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Die 33-jährige Milla arbeitet in einer Anwaltskanzlei und ist alleinerziehende Mutter. In ihrer knappen Freizeit liebt sie es, sogenannte „Lost Places“ zu entdecken und zu erkunden, worüber sie auch einen Blog führt. Bei einer ihrer Wanderungen entdeckt sie einen alten verschütteten Keller mitten im Thüringer Wald, wo sich vor vielen Jahren der Grenzzaun der damaligen DDR entlang zog. Bei genauerer Inspektion des Kellers findet Milla einige Gegenstände, die noch gut erhalten sind, aber wie aus der Zeit gefallen wirken. Milla ist fasziniert von ihrem Fund, zu dem auch ein Tagebuch gehört und möchte unbedingt mehr über die ehemaligen Besitzer erfahren, deshalb begibt sie sich auf Spurensuche, die sie auf Christine Dressel treffen lässt, die Verfasserin des Tagebuchs, deren Familie damals das Hotel Waldeshöh betrieb, zu dem der von Milla gefundene Keller gehörte. Bei ihren Gesprächen freunden sich Milla und Christine an und tauchen ab in die ganz persönliche Vergangenheit der Familie Dressel und das alte Hotel…
Kati Naumann hat mit ihrem Buch „Was uns erinnern lässt“ einen sehr berührenden und fesselnden Roman vorgelegt, der mitten ins Herz des Lesers trifft und auch nach der Lektüre nicht loslässt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und packend, der Leser verschwindet zwischen den Seiten und kann das Buch kaum aus der Hand legen aufgrund der Fähigkeit der Autorin, die Geschichte spannend und gleichzeitig mit dem nötigen Fingerspitzengefühl zu erzählen, wobei auch ihre akribische Recherche zum Tragen kommt. Die Handlung bewegt sich auf zwei Zeitebenen, von denen die eine die Gegenwart um Milla, ihren Kellerfund und die Begegnung mit Christine darstellt, die andere lässt die Zeit im Jahr 1977 und früher wieder aufleben, die das Leben von Christines Familie in dem damaligen Sperrgebiet der DDR wiederspiegelt. Wie sehr die Familie unter Repressalien leiden musste und durch Schikanen der DDR-Führung drangsaliert wurde, macht sprachlos und lässt erahnen, dass dieses Schicksal auch viele andere Menschen getroffen haben muss. Von der Allgemeinheit völlig abgeschnitten und von der Außenwelt abgeschirmt stellt sich ein recht einsames und auch verzweifeltes Leben dar, wobei gerade die Frauen die starken Persönlichkeiten innerhalb dieser Zeit sind, denn sie finden Mittel und Wege, das ihnen zugewiesene Leben zu ertragen und im alles nur Erdenkliche abzugewinnen.
Die Charaktere wurden von der Autorin sehr lebendig gestaltet, sie wirken hautnah, stark und vor allem sehr menschlich und authentisch. Gerade die Frauen aus dem Vergangenheitspart wirken kraftvoll und unerschütterlich, wobei ihr Leben kein Zuckerschlecken war und sie in ihrer Handlungsfähigkeit doch sehr eingeschränkt, da sie sich den Gegebenheiten gezwungenermaßen anpassen mussten. Auf der Gefühlsebene zieht die Autorin mit viel Fingerspitzengefühl sämtliche Register, so dass der Leser eine emotionale Achterbahn durchmacht, denn von Trauer, Wut, Resignation sowie Hoffnung und schöne Momente ist alles vertreten. So wachsen die Protagonisten dem Leser sehr ans Herz und man teilt sowohl Freud als auch Leid mit ihnen sehr intensiv.
„Was uns erinnern lässt“ isst ein sehr atmosphärischer Roman über eine Zeit in Deutschland, die man so offen noch nie gelesen hat. Sehr anrührend und fesselnd erzählt, dass man darüber die Zeit vergisst. Absolute und sehr verdiente Leseempfehlung!
73 Jahre hat Familie Dressel im Hotel Waldeshöh im Dressels Forst gewohnt. Das kleine Hotel mitten im Wald in der Nähe des Rennsteiges beherbergte zuerst gutbetuchte Kurgäste und bot im 2. WK Frankfurter Schülern einen sicheren Unterschlupf. Nach 1945 durften nur noch die Dressels dort wohnen. Das Haus lag jetzt in einer militärischen Sperrzone. Aber jede Woche putzten die Frauen der Familie die Gästezimmer in der Hoffnung, dass bald wieder Wanderer oder FDGB-Urlauber zu ihnen kommen. 32 Jahre lang. Bis 1977.
Als Milla 2017 auf dem Gebiet der ehemaligen innerdeutschen Grenze auf der Suche nach einem Lost Place (verlassenen Ort) eine unter Schutt begrabene Falltür entdeckt, kann sie nicht widerstehen und öffnet diese. Sie ist überrascht, als sie einen komplett eingerichteten Keller entdeckt und den Hinweis, dass er früher zum Hotel Waldeshöh gehörte. Sie findet u.a. Schulhefte von Andreas und Christine Dressel, die letzten sind auf 1977 datiert. Was ist damals passiert? Milla ist von dieser Frage und dem verwunschen wirkenden Ort so fasziniert, dass sie Christine ausfindig macht und von ihrem Fund erzählt. Aber Christine will den Ort nicht sehen: „Ich kann dort nicht mehr hin. Es ist noch in meinem Kopf, so wie es davor war. Und das will ich nicht ändern.“ (S. 85)
Abwechselnd erzählt Kati Naumann die Geschichte der Dressels von 1945 bis 1977 und Millas Bestreben, ihnen nachträglich zu Gerechtigkeit zu verhelfen. Denn diese versuchen seit der Wende erfolglos, Dressels Forst zurückzubekommen. Obwohl Milla und Christine sehr verschieden sind – immerhin trennt sie eine ganze Generation und eine unterschiedliche Vergangenheit – verstehen sie sich gut.
Milla fühlt sich verloren, seit der Vater ihres Sohnes sie verließ. Damals fing sie an, Lost Places zu suchen. An ihnen fühlt sie, dass sie nicht die Einzige ist, die verlassen wurde. Außerdem sie trennt sie sich seither regelmäßig von Dingen, die sie nicht mehr braucht – auch von unliebsamen Erinnerungen.
Christine hingegen hat ein ganzes Zimmer voller Unterlagen der Familie, die bis 1904 zurückreichen. Ein Zimmer voller Andenken. „Ich glaub, ich könnte mit all diesen Erinnerungen nicht leben.“ „Und ich vermutlich nicht ohne sie.“ (S. 227)
Durch das gemeinsame Aufarbeiten der Familiengeschichte ändert sich ihre jeweilige Sicht auf das Leben und bringt ein lang gehütetes Geheimnis ans Licht.
Da ich selber in der DDR aufgewachsen bin, war ich sehr neugierig auf das Buch. Mir war bis jetzt nicht wirklich bewusst, dass die innerdeutsche Grenze am Rennsteig verlief und jahrzehntelang ein recht großer Teil militärisches Sperrgebiet war.
Von Beginn an entwickelt das Buch einen unglaublichen Sog. Kati Naumann schreibt sehr komplex und verwendet eine dichte Erzählsprache.
Ich war fasziniert von der Familiengeschichte, wie die Dressels all die Jahre allein da oben im Wald ausharren und hoffen, obwohl sie immer größeren Repressalien ausgesetzt werden. Am Anfang dürfen sie noch Besuch von Freunden bekommen, bald brauchen sie selbst einen Passierschein, um das Gelände zu betreten oder zu verlassen. Ihnen wird das Telefon abgestellt, der Krankenwagen darf nicht mehr zu ihnen hochfahren, die Post müssen sie sich 8 km entfernt im nächsten Ort abholen. Sie stehen unter der dauernden Beobachtung der Grenzsoldaten. Auf ihren jahrzehntealten Wegen werden Stolperdrähte gespannt, damit sie nur den Hauptweg benutzen. Sie hören nachts immer wieder Schüsse, hochgehende Mienen, Schreie – und wissen nie, ob es ein Reh erwischt hat oder einen Republikflüchtling. „Du kannst Niemanden halten, der nicht bleiben will. Nicht mit Liebe und auch nicht mit Stacheldraht und Tretminen.“ (S. 343)
Ich glaube nicht, dass ich das ausgehalten hätte.
Aber sie lieben ihren Wald. Dressels Forst ist ihre Heimat, ihre Wurzel. Sie leben sehr naturverbunden, halten zusammen und hoffen, dass sie das Waldeshöh wieder als Hotel betreiben können. Um diese Hoffnung und den Zusammenhalt habe ich sie beneidet.
Das Buch ist sehr emotional und aufwühlend. Ich hatte beim Lesen immer wieder Beklemmungsgefühle und musste es kurz aus der Hand legen, über das Gelesene nachdenken. Ich weiß nicht, ob ich so hätte leben können oder wollen. Allein im Wald, und doch gefangen, nur an einer Stelle ein Schlagbaum als Tor zum Rest der Republik.
Ihre Devise hieß: Nur nicht auffallen. Und trotzdem kam immer wieder die Angst hoch, dass man ihnen diese Heimat doch noch wegnimmt.
Ich habe mich beim Lesen an vieles erinnert, was ich zum Teil ganz hinten im Gedächtnis vergraben hatte – wie man sich verhalten musste, was man wem sagen durfte und was nicht, welche Kleidung in der Schule verboten war und welche ausdrücklich erwünscht. Nur die Westpäckchen kenne ich leider nicht aus eigener Erfahrung.
Sehr gefallen hat mir Kati Naumanns poetische Sprache. Einer meiner Lieblingssätze ist: „Sie schob ihre Füße unter das Laub, als wären es Wurzeln, und blieb für einige Zeit unbeweglich, wie einer der Bäume.“ (S. 13)
„Was uns erinnern lässt“ ist eines der Bücher, das noch lange in mir nachhallen wird. Eine sehr emotionale und poetische Geschichte über ein wichtiges Stück verdrängte DDR-Geschichte. #gegendasvergessen
Ein Familienleben direkt an der innerdeutschen Grenze
Das Buch erzählt in 2 Zeitebenen, zum einen in der Gegenwart mit Milla, einer alleinerziehenden Mutter, deren Hobby es ist, „Lost Places“, verlassene einsame Orte mit unterschiedlichsten Spuren vergangenen Lebens, aufzustöbern und im Internet mit anderen Interessierten zu teilen.
Bei einer Wanderung in der Nähe des Rennsteiges im Thüringer Wald stößt sie zufällig auf einen Keller, das darüberstehende Haus ist komplett zerstört und alle Spuren beseitigt, allerdings sieht der Keller so aus, als ob er nur kurz von seinen Bewohnern verlassen worden wäre. Dieser Keller gehörte zum Hotel „Waldeshöh“ der Familie Dressel und diese Familie sucht Milla nun.
Und um die Lebens- und Familiengeschichte der Familie Dressel dreht sich der 2. Handlungsstrang. Er beginnt gegen Ende des 2. Weltkrieges, im Hotel sind Frankfurter Stadtkinder einquartiert, der Hausherr ist an der Front und alle fiebern nur auf das Ende des schrecklichen Krieges hin. Und die Bewohner haben Glück, der Vater kehrt, wenn auch nicht gesund, aus dem Krieg zurück, das Hotel ist so abgelegen, dass keine Bomben geworfen werden, sich keine der diversen Besatzungsmächte wirklich dafür interessiert und es keimt die Hoffnung, irgendwann den Hotelbetrieb wieder aufnehmen zu können.
Das wiederum erweist sich als Trugschluss. Direkt am Hotel wird im Laufe der Jahre eine immer stärkere Grenzbefestigung installiert, mit Minenfeldern, Hunden und Stacheldraht, den Bewohnern wird das Leben immer schwerer gemacht, das Telefon wird abgestellt, keine Post wird zugestellt, es gibt nur eine Stelle, an der sie das Grenzgebiet überhaupt verlassen und wieder betreten dürfen, die alltäglichen Schikanen werden immer größer und schlimmer. Trotzdem gelingt es der Familie, ein durchaus glückliches Leben zu führen, der Familienzusammenhalt ist immens und sehr liebevoll und alle hoffen, dass eines Tages die Beschränkungen wieder gelockert werden. Bis eines Tages doch die große Katastrophe kommt.
