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  • 5 Sterne

    23 von 32 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sagota, 04.08.2020

    Als Buch bewertet

    Ein alter, schwerstkranker Mann ist auf der Fahrt mit dem Dampfer "Amerika" zurück nach Europa: Es handelt sich um Gustav Mahler, Musiker, Komponist und weltberühmter Dirigent (1860 - 1911), in seinem letzten Lebensjahr also begegnen wir nicht nur dem Musiker, sondern auch dem Menschen Mahler in einer biografischen Skizze (das Büchlein umfasst 126 Seiten), die doch viel mehr als eine skizzierte Persönlichkeit ist: Robert Seethaler (*1966 in Wien) hat mit den Gedanken Mahlers in seinem neuen Buch "Der letzte Satz" (erschienenen bei Hanser, HC, gebunden, 2020) dem Leser eine Möglichkeit gegeben, in dessen (etwas kapriziöse) Persönlichkeit einzutauchen - und auch seine Musik kennenzulernen, so dies noch nicht geschehen ist:

    Gut umsorgt wird Mahler von einem Schiffsjungen, der ebenfalls eine wichtige Figur im Roman darstellt und in den Dialogen viel Tiefgang zu finden ist: Er sollte auch am Ende des Buches eine Rolle spielen...

    Mahler sinnt auf dem Sonnendeck (er fröstelt ständig, fiebert, war bereits krank, als er sein letztes Konzert in New York gab)über die Momente der Schönheit - und auch des Bedauerns in seinem Leben, an denen er den Leser teilhaben lässt: Da sind in jeweiligen Rückblicken sein Werdegang, die Hochzeit mit Alma, der damals schönsten Frau in Wien, die jedoch sehr viel jünger ist als er; die beiden Töchter Anna und Maria, der Tod Marias, über den er nie hinwegkam und seine Arbeit: Er liebt Vögel und kennt alle mit Namen, wenn nicht, gibt er ihnen eine - dieser Passus gefiel mir sehr und lässt auch die große Fantasie Mahlers, die auch in seinen Werken steckt, offenkundig werden. Er liebt die Musik, er liebt seine Arbeit, seine "Komponierhäuschen", in denen er in völliger Stille und Abgeschiedenheit komponieren kann; seine Frau und seine Töchter. Alma ist ihm ein Anker in seinem Leben und als es zur Ehekrise kommt, steht für Gustav Mahler die härteste Zeit an: Als Kind hat er einige Geschwister früh verloren; besonders der Tod seines etwas ältereren Bruders mit nur 15 Jahren ließ ihn früh spüren, wie schmerzhaft ein derartiger Verlust ist. Zeitlebens nicht gesund, hat er sich von seiner Krankheit niemals besiegen lassen; es erscheint eher, dass er in allem hart zu sich selbst war - aber auch ein Perfektionist, was die Auswahl der Chormitglieder betraf. Er staunt, als er seine Zeit als Hofdirektor der Wiener Oper nochmals auferstehen lässt:

    "Man schlägt einen Ton an, und der schwingt dann weiter im Raum. Und trägt doch schon das Ende in sich". (Zitat S. 33)

    Mahler liebte die Abgeschiedenheit, die Stille, die ihm Raum für seine Arbeit gab; Großstädte wie z.B. "das überzuckerte Paris" waren ihm zuwider: Wenn man bedenkt, welch feines Gehör er haben musste, kann man dies sehr gut verstehen. Fasziniert hat mich auch seine Liebe zu seinem Pult, hinter dem er sich "sicher und geborgen" fühlte:

    "Es steckten die Wut und die Freude eines ganzen Lebens in ihm".
    (Zitat S. 60)

    Der etwas melancholische Grundton des Romans, dessen Sätze so glasklar wie aufsteigende Sektperlen an die Oberfläche dringen, passt sehr gut zum Befinden Mahlers und stilistisch schnörkellos, dabei sehr atmosphärisch, gelingt es Seethaler, sich ein Bild von Gustav Mahler zu machen, das vielschichtiger und tiefsinniger ist als der Romantext. Auch stellt er Positives, die Freude, die Mahler in Gedanken hat, wenn er an seine Arbeit denkt. dar (auch an Bord schreibt er noch 3 Stunden an einem neuen Werk), die ihm jedoch, wie er jetzt, am Lebensende angekommen, alles abverlangte. Ob er sich selbst zeitlebens zuviel abverlangt hat? Er verließ sich stets auf sein Gehör - und seinen Fleiß; die körperlichen Schmerzen suchte er oft, zu ignorieren.

    In so manchen Sätzen ist man als Leser sehr berührt über die Lebendigkeit, das Aufseufzen, den Lebenswillen des schwerkranken Dirigenten, der das nahende Ende fühlt. Auch eine gewisse Demut vor dem Leben ist durchaus spürbar, die sich in Mahlers Emotionen äußert. So wünscht er sich, einmal "fliegende Fische" zu sehen - und verpasst dieses Erlebnis am Ende nur knapp. (So schön es übrigens aussieht, so tragisch ist dies auch, wer sich mit diesem Phänomen beschäftigen möge, wird wissen, was ich meine). In gewisser Weise personifizieren die Fische für mich hier ein Ende - und auch einen Aufbruch.

    Auch die letzten Seiten deuten mit den Gedanken des früheren Schiffsjungen, der von Gustav Mahlers Tod erfährt, darauf hin: Alles beginnt. Und alles endet.
    Ein berührender, stellenweise ergreifender Roman, den ich sehr gerne gelesen habe. Robert Seethaler ist es auf wenigen Seiten gelungen, "tief eintauchen zu können" in eine starke Persönlichkeit, die die Opernwelt als Reformer bis heute prägt und dem Leser für eigene Gedanken viel Raum zu lassen.

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  • 5 Sterne

    13 von 16 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jutta S., 26.07.2020

    Als Buch bewertet

    Ein neuer, wunderbarer und wie gewohnt beeindruckender Roman von Robert Seethaler, der in deutlicher, anschaulicher und oft melancholischer Sprache den letzten Satz aus Gustav Mahlers Leben beschreibt.
    Gustav Mahler tritt seine letzte Reise über den Ozean an, schwer krank, vom Leben gezeichnet und gefangen in seinen Erinnerungen.
    An Deck verliert es sich in Reflexionen über sein Leben: seine Liebe zu seiner wunderschönen, mittlerweile untreuen, aber ihm trotz allem bis zum Tod treu zur Seite stehenden Frau Alma, seine Töchter, eine leider viel zu früh verstorben, seine unzähligen Konzertreisen, Erfolge aber auch Misserfolge.
    Mahler wirkt anfangs verbittert und trostlos, erkennt jedoch, dass er auf viele wunderbare und schöne Begebenheiten in seinem Leben zurückblicken kann.

