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    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 07.02.2021

    Mit dem jungen Herrscher kommt auch die Öffnung des Wüstenstaates für die Welt jenseits der Landesgrenzen. Stephan Orth wagt sich als einer der ersten Touristen, eine im Land noch völlig unbekannte Spezies, nach Saudi-Arabien. Er will jedoch nicht die prunkvollen Hotels sehen, sondern die normalen Menschen kennenlernen, sehen, wie sich ihr Alltag gestaltet und wie sie ticken. Doch das ist gar nicht so einfach, Couchsurfing ist noch recht unbekannt und Gastgeber finden sich nur schwer oder sie sagen kurzfristig ab. Nachdem seine Touren durch den Iran und Russland bereits abenteuerlich waren, lässt sich der Autor jedoch davon nicht entmutigen und wird mit spannenden Einblicken, aber auch unauflösbaren Widersprüchen – die jedoch ihn mehr zu irritieren scheinen als die Einheimischen – belohnt.

    Mich haben die bisherigen Couchsurfing-Berichte von Stephan Orth bereits sehr begeistern können, da es ihm gelingt, den perfekten Ton zwischen Neugier und Aufgeschlossenheit, jedoch auch kritischem Blick und pointiertem Kommentar zu finden, der die Reisedokumentation nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam gestaltet. Im letzten Jahr hatte ich bereits Nadine Pungs‘ „Meine Reise ins Übermorgenland“ über ihre Reise durch die Arabische Halbinsel gelesen, ihr war jedoch das Visum für Saudi-Arabien verwehrt geblieben, weshalb sie nur die kleineren Staaten besuchen konnte. Orths füllt nun die geografische Lücke auf sehr unterhaltsame Weise.

    Saudi-Arabien ist vor allen Dingen eines: Wüste. 95% des Landes sind von Sand bedeckt, weshalb Ausflüge in die Dünen ebenso zum Pflichtprogramm gehören wie Kamele, wobei die eingestreuten Fakten zu den Wüstenschiffen nicht immer ganz ernst gemeint sind. Es ist eine in der Öffentlichkeit von Männern dominierte Welt, Frauen verschleiern sich, es sei denn es handelt sich um Ausländerinnen in sogenannten Compounds. Dies ist die abgeschlossene Welt der Ex-Pats, die hinter hohen Mauern und gut bewachten Zugängen das typisch westliche Leben genießen, das den Bewohnern des Königreiches verwehrt bleibt.

    Spannender als dies sind daher die Begegnungen mit den Saudis, für die die neue Zeit, die von Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) eingeleitet wurde, zum Teil noch befremdlich wirkt. Zwischen strengem Islam, Trennung von Männer- und Frauenwelt, absurdem Reichtum und zugleich technologischem Fortschritt wie im Westen geraten alte Strukturen ins Wanken. Wobei auch hier unsere Vorstellung bisweilen weit abweicht von der Wahrnehmung der Menschen dort: die unterdrückte Frau ist nicht selten diejenige, die zu Hause das Zepter schwingt und die Machtverhältnisse umkehrt.

    Nach all den negativen Schlagzeilen der vergangenen Jahre (Niederschlagung von Protesten gegen die Regierung, der militärische Eingriff im Jemen und nicht zuletzt die Affäre Khashoggi) liefert Orth einen anderen Blick auf das Land, der jedoch auch nicht verhehlt, dass in der Öffentlichkeit vieles nicht gesagt werden kann und die Herrscherfamilie ein drakonisches Regime führt, mit dem nicht zu spaßen ist. Menschenrechte, Demokratisierung oder auch Meinungsfreiheit bleiben ferne Utopien, jedoch scheint es vielen auch zu gelingen, sind innerhalb der engen Grenzen einzurichten und ihre Wege zu finden, die Missstände zu kommunizieren.

    Spannende Einblicke, die neugierig machen und zugleich auch abschrecken. Ein interessantes Land voller Widersprüche.

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    4 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke S., 16.02.2021

    Genialer Reisebericht, spannend wie ein Roman, und direkt an den Einheimischen dran

    Dies ist mein erster Reisebericht aus der Feder von Stephan Orth, wird aber sicher nicht mein letzter bleiben, denn ich bin begeistert.

    Als ich mich vor ein paar Jahren mit der Rolle der Frau beschäftigt habe, ist mein Blick natürlich auch nach Saudi Arabien gewandert. Seither sind immer wieder erste Zeichen der Öffnung durch die Presse gegangen. Frauen dürfen jetzt den Führerschein machen, ist nur ein Beispiel dafür. Erst kürzlich bin ich auch auf einen Zeitungsartikel, der über Kronprinz Mohammed bin Salamans Zukunftsprojekt berichtete, gestoßen. Mein Interesse für das Land war schon vorher da, aber auf die Idee in einem solch totalitären Regime, das für Waffenlieferungen, den Krieg im Jemen und weiteren Schrecken bekannt ist, Urlaub zu machen, wäre ich sicher nicht gekommen. Umso mehr habe ich mich über dieses Buch gefreut.

