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  • 5 Sterne

    4 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Buecherseele79, 04.11.2019

    Als Buch bewertet

    In Peterswalde soll alles besser werden – für Esther und ihre Eltern.
    Hier sollen sie, im Osten kurz nach der Wende, der Gemeinschaft der dortigen Zeugen Jehovas Hilfe anbieten und gemeinsam den Königssaal aufbauen.
    Doch Esther hat schon länger Zweifel, an vielem, an allem und sie möchte endlich erfahren was mit ihrer besten und einzigen Freundin Sulamith damals passiert ist.
    Wer trägt die Schuld, hätte es verhindert werden können, was kann Esther jetzt noch ändern?

    Dieses Buch wird wohl einige Diskussionen hervorrufen, es wird gelobt und gewiss verurteilt werden, ein eigenes Bild muss sich aber jeder selbst machen.

    Dies war mein erstes Buch der Autorin und ich kann jetzt schon sagen – nicht das Letzte.
    Der Schreibstil von Stefanie de Velasco ist so melodramatisch, er rüttelt auf, er schüttelt durch, man ist ständig zwischen was ist Richtig, was ist Falsch, kann man hier von nur Richtig und nur Falsch sprechen?
    Ständig ist man überlegen, am mitfühlen, mitfiebern und erhält einen sehr tiefen und intensiven Einblick in die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas.
    Dazu muss gesagt werden dass die Autorin selbst dieser Gemeinschaft angehörte und mit 15 Jahren ausstieg.

    Man wird viele Protagonisten in diesem Buch wohl eher verachten, hassen, nicht verstehen, ihre Beweggründe nicht nachvollziehen können und andere möchte man beschützen und unterstützen, ihnen zur Seite stehen, ihnen helfen einen eigenen Weg zu finden.
    Wie gesagt, an Gefühlen wird hier eine ganze Palette abgerufen was dieses Buch zu einem sehr intensiven Leseerlebnis gestaltet.

    Wir lernen Esther kennen, ihre Eltern sind schon seit Jahren für die Zeugen im Einsatz, haben auf der halben Welt missioniert, sie kennt also gar kein Leben, denken, fühlen ausserhalb dieser Gemeinschaft.
    Sie unterstützt ihre Eltern, nimmt an dem Programm aktiv teil und mit Lidia und Sulamith lernt Esther ihre erste, beste Freundin kennen die nicht zu den „Weltbürgern“ gehört und gemieden werden soll.
    Die Freundschaft von beiden Mädchen ist typisch und doch anders, denn vieles was sie beschäftigt hat mit dem Glauben, mit Jehova, dem Bibelstudium und den Aussagen ihrer Eltern zu tun.
    Es ist dann Sulamith die den Ausbruch wagt und sich nicht mehr einsperren lassen möchte.

    Wir erleben Esther mit ihren Eltern in ihrer neuen Heimat aber es gibt ebenso die Rückblicke, die Freundschaft zu Sulamith und was sie mit dem Laufe der Jahre alles veränderte, bei Esther aber ebenso bei Sulamith.
    Wie es auch die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas beeinflusste, welches System dahintersteckt.

    Auf der anderen Seite muss man diese Gemeinschaft fast bewundern, denn wenn man ihnen angehört, dann stehen die Mitglieder füreinander ein, sie helfen sich gegenseitig, bieten Freundschaft, Liebe, Hilfe und Hoffnung, Geborgenheit.
    Aber es gibt eben immer diesen faden Beigeschmack den man in der Geschichte kennenlernen wird, die diese Idylle zerstört und schwarze Punkte beifügt.

    Was jeder davon selbst hält oder halten soll – es bleibt jedem überlassen.
    Das offene Ende, daran wird sich der ein oder andere wohl ebenso stören, ich fand es hingegen realistisch und punktgenau.
    Denn wäre es anders ausgegangen, dann wäre es wohl in verschiedene Richtungen ausgeartet und hätte verurteilt, es wäre unrealistisch geworden.

    „Wir sind wie Öfen, wir brennen. Aber wofür?“
    Findet es selbst heraus und von daher – eine klare Leseempfehlung!

    Ich bedanke mich beim Kiwi Verlag, der Autorin und Lovelybooks für das Rezensionsexemplar und die dazu stattgefundene Leserunde.