    Die Sprache Seethalers ist wie eine Kompostion: harmonisch, fließend und doch oft tragisch, dabei glasklar und meist ohne Schnörkel und Verzierungen.
    Schon das Cover hat mich gefesselt, es zeigt deutlich die Einsamkeit und Tristess Mahlers und seine Aussichtslosigkeit.
    Der Titel bezieht sich für mich sehr treffend auf seine Situation im Leben und in der Musik, er könnte nicht besser gewählt sein.

    Das Buch war für mich leider viel zu schnell vorbei, gerne hätte ich noch mehr über Mahler, sein Leben, seine Ansichten und Erinnerungen sowie seine Musik erfahren. Ich konnte mich so richtig in der Stimmung und den Situationen verlieren.

    Hiermit vergebe ich glatte 5 Sterne für dieses wunderbare Werk.

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  • 5 Sterne

    4 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    steffi k., 26.07.2020

    Als Buch bewertet

    Wunderbare Zeitreise

    Nach „Das Feld“ und „Ein ganzes Leben“ erscheint am 3. August 2020 der neue Roman von Robert Seethaler mit dem Titel "Der letzte Satz" als Hardcover bei Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG.
    In der Ankündigung des Verlags heißt es auch : „Musik braucht nichts und niemanden, sie ist immer da. Ist das Leben?“ Das macht nachdenklich und erwartungsvoll zugleich.
    Wir begleiten Gustav Mahler an Bord eines Schiffes ,das ihn 1910 von New York nach Europa zurückbringt auf seiner letzten Reise und erleben ein ergreifendes Porträt . Es ist das Porträt eines Ausnahmekünstlers; des todkranken Gustav Mahlers, eines Menschen , der wehmütig auf sein Leben blickt und sich fragt , ob er so gelebt hat, wie er es wollte oder ob er etwas versäumt hat. Gustav Mahler, der berühmte Komponist und Dirigent, hat sein Leben lang wie ein Besessener gearbeitet –hatte Erfolge aber auch Misserfolge.

    Das Cover setzt gestalterisch an den vorherigen Werken des Autors an, es zeigt gleichzeitig Handlungsort und Lebenssituation.
    Die Sprache Seethalers fügt sich wie gewohnt - glasklar und fast ohne Schnörkel und Verzierungen - zu einem beeindruckenden Roman zusammen.
    Der Roman hat mich nicht nur sprachlich beeindruckt, mich zum Nachdenken über die Sinnhaftigkeit des Lebens angeregt , sondern auch darin , die Musik Gustavs Mahlers für mich wiederzuentdecken.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Zauberberggast, 05.08.2020

    Als Buch bewertet

    Leider muss ich zugeben: “Der letzte Satz” war mein erster Seethaler. Auch mit Gustav Mahler hatte ich bislang nicht viel zu tun, außer dass ich ganz im Groben über sein Leben und Werk Bescheid wusste.

    Als Einstiegswerk in Seethalers Schaffen war dieser Kurzroman (nur 128 Seiten) für mich wunderbar geeignet. Man bekommt ein gutes Gefühl für den viel gerühmten Takt, den Seethaler in seiner leisen, eindringlichen Prosa anschlägt. Ja, Seethalers Schreiben ist sehr musikalisch und so passt es wunderbar, dass er sich den Weltmusiker Gustav Mahler als Protagonisten seines neuesten Werks ausgesucht hat.

    Die Handlung von "Der letzte Satz" ist schnell zusammengefasst. April 1911. Gustav Mahler befindet sich auf seiner letzten Reise per Schiff von New York, wo er sein letztes Konzert gegeben hat, zurück nach Europa. Mahler weiß, dass er an einer unheilbaren Herzentzündung sterben wird. Auf der Schiffsreise, auf der ihn seine junge Frau Alma und seine kleine Tochter Anna begleiten, denkt er über sein Leben nach.

    Es ist also im Wesentlichen Mahlers Innenleben, was hier beschrieben wird. Die Erinnerungen, die ihn beschäftigen und quälen und solche, die ihm teuer sind. Eine gedankliche Reise also zu den schönen und schlimmen Momenten seines Lebens. Es sind einschneidende Erlebnisse, wie der Tod seiner Tochter Maria, die Begegnung mit berühmten Menschen, seine Liebe zu Alma, natürlich seine Arbeit oder auch nur flüchtige Reflexionen über Gott und die Welt.

    Wir haben außerdem ein wenig Teil am künstlerischen Schaffensprozess des Komponisten Mahler. Was inspiriert ihn, was setzt diesen komplexen gedanklichen Prozess in Gang, an dessen Ende die unvergängliche Musik steht, der man im Konzertsaal oder auf dem Tonträger lauschen darf.

    Was wir hier lesen dürfen, ist ganz große Literatur, die sich an nichts weniger als an den großen klassischen Erzählern orientiert und doch ganz eigenständig und einzigartig dasteht in der Flut der belletristischen Publikationen. Dennoch werden manche sagen: zu kurz, zu oberflächlich. Aber sind nicht gerade die flüchtigen, oft nicht “fertig gedachten” Gedanken und Erinnerungen eines großes Künstlers, die wir nicht anders als in Form von Literatur kennenlernen dürfen, eine wahnsinnige Bereicherung? Für mich sind sie es jedenfalls.