Mich hat das Buch sehr berührt, einerseits bin ich familiär vorgeprägt und zum anderen gelingt es der Autorin sehr gut, die Gedankenwelt der einzelnen Personen nachvollziehbar zu machen. Zum Beispiel die immer wieder und eigentlich gegen besseren Wissen aufkeimende Hoffnung auf eine Wende zum Besseren. Die große Liebe zur Heimat, zum Wald und den Familientraditionen. Und auch die Abkehr einer einzelnen Person davon, deren Wunsch aus dem beschränkten eingesperrten Leben heraus zu kommen ist für mich durchaus ebenso verständlich.
Es ist so erschreckend, wie viele Schikanen sich das DDR-Regime für solche „Abweichler“ von der Norm hat einfallen lassen, wie die Nachbarn und Kollegen, meist ebenfalls aus Angst um ihre eigene Situation, das mitgetragen haben und wie sehr man sich einschränken lässt in der Furcht, auch noch das letzte kleine Glück zu verlieren. Und den perfiden Strategien der DDR-Oberen hatten die meisten Menschen nicht wirklich etwas entgegen zu setzen. Heute ist das möglicherweise vielen nicht nachvollziehbar, aber vielleicht muss man dies auch selbst erlebt haben.
Trotzdem vermittelt das Buch auch die alltägliche Lebensfreude und das kleine Alltagsglück absolut stimmig, dafür und für die gelungene Erinnerung an diese Zeit von mir tolle 5 Sterne!
1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.
Meinung:
Milla, die außer ihrem Sohn Neo keine Familie hat, verbringt ihre Freizeit mit einem ungewöhnlichen Hobby, sie ist auf der Suche nach lost places. Als sie so einen Ort am Rennsteig in Form eines Kellers findet und aus Neugier Nachforschungen dazu anstellt, stößt sie auf die Familie Dressel, der das Hotel Waldeshöh mit Waldgebiet am Rennstein gehörte und findet letztlich in Christine eine Freundin und mit ihr eine ganze Familie. In zwei Handlungssträngen wird, beginnend in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, dem Leser einmal vom Werdegang der Familie Dressel erzählt, die das Hotel Waldeshöh am Rennsteig als Familie führte und die dann irgendwann mit täglichen Repressalien zu kämpfen hat, da sie in unmittelbarer Nähe der Grenze in einer Sperrzone leben mussten. Der andere Erzählstrang spielt in der Gegenwart und endet mit einem dunklen Geheimnis...
Der flüssige und wunderschön bildhafte Erzählstil hat mich in die Geschichte eintauchen lassen und ich hatte beim Lesen das Gefühl, mittendrin zu sein! Die Charaktere der Protagonisten sind sehr real und authentisch gezeichnet, ich fühlte mich ihnen verbunden.
Dieses Buch ist für mich zu einem Lesehighlight geworden, die Autorin hat mit dieser Familiengeschichte einen ganz besonderen Nerv bei mir getroffen. Selbst in der ehemaligen DDR aufgewachsen, wurde ich durch ihre Schilderungen in meine eigene Vergangenheit katapultiert und ich fand mich beim Lesen in meiner eigenen Kinder- und Jugendzeit wieder! Längst Vergessenes schwappte auf einmal über mich herein, ich musste schmunzeln und es liefen auch mal die Tränen, so intensiv waren die Erinnerungen!
Fazit:
Dieses Buch ist eine ganz besondere Reise in die deutsche (DDR)-Vergangenheit, sehr anschaulich, sehr emotional und sehr berührend. Ich kann es allen empfehlen, die sich, wie ich, gern erinnern möchten, oder die, die etwas über ein Stück unbekannte DDR-Geschichte erfahren wollen!
Familie Dressel betreibt mitten im Wald an Rennsteig seit mehreren Generationen ein Familienhotel.
Mit dem Hotel Waldeshöh verbindet sie ihr ganzes Herzblut und hält damit auch die Familie zusammen. Aber dann kommt das Ende des 2. Weltkriegs, das Hotel liegt in der sowjetischen Besatzungszone direkt neben dem Grenzstreifen und damit beginnen die Querelen und Einschränkungen durch das sozialistische System. Durch Zufall findet Milla, die ihr Hobby im Auffinden von Lost Places sieht, unter Laub versteckt den noch intakten Keller des Hotels. Ihre Neugier ist geweckt und sie beginnt im Internet zu recherchieren. Sie kann auch wirklich Nachkommen der damaligen Besitzer ermitteln und beginnt mit ihnen gemeinsam die Aufarbeitung der Vergangenheit.
Mich hat dieses Buch tief bewegt und der Titel passt absolut. Beim Lesen wurden alte Erinnerungen bei mir wieder wachgerufen an meine Kindheit und Jugend. Als von Nietenhosen, Pionieren, der FDJ, und den damit verbundenen Liedern die Rede war sind meine Gedanken immer wieder in eigene Episoden aus der damaligen Zeit abgeschweift. Aber auch die Ausführungen, wie die Familie die so selten ankommenden Westpakete zelebriert hat. Das war in meiner Familie genauso. Alles wurde eingeteilt und sorgfältig gehütet. Auch eine WM66 hatten wir zu Hause, die wir gelegentlich, genau wie im Buch beschrieben, auch zum Einwecken genutzt haben.
Die Zustände in der DDR, wo man aus Mangel oft improvisieren musste, sind im Buch treffend geschildert. Es hat mich beeindruckt, wie lange >über Jahrzehnte< sich der Traum der Familie Dressel gehalten hat, der Traum das Hotel wieder mit Gästen zu füllen und es im alten Glanz erstrahlen zu lassen. Dabei finde ich den Zusammenhalt der Familie, die ja nach der Schließung der Grenzen zu Westdeutschland völlig isoliert auf diesem 500 breiten Grenzstreifen weitergelebt hat unwahrscheinlich beeindruckend. Freiheit sieht sicher anders. Umso erstaunlicher, dass die Familie daran nicht zerbrochen ist. Mir ist das Buch stellenweise sehr unter die Haut gegangen Es hat mir unwahrscheinlich Spaß gemacht dieses Buch zu lesen und darum vergebe ich auch 5 Lesesterne und spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus.
1977: Das Zuhause der 14-jährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze.
Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten.
Irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.
Meine Meinung:
Die Autorin hat ein unrühmliches Stück deutscher Geschichte am Beispiel der beiden Protagonistinnen aufgearbeitet.
Der Zeitrahmen erstreckt sich vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die Gegenwart.
Im Innenteil gibt es einen Stammbaum der Familie Dressel, die fest mit der Geschichte des Hotels verbunden ist.Dadurch bekommt man einen guten Überblick über die verschiedenen Generationen.
In wechselnden Erzählsträngen geht es um die Vergangenheit und die Gegenwart. Nachdem Milla Christine aufgespürt hat und die beiden Frauen sich auf Anhieb sehr sympathisch sind, begeben Sie sich auf Spurensuche.
Stück für Stück werden die perfiden Methoden der DDR ausgegraben,wobei Tatsachen ans Licht kommen, die Christine lieber nie erfahren hätte.
Die Autorin erzählt die Geschichte sehr emotional und dennoch völlig schnörkellos. Die Protagonistinnen und die anderen vorkommenden Personen werden gut in die Geschichte eingeführt, mein Kopfkino lief auf Hochtouren.
Ich wurde gleich von Beginn an in die Geschichte hereingezogen und habe sie in sehr kurzer Zeit gelesen, weil es nicht möglich war, das Buch aus der Hand zu legen.
Fazit:
Ein Stück deutscher Geschichte spannend und gut erzählt. Ich spreche eine absolute Leseempfehlung aus und vergebe fünf Sterne.
1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh.
Auf der Suche nach den ehemaligen Bewohnern trifft sie auf Christine, die beiden Frauen freunden sich an.
Kati Naumann erzählt die Geschichte der Familie Dressel in kleinen Episoden die das genaue Spiegelbild des Lebens in der ehemaligen DDR ist. Vor allem die Repressalien die die Familie ausgesetzt ist, nur weil sie im Grenzgebiet leben sind unvorstellbar.
In der Gegenüberstellung die Gegenwart: Milla sucht Lost Places und möchte mehr darüber heraus finden. Sie hilft den Erben eine Wiedergutmachung zu beantragen.
Der Teil des Buches das in der Vergangenheit spielt ist einfach mitreißend und ungeheuer berührend, denn die Familie wird nicht nur vorgestellt und ihr Schicksal erzählt, sondern wir Leser werden mitgenommen in den Wald, in das Leben, in die DDR und auch in eine Familie die von Zusammenhalt und Hoffnung getragen wird.
In der Jetzt Zeit finden wir uns selber wieder. Internet, pubertierende Kinder, der Stress Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Frau Naumann schafft es Stimmungen mit ihrer bildhaften Sprache zu erzeugen die in dieser Art sehr selten ist, dadurch ist dieses Buch mit Sicherheit ein Lesehighlight in diesem Jahr für mich.
Mir hat die Geschichte, welche auf zwei Zeitebenen erzählt wird, sehr gut gefallen. Die eine Zeitebene behandelt die Geschichte des Hotels Waldeshöh am Rennsteig und deren Besitzer und im anderen Handlungsstrang geht es um Milla, die 2017 im Thüringer Wald wandern geht und auf einen überwucherten Keller stößt und danach rausfindet, was es damit auf sich hat. Beide Handlungsstränge konnten mich überzeugen und waren beide spannend zu lesen. Dank der starken Charaktere, wirkt das Buch sehr lebendig und ich wollte unbedingt wissen, wie es mit jedem von ihnen ausging. Man merkt, dass die Autorin sich in der Gegend auskennt und in ihrer Kindheit viel im Sperrgebiet bei ihren Großeltern war. Die Geschichte der Familie Dressel ist bestimmt für so manch eine Familie Realität gewesen. Ich habe bisher noch nichts über die Zwangsumsiedlungen in der ehemaligen DDR gelesen und fand dies sehr interessant. Das Buch ist sehr fesselnd geschrieben und so lernt man auf unterhaltsame Weise noch was über die Vergangenheit. Ein sehr empfehlenswertes Buch!
Milla, alleinerziehende Mutter des 14jährigen Neo, macht sich in ihrer Freizeit gerne auf die Suche nach Lost Places und ist dementsprechend gut ausgerüstet auf ihren Wanderungen. So findet sie auch eines Tages endlich einen Lost Place, den vor ihr noch niemand entdeckt hat und ist ganz aufgeregt. Sie hat den intakten Keller eines ehemaligen Hotels in der Nähe des Rennsteigs entdeckt. Sogar die gefüllten Marmeladengläser stehen noch dort. Was ist hier passiert, dass von dem Hotel nur noch der Keller steht? Sie nimmt eines der Schulhefte mit, die sie dort unten findet und kommt so in Kontakt mit Familie Dressel, der einmal das Haus gehört hat. Doch was ist passiert?
Auf einer zweiten Zeitebene nähern wir uns dem Ende des Hotel Waldeshöh chronologisch gesehen ab der Zeit des Zweiten Weltkriegs, wo wir die tatkräfitge Johanna kenenn lernen, die sich nicht unterkriegen lässt von den vielen Schicksalsschlägen. Auch als das Hotel Waldehöh in der Sperrzone direkt an der deutsch-deutschen Grenze liegt und nur noch die Familie dort lebt.
Kati Naumann erzählt die Geschichte sehr anschaulich und als Leser kann man die Schikanen des DDR Regimes miterleben. Sympathische Figuren, ein Familiengeheimnis und die Geschichte eines Hotels, das lange keines war. Mit einem sehr stimmigen Ende hat es mir schöne Lesestunden beschert.
Die 14jährige Christine lebt im Jahre 1977 im ehemaligen Hotel Waldeshöh im Thüringer Wald. Direkt hinter Stacheldraht in der Sperrzone, ohne Passierschein kann dies Gebiet niemand betreten.
Im Jahr 2017 entdeckt Milla abseits der Wanderwege einen überwucherten Keller und kommt der Geschichte des Hotels Waldeshöh auf die Spur. Sie forscht nach und stößt auf Christine. Diese Begegnung hat Auswirkungen....
Das Buch zeigt auf, wie es hinter der Grenze wirklich zuging. Man kann sich dies eigentlich nicht wirklich vorstellen und während des Lesens bekommt man so manches Mal ein beklemmendes Gefühl. Die Autorin vermittelt ihr Wissen sehr intensiv - dadurch wirkt die Geschichte noch lange nach. Die Handlung besteht aus zwei Strängen, die man deutlich unterscheiden kann und den roten Faden nicht verliert. Die Charaktere sind gut dargestellt -und vor allem glaubhaft.
