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Blickt tief in schwarze Seelen: Daniel Holbe

Erfolgreich jenseits von Andreas Franz. Der Krimi-Autor im Interview über seine große Landliebe und seine aktuelle Krimireihe

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Daniel Holbe: Erfolgreich jenseits von Andreas Franz

Geraume Zeit galt Daniel Holbe als der „literarische Nachlassverwalter“ des verstorbenen Bestsellerautors Andreas Franz. Als dieser 2011 plötzlich an Herzversagen starb, sprang der bis dahin eher unbekannte Holbe (www.daniel-holbe.de) ein und vollendete Franz‘ letzten Krimi „Todesmelodie“. Als eingefleischter Franz-Fan übernahm der ehemalige Sozialarbeiter die Aufgabe mit einer gehörigen Portion Respekt - und auch ein bisschen Bammel. Doch: Er überzeugte. Seit Holbe die Geschicke der Frankfurter Hauptkommissarin Julia Durant lenkt, ist jeder neue Fall ein Bestseller. Am 20. August erscheint mit „Der Panther“ der inzwischen 19. Fall der Krimireihe, es ist Nummer 8 aus Holbes Feder.

Doch der Mann, der mit Julia Durant durch den Frankfurter Großstadtdschungel jagt, hat sich längst auch als erfolgreicher Krimi-Autor mit eigenem Profil etabliert. Schauplatz: die Provinz. Seit 2014 lässt Holbe das Ermittler-Duo Sabine Kaufmann und Ralph Angersbach im beschaulichen Bad Vilbel überaus erfolgreich auf Spurensuche gehen. Privat, so verrät Holbe im Interview, sei er nämlich ein echtes Landei. Mit Vergnügen platziert er genau hier, in der hessischen Idylle, die eine oder andere Leiche - wie in seinem Krimi „Schwarzer Mann“, der aktuell als Weltbild Ausgabe erhältlich ist.

Daniel Holbe im Interview über seine große Landliebe, warum Julia Durant nicht ewig dreißig bleiben kann und Leichen im Kriechkeller

Im Sommer erscheint mit „Der Panther“ der inzwischen 19. Fall der Julia Durant-Reihe, es ist Nummer 8 aus Ihrer Feder. Denken Sie nicht, Sie können inzwischen zu Recht und mit Selbstbewusstsein behaupten, dass Julia Durant auch Ihr Werk ist – ohne anmaßend zu sein oder Gefühle zu verletzen?

Daniel Holbe: Na aber sicher! Seit dem Tag, an dem ich Julia Durant an die Hand bekommen habe, ist sie auch zu meiner eigenen Figur geworden. Das geht gar nicht anders. Ohne eine gewisse Identifikation könnte ich als Autor meine Heldin überhaupt nicht weiterbringen. Das Schöne dabei: Julia Durant hatte schon eine klare Kante, als wir uns kennenlernten. Das heißt, ich kann mich auch mal darauf verlassen, dass sie mich führt.

Welche Entwicklung haben Julia Durant und ihre Fälle durchgemacht seit Sie ihr Schicksal lenken?

Daniel Holbe: Julia Durant hatte gleich in unserem ersten gemeinsamen Fall eine tiefe persönliche Krise nach einem Trauma zu überwinden. Sie hat zwei Bücher später ihren fünfzigsten Geburtstag gefeiert, musste sich irgendwann endgültig von ihrem Kinderwunsch verabschieden und hat zuletzt ihren Vater zu Grabe getragen. All das liest sich ziemlich düster, man darf aber auch nicht vergessen, dass wir von einer ziemlich weit vorangeschrittenen Bücherserie sprechen. Da kann man nicht auf ewig jugendliche dreißig bleiben, so schön das sich auch anhört. Und persönliche Krisen gehören nunmal dazu – vor denen ist niemand gefeit, auch eine Julia Durant nicht. Bei den Fällen gibt es eine gewisse Tradition: Immer in sehr dunkle Seelen blickend und immer mit einem realen Hintergrund. Das habe ich als Leser geschätzt und das gehört einfach zu dieser Reihe dazu.