    Ein Buch, das man nicht nur einmal liest, sondern zu dem man immer wieder greifen wird, wenn einem der Sinn nach wehmütig schöner, erstklassiger Literatur steht.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ulrike R., 07.08.2020

    Als Buch bewertet

    Ein kranker Mann am Deck der America bei der Überfahrt von New York über den Atlantik. Es ist Gustav Mahler, der Komponist, der Dirigent, der Herr Direktor. Auf seiner letzten Reise, gezeichnet von Krankheit und Schwäche, betreut von einem Schiffsjungen, zieht er Bilanz über sein Leben, sein Schaffen, seine Ehe mit Alma.
    Mahlers letzte Reise ist Robert Seethalers „Der letzte Satz“. Es ist ein sehr melancholisches Kurzporträt eines begabten Künstlers, eines gebrochenen, müden Mannes.
    Gefangen in einem seit Kindheit kränkelnden Körper, getrieben von seinem musikalischen Ausnahmegenie erinnert sich Mahler an sein Wirken als Direktor der Wiener Hofoper. Wie jung er damals war, als alle dabei sein wollten, man „diesen kleinen, zappeligen Juden sehen (wollte), der es aus unerfindlichen Gründen geschafft hat, das beste und störrischste Orchester der Welt zu disziplinieren.“
    Doch das musikalische Werk Mahlers steht nicht im Vordergrund dieses schmalen Büchleins. Seethaler reduziert Mahler auf ein Minimum, auf Schmerzen, Schwäche, Schlaflosigkeit.
    „Nein. Man kann über Musik nicht reden. Es gibt keine Sprache dafür. Sobald Musik sich beschreiben lässt, ist sie schlecht.“
    So sinniert Mahler über die Endlichkeit des Lebens und die Unendlichkeit des Meeres. Dieses Motiv der Weite, Kälte, Vielfalt und Tiefe des Meeres kommt immer wieder. Doch die schönen Worte des Bedauerns, die Seethaler dafür findet, erreichen diese Tiefe nicht.
    Immer wieder führen Mahlers innere Monologe zu vergangenen Ereignissen, versäumten Gelegenheiten. Der Verlust eines Kindes hat ihn schwer getroffen. Seine Ehe zu Alma besteht nur mehr aus Loyalität.
    Erstaunlicherweise erscheint Alma - die nicht nur Mahlers Frau war sondern später auch Muse, Geliebte, Ehefrau anderer namhafter Künstler der Wiener Secession und Bauhauszeit, wie dem „Baumeister“ Hans Gropius, Oskar Kokoschka, Franz Werfel…, war – sehr brav und bieder bis zu dem Moment, als Mahler sich Almas Affäre mit Gropius gemahnt.
    Nur flüchtig streift Seethaler am Antisemitismus an, mit dem Mahler konfrontiert war. Bedeutsame Begegnungen mit Auguste Rodin oder Sigmund Freud, sind nur kleine Gedankensplitter. Was von Mahler übrig bleibt, ist ein kleiner, rührseliger, einsamer Mann. Zu mehr hat die Kürze dieses Buches wohl nicht gereicht.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Mandel61118, 29.07.2020

    Als Buch bewertet

    Literarisches Kleinod

    "Auf seiner Kiste auf dem Sonnendeck dachte Mahler in einem Anflug bösartiger Resignation an die Nichtigkeit des Lebens. Es war kaum mehr als ein kurzes Ausatmen, ein Hauch im Weltensturm, und doch liebte er das Leben so sehr, dass ihm die Traurigkeit über die Vergeblichkeit dieser Liebe das Herz zerreißen wollte." (Seite 82)

    Das obige Zitat ist eine meiner Lieblingsstellen aus dem Buch. Die Sprache ist sehr poetisch und einfühlsam, Landschaften und Stimmungen werden mit wunderschönen Beschreibungen dargestellt.
    Das Buch ist in einem gemächlichen, leisen Rhythmus geschrieben, es fesselt den Leser mit jedem einzelnen Satz.

    Man begleitet Gustav Mahler auf seiner letzten Schiffsreise von Amerika nach Europa. Der berühmte Komponist und Dirigent ist sterbenskrank und hat nicht mehr viel Zeit. Die Szenen wechseln vom Schiffsdeck, wo sich Mahler aufhält und von einem Schiffsjungen umsorgt wird, zu Rückblicken auf sein Leben. Er ist sich seines nahen Todes bewusst und erinnert sich voller Wehmut an die wichtigsten Stationen seines Lebens bzw an die wichtigsten Personen. Die tiefe, jedoch auch problematische Beziehung zu seiner Frau Alma wird beleuchtet, die Liebe zu seiner Tochter Anna sowie die nie vergehende Trauer um seine Tochter Maria, die im Kindesalter gestorben ist. Der Autor charakterisiert den berühmten Musiker so authentisch und intensiv, dass man ein ziemlich genaues Bild von ihm bekommt.

    Ich habe das Buch sehr genossen. Über Gustav Mahler wusste ich bisher nicht viel, doch das Buch hat ihn mir sehr viel näher gebracht.
    Alles in allem ein intelligentes, intensives Leseerlebnis und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    SalMar, 05.08.2020

    Als Buch bewertet

    Genie als Mensch

    Der Komponist und Dirigent Gustav Mahler unternimmt eine letzte Reise und lässt uns, während er an Deck des großen Schiffes eingewickelt in einer Decke sitzt, an den Rückblicken auf sein Leben teilhaben.

    Das Buch ist definitiv keine leichte Kost, was aber nicht heißt, dass es schwer zu lesen wäre. Ganz im Gegenteil: Es fiel mehr sehr leicht, Mahlers Gedankengängen zu folgen, auch wenn diese nicht chronologisch ablaufen und auch immer wieder thematische Sprünge stattfinden. Dafür, dass er doch zu einer ganz anderen Zeit gelebt hat und er ein sehr spezieller Mensch war, empfand ich das doch als Kunststück, was dem Autor hier gelungen ist.

    Zwar ist es mit seinen knapp über 120 Seiten wirklich kein langes Buch, aber ich hatte doch das Gefühl, wirklich etwas über den Menschen Gustav Mahler erfahren zu haben: Über seine berufliche Laufbahn, aber insbesondere über sein privates Leben. Wie natürlich Titel und Cover schon vermitteln, stimmt der Inhalt des Buches doch eher traurig – angesichts der Krankengeschichte von Mahler, aber auch der recht unglücklichen Familiengeschichte.

    Trotzdem stimmt das Buch nicht hoffnungslos. Ich mochte sehr, wie Mahler in seinen Gedanken kleine Details aufgreift und wie er auch immer wieder von seiner Frau und insbesondere seinen Töchtern spricht, das hat ihn als „Genie“ doch sehr menschlich und auch sympathisch gemacht.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass man dieses Buch im richtigen Moment – einem stillen Moment – lesen muss. Eine Lektüre für nebenbei ist es nicht, da würde einem viel entgehen. Ich habe es sehr gerne gelesen und empfehle es auf jeden Fall weiter.