Milla ist alleinerziehende Mutter eines pubertierenden, aber dafür extrem in Ordnung seienden Sohnes. Sie arbeitet in einer Anwaltskanzlei, aber in ihrer Freizeit ist sie Jägerin von lost places, also Orten, die vor Jahren oder auch Jahrhunderten aus welchen Gründen auch immer aufgegeben wurden, man aber noch Überreste und Anzeichen von ihnen entdeckt. Eines Tages findet sie einen solchen Ort und bei ihren Recherchen stellt sie fest, dass der Keller einst zu einem Hotel namens Waldeshöh gehört hat. Sie will mehr über dieses Hotel erfahren und als sie sich mit den Leuten in Verbindung setzt, die einst dort gewohnt haben, erfährt sie nicht nur nackte Fakten, sondern erlebt Nachkriegsgeschichte hautnah und erhält ganz nebenbei die Familie, die sie nie gehabt hat.
Die große Stärke des Buches ist nicht einmal das Mitnehmen in die Nachkriegs- und DDR-Geschichte, es sind glasklar die Personen, wobei ich eindeutig ein Fan von Millas Sohn Leo wurde, der mit seinen vierzehn Jahren ein unermüdlicher Weltverbesserer ist. Aber natürlich war auch die Geschichte des Hotels über die Jahrzehnte interessant. Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich alles glauben soll - allein nach der Umsiedelung: Warum sollten Leute belobigt werden, um die Waldeshöher zu mobben? Das ergibt zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn mehr und ich hatte ein bisschen das Gefühl, dass es reines DDR-Bashing war; unnötig, weil man ohnehin durch das, was man mit den Bewohnern des Hotels im Hotel selbst erlebte, erschreckend genug wirkte. Gestört fühlte ich mich auch manchmal durch die Perspektivwechsel innerhalb einer Szene, in solchen Büchern konzentriere ich mich gern auf die Person, um die es im Moment geht. Ansonsten war es eine interessante Lektüre, die in eines der unbekannten Kapitel der näheren Geschichte mitnahm.
1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.
"Was uns erinnern lässt" war das erste Buch, welches ich von der Autorin gelesen habe. Die Geschichte hat mich total berührt, was aber meistens bei Bücher mit geschichtlichem Hintergrund der Fall ist. Ich finde man kann sich heut zu Tage nur schlecht vorstellen, wie es damals war zu leben. Mir gefiel die Erzählweise aus zwei Zeitsträngen gut und ich konnte beiden Handlungssträngen gut folgen. Die geschichtlichen Fakten waren gut recherchiert und kamen nicht zu trocken rüber. Ich mag es, wenn ich bei Romanen auch noch was lernen kann.
Teilweise war es sehr bedrückend zu lesen und ich musste das Buch auch mehrmals aus der Hand legen, um das Gelesene sacken zu lassen. Es ist definitiv keine Geschichte für zwischendurch und ich denke auch nicht jedermanns Sache. Wer sich aber für die deutsche Geschichte interessiert kann hier auf jedenfall gerne zugreifen.
1977: Die vierzehnjährige Christine verliert ihr
Zuhause. Das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh liegt
seit der Teilung Deutschland im Thüringer Wald
direkt in der Sperrzone.
Ohne Passierscheine darf dort niemand mehr hin.
Das Leben dort wird immer beschwerlicher. Sogar die
Postzustellung wurde eingestellt. Eines Tages passiert
das unvorstellbare...
2017: Milla ist auf der Suche nach vergessenen Orten.
Abseits eines Wanderweges im Thüringer Wald findet
sie einen überwucherten Keller und stößt auf die
Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser Ort fasziniert
sie so sehr das sie unbedingt mehr darüber erfahren will.
Kati Naumann hat einen Roman geschaffen der einen in den Bann nimmt.
Durch ihren authentischen und atmosphärisch mitreißenden Erzählstil, sorgt die Autorin für ein originelles und nicht minder aufwühlendes Leseerlebnis.
Der Roman spielt in zwei Zeitebenen und springt immer wieder die Vergangenheit zurück.
Die Mischung zwischen der Realität und der fiktiven Familie Dressel vermischt sich zu einer spannenden Familiengeschichte.
Hier wird eine immer noch recht unbekannte Zeit beschrieben.
Leben im Sperrgebiet und Zwangsumsiedlungen bedeuteten gravierende und unmittelbare Einschnitte im Alltagsleben.
Die Charaktere sind sehr lebensecht und authentisch beschrieben.
Man bekommt man schnell einen interessanten Einblick in die Denkweise der Menschen.
Die Beschreibung der Landschaft vermittelt einen das Gefühl direkt vor Ort zu sein.
So macht Geschichte Spaß.
Habe ich doch einiges erfahren was ich bis heute nicht wusste.
Ein wundervolles Buch was ich nur empfehlen kann.
Grenzerfahrungen und was uns erinnern lässt. Die Autorin selbst verbrachte im damaligen Sperrgebiet im Thüringer Wald einen Großteil ihrer Kindheit bei den Großeltern. Ihr sorgfältig recherchierter Roman ist also auch eine Spurensuche. Auf einer Wanderung findet die junge Milla 2017 im Keller des morbiden Hotels Waldeshöh einen Schulaufsatz von 1977. Als Milla begriff, wo sie sich befand, stellten sich die winzigen blonden Härchen an ihren Armen auf. In ihrer Vorstellung hatte sie sich immer ausgemalt, wie der verlorene Ort aussehen würde, den sie einmal als Erste entdeckte. Sie hatte sich etwas Romantisches vorgestellt, ähnlich dem französischen Château, mit mottenzerfressenen Samtvorhängen und einer Puppe auf einem Flügel mit zahnlückiger Tastatur. Zur Not auch wie die heruntergekommenen Erholungsheime im Harz, mit alten Metallbetten und leeren Spinden. All diese Orte waren leer geräumt worden, und die Dinge, die noch darin herumstanden, wirkten wie geschickt drapierte Requisiten. Aber das hier war keine Kulisse. Es war ein gut sortierter Wirtschaftsraum, in dem nicht einmal sonderlich viel Staub lag. Milla hatte das Gefühl, wenn sie jetzt wieder die Treppe hinaufstieg, würde sie in eine gemütliche Küche kommen, wo auf dem Herd eine Suppe vor sich hin köchelte. Obwohl das Haus darüber amputiert worden war, lebte der Keller noch. Neben bis zur Decke geschichtetem Holz lag ein säuberlicher Stoß mit Zeitungen und Zeitschriften. Die FF dabei, das Freie Wort. Die oberste trug das Datum vom 23. Juni 1977. Daneben stapelten sich gebündelte blassgrüne Schulhefte. Milla schnitt die Paketschnur auf und sah die Hefte durch. Sie gehörten einem Andreas Dressel, Klasse 6a, und einer Christine Dressel, Klasse 8b. Das Zuhause der damals 14-jährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Niemand darf das Waldstück ohne Passierschein betreten. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen. Dieser Ort lässt die junge Frau nicht mehr los, und so macht sie sich auf die Suche nach Christine, um mehr über das Hotel zu erfahren ... Angefangen hatte es mit dem Château Verdure. Milla hatte ein Bild davon gesehen. Seit Milla das Château Verdure gesehen hatte, spürte sie eine merkwürdige Sehnsucht in sich. So als wäre sie nicht am richtigen Platz auf der Welt. Seitdem suchte Milla nach solchen Plätzen.
Hunger, Vertreibung, Wiedervereinigung und Versöhnung: In "Was uns erinnern lässt" erzählt Kati Naumann spannend und fesselnd das bewegende Schicksal zweier Frauen vor dem Hintergrund deutsch-deutscher Geschichte und der Kulisse des Rennsteigs im Thüringer Wald. Ein Roman-Highlight für alle Leserinnen von "Altes Land", "Bühlerhöhe" und Carmen Korns Jahrhundert-Trilogie. An dieses Buch wird man sich erinnern.
Auf der Suche nach ihrem ganz persönlichen „Lost Places“ durchstreift die Mittdreißigerin Milla den Thüringer Wald in der Nähe des so berühmten Rennsteigs. Bewaffnet mit Lärmspray (für neuangesiedelte Wölfe), Multiwerkzeug mit Messer, Vorhängeschloss, verschiedenen Schraubenziehern, Arbeitshandschuhen, Rettungsdecke und Notladegerät ist sie relativ gut ausgerüstet, denn im ehemaligen Grenzgebiet (Todesstreifen) sind immer noch über dreißigtausend Landminen versteckt. Abseits der Wege durchstreift sie den Wald. Auf einer Anhöhe, in der man weit ins Tal blicken kann, entdeckt sie ein überwuchertes Trümmerfeld. Dachschiefer, Holz und ein paar Ziegel die über die ganze Anhöhe verstreut daliegen. Unter all dem Schutt wird sie fündig. Ihr ganz persönlicher „verlorener Ort“ ist ein Keller, gefüllt mit graviertem Porzellan, Einweckgläsern und alten Schulheften. Beim Durchblättern eines Schulheftes, erfährt Milla, das der Keller zum Hotel Waldeshöh gehört, doch was ist aus dem Haus und seinen Bewohnern geworden? Das lässt Milla keine Ruhe und sie versucht die Verfasserin des Schulheftes ausfindig zu machen. Eine Reise die so einige Überraschungen für sie parat hält.
Was uns erinnern lässt…und ich habe mich an vieles erinnern können und vieles wieder neu entdeckt und interpretiert. Die Autorin Kati Neumann hat einen unglaublich realitätsnahen Roman über das Leben im „Grenzstreifen“ geschrieben ohne anklagend, verurteilend oder pathetisch zu werden, sondern mit einem enormen Einfühlungsvermögen. Stellenweise sind die Schicksale der Zwangsumgesiedelten erschütternd, auf der einen Seite durch die Willkür des Staates des Eigentums beraubt zu werden und auf der anderen Seite durch den Versuch sich ja anzupassen, damit man das kleine Stück Heimat doch vielleicht noch behalten kann. Viele versteckte Schilderungen des Alltags in der DDR sind beim genauen lesen zu entdecken, sei es die Anmeldung auf einen Termin zur Fahrschule (was mitunter schon mal ein paar Jährchen dauern konnte), die Mitgliedschaft im Konsum (hier fehlte mir nur die Erwähnung des Einklebens der Konsummarken, ich sehe meine Oma noch heute am Küchentisch sitzen und das Heftchen ordentlich bekleben), warten auf die Zuteilung eines Autos (Trabbi und Co.) und das ewige Schlange stehen sei es bei Obst& Gemüse, Jeans aus Ungarn, Schokolade u.v.a.m.
Dieses Buch kann ich jedem empfehlen der Interesse an der deutsch-deutschen Vergangenheit zwischen Ende des zweiten Weltkrieges und Wiedervereinigung hat. All diejenigen die diese Zeit bewusst miterlebt haben, werden sich nicht nur, und dafür bin ich der Autorin sehr dankbar, an die negativen Seiten erinnern. Vieles wird man kopfschüttelnd lesen, vergessen wir jedoch nicht, das wir die Dinge damals stellenweise einfach anders beurteilten als jetzt.
Das berührende Schicksal einer Familie in der Sperrzone der ehemaligen DDR.
Kurz zum Inhalt:
Mehrere Generationen der Familie Dressel lebt im respectablen Hotel Waldeshöh in Dressels Forst am Rennsteig im Thüringer Wald.
Nach dem Krieg wird dieses Gebiet zur Sperrzone an der Grenze ernannt, und die Dressels erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung. Niemand sonst darf in dieses Waldstück, doch die Familie hält das Hotel immer auf Vordermann für die Zeiten, wenn wieder Gäste kommen.
Doch es ist nicht leicht in der Sperrzone - niemand darf diesen Abschnitt ohne Passagierschein betreten, die Familie muss viele Einschränkungen in Kauf nehmen. Und irgendwann fahren nicht einmal mehr Postauto und Krankenwagen dort hoch. Doch die Dressels lieben ihr Zuhause - bis sich am 2. Juli 1977 alles verändert.
Im Jahr 2017 entdeckt die junge Milla einen verborgenen und verwachsenen Keller bei einer Wanderung im Thüringer Wald. Sie dringt unerlaubt ein und entdeckt Erinnerungen an die Familie Dressel. Neugierig geworden, macht sie sich auf die Suche nach der Familie und ist bald in ihr Schicksal involviert...