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  • 5 Sterne

    4 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke S., 01.11.2019

    Als Buch bewertet

    „Mitten in der Nacht haben sie mich geweckt und ins Auto gepackt. Ich habe geschrien, aber es hat nichts geholfen.“
    Als Leser lernt man eine jugendliche Esther, die schwer mit sich, mit ihrer Familie und ihrem Glauben hadert, im heruntergekommenen, trostlosen Peterswalde kennen. Hierhin, in die alte Heimat ihres Vaters, wurde sie eines Nachts kurz nach der Wende einfach verfrachtet. Einen Königsreichssaal errichten und möglichst viele aus der konfessionslosen Bevölkerung der ehemaligen DDR vom rechten Glauben überzeugen, ist das Ansinnen ihrer Eltern, gleichzeitig soll es für sie ein neuer Anfang sein. Ein neuer Anfang nach was, für was? Schnell ist klar, irgendetwas muss in ihrer früheren Heimat mit ihrer Freundin Sulamith, die sie aufs Schmerzlichste vermisst, geschehen sein.

    Im Jetzt erlebt man mit Esther den Alltag, begleitet sie beim Klingelputzen, bei Versammlungen und auch in der Schule. Zudem lernt man mit ihr das verwahrloste Mädchen Cola kennen, die in Esthers Familie so etwas wie eine Heimat bekommt, geht dem Geheimnis um die seltsamen Fahndungsplakaten nach, die einen Mann zeigen, der ihrem Vater so ähnlich sieht und kann miterleben, wie ihre religiöse Überzeugung immer mehr bröckelt und die Zweifel zunehmen. So wie das auch bei ihrer besten Freundin Sulamith war, von der und von deren Freundschaft und dem gemeinsamen Leben in der Religionsgemeinschaft man in Rückblicken, nach und nach erfährt. Zudem gibt es noch kursive Einschübe in Endzeitstimmung, die von einer Landschaft im Salz erzählen, in der eine ausgewählte Gruppe von Menschen überlebt haben muss, dies aber geheim gehalten werden soll. Ich habe stets gegrübelt, wie diese in Zusammenhang mit dem Rest stehen könnten, habe auf eine schlüssige Erklärung gehofft. Da ich diese aber nicht bekommen habe, mir zudem die Abschnitte wenig bis gar nicht gefallen haben, hätte ich gut darauf verzichten können.

    „Meine Eltern gingen weltlichen Arbeiten nach, aber sie wählten nicht und bekleideten auch keine weltlichen Ämter. Unser Platz war nicht in dieser Welt. Wir hofften auf das Ende des Systems der Dinge, auf die Zeit, in der wir auf der Erde das Paradies errichten würden und Gott regierte.“ Wirklich super interessant fand ich den tollen Einblick, den man in das Leben und die Regeln bei den Zeugen Jehovas erhält. Monatslisten, in denen sie ihre Missionsarbeit dokumentieren müssen, ein Soll an abgeleisteten Stunden, Vorstellungen von Harmagedon und dem Paradies als alles wofür es sich zu leben lohnt, warum werden keine Geburtstage gefeiert und wie wurde in der ehemaligen DDR versucht den Glauben zu verbreiten und vieles mehr, darf man hier erfahren. Besonders geschockt war ich u.a. vom Frauenbild der Gemeinschaft „Das Haupt jeden Mannes ist Christus, das Haupt jeder Frau aber ist ihr Mann.“. Aber der Roman geht weit über die Vermittlung von Wissen hinaus, man darf zudem miterleben, was die Mitglieder fasziniert, was für sie so selbstverständlich und erstrebenswert ist, obwohl es für einen Außenstehenden so unreal, so völlig abseits der Vorstellungswelt liegen mag. „Ich nahm es hin und hielt es für die Wahrheit, weil ich es nicht anders kannte, und selbst wenn ich mir so viele Fragen gestellt hätte wie Sulamith, ich hätte mich nie getraut, sie auszusprechen.“, oder „Daran glauben funktioniert, aber sobald man mit anderen darüber reden muss, klingt es irgendwie lächerlich, findest du nicht?“ sind für mich da zwei ganz zentrale Aussagen dazu.