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  • 5 Sterne

    Peggy S., 18.08.2020

    Als Buch bewertet

    ein großer Künstler seiner Zeit
    Auf dem Sonnendeck, dick in Decken eingewickelt, sitzt der sterbenskranke Gustav Mahler. Im Fieber schweift er immer wieder mit den Gedanken in die eigene Vergangenheit und der seiner kleinen Familie ab. Er denkt an all seine beruflichen Errungenschaften, wie er die Welt der Musik nachdrücklich beeinflusst. Wie er sich mit angeblichen Musikexperten, Musikern und Sängern rumschlagen musste, diese an ihre Grenzen trieb und darüber hinaus. Mit welcher Hingabe und Leidenschaft er musizierte und komponierte. Wie er seine Alma traf und mit ihr eine Ehe einging. An seine beiden Töchter und wie er die eine durch eine heimtückische Krankheit verlor. Wie es danach in seiner Ehe zu knirschen begann und er um ein Haar seine Frau verlor. Und wie er obwohl er sein ganzes Leben über kränklich war in den letzten Jahren immer weiter abbaute und jetzt hier auf dem großen Schiff nur noch der Schatten seines Selbst ist, er eigentlich noch ein bisschen bleiben will.

    Der Autor schafft es auf eine ganz besondere Art den Leser zu fesseln, nicht nur dass er ein richtig toller Wortakrobat ist, er schafft es eine vielschichtige Persönlichkeit einzufangen und sie dem Leser näher zu bringen. Und getopt wird es noch durch einen flüssigen Schreibstil ohne großartige Schnörkel aber dafür mit einer Sogwirkung, dich mich als Leser gar nicht mehr losgelassen hat.

    Auch wenn die Geschichte extrem gerafft erzählt wird und nur einzelne Episoden aus dem Leben von Gustav Mahler herausgegriffen werden. Schafft es der Autor mit dieser Auswahl dem Leser die historische Figur des Musikers, Komponist, Dirigent und Familienmensch näher zu bringen. Vor allem wird man als Leser richtig durchgewirbelt. Man muss extrem aufpassen auf welchen Teil der Zeitachse man gerade ist, denn die Übergänge zwischen Gegenwart und Vergangenheit sind fließend.

    Auch wenn die Figur des Gustav Mahlers alles andere als einfach ist sondern doch sehr komplex. Gefallen mir die Schilderungen doch sehr, besonders wie er seine Allüren und Extravaganzen voll auslebt. Welchen Einfluss auf er auf die Musikgeschichte er hatte und das auch noch nachhaltig. Gut das alles soll jetzt aber nicht darüber hinwegtäuschen das er seine Musiker und Sänger an ihre Grenzen und darüber hinaus getrieben hat. Er konnte ein richtiger Schinder sein aber auch ein egozentrisches Genie, das versucht hat das was er in der Natur gesehen und empfunden hat in den Noten zu bannen. Aber auch das er als Mensch und Familienvater dargestellt wurde, wo es eben auch nicht alles so harmonisch war. Das er sich regelmäßig Wortgefechte mit seiner Frau lieferte. Und unter welchen schweren gesundheitlichen Problemen er zeit seines Lebens litt. Und welche Verluste er zu verkraften hatte. Und wie er doch auch unter dieser großen Einsamkeit litt. Aber ist dies verwunderlich er großartiges geleistet aber auf der sozialen Ebene hatte er doch merkliche Defizite.

    Was ich mir gewünscht hätte währe ein Nachwort mit einer kurzen geschichtlichen Einordnung gewesen. Kurzer Werdegang von Mahler und was nach seinem Tod aus seiner Familie geworden ist.

    Fazit: Ein beeindruckender und nachwirkender Roman, der auch ruhig ein wenig länger hätte sein können. Vor allen der besondere Schreibstil, der den Leser ganz schön durchwirbelt fordert den Leser auf eine nette Art und Weise. Und auch wenn man vorher keine oder wenige Berührungspunkte zu Gustav Mahler hatte, kann ich euch dieses kleine Büchlein nur wärmsten ans Herz legen. Ich bin von Geschichte und Umsetzung begeistert und spreche eine klare Leseempfehlung aus.

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  • 5 Sterne

    hennie, 02.09.2020

    Als Buch bewertet

    DIE LETZTE REISE - EINE REISE INS ICH
    „Der letzte Satz“ ist ein schmales Buch von 126 Seiten, in dem Gustav Mahler (1860 - 1911), ein bedeutender Komponist und berühmter Dirigent seiner Zeit am Ende seines nicht sehr langen Lebens dargestellt wird. Es kann daher nur eine Momentaufnahme seines wechselvollen Lebens sein.
    Robert Seethaler fängt sein Büchlein an mit einem Zustandsbericht, der sich bis zum Ende hin durchzieht. Mahler befindet sich auf dem Sonnendeck der „Amerika“, mitten auf hoher See, auf seiner letzten Schiffsreise von New York nach Wien. Sein Körper bereitet ihm wie stets Schmerzen, Fieberschübe verzehren ihn. Er resümiert über sein gesamtes Dasein, über sein kompositorisches, musikalisches Schaffen, über seine Beziehung zu Alma, den schmerzlichen Verlust seiner Tochter Maria... Wie im Wahn oder wegen des nahen Todes (?) schweifen seine Gedanken und Erinnerungen ab. Deshalb erscheint die Handlung oft sprunghaft, wechselt von der Gegenwart in vergangene Zeiten. Ich finde das stilistisch vom Autor hervorragend gelöst. Mir gefällt die erzählerische Perspektive, die er für seinen Roman gewählt hat. Ich las oft zwischen den Zeilen bzw. fühlte mich veranlasst über Mahlers und Almas Leben nachzuschauen, mich zu informieren, Wissen zu rekapitulieren.
    Immer wieder werden Gustav Mahlers körperlichen Gebrechen thematisiert, die unerträglichen Schmerzen im Kopf, die ihn aber ebenso wie die Natur, ein Vogel, dessen Ruf und vieles andere zum Komponieren inspirieren. In so einem Falle arbeitete er ungeachtet seines Gesundheitszustandes intensiv hintereinander weg, nahm darauf keine Rücksicht.

    Die Probleme zwischen Mahler und Alma waren unausweichlich– zwei schwierige Charaktere trafen aufeinander. Alma, obwohl die Liebe seines Lebens, wird von ihm sehr vernachlässigt. Oft bemerkt er sie nicht einmal, betrachtet sie als Gegenstand. Er war eine zerrissene melancholische Seele, getrieben von ständiger Unruhe und Launenhaftigkeit, liebte die Einsamkeit und fühlte sich nicht unbedingt wohl in Gesellschaft, tat aber seine Meinung kund. Alma fühlte sich unverstanden, die immer größer werdende Distanz zwischen den beiden Eheleuten kommt hervorragend zum Ausdruck. Es ist verständlich für mich aus heutiger Sicht, dass sie sich einem anderen Mann zuwandte.