    „Arbeitsvisa oder Pilgervisa, das schon. Aber für Urlauber und Individualreisende? Unmöglich. Man hätte mich gleich am Einreiseschalter nach Hause geschickt.“ hat bisher gegolten, doch „Seit Oktober 2019 sind Vergnügungsreisende plötzlich erwünscht, denn König und Kronprinz wissen, dass ihr Öl nicht ewig sprudeln wird, und hoffen nun auf andere Einnahmequellen.“

    „Ein Land, das jahrzehntelang für Individualreisende verschlossen war – und dann kann man plötzlich einfach ein Visum beantragen. Da musste ich einfach hin.“, und genau dorthin nimmt Stephan Orth auch seine Leser mit. Als einer der ersten Touristen darf man mit ihm das Land bereisen, sich als Couchsurfer unter die Einheimischen mischen und deren Mentalität, deren Verharren zwischen Traditionen, aber auch aufgeschlossenes Begrüßen der Neuerungen und vor allem deren unermesslich große Gastfreundschaft erleben, erfährt ganz nebenbei auch ganz viel Geografisches, von Gesetzen und Regeln und auch das politische Geschehen wird vom Autor beleuchtet.

    Stephan Orth unterteilt seinen Reisebericht in zahlreiche kleine Episoden, die unterschiedlicher und breitgefächerter nicht sein können. Bei der eigentlich verbotenen Weihnachtsfeier hinter Zäunen in der Wüste angefangen, über einen Inlandsflug, der mit Gebet beginnt oder einem Aufenthalt in einem Compound, der Ausländern ein nahezu westliche Leben ermöglicht, bis hin zur Wüsten-Ralley nur ein paar Kilometer von der Grenze zum Jemen und Waffenfeuer entfernt, wird hier nicht nur ein breiter Querschnitt geboten, sondern es wird zudem an keiner Stelle langweilig oder auch eintönig. Sein plaudernder Erzählstil tut noch sein übriges dazu, dass ich das Lesen wie bei einem spannenden Roman erlebt habe. Ich habe mich auf jedes neue Kapitel regelrecht gefreut, was gibt es wohl da Besonderes zu erleben? Gut hat mir gefallen, dass der Autor wertfrei berichtet, seinem Leser durch die Einordnung des Erzählten in die aktuellen Bestimmungen, die Traditionen und die Einbindung der zu Grunde liegenden Fakten, aber selbst ermöglicht, sich ein Bild zu machen.

    „Vor Kurzem war Musik in der Öffentlichkeit noch verboten, galt als unislamisch.“, „Der King Abdulasziz International Airport ist größer als der Chiemsee,“ „Männerkopftuch ist nicht Männerkopftuch“., „Bundesgericht“ für die Schwiegermutter und für die Frau „Landgericht“, weil die richtigen Namen nicht im Handy nie gespeichert werden, Flirten per Snapchat, ich könnte noch unendlich so weiter machen, weil ich so begeistert bin von den unzähligen kleinen Details zu Land und Leute, die ich mit diesem unheimlich tollen Reisebericht erfahren habe. So macht Lernen Spaß und durch die Einbettung in die kleinen Episoden bleibt hier auch vom Faktenwissen richtig etwas hängen.

    Super gut hat mir auch die kleine Kamelkunde gefallen, die in übersichtlichen Häppchen, eingefügt in die einzelnen Kapitel, alles über diese besonderen Tiere verrät. Beim Geschmack der Milch, die je nach Nahrung variiert, angefangen, über die höchsten Preise für Rennkamele oder Neuerungen bei deren Jockeys, bis hin zu den beachtlichen Leistungen, zu denen diese wunderbaren Tiere fähig sind. Fachmann für Kamele würde ich mich nach dem Lesen natürlich nicht bezeichnen, aber ich kann jetzt doch mit großer Begeisterung für sie, so einiges über die Wüstenschiffe sagen, und weiß zudem, wo ich mich erkundigen kann, wenn ich meinen Partner gegen ein kleine Herde eintauschen will.

    Unbedingt lobend erwähnen muss ich auch noch die zahlreichen farbigen Fotos und Bilder, die sich zur Auflockerung des Textes in den einzelnen Kapiteln finden, und ganz besonders den Abschnitt „Couchsurfing in weiteren Bildern“ am Ende. Auch wenn der Autor unheimlich lebendig erzählt und ich mir alles mehr als gut vorstellen und ausmalen konnte, bekommt man so doch noch einmal einen anderen, noch besseren Eindruck. Auch die Karten, auf denen man den Reiseverlauf mitverfolgen kann, sind eine sehr willkommene Ergänzung, muss man sich das doch so nicht ergoggeln.

    So und nun bleibt nur zu hoffen, dass Covid-19 ganz schnell so weit in den Griff zu bekommen ist, dass Stephan Orth bald wieder auf Reisen gehen und weitere Berichte liefern kann. Welch ein Glück, dass ich die Zeit bis dahin wenigstens noch mit Couchsurfing im Iran, Russland und China überbrücken kann.

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