    Der Sprachstil der Autorin wirkt beim ersten Eindruck eher distanziert und kühl, hat mich aber von Anfang an gefangen genommen. Trotz dieser eher nüchternen Darstellung gelingt es der Autorin beim Leser Emotionen entstehen zu lassen. Ich habe mitgefiebert, ich war nicht selten richtig geschockt und entsetzt, manchmal habe ich mich sogar geekelt, und ganz oft hatte ich auch ganz viel Mitleid. Richtig gelitten habe ich unter anderem bei einer Szene im Biologieunterrricht, „Jehova, der Schöpfer der Welt. Kein Wunder, dass alle lachten. Albern klangen diese Worte. War das Satan? War er es, der die Worte in den Ohren meiner Mitschüler plötzlich so lächerlich klingen ließ, wie er für meine Mitschüler klingen musste?“ Gut gefallen hat mir, dass die Autorin unheimlich viele gelungene Sprachbilder und Vergleiche verwendet, die die Geschichte erlebbar machen lassen. So wird die Faszination schon mal mit „Mutter schaute auf die Klingelschilder. Klingelschilder sind für Mutter das, was für andere Leute Pralinen sind.“, beschrieben oder es ist von „Jehovamuskeln“, die das nachsichtige, verständnisvolle Lächeln ins Gesicht zaubern oder von „Mutters Styroporgefühle“ die Rede.

    Die Autorin hat ihre Charaktere sehr überlegt und gelungen ausgewählt. Esther war mir von Anfang an sympathisch und ich habe die Geschichte richtig mit ihr gelebt. Sulamith ist ein Mädchen, das zunehmend ihren Kopf selbst benutzt, die beginnt zu hinterfragen. Sie lehnt nicht nur aus pubertärem Trotz ab. Das hat mir gut gefallen und ich ziehe meinen Hut vor ihrem Mut. Esthers Mutter vermittelte für mich die absolute Überzeugung. Auch wenn sie ihre Tochter unter Druck setzt, ich kann der Frau gefühlt gar keinen Vorwurf machen. Sie macht nicht wie so viele andere, auch Andersgläubige, die Augen vor Unheil zu, geht nicht einfach den bequemen Weg. Ich habe sie als super hilfsbereite Frau erlebt, die einfach so in ihrem Glauben gefangen ist, die abgrundtief davon überzeugt ist, dass nur der die Rettung sein kann. Nicht ganz so viel konnte ich mit Sulamiths Mutter anfangen, aber man muss ja nicht jeden mögen und sie hat eben auch ihr Päckchen zu tragen. Besonderes Mitleid hat bei mir das verwahrloste Mädchen Cola erzeugt, das die Tatsache „Ekel muss man sich leisten können“ beweist. Sie zeigt eindrucksvoll, wie Menschen die am Abgrund, im Nichts stehen geradezu nach Zuwendung lechzen, die sie dann auch bekommen.

    Alles in allem bekommt der Roman, auch wenn mich das offene Ende, bei dem ich teilweise nachvollziehen konnte warum es so sein muss, trotzdem etwas ernüchtert zurückgelassen hat und ich auch mit den kursiven Einschüben nichts anfangen konnte von mir noch fünf Sterne, weil mich die Geschichte so tief berührt und mir so tolle Einblicke beschert hat.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    EvelynM, 21.12.2019

    Als Buch bewertet

    In „Kein Teil der Welt“ begleiten wir die 15jährige Esther bei ihrer Emanzipation von der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas. Sie wächst am Rhein mit den strengen Regeln der Gemeinschaft auf. Sie kennt es nicht anders und erst als ihre beste Freundin Sulamith zu hadern beginnt, kommt Esther ins Grübeln. Ihr gefällt das strenge Regelwerk immer weniger, so dass sie bei den Versammlungen schon mal abhaut oder sich über die billigen Klamotten von C&A ärgert. Hier legt ihre Mutter zweierlei Maßstab an, denn sie selbst würde sich niemals bei C&A einkleiden. Wie geht das zusammen? Wie muss es für ein Kind sein, wenn es mit so vielen Verboten konfrontiert und teils aus der Schulgemeinschaft (z.B. bei Geburtstagesfeiern) ausgeschlossen wird? Nach der Öffnung der Mauer ziehen ihre Eltern mit Esther in den Osten, um dort einen Königreichssaal aufzubauen. Dabei reißen sie Esther aus ihrer gewohnten Umgebung und weg von ihrer Freundin Sulamith, die sich zusehends von den Zeugen Jehovas ab- und zu den Weltmenschen hinwendet. Auch Esther hinterfragt die Sinnhaftigkeit der Brüder und Schwestern im Wandeln der Wahrheit und wird auch ihren Eltern – vor allem ihrer Mutter gegenüber – immer kritischer. Dabei bewegt sie vor allem die Frage: was geschah mit Sulamith?