    Mahlers Rückblicke umkreisen seinen eigenen Kosmos. Er sieht sein Ende auf sich zukommen und reflektiert bis zuletzt, was er hätte noch erschaffen können. Mahler bedauert es sehr, zu wenig Musik gemacht zu haben in seinem Leben.

    "Er hätte die Harmonien seines Körpers komponieren sollen. Und noch viel mehr die Disharmonien". S. 114

    Sehr gut gelöst finde ich das Ende des Buches mit dem Schiffsjungen. Durch einen Zufall erfährt er vom großen Begräbnis des „Direktors“ und bekommt eine Ahnung von der Erhabenheit seiner Musik.
    Ich empfinde den Roman als authentisch. So könnte es gewesen sein! Es gibt eine große Zahl von wunderschönen Vergleichen, Metaphern, Sinnbildern, Anspielungen...Ich habe mir viele Zitate notiert.
    Trotz der Kürze des Buches werden die wichtigsten Dinge im Leben des großen Komponisten angesprochen: die großen Erfolge in der Musik, seine Frau Alma, die beiden Töchter, der Tod des geliebten Kindes, das Versagen als Ehemann...

    Robert Seethaler versteht es eindrucksvoll den Leser mit auf die letzte Reise dieses bedeutenden Künstlers mitzunehmen. Dass der Autor es auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2020 schaffte, kann ich gut nachvollziehen!

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  • 5 Sterne

    dj79, 25.08.2020

    Als Buch bewertet

    Emotionen eines Genies

    Gustav Mahler ist ein musikalischer Nerd seiner Zeit. Er geht komplett auf in seiner Arbeit, lebt sein Talent aus, ist jedoch in seiner Sozialkompetenz spürbar eingeschränkt. Das Lesen des neuen Seethalers lässt einen den kauzigen Ausnahmekünstler dennoch in sein Herz schließen.

    Wir lernen den schon kranken Gustav Mahler auf seiner Überfahrt von New York nach Europa kennen. Fiebrig sitzt er an Deck bei Tee und sinnt über sein Leben. Robert Seethaler führt dabei sehr schön zwischen der Atlantiküberfahrt und Mahler’s Erinnerungen hin und her. Seine Gedanken widmet Mahler seiner Familie, allen voran seiner Frau Alma, und seinem Lebenswerk. So kehrt er sukzessive an die wichtigen Stationen seines Lebens zurück.

    Seethaler lenkt das Augenmerk auf die sensible Seite des Künstlers, der nicht nur alle anderen, sondern auch oder gerade sich selbst fortwährend kritisch betrachtet. Da er seine Ausführungen mit ganz feiner, perfekt pointierter Sprache unterstützt, konnte ich beim Lesen beinahe selbst den emotionalen Schmerz des Ausnahmetalents fühlen. Trotz der eher bedrückenden Grundstimmung hat mich das Gelesene nicht runtergezogen, weil mich Seethaler‘s Sprachniveau einfach nur fasziniert hat.

    Wenn ich die Lektüre Revue passieren lasse, finde ich zudem das Cover perfekt gewählt. Der zurück blickende Mann an der Reling, dieser blaß kränkliche Touch des Bildes insgesamt, verkörpert für mich die emotionalste Szene des Romans.

    Insgesamt bin ich begeistert von Seethaler‘s Roman. Nicht nur das Lesevergnügen trägt zu diesem Urteil bei, sondern auch die bewusste Verknüpfung zu weiteren zeitgenössischen Berühmtheiten. Diese sind mir zwar grob mit Lebensdaten bereits bekannt gewesen, der direkte zeitliche und örtliche Zusammenhang war mir allerdings nicht präsent. Den Roman empfehle ich gern weiter. Wenn man Gustav Mahler noch gar nicht kennt, ist es vielleicht hilfreich, sich grob vorab über ihn zu informieren.

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  • 5 Sterne

    Magnolia, 29.07.2020

    Als Buch bewertet

    „Der letzte Satz“ - Robert Seethaler nimmt den Leser mit auf Gustav Mahlers letzte Reise.

    Der Schiffsjunge umsorgt in, auf einem abgetrennten Teil des Sonnendecks der Amerika. Eingehüllt in eine warme Decke blickt er hinaus aufs Meer, auf den weiten Horizont. Er blickt zurück auf sein Leben: Gustav Mahler - es ist seine letzte Reise.

    Während seine Frau Alma mit Anna, ihrer Tochter, beim Frühstück sitzt, lässt Mahler sein Leben Revue passieren. Schwer krank, dem Tode nah, ist er in seinem Komponierhäuschen in Toblach, schwimmt hinaus mit seiner Tochter Maria, die er später loslassen muss. Er erinnert sich seiner tiefe Liebe zu Alma. Er will keine andere, sie aber hat sich einem anderen zugewandt. Er ist eine Legende, der größte Dirigent seiner Zeit, er reformiert dieses starre Operngebilde, macht es für das Publikum zu einem Erlebnis.

    Robert Seethaler ist ein Meister seines Fachs. Er nimmt den Leser mit auf Gustav Mahlers Reise, erzählt sehr poetisch die Stationen seines Lebens, lässt ein wenig tiefer blicken und fesselt ungemein. Dieses schmale Buch ist eine Hommage an den großen Komponisten und Dirigenten, der leidenschaftlich in seinem Lebenswerk aufging, der für seine Arbeit brannte. Eine Reise ins Innerste, er spürt seinem Leben nach, lässt es noch einmal vorüberziehen. Bewegende, traurige, triumphale Momente. Genial und feinsinnig erzählt.

    Das Buch klingt noch lange nach, es kann nicht gleich losgelassen werde. Danke, Robert Seethaler, für diesen letzten Satz. Ich lasse diese musikalische letze Reise, die letzen Töne langsam in mir verhallen.

    Ein Buch, das gelesen werden sollte. Unbedingt gelesen werden muss, man nimmt viel mit. Fünf Sterne, natürlich.

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  • 5 Sterne

    Jill W., 24.08.2020

    Als Buch bewertet

    Gustav Mahler sitzt eingewickelt in Decken auf dem Deck der Americana und blickt seiner letzten Reise entgegen von New York nach Wien, begleitet von Erinnerungen, Erfolgen und Echtzeitaufnahmen lässt er sein Leben Revue passieren. Robert Seethaler nimmt den Leser mit auf dieser einzigartigen, eindrucksvollen Reise, die über die letzten Zeilen in die Welt hinaushallt.