Meine Meinung:
Der Schreibstil ist ruhig und gemächlich, man verfolgt die Geschichte der Familie Dressel in mehreren Generationen und deren Schicksal in der ehemaligen DDR in der Sperrzone. Die Familie hatte es nie leicht, und man ist emotional sehr involviert.
Auch wenn manche diesen Schreibstil vielleicht als langweilig bezeichnen würden - das furchtbare Schicksal der Familie Dressel ist es keinesfalls!
Es wird abwechselnd berichtet - einerseits über das Leben der Familie Dressel im Hotel Waldeshöh in der Vergangenheit, ab dem Jahr 1945 bis 1977.
Die andere Perspektive zeigt das Jahr 2017 aus Sicht von Milla, die neugierig auf das Schicksal des Hotels und der Familie geworden ist. Und eigentlich wollte Milla diesen Ort online in das Forum "Lost Places" stellen; doch bald ist sie emotional so an die Familie und deren Schicksal gebunden, dass sie diesen geheimen Ort für sich behalten und der Familie helfen will.
Ich war sehr gefesselt und gerührt von dieser Geschichte, und konnte viel Spannendes über die damaligen Zeiten erfahren.
Sehr gut haben mir auch die emotionalen Entwicklungen, hauptsächlich von Milla und Christine Dressel, gefallen.
Ein richtig tolles gefühlvolles Buch!
Im Vorsatzsatzblatt des Buches ist der Stammbaum der Familie Dressel abgebildet, den ich oft als sehr hilfreich empfand und die Familienverhältnisse nachgeblättert habe.
Fazit:
Gefühlvoller, langsamer Roman über das Schicksal einer Familie in mehreren Generationen in der Sperrzone der ehemaligen DDR. Sehr interessant und hat mich sehr gut unterhalten.
Die junge Milla ist Angestellte in einer Anwaltskanzlei und allein erziehende Mutter eines 14-jährigen Sohnes. Ihr größtes Hobby ist es, nach "verlorenen Plätzen" oder "Lost Places" zu suchen. Als sie am Rennsteig in Thüringen durch den Wald wandert, stößt sie auf einen solchen Ort. Sie findet den Zugang zu einem Keller, wo die Zeit stehen geblieben ist. In den Regalen steht noch das Eingemachte, in Vitrinen jede Menge Geschirr und sogar Schulhefte finden sich dort. Dank des Namens auf den Heften und der Aufschrift des Hotels Waldeshöh auf dem Porzellan begibt sie sich auf die Suche nach den ehemaligen Bewohnern des Hauses, das offenbar über dem Keller gestanden hat.
Sie findet Christine Dressel, die mit ihrer Familie dort gelebt hat und als 14-jährige miterleben musste, wie die ganze Familie zwangsumgesiedelt und enteignet wurde. Die beiden freunden sich nach anfänglichem Misstrauen an und beschließen den Kampf um das Erbe der Dressels wieder aufzunehmen. Dabei wecken sie viele Erinnerungen - schöne wie auch unangenehme und eine unfassbare Wahrheit kommt ans Licht.
Diese wunderbare Familien- und Zeitgeschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Einmal in der heutigen Zeit aus der Sicht von Milla und dann in der Zeit von 1945 bis 1977 aus der Sicht der Familie Dressel. Das Hotel Waldeshöh war früher sehr beliebt bei Wanderern und gut besucht. Im Krieg waren dort Kinder aus der Großstadt untergebracht, später Waldarbeiter. Doch die Familie, die so eng mit diesem Landstrich und dem Wald verbunden war, gab die Hoffnung nie auf, dass sie wieder ein richtiges Hotel führen könnten. Doch durch ihre Lage im Sperrbezirk war das aussichtslos. Dennoch gaben die starken Frauen dieser Familie nie auf, hielten die Zimmer sauber und jederzeit für Gäste bereit, die allerdings nie kamen. Dafür kamen die Soldaten mit LKWs und sie wurden zwangsumgesiedelt und enteignet.
Mir hat diese berührende Familiengeschichte sehr gut gefallen. Besonders interessant fand ich die Kapitel aus der Vergangenheit über das Leben und die Einschränkungen in der DDR. Es ist auch eine Geschichte über Heimat und deren Bedeutung, über Misstrauen und Behörden-Willkür, wie sie damals an der Tagesordnung war. Aber auch über Freundschaft und Familie, die von starken Frauen zusammen gehalten wurde und denen ein einfaches Leben und alle Einschränkungen nichts ausmachte und die in ihrer Heimat dennoch glücklich waren. Alle Figuren sind sehr lebensnah und einfühlsam gezeichnet, so dass man sie sich sehr gut vorstellen kann. Ein hilfreicher Stammbaum der Familie Dressel ist auch enthalten. Ein sehr bewegendes Buch, das einen nicht mehr loslässt und das ich nur empfehlenk kann!
Was uns erinnern lässt – ein Leben, ein Schicksal zwischen und hinter den Zäunen, die jahrzehntelang Ost- und Westdeutschland trennten.
Kati Naumann erzählt in ihrem Roman die Geschichte einer Familie, die lange Jahre ein Hotel am Rennsteig betreiben konnte, bis der zweite Weltkrieg und die daraus resultierenden Folgen letztendlich dafür sorgten, dass sie ihre Heimat verloren.
In zwei zunächst unabhängigen Erzählsträngen wird zum einen die Geschichte der Hotelbesitzerfamilie Dressel in den Jahren 1945 bis 1977, und zum anderen die Entdeckung des im Jahr 2017 noch vollständig erhaltenen Kellers (nebst Geschirr, Tischwäsche, Besteck, selbst hergestellter Marmelade(!)) des Hotels durch die alleinerziehende Milla sowie ihre Kontaktaufnahme mit Familienangehörigen der ehemaligen Besitzer geschildert. Dabei wird nicht nur ein dunkles Familiengeheimnis aufgedeckt, es vollziehen sich auch bemerkenswerte Entwicklungen in den Persönlichkeiten der agierenden Personen.
Ein fesselnder und spannender Roman, in dem es meisterhaft gelungen ist, die Verhältnisse in Ostdeutschland, vor allem aber im s.g. Zonengrenzgebiet, zu schildern. Mit Alltagsereignissen und –beschreibungen, die Betroffenheit und Ärger, aber auch Hoffnung beim Lesen hervorrufen. So lebensecht und –nah geschrieben, dass der Eindruck entsteht, ein Stück reale Familiengeschichte miterleben bzw. nachlesen zu können. Wunderbar und ansprechend, ja sogar fesselnd wird ein Stück deutscher Geschichte aufbereitet, das in dieser Art und Weise gerade in den westdeutschen Bundesländern in dem geschilderten Ausmaß nicht bekannt sein dürfte. Ein großes Lob der Autorin für die Idee, diese Thematik aufzugreifen und sie in sehr unterhaltsamer Weise aufzubereiten und niederzuschreiben. Der Roman bietet viele Gedankenanstöße, sich mit den damaligen Verhältnissen intensiver zu beschäftigen und er sorgt zudem dafür, an Hand der geschilderten Alltagsprobleme das Leben hinter und zwischen den Zäunen besser zu verstehen.
Über allem spürt man aber die Liebe der Autorin zum Ort der Handlung, dem Wald rund um den Rennsteig. Dabei kommen ihr die eigenen Erinnerungen mit Sicherheit zu Gute, die letztendlich zur absoluten Glaubwürdigkeit des Romans beitragen.
Ein Roman, der in meinen Augen zu einem highligt der neueren deutschen Geschichte zählt und für den ich dankbar bin, ihn bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin lesen zu können. Er hat mich bereichert!
Milla ist immer auf der Suche nach „Lost Places“. Sie ist wie viele andere unterwegs und postet ihre Erfolge im Internet um ihre Erlebnisse mit anderen zu teilen. Als sie im Thüringer Wald unterwegs ist, glaubt sie nicht, dass sie an diesem Tag noch erfolgreich sein wird. Dann bemerkt sie plötzlich im Wald Pflastersteine, einen Weg der fast zugewachsen ist. Und es kommt noch besser. Plötzlich bemerkt sie, dass der Untergrund auf dem sie steht, anders ist. Sie entdeckt eine verschlossene Holzluke und in dem darunter liegenden Raum einen Keller. Dieser Keller ist komplett eingerichtet, so dass sie heraus bekommt, dass es sich um den Keller des Hotels Waldeshöh handelt. Sie entdeckt auch noch alte Schulhefte von Andreas und Christine Dressel. Das alles weckt ihre Neugier. Plötzlich möchte sie auch gar nicht mehr ihre Entdeckung im Internet veröffentlichen. Im Gegenteil, sie möchte die Dressels finden, um zu erfahren, was damals geschehen ist. Daraus entwickelt sich eine Geschichte, mit der ich so nicht gerechnet hätte. Milla findet die Dressels und taucht mit ihren tief in die Vergangenheit.
Kati Naumann hat mit ihrem Roman über ein Thema geschrieben, über die die wenigsten etwas wussten. Sicher die Sperrgebiete waren mir bekannt und auch, dass sie nur mit Passierscheinen betreten werden durften. Aber das es auch Zwangsumsiedlungen gab, das war mir neu.
Die Autorin hat hier mit viel Liebe eine fiktive Familiengeschichte mit einem authentischen historischen Hintergrund geschrieben. Besonders berührt hat mich, dass die Familie bis zum Schluss gedacht hat, dass sie ihr Hotel doch noch einmal irgendwann eröffnen können. Sie haben sich nicht unterkriegen lassen und versucht aus dieser Situation das Beste zu machen. Erst mit der Zwangsumsiedlung ist in der Familie etwas zerbrochen und sie haben aufgegeben. Toll, dass es da die Heldin Milla gab, die den Anstoß gab, jetzt nach so vielen Jahren sich wieder zusammenzufinden.
Ich fand das Buch sehr fesselnd geschrieben. Das ist ein Buch, dass ich lange in Erinnerung behalten werde. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung und verdiente fünf Lesesterne.
Die alleinerziehende Mutter Milla findet im ehemaligen Grenzgebiet im Thüringer Wald einen „verlorenen Ort“: Einstmals stand dort das Hotel Waldeshöh, nun gibt es nur noch einen versteckten Keller. Milla forscht nach, findet die Familie, der das Hotel gehörte, und findet auch die dazugehörige Geschichte. Mit Christine, einer der Töchter des verlorenen Hauses, freundet sie sich an, und bald nimmt eine ganz besondere Idee Gestalt an.
Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, einmal in der Gegenwart, über die Bemühungen Millas und Christines, die Geschichte des Hauses wiederzufinden. Dazu kommen noch die Rückblenden, die von den letzten Tagen des Krieges bis in die Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts erzählen. Eine ungewöhnliche Geschichte rollt sich auf, von einem gutgehenden Hotel im Thüringer Wald, das durch die Teilung Deutschlands in die Sperrzone geriet. Was kann Heimat bedeuten, wenn das eigene Haus zum Spielball der Herrschenden wird? Sehr anschaulich schildert die Autorin Kati Neumann, wie dieses Haus zu einem „verlorenen Ort“ wurde, nur um später durch seine Geschichte wiedergefunden zu werden. Diese Geschichte berührt den Leser, denn die Autorin erzählt sehr einfühlsam und doch mit dem nötigen Abstand, und so gelingt es ihr, für alle Beteiligten Sympathie zu wecken. Die Geschehnisse sind sehr real geschildert und ziehen den Leser schnell in ihren Bann.
Dieses Buch ist ein sehr berührendes und lebendig erzähltes Beispiel für die deutsch-deutsche Geschichte. Mich hat zum Schluss noch ein bisschen die Frage umgetrieben, wie die Autorin zu dieser Geschichte kam, da hätte ich gerne als Anhang noch ein paar Worte gelesen. Doch dies ist nur ein kleiner Wermutstropfen zu diesem Buch, das ich unbedingt weiter empfehlen möchte.
