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    10 von 16 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    MaRe, 10.03.2020

    „Unterleuten – Das zerrissene Dorf“ ist ein 2018/2019 entstandener ZDF-Dreiteiler (jede Folge dauert ca. 95 Minuten) nach Juli Zehs 2016 erschienenem Gesellschaftsroman „Unterleuten“. Regie führte Matti Geschonneck (Jahrgang 1952, u.a. „Boxhagener Platz“ - 2010, „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ - 2017, „Südstadt“- 2018), das Drehbuch entwickelte Magnus Vattrodt (Jahrgang 1972, z.B. „Tatort“ oder „Helen Dorn“ sowie „Südstadt“), wobei Juli Zeh eingebunden war. Die Produzenten waren Reinhold Elschot und Silke Pützer sowie die Firma Network Movie. Meine Kritik bezieht sich auf die Video-Version in der ZDF-Mediathek (abrufbar bis 02.09.2020).

    Der Mehrteiler beginnt und endet mit den Worten einer Erzählerin, eine klare Reminiszenz an die ca. 650 Seiten umfassende Romanvorlage: Keiner wisse, wer den ersten Stein geworfen habe, was genau passiert sei in jenem heißesten Sommer seit Jahren und dass man sich nichts erzählen lassen solle, von niemandem. Der Erzählton dieser durchweg geheimnisvoll gehaltenen Produktion ist damit vorgegeben.

    Fest steht, dass durch den Versuch des auf Harmonie bedachten Unterleutener Bürgermeisters Arne Seidel (Jörg Schüttauf), das fiktive Dorf in Brandenburg zu retten, alte, zwischen den Alteingesessenen unverarbeitete Geschichten und mit ihnen Verletzungen hochkochten, sich mit neuen, teils von Zugezogenen hereingetragenen zu einem sozialen Schwelbrand vermengen und zu einem Flächenbrand auswachsen.

    Denn seine Pläne, die finanziellen Sorgen der Gemeinde und der sie tragenden Agrarfirma „Ökologica“, einer früheren LPG, deren Geschäftsführer Rudolf Gombrowski (eindrucksvoll „körpermächtig“ Thomas Thieme) ist, damit zu lösen, von der „Vento Direct Hannover“, repräsentiert durch Frau Anne Pilz (berechnend kühl: Mina Tander), einen Windpark errichten zu lassen, bringen aus verschiedenen Gründen die Gemüter der Dorfbewohner gegeneinander auf.

    Vor allem der raubeinige Altkommunist Kron (gut „gebellt“: Hermann Beyer) sieht die Gelegenheit gekommen, sich mit seinem wortkargen Intimfeind Gombrowski, dem heimlichen Herrscher über Unterleuten, zu duellieren, während seine Tochter Kathrin Kron-Hübschke (Bettina Lamprecht) unbehelligt von der Vergangenheit mit ihrem Mann Wolf (Bjarne Mädel), einem Schriftsteller mit Vorliebe fürs Rasenmähen, und ihrer Tochter „Krönchen“ (Una Lir) im Dorf leben möchte.

    Gombrowskis Frau Elena (wunderbar schmallippig: Christine Schorn) beäugt verbittert das Treiben um sich herum und insbesondere Hilde Kessler (Dagmar Manzel), um deren verstorbenen Mann sich ein Geheimnis rankt. Weshalb ist der bedrohliche Schaller (Charly Hübner) nach all den Jahren zurückgekehrt?

    Auf der Seite der Zugezogenen finden sich der Soziologe und beseelte Vogel- und Umweltschützer Dr. Gerhard Fließ (Ulrich Noethen) mit seiner halb naiven, halb panischen Frau Jule (Rosalie Thomass), die für ihre kleine Familie die „Heile Welt“ und Idylle suchen und daher erbitterte Windradgegner sind, und außerdem die ehrgeizige Pferdetrainerin Linda Franzen (Miriam Stein), die zusammen mit ihrem Freund Frederick Wachs (Jacob Matschenz) Land gekauft hat, um einen Reiterhof zu betreiben. Zudem will der bayerische Investor Konrad Meiler (Alexander Held) ein paar Takte mitreden.

    Der Roman deckt fünf Tage ab. Die bedächtige, ohne Rückblenden auskommende Inszenierung vermittelt dagegen den Eindruck, es vergingen Wochen oder Monate, in denen sich die vielen Handlungsstränge aus unterschiedlichen Gefühlen, Interessen und Entwicklungen entfalten. Der erste Teil legt die Ausgangslage dar und stellt die Mitwirkenden vor, im zweiten erleben wir hautnahes Misstrauen und die Zuspitzung der Situation, der dritte befasst sich mit der Aufdeckung der Wahrheit und Enttäuschungen.

    „Unterleuten – Das zerrissene Dorf“ ist ein schweigsames Drama, in dem ein barscher Umgangston herrscht, knappe, direkte, manchmal bissige Dialoge geführt werden und das Hauptaugenmerk auf Bildern von der sommerlichen, brandenburgischen Landschaft und der dörflichen Architektur liegt. Der Film wurde vollständig in Brandenburg gedreht; aus mehr als zehn verschiedenen Dörfern erwuchs Unterleuten. Das Erzählungsmosaik setzt zusätzlich auf zwischenmenschliche Verschiebungen, Ablösungen und Atmosphäre, fügt Lakonie, Süffisanz und aphoristisch kommentierenden Humor hinzu.

    Die Figuren sind zwar schablonenhaft und recht synthetisch gezeichnet, die Handlung überschaubar bis vorhersehbar, weshalb ihr Schicksal am Ende erstaunlich wenig berührt. Doch wie die hochkarätigen Schauspieler die meist undurchdringlichen Charaktere interpretieren und, weil Tragik und Absurdität nah beieinanderliegen, in mancher Szene ihr herausragendes Können im dramatischen wie komödiantischen Fach beweisen, bildet das Sahnehäubchen, und weil die knisternde Spannung (nahezu) bis zum Schluss durchgehalten wird, vergehen diese drei Teile fast wie im Flug.

    Es geht um Glück oder Unglück, ums Gewinnen oder Verlieren, wobei auch diese Kategorien sich oft stärker ähneln als uns lieb sein kann, um die Subjektivität der Wahrnehmung und der daraus gebildeten Wahrheit und darum, uns vorzuhalten, wie anfällig wir alle sind für reflexgesteuertes Verhalten und Vorurteile oder die Suche nach Sündenböcken, für Verschwörungstheorien, Intoleranz, Hysterie oder andere Überreaktionen. Ich habe die Geschehnisse insoweit gerne verfolgt und fühle mich gut unterhalten.

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  • 5 Sterne

    ellen c., 02.04.2020

    Verifizierter Kommentar

    Toller Film, Superbesetzung; das Buch wurde richtig gut umgesetzt, total spannend und gänsehauterzeugend

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