im Kriegsjahr 1942 aus seinem beschaulichen Heimatort in der ach so neutralen Schweiz nach Berlin kommt. Er hält sich für mutig, weil er die Wahrheit über den Krieg und die Juden kennenlernen will, und vielleicht ist er das auch, doch in erster Linie ist er naiv. Berlin ist eine andere Welt, mit anderen Leuten, wie er sie nie kennengelernt hat. Zum Beispiel Kristin, dieses Mädchen, das ihn küsst und in Clubs mitnimmt. Doch eines Tages taucht sie bei ihm auf, nichts ist mehr geblieben von dieser souveränen, stolzen Frau, geschlagen ist sie, in jeder Hinsicht, und erst jetzt erzählt sie ihm die Wahrheit. Ihr Name ist Stella und sie ist Jüdin. Um ihre Eltern zu retten, tut sie das Schrecklichste, was man sich vorstellen kann, sie verrät andere Juden.

    Ich habe Vorwürfe gelesen, dieses Buch sei nazifreundlich und antisemitisch. Wie sie auf nazifreundlich kommen, weiß ich nicht, vielleicht wegen Tristan? Auch kultivierte Nazis sind Nazis, und nur weil einer elegant und eloquent daherkommt, muss er doch weder Gewissen haben noch muss der Autor Sympathie für ihn hegen. Bei Inglourious Basterds waren auch alle von der Darstellung des Hans Landa durch Christoph Waltz begeistert, deshalb würde sie niemand für Nazisympathisanten halten. Nein, ich kann diese Vorwürfe alle nicht nachvollziehen, meine Schwierigkeiten mit diesem Buch lagen einfach im Schreibstil begründet. Ich kam und kam nicht rein, diese dünne Lektüre zog sich für mich wie Kaugummi, trotz der dramatischen Ereignisse und der wahren Ereignisse, die immer zu Beginn eines Kapitels angeführt wurden. So bleibt für mich nur zu konstatieren, dass es ein wichtiges Thema ist, mit dem man sich beschäftigen sollte, aber wahrscheinlich nicht mein Autor.

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  • 3 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lesemama, 11.02.2019

    Als eBook bewertet

    Zum Buch:
    Friedrich ist 1922 in der Schweiz geboren und lebt mit seinen Eltern in einem Haus am Genfer See. Als der zweite Weltkrieg in vollem Gange ist, hört er ein Gerücht über einen Möbelwagen, der in Berlin Juden einsammelt. So reist er nach Berlin und die Wahrheit zu suchen und findet Stella, die unter dem Pseudonym Kristin in Berlin lebt.

    Meine Meinung:
    Ich las den KlappenText nicht und war nur wegen den total unterschiedlich Meinungen neugierig auf das Buch. Nachdem ich las, dass Takis Würger eventuell verklagt wird, wollte ich mir eine eigene Meinung bilden. Ich brauchte bestimmt die Hälfte des Ncihes, bis ich endlich verstand, wer Stella ist, mit Klappentext hätte ich es von Beginn an gewusst.
    Die Geschichte hat mich teilweise sehr berührt, vor allem die "Tatsachenberichte" der Juden, was ihnen zugestoßen ist, wieviel sterben müssten, wie wenig überlebten.
    Friedrich/Fritz fand ich ein wenig farblos und total unbedarft. War es, weil er in der Schweiz aufgewachsen ist, oder war es ihm tatsächlich so egal, wie andere Menschen gelitten haben. Stella hingegen war egoistisch, wie es ein Mensch im Krieg mit großet Wahrscheinliche ist, wenn er genau weiß, sein Leben steht auf dem Spiel. Daher fällt es mir sehr schwer, das Buch zu beurteilen.
    Ich kann es nicht gutheißen was Stella hat, ich kann es aber auch nicht verurteilen.
    Alles in allem war das Bcih dann doch nur Mittelmaß, denn ich hätte sehr gerne gehabt, dass es mehr in die Tiefe geht. So war es eine Erzählung ohne Teofgang, das aneinanderreihen von Ereignissen, völlig belanglos erzählt.
    Fast wie ein Geschichtsbuch.

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