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Dreamworx, 14.02.2019
Als Buch bewertetDie 33-jährige Milla arbeitet in einer Anwaltskanzlei und ist alleinerziehende Mutter. In ihrer knappen Freizeit liebt sie es, sogenannte „Lost Places“ zu entdecken und zu erkunden, worüber sie auch einen Blog führt. Bei einer ihrer Wanderungen entdeckt sie einen alten verschütteten Keller mitten im Thüringer Wald, wo sich vor vielen Jahren der Grenzzaun der damaligen DDR entlang zog. Bei genauerer Inspektion des Kellers findet Milla einige Gegenstände, die noch gut erhalten sind, aber wie aus der Zeit gefallen wirken. Milla ist fasziniert von ihrem Fund, zu dem auch ein Tagebuch gehört und möchte unbedingt mehr über die ehemaligen Besitzer erfahren, deshalb begibt sie sich auf Spurensuche, die sie auf Christine Dressel treffen lässt, die Verfasserin des Tagebuchs, deren Familie damals das Hotel Waldeshöh betrieb, zu dem der von Milla gefundene Keller gehörte. Bei ihren Gesprächen freunden sich Milla und Christine an und tauchen ab in die ganz persönliche Vergangenheit der Familie Dressel und das alte Hotel…
Kati Naumann hat mit ihrem Buch „Was uns erinnern lässt“ einen sehr berührenden und fesselnden Roman vorgelegt, der mitten ins Herz des Lesers trifft und auch nach der Lektüre nicht loslässt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und packend, der Leser verschwindet zwischen den Seiten und kann das Buch kaum aus der Hand legen aufgrund der Fähigkeit der Autorin, die Geschichte spannend und gleichzeitig mit dem nötigen Fingerspitzengefühl zu erzählen, wobei auch ihre akribische Recherche zum Tragen kommt. Die Handlung bewegt sich auf zwei Zeitebenen, von denen die eine die Gegenwart um Milla, ihren Kellerfund und die Begegnung mit Christine darstellt, die andere lässt die Zeit im Jahr 1977 und früher wieder aufleben, die das Leben von Christines Familie in dem damaligen Sperrgebiet der DDR wiederspiegelt. Wie sehr die Familie unter Repressalien leiden musste und durch Schikanen der DDR-Führung drangsaliert wurde, macht sprachlos und lässt erahnen, dass dieses Schicksal auch viele andere Menschen getroffen haben muss. Von der Allgemeinheit völlig abgeschnitten und von der Außenwelt abgeschirmt stellt sich ein recht einsames und auch verzweifeltes Leben dar, wobei gerade die Frauen die starken Persönlichkeiten innerhalb dieser Zeit sind, denn sie finden Mittel und Wege, das ihnen zugewiesene Leben zu ertragen und im alles nur Erdenkliche abzugewinnen.
Die Charaktere wurden von der Autorin sehr lebendig gestaltet, sie wirken hautnah, stark und vor allem sehr menschlich und authentisch. Gerade die Frauen aus dem Vergangenheitspart wirken kraftvoll und unerschütterlich, wobei ihr Leben kein Zuckerschlecken war und sie in ihrer Handlungsfähigkeit doch sehr eingeschränkt, da sie sich den Gegebenheiten gezwungenermaßen anpassen mussten. Auf der Gefühlsebene zieht die Autorin mit viel Fingerspitzengefühl sämtliche Register, so dass der Leser eine emotionale Achterbahn durchmacht, denn von Trauer, Wut, Resignation sowie Hoffnung und schöne Momente ist alles vertreten. So wachsen die Protagonisten dem Leser sehr ans Herz und man teilt sowohl Freud als auch Leid mit ihnen sehr intensiv.
„Was uns erinnern lässt“ isst ein sehr atmosphärischer Roman über eine Zeit in Deutschland, die man so offen noch nie gelesen hat. Sehr anrührend und fesselnd erzählt, dass man darüber die Zeit vergisst. Absolute und sehr verdiente Leseempfehlung!
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Tanja P., 25.02.2019
Als Buch bewertetEndstation Hoffnung
73 Jahre hat Familie Dressel im Hotel Waldeshöh im Dressels Forst gewohnt. Das kleine Hotel mitten im Wald in der Nähe des Rennsteiges beherbergte zuerst gutbetuchte Kurgäste und bot im 2. WK Frankfurter Schülern einen sicheren Unterschlupf. Nach 1945 durften nur noch die Dressels dort wohnen. Das Haus lag jetzt in einer militärischen Sperrzone. Aber jede Woche putzten die Frauen der Familie die Gästezimmer in der Hoffnung, dass bald wieder Wanderer oder FDGB-Urlauber zu ihnen kommen. 32 Jahre lang. Bis 1977.
Als Milla 2017 auf dem Gebiet der ehemaligen innerdeutschen Grenze auf der Suche nach einem Lost Place (verlassenen Ort) eine unter Schutt begrabene Falltür entdeckt, kann sie nicht widerstehen und öffnet diese. Sie ist überrascht, als sie einen komplett eingerichteten Keller entdeckt und den Hinweis, dass er früher zum Hotel Waldeshöh gehörte. Sie findet u.a. Schulhefte von Andreas und Christine Dressel, die letzten sind auf 1977 datiert. Was ist damals passiert? Milla ist von dieser Frage und dem verwunschen wirkenden Ort so fasziniert, dass sie Christine ausfindig macht und von ihrem Fund erzählt. Aber Christine will den Ort nicht sehen: „Ich kann dort nicht mehr hin. Es ist noch in meinem Kopf, so wie es davor war. Und das will ich nicht ändern.“ (S. 85)
Abwechselnd erzählt Kati Naumann die Geschichte der Dressels von 1945 bis 1977 und Millas Bestreben, ihnen nachträglich zu Gerechtigkeit zu verhelfen. Denn diese versuchen seit der Wende erfolglos, Dressels Forst zurückzubekommen. Obwohl Milla und Christine sehr verschieden sind – immerhin trennt sie eine ganze Generation und eine unterschiedliche Vergangenheit – verstehen sie sich gut.
Milla fühlt sich verloren, seit der Vater ihres Sohnes sie verließ. Damals fing sie an, Lost Places zu suchen. An ihnen fühlt sie, dass sie nicht die Einzige ist, die verlassen wurde. Außerdem sie trennt sie sich seither regelmäßig von Dingen, die sie nicht mehr braucht – auch von unliebsamen Erinnerungen.
Christine hingegen hat ein ganzes Zimmer voller Unterlagen der Familie, die bis 1904 zurückreichen. Ein Zimmer voller Andenken. „Ich glaub, ich könnte mit all diesen Erinnerungen nicht leben.“ „Und ich vermutlich nicht ohne sie.“ (S. 227)
Durch das gemeinsame Aufarbeiten der Familiengeschichte ändert sich ihre jeweilige Sicht auf das Leben und bringt ein lang gehütetes Geheimnis ans Licht.
Da ich selber in der DDR aufgewachsen bin, war ich sehr neugierig auf das Buch. Mir war bis jetzt nicht wirklich bewusst, dass die innerdeutsche Grenze am Rennsteig verlief und jahrzehntelang ein recht großer Teil militärisches Sperrgebiet war.
Von Beginn an entwickelt das Buch einen unglaublichen Sog. Kati Naumann schreibt sehr komplex und verwendet eine dichte Erzählsprache.
Ich war fasziniert von der Familiengeschichte, wie die Dressels all die Jahre allein da oben im Wald ausharren und hoffen, obwohl sie immer größeren Repressalien ausgesetzt werden. Am Anfang dürfen sie noch Besuch von Freunden bekommen, bald brauchen sie selbst einen Passierschein, um das Gelände zu betreten oder zu verlassen. Ihnen wird das Telefon abgestellt, der Krankenwagen darf nicht mehr zu ihnen hochfahren, die Post müssen sie sich 8 km entfernt im nächsten Ort abholen. Sie stehen unter der dauernden Beobachtung der Grenzsoldaten. Auf ihren jahrzehntealten Wegen werden Stolperdrähte gespannt, damit sie nur den Hauptweg benutzen. Sie hören nachts immer wieder Schüsse, hochgehende Mienen, Schreie – und wissen nie, ob es ein Reh erwischt hat oder einen Republikflüchtling. „Du kannst Niemanden halten, der nicht bleiben will. Nicht mit Liebe und auch nicht mit Stacheldraht und Tretminen.“ (S. 343)
Ich glaube nicht, dass ich das ausgehalten hätte.
Aber sie lieben ihren Wald. Dressels Forst ist ihre Heimat, ihre Wurzel. Sie leben sehr naturverbunden, halten zusammen und hoffen, dass sie das Waldeshöh wieder als Hotel betreiben können. Um diese Hoffnung und den Zusammenhalt habe ich sie beneidet.
Das Buch ist sehr emotional und aufwühlend. Ich hatte beim Lesen immer wieder Beklemmungsgefühle und musste es kurz aus der Hand legen, über das Gelesene nachdenken. Ich weiß nicht, ob ich so hätte leben können oder wollen. Allein im Wald, und doch gefangen, nur an einer Stelle ein Schlagbaum als Tor zum Rest der Republik.
Ihre Devise hieß: Nur nicht auffallen. Und trotzdem kam immer wieder die Angst hoch, dass man ihnen diese Heimat doch noch wegnimmt.
Ich habe mich beim Lesen an vieles erinnert, was ich zum Teil ganz hinten im Gedächtnis vergraben hatte – wie man sich verhalten musste, was man wem sagen durfte und was nicht, welche Kleidung in der Schule verboten war und welche ausdrücklich erwünscht. Nur die Westpäckchen kenne ich leider nicht aus eigener Erfahrung.
Sehr gefallen hat mir Kati Naumanns poetische Sprache. Einer meiner Lieblingssätze ist: „Sie schob ihre Füße unter das Laub, als wären es Wurzeln, und blieb für einige Zeit unbeweglich, wie einer der Bäume.“ (S. 13)
„Was uns erinnern lässt“ ist eines der Bücher, das noch lange in mir nachhallen wird. Eine sehr emotionale und poetische Geschichte über ein wichtiges Stück verdrängte DDR-Geschichte. #gegendasvergessen
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ja nein3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich
Milli11, 15.04.2019
Als Buch bewertetEin Familienleben direkt an der innerdeutschen Grenze
Das Buch erzählt in 2 Zeitebenen, zum einen in der Gegenwart mit Milla, einer alleinerziehenden Mutter, deren Hobby es ist, „Lost Places“, verlassene einsame Orte mit unterschiedlichsten Spuren vergangenen Lebens, aufzustöbern und im Internet mit anderen Interessierten zu teilen.
Bei einer Wanderung in der Nähe des Rennsteiges im Thüringer Wald stößt sie zufällig auf einen Keller, das darüberstehende Haus ist komplett zerstört und alle Spuren beseitigt, allerdings sieht der Keller so aus, als ob er nur kurz von seinen Bewohnern verlassen worden wäre. Dieser Keller gehörte zum Hotel „Waldeshöh“ der Familie Dressel und diese Familie sucht Milla nun.
Und um die Lebens- und Familiengeschichte der Familie Dressel dreht sich der 2. Handlungsstrang. Er beginnt gegen Ende des 2. Weltkrieges, im Hotel sind Frankfurter Stadtkinder einquartiert, der Hausherr ist an der Front und alle fiebern nur auf das Ende des schrecklichen Krieges hin. Und die Bewohner haben Glück, der Vater kehrt, wenn auch nicht gesund, aus dem Krieg zurück, das Hotel ist so abgelegen, dass keine Bomben geworfen werden, sich keine der diversen Besatzungsmächte wirklich dafür interessiert und es keimt die Hoffnung, irgendwann den Hotelbetrieb wieder aufnehmen zu können.
Das wiederum erweist sich als Trugschluss. Direkt am Hotel wird im Laufe der Jahre eine immer stärkere Grenzbefestigung installiert, mit Minenfeldern, Hunden und Stacheldraht, den Bewohnern wird das Leben immer schwerer gemacht, das Telefon wird abgestellt, keine Post wird zugestellt, es gibt nur eine Stelle, an der sie das Grenzgebiet überhaupt verlassen und wieder betreten dürfen, die alltäglichen Schikanen werden immer größer und schlimmer. Trotzdem gelingt es der Familie, ein durchaus glückliches Leben zu führen, der Familienzusammenhalt ist immens und sehr liebevoll und alle hoffen, dass eines Tages die Beschränkungen wieder gelockert werden. Bis eines Tages doch die große Katastrophe kommt.
Mich hat das Buch sehr berührt, einerseits bin ich familiär vorgeprägt und zum anderen gelingt es der Autorin sehr gut, die Gedankenwelt der einzelnen Personen nachvollziehbar zu machen. Zum Beispiel die immer wieder und eigentlich gegen besseren Wissen aufkeimende Hoffnung auf eine Wende zum Besseren. Die große Liebe zur Heimat, zum Wald und den Familientraditionen. Und auch die Abkehr einer einzelnen Person davon, deren Wunsch aus dem beschränkten eingesperrten Leben heraus zu kommen ist für mich durchaus ebenso verständlich.