Parallel zu Julia Durant haben Sie eine „eigene“ Ermittlerin bzw. ein Duo ins Lokalkrimi-Leben gerufen, Sabine Kaufmann und Ralph Angersbach, die seit 2014 im hessischen Bad Vilbel ermitteln. Wie unterscheiden sich die beiden Ermittler-Damen?

Daniel Holbe: Vielleicht sind es nicht allein die Damen, vielmehr ist das ganze Konzept ein anderes. Bei meinem Krimis außerhalb der Großstadt geht es anders zu. Beschaulicher, mit anderen Themen, und trotzdem sind da natürlich die Umstände, die einen Menschen zum Mörder machen. Sabine blickt anders auf die Dinge, sie hat diese geheimnisvolle Gabe – ein photografisches Gedächtnis, von dessen Existenz sie selbst nicht sonderlich überzeugt ist – und dazu eine große Menge Empathie. Die braucht sie auch, denn ihr Partner ist, zumindest auf den ersten Blick, ein ziemlich ungehobelter Kerl. Ein Duo, dass sich erst noch einspielen muß – ganz anders, als das relativ stabile Team um Julia Durant.

Was hat Sie vom düsteren Frankfurter Großstadt-Milieu ins ländliche Umland geführt? Was macht den Unterschied oder den Reiz von Mord in der Provinz aus?

Daniel Holbe: Ich komme ja selbst vom Land und würde das auch gegen nichts anderes eintauschen wollen. Hier erinnert man sich über Jahrzehnte an einzelne Verbrechen, jeder hat eine persönliche Verknüpfung damit, oder kennt zumindest jemanden, der etwas dazu zu sagen weiß. Das ist ganz anders als die Anonymität einer Großstadt. Ich muß die Menschen nur eine Weile beobachten, ein wenig mit ihnen plaudern, und schon entstehen da die allertollsten Bilder in meinem Krimi-Autoren-Gehirn. Das genieße ich sehr, gerade auch, weil ich hier völlig frei entscheiden kann, wie sich meine Charaktere entwickeln und wohin es sie verschlägt. Diese Reihe steht eben noch ganz am Anfang, das ist schon deutlich spürbar. Und ich lege gerade die letzte Hand an den kommenden Band, „Totengericht“ (März 2020), und kann nur eines sagen: Finden Sie es selbst heraus, was den Reiz und den Unterschied macht. Es lohnt sich!

Basieren die Fälle in den Sabine Kaufmann-Krimis - so wie bei Julia Durant - auf realen Taten?

Daniel Holbe: Nein, das ist völlig fiktiv. Da kann es beim Sonntagsausflug vorkommen, dass ich mit der ganzen Familie irgendwo im Nirgendwo stehe und zu meiner Frau sage: „Schau mal. Hier wäre doch ein prima Platz für eine Leiche!“ Ist alles schon vorgekommen. Und am Ende stand eine fertige Geschichte. Auch für den neuen Band ist das so passiert. Ich stand in unserem neuen Haus (wir sind unlängst umgezogen) und dachte mir im Stillen, dass so ein Kriechkeller doch ein hervorragender Platz für ein Skelett wäre. Was daraus geworden ist… naja, das können Sie ja dann selbst rausfinden.

Ist es richtig, dass Sie privat ein „Landei“ sind und Natur und Tiere lieben?

Daniel Holbe: Schuldig im Sinne der Anklage. Ich brauche Wald und Wiesen und Abgeschiedenheit, ich will, dass meine Kinder so aufwachsen, wie ich es selbst tun durfte. Mit einem Dutzend Nachbarn, wo es überall was Süßes oder notfalls ein Pflaster gibt und jeder weiß, in welchen Stall man gehört. Das ist mir bei all den düsteren Dingen, die ich so recherchiere und auch beruflich erlebt habe, einfach wichtig. Und dann sind da ja noch die Tiere. Wenn ich mir vorstelle, dass unsere beiden Minischweine (die gar nicht so mini sind) mitten in Frankfurt leben müssten? Nein. Das lassen wir mal lieber…

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