    Trotz der Kürze des Romans war der Inhalt sehr intensiv, authentisch und es bedarf keiner weiteren Zeilen, da er komplett, in sich schlüssig und schlussendlich fließend erscheint. Der große Künstler, der sowohl auf eine eindrucksvolle Karriere zurückblicken kann, als auch eine liebende Familie, was ihn mit unglaublich viel Wärme und Glück erfüllt. Gleichzeitig ist er Künstler, hadert mit sich, dem Leben, der Liebe und auch seinen Werken. Diese Zerissenheit zwischen den Zeilen, diese Zerbrechlichkeit und teilweise geschilderte Hochsensibilität, gepaart mit vielerlei Widersprüchen zeichnet für mich ein so emotionales, zugleich reales Bild eines Mannes, der das beste Leben gelebt hat, das er konnte, jedoch nicht das beste, was er vielleicht wollte. Die innere Auseinandersetzung zwischen Akzeptanz, dem Bewusstsein um die schönen, erlebten Momente und dem Wunsch nach mehr, dem Gefühl, dass alles nicht reicht, wird begleitet mit wunderschönen, malerischen Schilderungen, Zeitsprüngen und Dialogen. Präzise und fein säuberlich bleibt am Ende die Frage nach dem Glück für mich, im Leben, in der Liebe und im Tod. Wann ist ein Leben lebenswert und wann bereue ich verpasste Chancen? So eindrücklich hat für mich bisher noch kein Autor die letzte Reise eines Menschen verpackt.

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  • 5 Sterne

    nicigirl85, 22.08.2020

    Als Buch bewertet

    Titel: Ein scheidender Künstler...

    Aufgrund der Buchpreisnominierung und da mir "Der Trafikant" schon so gut gefallen hatte, wollte ich mir den neuen Seethaler nicht entgehen lassen. Ich begab mich auf die Spuren von Gustav Mahler.

    In der Geschichte geht es um den berühmten Musiker und Dirigenten Mahler, der schwer krank mehr oder weniger auf seinen Tod wartet. Was für Gedanken gehen da einem durch den Kopf? Wie weit plant man sein Leben noch oder gibt man gänzlich auf?

    Robert Seethaler hat mit diesem Buch mal wieder ein Meisterwerk geschaffen, denn sprachlich ist es einfach eine Wucht. Beim Lesen musste ich immer wieder innehalten und tolle Sätze herausschreiben.

    Man bekommt durch den Roman ein Gefühl für Menschen, die ihrem Lebensende nah sind und zeitgleich einen kleinen Einblick in das Leben des Künstlers. Ausführliche, biografische Informationen sollte der interessierte Leser nicht erwarten, denn das Meiste spiegelt sich in Gedanken und Gefühlen wider.

    Auch wenn das Buch nur 126 Seiten hat, so ist es doch so viel mehr, da Emotionen aus einem herausgelockt werden beim Lesen. Man konnte den Schmerz des Künsterls in jeder Zeile spüren.

    Fazit: Eine tolle Geschichte, die zu Recht für den Buchpreis 2020 nominiert worden ist. Ihr solltet euch dieses Kleinod nicht entgehen lassen. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Spitzenklasse!

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  • 5 Sterne

    Ursula U., 07.08.2020

    Als Buch bewertet

    Auf der "Amerika" tritt Gustav Mahler seine letzte Reise an. Das Engagement an der Metropolitan Opera in New York ist beendet und er fährt mit seiner Frau Alma und der kleinen Tochter Anna auf dem Schiff wieder zurück nach Europa. Bereits seit längerem ist er krank und er weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Während er auf dem Deck in einem nur für ihn reservierten Bereich sitzt und von einem Bootsjungen versorgt wird, erinnert er sich an vergangene Zeiten. Sein Leben als kleiner Junge, wie er seine wunderschöne junge Frau kennengelernt hat, an seine Töchter Anna und vor allem an Maria, die als Kind verstarb, an die Zeit in der Sommerfrische in denen er im Gartenhaus komponierte, an die Proben, an die Unzulänglichkeiten der Musiker, an Erfolge und Missstimmungen und seine eigenen Ängste und Fehler. Alma, die für ihn viel zu jung ist und sich nach einem anderen Leben gesehnt hat, die wenige Zeit, die er mit ihr verbracht hat.
    Der Roman wechselt immer wieder die Zeiten, manchmal mitten im Satz, dennoch fällt es leicht, den Gedankengängen zu folgen. Der Schreibstil ist außergewöhnlich gut. Ob es mehr ein Roman oder die Lebensgeschichte Mahlers den Fakten entspricht kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall macht die Handlung neugierig auf die Musik Gustav Mahlers. Es ist nur ein kleines Büchlein mit wenigen Seiten, der Inhalt ist ein richtiges Kleinod.