Es ist so erschreckend, wie viele Schikanen sich das DDR-Regime für solche „Abweichler“ von der Norm hat einfallen lassen, wie die Nachbarn und Kollegen, meist ebenfalls aus Angst um ihre eigene Situation, das mitgetragen haben und wie sehr man sich einschränken lässt in der Furcht, auch noch das letzte kleine Glück zu verlieren. Und den perfiden Strategien der DDR-Oberen hatten die meisten Menschen nicht wirklich etwas entgegen zu setzen. Heute ist das möglicherweise vielen nicht nachvollziehbar, aber vielleicht muss man dies auch selbst erlebt haben.
Trotzdem vermittelt das Buch auch die alltägliche Lebensfreude und das kleine Alltagsglück absolut stimmig, dafür und für die gelungene Erinnerung an diese Zeit von mir tolle 5 Sterne!
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Elisabeth S., 29.03.2019
Als Buch bewertetsehr emotional und berührend
Inhalt:
1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.
Meinung:
Milla, die außer ihrem Sohn Neo keine Familie hat, verbringt ihre Freizeit mit einem ungewöhnlichen Hobby, sie ist auf der Suche nach lost places. Als sie so einen Ort am Rennsteig in Form eines Kellers findet und aus Neugier Nachforschungen dazu anstellt, stößt sie auf die Familie Dressel, der das Hotel Waldeshöh mit Waldgebiet am Rennstein gehörte und findet letztlich in Christine eine Freundin und mit ihr eine ganze Familie. In zwei Handlungssträngen wird, beginnend in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, dem Leser einmal vom Werdegang der Familie Dressel erzählt, die das Hotel Waldeshöh am Rennsteig als Familie führte und die dann irgendwann mit täglichen Repressalien zu kämpfen hat, da sie in unmittelbarer Nähe der Grenze in einer Sperrzone leben mussten. Der andere Erzählstrang spielt in der Gegenwart und endet mit einem dunklen Geheimnis...
Der flüssige und wunderschön bildhafte Erzählstil hat mich in die Geschichte eintauchen lassen und ich hatte beim Lesen das Gefühl, mittendrin zu sein! Die Charaktere der Protagonisten sind sehr real und authentisch gezeichnet, ich fühlte mich ihnen verbunden.
Dieses Buch ist für mich zu einem Lesehighlight geworden, die Autorin hat mit dieser Familiengeschichte einen ganz besonderen Nerv bei mir getroffen. Selbst in der ehemaligen DDR aufgewachsen, wurde ich durch ihre Schilderungen in meine eigene Vergangenheit katapultiert und ich fand mich beim Lesen in meiner eigenen Kinder- und Jugendzeit wieder! Längst Vergessenes schwappte auf einmal über mich herein, ich musste schmunzeln und es liefen auch mal die Tränen, so intensiv waren die Erinnerungen!
Fazit:
Dieses Buch ist eine ganz besondere Reise in die deutsche (DDR)-Vergangenheit, sehr anschaulich, sehr emotional und sehr berührend. Ich kann es allen empfehlen, die sich, wie ich, gern erinnern möchten, oder die, die etwas über ein Stück unbekannte DDR-Geschichte erfahren wollen!
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ja nein2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich
Bärbel K., 28.02.2019
Als Buch bewertetFamilie Dressel betreibt mitten im Wald an Rennsteig seit mehreren Generationen ein Familienhotel.
Mit dem Hotel Waldeshöh verbindet sie ihr ganzes Herzblut und hält damit auch die Familie zusammen. Aber dann kommt das Ende des 2. Weltkriegs, das Hotel liegt in der sowjetischen Besatzungszone direkt neben dem Grenzstreifen und damit beginnen die Querelen und Einschränkungen durch das sozialistische System. Durch Zufall findet Milla, die ihr Hobby im Auffinden von Lost Places sieht, unter Laub versteckt den noch intakten Keller des Hotels. Ihre Neugier ist geweckt und sie beginnt im Internet zu recherchieren. Sie kann auch wirklich Nachkommen der damaligen Besitzer ermitteln und beginnt mit ihnen gemeinsam die Aufarbeitung der Vergangenheit.
Mich hat dieses Buch tief bewegt und der Titel passt absolut. Beim Lesen wurden alte Erinnerungen bei mir wieder wachgerufen an meine Kindheit und Jugend. Als von Nietenhosen, Pionieren, der FDJ, und den damit verbundenen Liedern die Rede war sind meine Gedanken immer wieder in eigene Episoden aus der damaligen Zeit abgeschweift. Aber auch die Ausführungen, wie die Familie die so selten ankommenden Westpakete zelebriert hat. Das war in meiner Familie genauso. Alles wurde eingeteilt und sorgfältig gehütet. Auch eine WM66 hatten wir zu Hause, die wir gelegentlich, genau wie im Buch beschrieben, auch zum Einwecken genutzt haben.
Die Zustände in der DDR, wo man aus Mangel oft improvisieren musste, sind im Buch treffend geschildert. Es hat mich beeindruckt, wie lange >über Jahrzehnte< sich der Traum der Familie Dressel gehalten hat, der Traum das Hotel wieder mit Gästen zu füllen und es im alten Glanz erstrahlen zu lassen. Dabei finde ich den Zusammenhalt der Familie, die ja nach der Schließung der Grenzen zu Westdeutschland völlig isoliert auf diesem 500 breiten Grenzstreifen weitergelebt hat unwahrscheinlich beeindruckend. Freiheit sieht sicher anders. Umso erstaunlicher, dass die Familie daran nicht zerbrochen ist. Mir ist das Buch stellenweise sehr unter die Haut gegangen Es hat mir unwahrscheinlich Spaß gemacht dieses Buch zu lesen und darum vergebe ich auch 5 Lesesterne und spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus.
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ja nein1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich
Langeweile, 24.03.2019
Als Buch bewertetKlappentext übernommen:
1977: Das Zuhause der 14-jährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze.
Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten.
Irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.
Meine Meinung:
Die Autorin hat ein unrühmliches Stück deutscher Geschichte am Beispiel der beiden Protagonistinnen aufgearbeitet.
Der Zeitrahmen erstreckt sich vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die Gegenwart.
Im Innenteil gibt es einen Stammbaum der Familie Dressel, die fest mit der Geschichte des Hotels verbunden ist.Dadurch bekommt man einen guten Überblick über die verschiedenen Generationen.
In wechselnden Erzählsträngen geht es um die Vergangenheit und die Gegenwart. Nachdem Milla Christine aufgespürt hat und die beiden Frauen sich auf Anhieb sehr sympathisch sind, begeben Sie sich auf Spurensuche.
Stück für Stück werden die perfiden Methoden der DDR ausgegraben,wobei Tatsachen ans Licht kommen, die Christine lieber nie erfahren hätte.
Die Autorin erzählt die Geschichte sehr emotional und dennoch völlig schnörkellos. Die Protagonistinnen und die anderen vorkommenden Personen werden gut in die Geschichte eingeführt, mein Kopfkino lief auf Hochtouren.
Ich wurde gleich von Beginn an in die Geschichte hereingezogen und habe sie in sehr kurzer Zeit gelesen, weil es nicht möglich war, das Buch aus der Hand zu legen.
Fazit:
Ein Stück deutscher Geschichte spannend und gut erzählt. Ich spreche eine absolute Leseempfehlung aus und vergebe fünf Sterne.
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petra w., 26.02.2019
Als Buch bewertet1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh.
Auf der Suche nach den ehemaligen Bewohnern trifft sie auf Christine, die beiden Frauen freunden sich an.
Kati Naumann erzählt die Geschichte der Familie Dressel in kleinen Episoden die das genaue Spiegelbild des Lebens in der ehemaligen DDR ist. Vor allem die Repressalien die die Familie ausgesetzt ist, nur weil sie im Grenzgebiet leben sind unvorstellbar.
In der Gegenüberstellung die Gegenwart: Milla sucht Lost Places und möchte mehr darüber heraus finden. Sie hilft den Erben eine Wiedergutmachung zu beantragen.
Der Teil des Buches das in der Vergangenheit spielt ist einfach mitreißend und ungeheuer berührend, denn die Familie wird nicht nur vorgestellt und ihr Schicksal erzählt, sondern wir Leser werden mitgenommen in den Wald, in das Leben, in die DDR und auch in eine Familie die von Zusammenhalt und Hoffnung getragen wird.
In der Jetzt Zeit finden wir uns selber wieder. Internet, pubertierende Kinder, der Stress Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Frau Naumann schafft es Stimmungen mit ihrer bildhaften Sprache zu erzeugen die in dieser Art sehr selten ist, dadurch ist dieses Buch mit Sicherheit ein Lesehighlight in diesem Jahr für mich.
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Lesemone, 08.03.2019
Als eBook bewertetMir hat die Geschichte, welche auf zwei Zeitebenen erzählt wird, sehr gut gefallen. Die eine Zeitebene behandelt die Geschichte des Hotels Waldeshöh am Rennsteig und deren Besitzer und im anderen Handlungsstrang geht es um Milla, die 2017 im Thüringer Wald wandern geht und auf einen überwucherten Keller stößt und danach rausfindet, was es damit auf sich hat. Beide Handlungsstränge konnten mich überzeugen und waren beide spannend zu lesen. Dank der starken Charaktere, wirkt das Buch sehr lebendig und ich wollte unbedingt wissen, wie es mit jedem von ihnen ausging. Man merkt, dass die Autorin sich in der Gegend auskennt und in ihrer Kindheit viel im Sperrgebiet bei ihren Großeltern war. Die Geschichte der Familie Dressel ist bestimmt für so manch eine Familie Realität gewesen. Ich habe bisher noch nichts über die Zwangsumsiedlungen in der ehemaligen DDR gelesen und fand dies sehr interessant. Das Buch ist sehr fesselnd geschrieben und so lernt man auf unterhaltsame Weise noch was über die Vergangenheit. Ein sehr empfehlenswertes Buch!
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mars, 10.03.2019
Als Buch bewertetMilla, alleinerziehende Mutter des 14jährigen Neo, macht sich in ihrer Freizeit gerne auf die Suche nach Lost Places und ist dementsprechend gut ausgerüstet auf ihren Wanderungen. So findet sie auch eines Tages endlich einen Lost Place, den vor ihr noch niemand entdeckt hat und ist ganz aufgeregt. Sie hat den intakten Keller eines ehemaligen Hotels in der Nähe des Rennsteigs entdeckt. Sogar die gefüllten Marmeladengläser stehen noch dort. Was ist hier passiert, dass von dem Hotel nur noch der Keller steht? Sie nimmt eines der Schulhefte mit, die sie dort unten findet und kommt so in Kontakt mit Familie Dressel, der einmal das Haus gehört hat. Doch was ist passiert?
Auf einer zweiten Zeitebene nähern wir uns dem Ende des Hotel Waldeshöh chronologisch gesehen ab der Zeit des Zweiten Weltkriegs, wo wir die tatkräfitge Johanna kenenn lernen, die sich nicht unterkriegen lässt von den vielen Schicksalsschlägen. Auch als das Hotel Waldehöh in der Sperrzone direkt an der deutsch-deutschen Grenze liegt und nur noch die Familie dort lebt.
Kati Naumann erzählt die Geschichte sehr anschaulich und als Leser kann man die Schikanen des DDR Regimes miterleben. Sympathische Figuren, ein Familiengeheimnis und die Geschichte eines Hotels, das lange keines war. Mit einem sehr stimmigen Ende hat es mir schöne Lesestunden beschert.
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kunde, 26.03.2019
Als Buch bewertetDie 14jährige Christine lebt im Jahre 1977 im ehemaligen Hotel Waldeshöh im Thüringer Wald. Direkt hinter Stacheldraht in der Sperrzone, ohne Passierschein kann dies Gebiet niemand betreten.
Im Jahr 2017 entdeckt Milla abseits der Wanderwege einen überwucherten Keller und kommt der Geschichte des Hotels Waldeshöh auf die Spur. Sie forscht nach und stößt auf Christine. Diese Begegnung hat Auswirkungen....
Das Buch zeigt auf, wie es hinter der Grenze wirklich zuging. Man kann sich dies eigentlich nicht wirklich vorstellen und während des Lesens bekommt man so manches Mal ein beklemmendes Gefühl. Die Autorin vermittelt ihr Wissen sehr intensiv - dadurch wirkt die Geschichte noch lange nach. Die Handlung besteht aus zwei Strängen, die man deutlich unterscheiden kann und den roten Faden nicht verliert. Die Charaktere sind gut dargestellt -und vor allem glaubhaft.
