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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    https://lieslos.blog/, 20.10.2020

    Als Buch bewertet

    Polly Flint ist die kluge und gewitzte Protagonistin und Ich-Erzählerin, um die es in diesem wunderbaren Roman geht und die hier ihre 87-jährige Geschichte erzählt.

    Das Buch der inzwischen 92-jährigen Jane Gardam, Grand Dame der englischen Literatur, ist bereits 1985, also weit vor ihrer berühmten und wunderbaren „Old-Filth-Trilogie“ im englischen Original erschienenen.

    1904, kurz nach dem Ende des viktorianischen Zeitalters, wird Polly als 6-jähriges Waisenkind bei ihren beiden ältlichen und frommen Tanten Mary und Frances in einem abgelegenen Ort in North-Yorkshire/England abgegeben.
    Obwohl noch so jung, hat sie bereits Aufenthalte in einigen Pflegefamilien hinter sich, weil ihre Mutter Emma verstarb, als sie ein Jahr alt war und sich ihr Vater, ein Seemann, nicht um sie kümmern konnte.

    Zuneigung und Liebesbekundungen gibt es von der strengen Aunt Mary und der sanftmütigeren Aunt Frances kaum und Schulbildung bleibt ihr, abgesehen von den Schulstunden in Deutsch und Französisch beim verwitweten und strenggläubigen Hausdrachen Mrs. Woods nahezu verwehrt.

    Unterhaltung und Abwechslung sind Mangelware, aber glücklicherweise gibt es hier, im Gelben Haus am Meer, viele Bücher. Sie sind alt und wertvoll und stehen in der umfangreichen Bibliothek von Grandfather Younghusband.

    Polly vertieft sich in viele Werke des 19. Jahrhunderts und beschäftigt sich mit Autorinnen wie Jane Austen, George Eliot und den Brontë-Schwestern.

    Sie liebt und verehrt den unerschütterlichen Seemann und Schiffbrüchigen Robinson Crusoe und liest diesen Roman von Daniel Defoe, in dem für sie das Geheimnis des Lebens und die Antworten auf ihre Fragen stecken, mindestens einmal pro Jahr.
    Robinson wird zu ihrem Freund, Begleiter, Vorbild und Leitstern... deshalb auch der sehr treffende Titel „Robinsons Tochter“.

    Polly schöpft Kraft und zieht Weisheiten aus diesem Werk, identifiziert sich mit Robinson und fühlt sich in ihrer Umgebung ebenfalls wie auf einer einsamen Insel, auf der sie im Grunde genommen ein isoliertes und eingesperrtes Leben führt.

    Das brave Mädchen Polly wächst zu einer eigenwilligen Frau mit unabhängigem Geist und rebellischem Wesen heran.
    Man nennt sie irgendwann „die komische Miss Flint“.

    Von Religion, Glauben und frommem Getue hält sie nichts, die Konfirmation lehnt sie rundweg ab. Dass die gottesfürchtigen Tanten entsetzt sind, ist selbstredend.
    Aber Polly lässt sich nicht unterkriegen und geht ihren eigenen Weg.

    Verluste bleiben nicht aus. Ihre Tante Frances heiratet und geht nach Indien und auch andere bedeutsame Menschen wie Paul, in den sie sich mit 16 verliebt hat sowie Theo und seine jüdische Familie verlassen sie, so dass sie nach dem Krieg nur mit Ihrer Haushälterin zusammen in dem für sie beide viel zu großen Haus lebt.

    Und hier kommt wieder Robinson ins Spiel. Er rettet sie vor der Einsamkeit und den Gefahren von Armut und Whisky.
    Wie?
    Indem sie das Buch mit ihrer vielleicht wichtigsten Bezugsperson ins Französische und Deutsche übersetzt.

    Polly erlebt über die Jahre hinweg all das, was ein Menschenleben ausmacht: Freundschaften, Liebe, Enttäuschungen, Verluste, depressive Phasen.

    Gardam ist eine exakte Beobachterin, die scharfsinnig, feinfühlig, raffiniert und mit Humor und Ironie erzählen kann.
    Bis zum Ende erfreut und verblüfft sie den Leser mit Geheimnissen, Überraschungen und manch‘ surrealen Momenten.