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  • 4 Sterne

    Ruth L., 10.08.2020

    Als Buch bewertet

    Annäherung an einen großen Künstler

    Robert Seethaler ist ein sehr erfolgreicher Schriftsteller. Bisher hat er in seinen Büchern das Leben einfacher Menschen beschrieben, äußerst gelungen in „ Ein ganzes Leben“.
    In seinem neuesten Buch ( Roman wäre fast zu viel für diesen schmalen Band) steht ein berühmter Mann im Zentrum, Gustav Mahler, 1860 geboren, Komponist und der größte Dirigent seiner Zeit.
    Es ist im Februar 1911. Gustav Mahler sitzt in Wolldecken gewickelt auf dem Sonnendeck des Ozeandampfers „ Amerika“. Er ist auf der Heimreise von seinem zweiten Aufenthalt in den USA. Anstrengende Wochen voller Arbeit liegen hinter ihm. Mahler ist krank; ihn friert, er fühlt, dass es zu Ende geht.
    Ein Schiffsjunge kümmert sich fürsorglich um ihn, bringt ihm heißen Tee und Botschaften von seiner Frau Alma, die sich mit der sechsjährigen Tochter Anna unter Deck befindet. Ab und zu führen die beide kurze Gespräche über das Meer, das Wetter.
    Mahler sitzt hier und lässt sein Leben Revue passieren. Er erinnert sich an seine großen Erfolge, aber auch an Demütigungen und die dunklen Stunden im Leben.
    Er war schon immer in kränklicher Verfassung, litt zeitlebens an Migräne, Schlaflosigkeit und anderen Gebrechen. Trotzdem arbeitete er wie ein Besessener. Er war gefürchtet bei den Musikern, die er an ihre Grenzen brachte und darüber hinaus, „ ein Höllenhund am Pult“.
    Zehn Jahre lang war Mahler Direktor der Wiener Staatsoper, brach dort mit alten Konventionen und das Publikum war erst irritiert und dann begeistert. Allerdings gab es auch immer wieder antisemitische Diffamierungen. Zwei Amerika- Reisen folgten und Mahler feierte Triumphe an der MET und mit den New Yorker Philharmonikern.
    Aber nicht nur seine Gesundheit litt unter dem riesigen Arbeitspensum, sondern auch seine Ehe mit Alma. Wie glücklich war er , als er mit 42 Jahren die wesentlich jüngere Frau heiratete. Alma, Tochter aus gutem Hause, galt es die „ schönste Frau Wiens“. Doch bald merkt sie, dass die Musik immer die erste Stelle bei ihm einnimmt. Stehen keine Aufführungen an, zieht sich Mahler in seine Komponierhäuschen zurück.
    Dann folgt ein tragischer Schicksalsschlag. Die älteste Tochter Maria stirbt mit fünf Jahren an Diphterie. Das Paar entfremdet sich immer mehr. Und Mahler weiß, dass er seine Frau verloren hat. Durch einen irrtümlich an ihn adressierten Brief erfährt er von der Affäre seiner Frau mit Walter Gropius. Eifersucht und verletzter Stolz spricht aus ihm : „ Dein Baumeister ist ein Idiot. Du bist die Geliebte eines Idioten.“
    Alma bleibt bei ihm, aber Mahler macht sich darüber keine Illusionen. „Wahrscheinlich hatte seine Krankheit sie gehalten.“ „Sie würde bei ihm bleiben bis zum Schluss, das war mehr, als er erwarten durfte. Letztendlich war er derjenige, der ging.“
    Wir erfahren noch von Mahler’s Sitzung bei Rodin, der eine Büste von ihm machen soll; eine eher komische Szene. Und einen kleinen Auftritt hat Siegmund Freud, den Mahler in Leiden besucht und der ihm bei einem Spaziergang den Ratschlag „Arbeit und ein warmer Pullover“ mit auf den Weg gibt.
    Das letzte Schlusskapitel gehört dem fiktiven Schiffsjungen, der später vom Tod des berühmten Künstlers in der Zeitung liest.
    Die Eckdaten aus Mahler’s Leben bringt Seethaler in diesem kleinen Buch unter, auch trifft er gut das Wesen dieses schwierigen Künstlers. Allerdings fällt kaum ein Wort über Mahler’s Musik. Die Erklärung dazu liefert der Autor im Text selbst. Auf die Frage des Schiffsjungen : „ Was ist das für Musik, die Sie machen?“ lässt er Mahler antworten: „ Man kann über Musik nicht reden, es gibt keine Sprache dafür. Sobald Musik sich beschreiben lässt, ist sie schlecht.“
    Robert Seethaler ist mit diesem Buch eine Annäherung an den großen Musiker Mahler gelungen. Er weckt des Lesers Interesse und macht Lust, Mahler zu hören. Ein Buch voller Melancholie und Atmosphäre, dicht und poetisch , das mich berührt hat und das ich gerne empfehle.

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  • 5 Sterne

    Petra K., 19.08.2020

    Als Buch bewertet

    Während seiner Seereise von Amerika nach Europa Anfang des 20. Jahrhunderts ist er bereits schwerkrank. Er nutzt die Zeit an Deck für Rückblicke auf sein künstlerisches wie privates Leben mit seinen vielen Höhen und Tiefen. Trotz seiner schon in jungen Jahren angeschlagenen Gesundheit sowie seiner jüdischen Herkunft schafft er es mit viel Willenskraft, seine Träume zu verwirklichen. Die Rückblenden in diesem nur 126 Seiten starken Buch beschränken sich auf wenige, aber äußerst wichtige Momente in Mahlers Leben.

    Sehr kurz wird sein Schaffen gehalten, was mir aber nicht gefehlt hat. Denn es gibt eine logische Erklärung dazu: „Man kann über Musik nicht reden, es gibt keine Sprache dafür. Sobald Musik sich beschreiben lässt, ist sie schlecht.“ (S. 65) Der Autor gibt einen tiefen Einblick in das Leben eines der wichtigsten Dirigenten, Komponisten und Operndirektoren, Gustav Mahler, der sehr früh verstarb.

    Mit seiner Sprachgewalt schafft es Seethaler, das Gemüt und die Gedankenwelt eines wahren Künstlers zu ergründen. Er hat ein Porträt geschaffen, das den Leser einlädt, sich mehr mit dem Leben und Werk von Gustav Mahler zu befassen. Das Cover passt hervorragend zum Inhalt des Buches, denn es strahlt die Melancholie aus, die sich im Roman wiederfindet.

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  • 5 Sterne

    yellowdog, 01.08.2020

    Als Buch bewertet

    Romanbiografie

    Robert Seethaler hat sich schon mit seinen letzten Roman “Ein ganzes Leben” und “Das Feld” in die obere Riege der deutschsprachigen Literatur geschrieben.

    Der letzte Satz, diese Gustav Mahler-Romanbiografie setzt da an und enthält gleiches Niveau.

    Gustav Mahlers Leben wird geschildert. Ausgangspunkt ist eine Reise Mahlers auf einem Schiff aus den USA nach Europa. Daraus leiten sich Erinnerungen ab. Schwerpunkt seine schwierige Beziehung zu seiner Ehefrau Alma.
    Alma Mahler-Werfel wird auch eine wichtige Figur der Kulturgeschichte werden, wenn auch eine zwiespältige. Ich finde auch ihr Porträt gelungen. Und auch Mahler funktioniert als eine getriebene Persönlichkeit, dem die Musik, seine Symphonien und das Dirigieren das wichtigste bleibt.

    Ein Leitmotiv bilden Mahlers Gespräche mit einem Jungen auf dem Schiff, der ihn bedient. Nur kurz denkt man da an Thomas Manns Tod in Venedig, aber in diese Richtung geht das natürlich nicht. Mahler Gedanken drehen sehr um Alma und den Verlust seiner vor 2 Jahren verstorbenen Tochter.
    Das letzte Kapitel gehört dennoch dem Schiffsjungen, dennoch einmal an den alten Mann denkt, den er einst getroffen hatte. Das finde ich sehr gelungen.