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H. N., 05.03.2019
Als Buch bewertetMilla ist alleinerziehende Mutter eines pubertierenden, aber dafür extrem in Ordnung seienden Sohnes. Sie arbeitet in einer Anwaltskanzlei, aber in ihrer Freizeit ist sie Jägerin von lost places, also Orten, die vor Jahren oder auch Jahrhunderten aus welchen Gründen auch immer aufgegeben wurden, man aber noch Überreste und Anzeichen von ihnen entdeckt. Eines Tages findet sie einen solchen Ort und bei ihren Recherchen stellt sie fest, dass der Keller einst zu einem Hotel namens Waldeshöh gehört hat. Sie will mehr über dieses Hotel erfahren und als sie sich mit den Leuten in Verbindung setzt, die einst dort gewohnt haben, erfährt sie nicht nur nackte Fakten, sondern erlebt Nachkriegsgeschichte hautnah und erhält ganz nebenbei die Familie, die sie nie gehabt hat.
Die große Stärke des Buches ist nicht einmal das Mitnehmen in die Nachkriegs- und DDR-Geschichte, es sind glasklar die Personen, wobei ich eindeutig ein Fan von Millas Sohn Leo wurde, der mit seinen vierzehn Jahren ein unermüdlicher Weltverbesserer ist. Aber natürlich war auch die Geschichte des Hotels über die Jahrzehnte interessant. Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich alles glauben soll - allein nach der Umsiedelung: Warum sollten Leute belobigt werden, um die Waldeshöher zu mobben? Das ergibt zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn mehr und ich hatte ein bisschen das Gefühl, dass es reines DDR-Bashing war; unnötig, weil man ohnehin durch das, was man mit den Bewohnern des Hotels im Hotel selbst erlebte, erschreckend genug wirkte. Gestört fühlte ich mich auch manchmal durch die Perspektivwechsel innerhalb einer Szene, in solchen Büchern konzentriere ich mich gern auf die Person, um die es im Moment geht. Ansonsten war es eine interessante Lektüre, die in eines der unbekannten Kapitel der näheren Geschichte mitnahm.
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spozal89, 19.03.2019
Als eBook bewertetKlappentext:
1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.
"Was uns erinnern lässt" war das erste Buch, welches ich von der Autorin gelesen habe. Die Geschichte hat mich total berührt, was aber meistens bei Bücher mit geschichtlichem Hintergrund der Fall ist. Ich finde man kann sich heut zu Tage nur schlecht vorstellen, wie es damals war zu leben. Mir gefiel die Erzählweise aus zwei Zeitsträngen gut und ich konnte beiden Handlungssträngen gut folgen. Die geschichtlichen Fakten waren gut recherchiert und kamen nicht zu trocken rüber. Ich mag es, wenn ich bei Romanen auch noch was lernen kann.
Teilweise war es sehr bedrückend zu lesen und ich musste das Buch auch mehrmals aus der Hand legen, um das Gelesene sacken zu lassen. Es ist definitiv keine Geschichte für zwischendurch und ich denke auch nicht jedermanns Sache. Wer sich aber für die deutsche Geschichte interessiert kann hier auf jedenfall gerne zugreifen.
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Lilofee, 11.02.2019
Als Buch bewertet1977: Die vierzehnjährige Christine verliert ihr
Zuhause. Das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh liegt
seit der Teilung Deutschland im Thüringer Wald
direkt in der Sperrzone.
Ohne Passierscheine darf dort niemand mehr hin.
Das Leben dort wird immer beschwerlicher. Sogar die
Postzustellung wurde eingestellt. Eines Tages passiert
das unvorstellbare...
2017: Milla ist auf der Suche nach vergessenen Orten.
Abseits eines Wanderweges im Thüringer Wald findet
sie einen überwucherten Keller und stößt auf die
Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser Ort fasziniert
sie so sehr das sie unbedingt mehr darüber erfahren will.
Kati Naumann hat einen Roman geschaffen der einen in den Bann nimmt.
Durch ihren authentischen und atmosphärisch mitreißenden Erzählstil, sorgt die Autorin für ein originelles und nicht minder aufwühlendes Leseerlebnis.
Der Roman spielt in zwei Zeitebenen und springt immer wieder die Vergangenheit zurück.
Die Mischung zwischen der Realität und der fiktiven Familie Dressel vermischt sich zu einer spannenden Familiengeschichte.
Hier wird eine immer noch recht unbekannte Zeit beschrieben.
Leben im Sperrgebiet und Zwangsumsiedlungen bedeuteten gravierende und unmittelbare Einschnitte im Alltagsleben.
Die Charaktere sind sehr lebensecht und authentisch beschrieben.
Man bekommt man schnell einen interessanten Einblick in die Denkweise der Menschen.
Die Beschreibung der Landschaft vermittelt einen das Gefühl direkt vor Ort zu sein.
So macht Geschichte Spaß.
Habe ich doch einiges erfahren was ich bis heute nicht wusste.
Ein wundervolles Buch was ich nur empfehlen kann.
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ja neinInge W., 06.04.2019
Als Buch bewertetGrenzerfahrungen und was uns erinnern lässt. Die Autorin selbst verbrachte im damaligen Sperrgebiet im Thüringer Wald einen Großteil ihrer Kindheit bei den Großeltern. Ihr sorgfältig recherchierter Roman ist also auch eine Spurensuche. Auf einer Wanderung findet die junge Milla 2017 im Keller des morbiden Hotels Waldeshöh einen Schulaufsatz von 1977. Als Milla begriff, wo sie sich befand, stellten sich die winzigen blonden Härchen an ihren Armen auf. In ihrer Vorstellung hatte sie sich immer ausgemalt, wie der verlorene Ort aussehen würde, den sie einmal als Erste entdeckte. Sie hatte sich etwas Romantisches vorgestellt, ähnlich dem französischen Château, mit mottenzerfressenen Samtvorhängen und einer Puppe auf einem Flügel mit zahnlückiger Tastatur. Zur Not auch wie die heruntergekommenen Erholungsheime im Harz, mit alten Metallbetten und leeren Spinden. All diese Orte waren leer geräumt worden, und die Dinge, die noch darin herumstanden, wirkten wie geschickt drapierte Requisiten. Aber das hier war keine Kulisse. Es war ein gut sortierter Wirtschaftsraum, in dem nicht einmal sonderlich viel Staub lag. Milla hatte das Gefühl, wenn sie jetzt wieder die Treppe hinaufstieg, würde sie in eine gemütliche Küche kommen, wo auf dem Herd eine Suppe vor sich hin köchelte. Obwohl das Haus darüber amputiert worden war, lebte der Keller noch. Neben bis zur Decke geschichtetem Holz lag ein säuberlicher Stoß mit Zeitungen und Zeitschriften. Die FF dabei, das Freie Wort. Die oberste trug das Datum vom 23. Juni 1977. Daneben stapelten sich gebündelte blassgrüne Schulhefte. Milla schnitt die Paketschnur auf und sah die Hefte durch. Sie gehörten einem Andreas Dressel, Klasse 6a, und einer Christine Dressel, Klasse 8b. Das Zuhause der damals 14-jährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Niemand darf das Waldstück ohne Passierschein betreten. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen. Dieser Ort lässt die junge Frau nicht mehr los, und so macht sie sich auf die Suche nach Christine, um mehr über das Hotel zu erfahren ... Angefangen hatte es mit dem Château Verdure. Milla hatte ein Bild davon gesehen. Seit Milla das Château Verdure gesehen hatte, spürte sie eine merkwürdige Sehnsucht in sich. So als wäre sie nicht am richtigen Platz auf der Welt. Seitdem suchte Milla nach solchen Plätzen.
Hunger, Vertreibung, Wiedervereinigung und Versöhnung: In "Was uns erinnern lässt" erzählt Kati Naumann spannend und fesselnd das bewegende Schicksal zweier Frauen vor dem Hintergrund deutsch-deutscher Geschichte und der Kulisse des Rennsteigs im Thüringer Wald. Ein Roman-Highlight für alle Leserinnen von "Altes Land", "Bühlerhöhe" und Carmen Korns Jahrhundert-Trilogie. An dieses Buch wird man sich erinnern.
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ja neinanyways, 21.05.2019
Als Buch bewertetAuf der Suche nach ihrem ganz persönlichen „Lost Places“ durchstreift die Mittdreißigerin Milla den Thüringer Wald in der Nähe des so berühmten Rennsteigs. Bewaffnet mit Lärmspray (für neuangesiedelte Wölfe), Multiwerkzeug mit Messer, Vorhängeschloss, verschiedenen Schraubenziehern, Arbeitshandschuhen, Rettungsdecke und Notladegerät ist sie relativ gut ausgerüstet, denn im ehemaligen Grenzgebiet (Todesstreifen) sind immer noch über dreißigtausend Landminen versteckt. Abseits der Wege durchstreift sie den Wald. Auf einer Anhöhe, in der man weit ins Tal blicken kann, entdeckt sie ein überwuchertes Trümmerfeld. Dachschiefer, Holz und ein paar Ziegel die über die ganze Anhöhe verstreut daliegen. Unter all dem Schutt wird sie fündig. Ihr ganz persönlicher „verlorener Ort“ ist ein Keller, gefüllt mit graviertem Porzellan, Einweckgläsern und alten Schulheften. Beim Durchblättern eines Schulheftes, erfährt Milla, das der Keller zum Hotel Waldeshöh gehört, doch was ist aus dem Haus und seinen Bewohnern geworden? Das lässt Milla keine Ruhe und sie versucht die Verfasserin des Schulheftes ausfindig zu machen. Eine Reise die so einige Überraschungen für sie parat hält.
Was uns erinnern lässt…und ich habe mich an vieles erinnern können und vieles wieder neu entdeckt und interpretiert. Die Autorin Kati Neumann hat einen unglaublich realitätsnahen Roman über das Leben im „Grenzstreifen“ geschrieben ohne anklagend, verurteilend oder pathetisch zu werden, sondern mit einem enormen Einfühlungsvermögen. Stellenweise sind die Schicksale der Zwangsumgesiedelten erschütternd, auf der einen Seite durch die Willkür des Staates des Eigentums beraubt zu werden und auf der anderen Seite durch den Versuch sich ja anzupassen, damit man das kleine Stück Heimat doch vielleicht noch behalten kann. Viele versteckte Schilderungen des Alltags in der DDR sind beim genauen lesen zu entdecken, sei es die Anmeldung auf einen Termin zur Fahrschule (was mitunter schon mal ein paar Jährchen dauern konnte), die Mitgliedschaft im Konsum (hier fehlte mir nur die Erwähnung des Einklebens der Konsummarken, ich sehe meine Oma noch heute am Küchentisch sitzen und das Heftchen ordentlich bekleben), warten auf die Zuteilung eines Autos (Trabbi und Co.) und das ewige Schlange stehen sei es bei Obst& Gemüse, Jeans aus Ungarn, Schokolade u.v.a.m.
Dieses Buch kann ich jedem empfehlen der Interesse an der deutsch-deutschen Vergangenheit zwischen Ende des zweiten Weltkrieges und Wiedervereinigung hat. All diejenigen die diese Zeit bewusst miterlebt haben, werden sich nicht nur, und dafür bin ich der Autorin sehr dankbar, an die negativen Seiten erinnern. Vieles wird man kopfschüttelnd lesen, vergessen wir jedoch nicht, das wir die Dinge damals stellenweise einfach anders beurteilten als jetzt.
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ja neinPetra S., 14.05.2019
Als Buch bewertetDas berührende Schicksal einer Familie in der Sperrzone der ehemaligen DDR.
Kurz zum Inhalt:
Mehrere Generationen der Familie Dressel lebt im respectablen Hotel Waldeshöh in Dressels Forst am Rennsteig im Thüringer Wald.
Nach dem Krieg wird dieses Gebiet zur Sperrzone an der Grenze ernannt, und die Dressels erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung. Niemand sonst darf in dieses Waldstück, doch die Familie hält das Hotel immer auf Vordermann für die Zeiten, wenn wieder Gäste kommen.
Doch es ist nicht leicht in der Sperrzone - niemand darf diesen Abschnitt ohne Passagierschein betreten, die Familie muss viele Einschränkungen in Kauf nehmen. Und irgendwann fahren nicht einmal mehr Postauto und Krankenwagen dort hoch. Doch die Dressels lieben ihr Zuhause - bis sich am 2. Juli 1977 alles verändert.