    Die Autorin Stefanie de Velasco ist mit 15 Jahren aus der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas ausgestiegen und weiß, wovon sie schreibt. Sollte die eine oder andere Situation übertrieben sein, ist diese Glaubensgemeinschaft meiner Meinung nach doch recht kritisch zu betrachten. Da kann einem schon das ein oder andere Mal ein eiskalter Schauer über den Rücken laufen. Augenscheinlich leben die Zeugen Jehovas nur für die Zeit nach dem Tod und warten geduldig in einem engen Korsett aus Regeln, Verboten und Geboten auf das Paradies. Dabei gilt es stets, sich gegen die Weltmenschen (als alle anderen Menschen außerhalb der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas), die unter dem Einfluss von Satan stehen, zu behaupten und/oder diese durch Missionierung auf die richtige, nämlich die eigene Seite zu ziehen. Durch Bibelkreise, Versammlungen im Königreichssaal, Gebete innerhalb der Familien, privates Studium der Bibel und der Gehorsam gegenüber dem treuen und verständigen Sklaven werden die Gläubigen geradezu zwanghaft an die Gemeinschaft gebunden. Kinder wachsen in diesem System, denn so sehe ich das, abgeschottet vom Leben der Weltmenschen in einer Art Glocke oder Parallelwelt auf und haben kaum eine Möglichkeit, die alten Glaubenssätze der Zeugen Jehovas zu hinterfragen. Es hat schon manische Züge, wie brav und bibeltreu sich die Erwachsenen verhalten und ihren Kindern keinen Freiraum zur Entfaltung lassen. Bereits im Kindergarten werden sie von „Veranstaltungen“ wie Geburtstagen ausgeschlossen, getreu der Vorschriften der Zeugen Jehovas. Diese totale Abgrenzung der Zeugen Jehovas gegen den „Rest der Welt“ war allgegenwärtig. Alle Andersgläubigen bzw. Ungläubigen werden in einen Topf geschmissen und den Kindern wird wahrlich Angst gemacht – vor allem vor Dämonen. Das muss bei Kindern Spuren hinterlassen und zwar keine guten oder schönen. Hier schlich sich bei mir schnell Unbehagen ein und ich bin eine erwachsene Frau.
    Weihnachten wird nicht gefeiert, jedoch der Tag in der Familie mit einem Festessen „überbrückt“ – es wird ja nicht gearbeitet und vermutlich gibt es nichts Besseres zu tun. Ich merke gerade beim Schreiben, wie sehr mich das Buch immer noch gefangen hält und wie sich mein Herzschlag beschleunigt. Es ist einfach unglaublich, wie sehr Glaubensgemeinschaften an sich in das Leben von Menschen eingreifen und mit deren Angst spielen. Auf der anderen Seite geben die Zeugen Jehovas ihren Mitgliedern Halt, Zugehörigkeit und Hilfe bei ganz alltäglichen Dingen wie einem Umzug. Der Zusammenhalt der Gemeinschaft wird gelebt, solange man nicht aus der Reihe tanzt. Dann wird es unbequem und man sieht sich einem Rechtskomitee gegenüber und muss damit rechnen, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden und damit Familie, Freunde und die Geborgenheit der Brüder und Schwestern zu verlieren.
    Das Frauenbild der Königreichler finde ich sehr überholt und beschämend. Wobei ich Esthers Mutter schon als starken Charakter sehe. Ihr Vater war für mich wenig greifbar – vielleicht lag das an seinen vielen Reisen.
    Mit dem Schreibstil bin ich sofort gut klar gekommen und ich fand die Geschichte von Anfang an interessant und spannend
    Ein großes Rätsel ergab sich für mich durch die eingefügten Seiten, in denen die Rede von einer Salzinsel, deren Bewohner und das entbehrungsreiche Leben auf dem Eiland war. Bis zum Schluss hatte ich darauf gehofft, dass diese Einfügungen ein Geheimnis offenbaren oder entscheidend zum Verständnis der Geschichte beitragen. Doch daraus wurde leider nichts. Meiner Begeisterung für den Roman tat es keinen Abbruch.
    Zuletzt möchte ich noch ein paar Worte zum Cover sagen. Das Bild des betenden, kleinen Mädchens unter eine Glasglocke spiegelt sehr plastisch das Leben von Esther wider. Sie lebt mitten unter den Menschen, aber doch getrennt von ihnen durch eine Glaswand wie in einer Art Kokon. Sie sieht, wie die Weltmenschen leben und kann die Wand nicht durchbrechen, ohne dass das Glas dabei zu Bruch geht. Das macht für mich das Cover so symbolträchtig und gleichzeitig beängstigend.

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