    Mir gefiel es, wie das Augenmerk zeitweise auch auf die schrecklichen Auswirkungen der aus dem ersten Weltkrieg heimgekehrten jungen Männer oder auf das Schicksal der jüdischen Kinder, die 1938/39 im Rahmen des „Refugee Children‘s Movement“ nach Großbritannien gebracht wurden, gerichtet wurde.

    Ihre Figuren, allen voran Polly, zeichnet Jane Gardam tiefgründig und in all ihrer Vielschichtigkeit und Unterschiedlichkeit.
    Durch die Ich-Perspektive wird dem Leser das Innenleben der Protagonistin sehr vertraut und man kommt ihr nahe wie einer guten Bekannten.
    Gleichzeitig zu dieser Nähe wird aber durchgehend eine gewisse Distanz gewahrt, man wird, um in diesem Bild zu bleiben, nie zur besten Freundin, wodurch das gleichermaßen menschliche und zugewandte, wie reservierte und unangepasste Wesen Pollys noch deutlicher wird.

    Ich möchte diesen leichtfüßig daherkommenden und besonderen Roman, in dem es u. a. um Selbstfindung und Emanzipation geht, unbedingt empfehlen.

    Vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse und der englischen Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählt er die kurzweilige Lebensgeschichte einer Frau, die entschlossen und unbeirrt ihren Weg geht, kein dauerhaftes Glück bei den Männern findet und immer wieder aufsteht, wenn sie stolpert.
    Er hat mir äußerst vergnügliche Lesestunden beschert und auch meinen Wunsch, anspruchsvolle, aber nicht unzugängliche und abgehobene Literatur zu lesen, befriedigt.

    Ich bin froh, Polly Flint, eine außergewöhnliche, starke, mutige und liebenswerte Frau mit bewundernswerter Contenance und Standfestigkeit kennengelernt und über viele Jahrzehnte hinweg begleitet zu haben.

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  • 4 Sterne

    Kaffeeelse, 10.12.2020

    Als Buch bewertet

    Eine junge Frau, Polly Flint, oder Robinsons Tochter, versucht im frühen 20. Jahrhundert in England möglichst selbstbestimmt ihr Leben zu leben und bezahlt natürlich einen Preis dafür. Gesellschaftskritisch betrachtet die Autorin die Rolle der Frau in diesem Buch. Mit einem etwas blitzenden Auge. Denn obwohl Polly Flint schon ein recht starkes Wesen hat, bleiben ihr dennoch bestimmte Dinge verwehrt, manche Wege sind nicht für sie begehbar. Wunderbar und absolut passend und auch ungemein auflockernd ist hier der trockene britische Humor von Jane Gardam. Ohne diesen Humor wäre die Lebensgeschichte der Polly Flint wohl etwas zu düster geraten. Polly Flint verliert früh ihre Eltern, gerät in Pflegefamilien und später kommt sie zu ihren Tanten Mary und Frances in das Gelbe Haus am Meer. Die Tanten sind fromm, aber eben auch eigenbrötlerisch. Und ebenso wie Polly ihre Tanten kennenlernt, wird auch ihre Liebe zum Lesen entwickelt. Und ein Buch beginnt eine Wichtigkeit in Pollys Leben zu bekommen, eine Wichtigkeit, die mich beim Lesen etwas bedrückt hat. Robinson Crusoe! Denn die einsame Insel Robinsons ist auch Polly bekannt. Sie verlässt diese einsame Insel eigentlich auch nie ganz, denn die Vergänglichkeit von allem ist ihr sehr früh bewusst geworden, musste ihr früh, zu früh bewusst werden und eine gewisse Abschottung kann auch ganz hilfreich sein, hilfreich, aber auch einengend. Trotzdem ereilen Polly natürlich weitere Prüfungen,. Abschiede gehören zu Pollys Leben, aber auch Liebe und Enttäuschung, wie auch eine schwere Depression, doch Freundschaft und ihre Liebe zur englischen Literatur werden ein Rettungsanker. Und Pollys Leben bekommt neue Wendungen. Dennoch empfand ich das Buch als etwas distanziert und kühl geschrieben, erst weit am Ende kommt noch etwas Gefühl in mir auf. Und dies ist für mich der Grund, diesem Buch den letzten Stern zu verwehren. Aber das Leben von Polly Flint ist für mich ein Vier-Sterne-Buch und das ist doch auch etwas!

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