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  • 4 Sterne

    Jenny V., 20.08.2020

    Als Buch bewertet

    "Er verließ sich lieber auf sein Gehör und noch mehr auf seinen Fleiß. Man musste den Dingen zuhören und sich dann auf seinen Hintern setzen und arbeiten, das war das ganze Geheimnis.“

    Inhalt

    Für den berühmten österreichischen Komponisten und Operndirektor Gustav Mahler ist es die letzte Reise zurück in die europäische Heimat, nachdem er in Amerika große Erfolge feiern konnte. Seine immer schlechter werdende Gesundheit zwingt ihn in die Knie und lässt sein grandioses Lebenswerk als Künstler unter dem Licht der Vergänglichkeit nochmals ganz anders erscheinen. Oben auf dem Schiffsdeck der „America“ eingewickelt in eine Decke, die gegen das Fieber nichts ausrichten kann, hängt Mahler seinen Erinnerungen nach und schließt Frieden mit einer Welt, aus der er sich bald verabschieden wird. Zurück bleibt die Überzeugung, dass er Vieles hätte anders machen können, nachdem seine ältere Tochter im Kindesalter verstorben ist, dass er in seiner Rolle als Mann und Vater nur mäßigen Erfolg hatte, ganz anders als auf den Bühnen der Welt. Seine große Liebe Alma begleitet ihn zwar auf dieser Reise, doch ihre Zuneigung hat sich schon längst auf ein Mindestmaß reduziert und orientiert sich mehr an den Verpflichtungen einer Ehe, denn an wirklicher Liebe. Und er wird sich immer sicherer: das Leben seiner Familie wird weitergehen, auch wenn er stirbt, sein Werk jedoch wird Bestand haben, obwohl ihm immer bewusster wird, dass er seine Prioritäten möglicherweise falsch gesetzt hat …

    Meinung

    Nun habe ich es endlich geschafft, einen Roman des in Wien geborenen Autors Robert Seethaler zu lesen, der bereits zahlreiche internationale Publikumserfolge erzielen konnte. Sein Schreibstil ist äußerst klar und zielgerichtet, wirkt reflektierend und angepasst an die traurige Handlung der Erzählung.

    Fasziniert hat mich vor allem seine gekonnte Auswahl an Gedankengängen, die es dem Leser ermöglichen, ganz nah an die Person des Gustav Mahler heranzukommen. Insbesondere die minimalistische Benennung biografischer Sachverhalte, die mich direkt dazu animiert hat, mich parallel zu diesem Buch intensiver mit dem Künstler Mahler zu beschäftigen. Prinzipiell ein cleverer Schachzug, denn immer dann, wenn ich einen Gedanken im Kontext hatte, stockt die Erzählstimme und lässt die Neugier auf mehr Hintergründe wachsen.

    Gleichzeitig sind diese Lücken aber auch ein Kritikpunkt meinerseits, denn hätte der Autor nicht so viele Fragmente geschaffen und sich stattdessen noch intensiver auf die historischen oder menschlichen Aussagen konzentriert, wäre meine Begeisterung für das Buch noch weit größer gewesen. Dieser Roman hätte gerne den doppelten Umfang haben können, oder die tatsächlich letzten Stunden des Protagonisten lebendig werden lassen. Der Schiffsjunge selbst, der die Abschlussszene gestaltet, ist doch eine viel zu blasse, willkürliche Person, die mir zu wenig Gewicht auf diesen persönlichen Rückblick legt.

    Fazit

    Ganz klar eine Leseempfehlung, der ich gute 4 Sterne gebe, gerade wenn man als Romanliebhaber auch mal in eine Biografie hineinschnuppern möchte. Wie der Klappentext bereits verspricht, erlebt man glasklare Momente der Schönheit und des Bedauerns – doch zu vieles bleibt ungesagt oder unbedacht. Ich lese definitiv noch ein anderes Werk des Autors, um mir einen besseren Überblick zu verschaffen.

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  • 5 Sterne

    Elaine L., 31.07.2020

    Als Buch bewertet

    Gustav Mahler zu Ehren

    Wenn an berühmte Komponist_innen des 20. Jahrhunderts gedacht wird darf Gustav Mahler definitiv nicht fehlen. Er komponierte zehn beeindruckende Symphonien - die letzte blieb unvollendet -, viele Orchester- und Klavierlieder, eine Kammermusik und bearbeitete auch Werke so berühmter Komponist_innen wie Beethoven, Mozart, Johann Sebastian Bach oder Franz Schubert.
    In dem hier zu rezensierenden kleinen Buch "Der letzte Satz" lässt uns der Autor Robert Seethaler an den letzten Wochen Mahlers, wo er auf dem Schiff von Amerika nach Europa zurückreißte, teilhaben und schildert über Rückblicke zentrale Momente und Erlebnisse der Vergangenheit Mahlers.
    Dabei entsteht das Bild eines innerlich zerrissenen musikalischen Genies, der für sein Werk alles opferte und viele Schicksalsschläge erleiden musste.
    Die Sprache des Autors ermöglicht den Leser_innen eine Verbindung zu Mahler aufzubauen, die eine gelungene Mischung aus Nähe und Distanz beinhaltet.
    Es lohnt sich dieses Buch auf sich wirken und auch noch einmal Mahlers Musik neu auf sich einwirken zu lassen.

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  • 5 Sterne

    buchstabensuechtig, 28.08.2020

    Als Buch bewertet

    Zu alt für die Liebe
    Wie eine Symphonie verläuft die Retrospektive Mahlers auf sein Leben, porträtiert auf seiner letzten Überfahrt in die USA. Mahler sitzt an Bord, müde, gekennzeichnet vom Leben und seiner Krankheit, gedanklich vereinsamt, obwohl seine Frau Alma und seine überlebende Tochter Anna Justine nur wenige Meter entfernt im Schiffsrumpf auf ihn warten. Mal denkt er verklärt an die Zeit, wo sich Alma und er noch nahe waren, mal überfällt ihn die Erinnerung schmerzhaft, wie der Besuch von Walter Gropius, dem leidenschaftlichen Verehrer Almas, in seinem Südtiroler Urlaubsdomizil. Mahler ist, nicht zuletzt durch den Brief, den Gropius versehentlich an ihn statt an Alma adressierte, gepeinigt von der Vorstellung, Alma für immer verloren zu haben, die Gedanken kreisen um Freud, den er aufgrund der Schwierigkeiten mit Alma kontaktierte, an seine erstgeborene Tochter Maria Anna, die an Scharlach-Diphterie verstarb, an seine Inspiration zur neunten Symphonie, und kehren konzentrisch zur Angst zurück, zu alt für Alma zu sein. Zu alt für die Liebe. Zu alt für das Leben.

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