Im Jahr 2017 entdeckt die junge Milla einen verborgenen und verwachsenen Keller bei einer Wanderung im Thüringer Wald. Sie dringt unerlaubt ein und entdeckt Erinnerungen an die Familie Dressel. Neugierig geworden, macht sie sich auf die Suche nach der Familie und ist bald in ihr Schicksal involviert...
Meine Meinung:
Der Schreibstil ist ruhig und gemächlich, man verfolgt die Geschichte der Familie Dressel in mehreren Generationen und deren Schicksal in der ehemaligen DDR in der Sperrzone. Die Familie hatte es nie leicht, und man ist emotional sehr involviert.
Auch wenn manche diesen Schreibstil vielleicht als langweilig bezeichnen würden - das furchtbare Schicksal der Familie Dressel ist es keinesfalls!
Es wird abwechselnd berichtet - einerseits über das Leben der Familie Dressel im Hotel Waldeshöh in der Vergangenheit, ab dem Jahr 1945 bis 1977.
Die andere Perspektive zeigt das Jahr 2017 aus Sicht von Milla, die neugierig auf das Schicksal des Hotels und der Familie geworden ist. Und eigentlich wollte Milla diesen Ort online in das Forum "Lost Places" stellen; doch bald ist sie emotional so an die Familie und deren Schicksal gebunden, dass sie diesen geheimen Ort für sich behalten und der Familie helfen will.
Ich war sehr gefesselt und gerührt von dieser Geschichte, und konnte viel Spannendes über die damaligen Zeiten erfahren.
Sehr gut haben mir auch die emotionalen Entwicklungen, hauptsächlich von Milla und Christine Dressel, gefallen.
Ein richtig tolles gefühlvolles Buch!
Im Vorsatzsatzblatt des Buches ist der Stammbaum der Familie Dressel abgebildet, den ich oft als sehr hilfreich empfand und die Familienverhältnisse nachgeblättert habe.
Fazit:
Gefühlvoller, langsamer Roman über das Schicksal einer Familie in mehreren Generationen in der Sperrzone der ehemaligen DDR. Sehr interessant und hat mich sehr gut unterhalten.
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ja neinUschi S., 26.03.2019
Als Buch bewertetDie junge Milla ist Angestellte in einer Anwaltskanzlei und allein erziehende Mutter eines 14-jährigen Sohnes. Ihr größtes Hobby ist es, nach "verlorenen Plätzen" oder "Lost Places" zu suchen. Als sie am Rennsteig in Thüringen durch den Wald wandert, stößt sie auf einen solchen Ort. Sie findet den Zugang zu einem Keller, wo die Zeit stehen geblieben ist. In den Regalen steht noch das Eingemachte, in Vitrinen jede Menge Geschirr und sogar Schulhefte finden sich dort. Dank des Namens auf den Heften und der Aufschrift des Hotels Waldeshöh auf dem Porzellan begibt sie sich auf die Suche nach den ehemaligen Bewohnern des Hauses, das offenbar über dem Keller gestanden hat.
Sie findet Christine Dressel, die mit ihrer Familie dort gelebt hat und als 14-jährige miterleben musste, wie die ganze Familie zwangsumgesiedelt und enteignet wurde. Die beiden freunden sich nach anfänglichem Misstrauen an und beschließen den Kampf um das Erbe der Dressels wieder aufzunehmen. Dabei wecken sie viele Erinnerungen - schöne wie auch unangenehme und eine unfassbare Wahrheit kommt ans Licht.
Diese wunderbare Familien- und Zeitgeschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Einmal in der heutigen Zeit aus der Sicht von Milla und dann in der Zeit von 1945 bis 1977 aus der Sicht der Familie Dressel. Das Hotel Waldeshöh war früher sehr beliebt bei Wanderern und gut besucht. Im Krieg waren dort Kinder aus der Großstadt untergebracht, später Waldarbeiter. Doch die Familie, die so eng mit diesem Landstrich und dem Wald verbunden war, gab die Hoffnung nie auf, dass sie wieder ein richtiges Hotel führen könnten. Doch durch ihre Lage im Sperrbezirk war das aussichtslos. Dennoch gaben die starken Frauen dieser Familie nie auf, hielten die Zimmer sauber und jederzeit für Gäste bereit, die allerdings nie kamen. Dafür kamen die Soldaten mit LKWs und sie wurden zwangsumgesiedelt und enteignet.
Mir hat diese berührende Familiengeschichte sehr gut gefallen. Besonders interessant fand ich die Kapitel aus der Vergangenheit über das Leben und die Einschränkungen in der DDR. Es ist auch eine Geschichte über Heimat und deren Bedeutung, über Misstrauen und Behörden-Willkür, wie sie damals an der Tagesordnung war. Aber auch über Freundschaft und Familie, die von starken Frauen zusammen gehalten wurde und denen ein einfaches Leben und alle Einschränkungen nichts ausmachte und die in ihrer Heimat dennoch glücklich waren. Alle Figuren sind sehr lebensnah und einfühlsam gezeichnet, so dass man sie sich sehr gut vorstellen kann. Ein hilfreicher Stammbaum der Familie Dressel ist auch enthalten. Ein sehr bewegendes Buch, das einen nicht mehr loslässt und das ich nur empfehlenk kann!
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ja neinann-marie, 25.02.2019
Als Buch bewertetWas uns erinnern lässt – ein Leben, ein Schicksal zwischen und hinter den Zäunen, die jahrzehntelang Ost- und Westdeutschland trennten.
Kati Naumann erzählt in ihrem Roman die Geschichte einer Familie, die lange Jahre ein Hotel am Rennsteig betreiben konnte, bis der zweite Weltkrieg und die daraus resultierenden Folgen letztendlich dafür sorgten, dass sie ihre Heimat verloren.
In zwei zunächst unabhängigen Erzählsträngen wird zum einen die Geschichte der Hotelbesitzerfamilie Dressel in den Jahren 1945 bis 1977, und zum anderen die Entdeckung des im Jahr 2017 noch vollständig erhaltenen Kellers (nebst Geschirr, Tischwäsche, Besteck, selbst hergestellter Marmelade(!)) des Hotels durch die alleinerziehende Milla sowie ihre Kontaktaufnahme mit Familienangehörigen der ehemaligen Besitzer geschildert. Dabei wird nicht nur ein dunkles Familiengeheimnis aufgedeckt, es vollziehen sich auch bemerkenswerte Entwicklungen in den Persönlichkeiten der agierenden Personen.
Ein fesselnder und spannender Roman, in dem es meisterhaft gelungen ist, die Verhältnisse in Ostdeutschland, vor allem aber im s.g. Zonengrenzgebiet, zu schildern. Mit Alltagsereignissen und –beschreibungen, die Betroffenheit und Ärger, aber auch Hoffnung beim Lesen hervorrufen. So lebensecht und –nah geschrieben, dass der Eindruck entsteht, ein Stück reale Familiengeschichte miterleben bzw. nachlesen zu können. Wunderbar und ansprechend, ja sogar fesselnd wird ein Stück deutscher Geschichte aufbereitet, das in dieser Art und Weise gerade in den westdeutschen Bundesländern in dem geschilderten Ausmaß nicht bekannt sein dürfte. Ein großes Lob der Autorin für die Idee, diese Thematik aufzugreifen und sie in sehr unterhaltsamer Weise aufzubereiten und niederzuschreiben. Der Roman bietet viele Gedankenanstöße, sich mit den damaligen Verhältnissen intensiver zu beschäftigen und er sorgt zudem dafür, an Hand der geschilderten Alltagsprobleme das Leben hinter und zwischen den Zäunen besser zu verstehen.
Über allem spürt man aber die Liebe der Autorin zum Ort der Handlung, dem Wald rund um den Rennsteig. Dabei kommen ihr die eigenen Erinnerungen mit Sicherheit zu Gute, die letztendlich zur absoluten Glaubwürdigkeit des Romans beitragen.
Ein Roman, der in meinen Augen zu einem highligt der neueren deutschen Geschichte zählt und für den ich dankbar bin, ihn bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin lesen zu können. Er hat mich bereichert!
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ja neinXanaka, 12.04.2019
Als Buch bewertetInteressante und spannende Zeitgeschichte
Milla ist immer auf der Suche nach „Lost Places“. Sie ist wie viele andere unterwegs und postet ihre Erfolge im Internet um ihre Erlebnisse mit anderen zu teilen. Als sie im Thüringer Wald unterwegs ist, glaubt sie nicht, dass sie an diesem Tag noch erfolgreich sein wird. Dann bemerkt sie plötzlich im Wald Pflastersteine, einen Weg der fast zugewachsen ist. Und es kommt noch besser. Plötzlich bemerkt sie, dass der Untergrund auf dem sie steht, anders ist. Sie entdeckt eine verschlossene Holzluke und in dem darunter liegenden Raum einen Keller. Dieser Keller ist komplett eingerichtet, so dass sie heraus bekommt, dass es sich um den Keller des Hotels Waldeshöh handelt. Sie entdeckt auch noch alte Schulhefte von Andreas und Christine Dressel. Das alles weckt ihre Neugier. Plötzlich möchte sie auch gar nicht mehr ihre Entdeckung im Internet veröffentlichen. Im Gegenteil, sie möchte die Dressels finden, um zu erfahren, was damals geschehen ist. Daraus entwickelt sich eine Geschichte, mit der ich so nicht gerechnet hätte. Milla findet die Dressels und taucht mit ihren tief in die Vergangenheit.
Kati Naumann hat mit ihrem Roman über ein Thema geschrieben, über die die wenigsten etwas wussten. Sicher die Sperrgebiete waren mir bekannt und auch, dass sie nur mit Passierscheinen betreten werden durften. Aber das es auch Zwangsumsiedlungen gab, das war mir neu.
Die Autorin hat hier mit viel Liebe eine fiktive Familiengeschichte mit einem authentischen historischen Hintergrund geschrieben. Besonders berührt hat mich, dass die Familie bis zum Schluss gedacht hat, dass sie ihr Hotel doch noch einmal irgendwann eröffnen können. Sie haben sich nicht unterkriegen lassen und versucht aus dieser Situation das Beste zu machen. Erst mit der Zwangsumsiedlung ist in der Familie etwas zerbrochen und sie haben aufgegeben. Toll, dass es da die Heldin Milla gab, die den Anstoß gab, jetzt nach so vielen Jahren sich wieder zusammenzufinden.
Ich fand das Buch sehr fesselnd geschrieben. Das ist ein Buch, dass ich lange in Erinnerung behalten werde. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung und verdiente fünf Lesesterne.
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ja neinGisela E., 28.05.2019
Als Buch bewertetDeutsch-deutsche Geschichte lebendig erzählt
Die alleinerziehende Mutter Milla findet im ehemaligen Grenzgebiet im Thüringer Wald einen „verlorenen Ort“: Einstmals stand dort das Hotel Waldeshöh, nun gibt es nur noch einen versteckten Keller. Milla forscht nach, findet die Familie, der das Hotel gehörte, und findet auch die dazugehörige Geschichte. Mit Christine, einer der Töchter des verlorenen Hauses, freundet sie sich an, und bald nimmt eine ganz besondere Idee Gestalt an.
Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, einmal in der Gegenwart, über die Bemühungen Millas und Christines, die Geschichte des Hauses wiederzufinden. Dazu kommen noch die Rückblenden, die von den letzten Tagen des Krieges bis in die Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts erzählen. Eine ungewöhnliche Geschichte rollt sich auf, von einem gutgehenden Hotel im Thüringer Wald, das durch die Teilung Deutschlands in die Sperrzone geriet. Was kann Heimat bedeuten, wenn das eigene Haus zum Spielball der Herrschenden wird? Sehr anschaulich schildert die Autorin Kati Neumann, wie dieses Haus zu einem „verlorenen Ort“ wurde, nur um später durch seine Geschichte wiedergefunden zu werden. Diese Geschichte berührt den Leser, denn die Autorin erzählt sehr einfühlsam und doch mit dem nötigen Abstand, und so gelingt es ihr, für alle Beteiligten Sympathie zu wecken. Die Geschehnisse sind sehr real geschildert und ziehen den Leser schnell in ihren Bann.
Dieses Buch ist ein sehr berührendes und lebendig erzähltes Beispiel für die deutsch-deutsche Geschichte. Mich hat zum Schluss noch ein bisschen die Frage umgetrieben, wie die Autorin zu dieser Geschichte kam, da hätte ich gerne als Anhang noch ein paar Worte gelesen. Doch dies ist nur ein kleiner Wermutstropfen zu diesem Buch, das ich unbedingt weiter empfehlen möchte.
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