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Räumen Sie mit Ihren Denkfehlern auf

Warum wir uns Entscheidungen schönreden und was es mit dem "inneren Clown" auf sich hat, erklärt Alexandra Reinwarth

Alexandra Reinwarths neuer Bestseller heißt "Glaub nicht alles, was du denkst". Ein Klassiker ist ihr Ratgeber "Am Arsch vorbei geht auch ein Weg". Foto: © Arturo Martinez

"Glaub nicht alles, was du denkst" heißt der neue Erfolgs-Ratgeber von Alexandra Reinwarth

Von Ratgebern halte sie gar nichts – betont Alexandra Reinwarth immer wieder. Und schreibt gleichzeitig die meistverkauften Bücher im Ratgeber-Segment überhaupt. Mit 2,3 Millionen Gesamtauflage ist Alexandra Reinwarth die erfolgreichste Non-Fiction-Autorin hierzulande. Sie meinen der Name sage Ihnen nichts? Aber mit Sicherheit haben Sie schon mal gestutzt und vielleicht geschmunzelt als Sie ihn gesehen haben: den Buddha mit dem Stinkefinger. „Am Arsch vorbei geht auch ein Weg“ heißt Reinwarths Erfolgs-Ratgeber Nummer eins für mehr Gelassenheit. Seit bald drei Jahren ist er ein Hit und stand monatelang auf unseren Bestsellerlisten. Jetzt ist ihr neues Buch „Glaub nicht alles, was du denkst“ erschienen.

Guter Rat ist überflüssig - unsere Gefühle bestimmen unsere Entscheidungen.

Aber warum kann Alexandra Reinwarth dann so wenig mit dem Wort „Ratgeber“ anfangen? Guter Rat sei gut gemeint, aber wirklich ändern würde sich dadurch nichts für uns, erklärt sie. „Es ist schon witzig – wir meinen immer, wir müssten nur verstehen, wie etwas geht oder wie man etwas vermeidet, das machen wir dann Schritt für Schritt, und schon sind wir: organisierter, erfolgreicher, effizienter, glücklicher, führen eine bessere Beziehung und haben einen Orgasmus nach dem anderen“, schreibt sie in ihrem neuen Buch "Glaub nicht alles, was du denkst".

Aber tatsächlich reiche das reine Verstehen eben nicht. „Sonst würden wir nicht immer wieder Entscheidungen treffen, bei denen man sich hinterher und bei Licht betrachtet oft selbst ans Hirn greift“, so Reinwarth. Des Rätsels Lösung liege im Gefühl. Die meisten Entscheidungen treffe nicht unser Verstand, sondern unser Unterbewusstsein.

Ein kluges Buch mit reichlich Aha-Effekten ist „Glaub nicht alles, was du denkst“. Und trotzdem kein klassischer Ratgeber. Vielmehr schöpft Alexandra Reinwarth neben wissenschaftlichen Erkenntnissen aus einem reichen Schatz aus persönlichen Erfahrungen – Freunde und Bekannte eingeschlossen. Dabei lässt sie kein peinliches Fettnäpfchen aus, schildert schonungslos offen, auf den Punkt gebracht und mit ganz viel Witz unsere alltäglichen Denkfehler.

Warum wir uns Entscheidungen schönreden und was es mit dem inneren Clown auf sich hat, erklärt Alexandra Reinwarth im Weltbild-Interview

In Ihrem neuen Buch „Glaub nicht alles, was du denkst“ stellen Sie fest: Wir sind lange nicht so frei in unseren Entscheidungen wie wir denken. Warum nicht?

Alexandra Reinwarth: Weil wir gar nicht alles bewusst mit dem Verstand abwägen und entscheiden können: der Verstand kann etwa 50-60 Bits die Sekunde verarbeiten. Das ist super, aber jede Sekunde strömen ca. 11 Millionen Bits auf uns ein. Das heißt, das Unbewusste erledigt den allergrößten Teil der Verarbeitung – und macht dabei jede Menge Flüchtigkeitsfehler.

Sie entwerfen ein sehr eindrückliches Bild vom „inneren Clown“ – wer ist das und wie viel Macht hat er über unsere Entscheidungen, Glück und Unglück?

Alexandra Reinwarth: Den großen, unbewussten Teil habe ich "Clown" getauft, er funktioniert nach dem Lustprinzip und wenn etwas glitzert, will er es haben. Also wenn Sie zum Beispiel Diät halten wollen, ist der Clown derjenige, der nach Pizza schreit.

Das Unbewusste, unser Clown, ist derjenige der den Großteil unserer unbewussten Entscheidungen trifft (und er macht das ja auch ganz gut) – aber wenn man im Laufe des Lebens eine Macke abbekommen hat (wie wir alle) zum Beispiel: Ich bin nicht liebenswert / Ich habe es nicht verdient glücklich zu sein / ………, dann hat diese Einstellung Einfluss auf die Entscheidungen, die der Clown so trifft – auch wenn wir die bei Licht betrachtet unter aller Kanone finden.

Inwiefern reden wir uns unsere Entscheidungen schön? Welche haben Sie zuletzt vor sich selbst gerechtfertigt?

Alexandra Reinwarth: Unser Verstand ist so nett und versucht permanent, die Entscheidungen unseres Clowns irgendwie zu rechtfertigen. Also wenn mein Clown vor dem Schaufenster eines Schuhgeschäfts steht und begeistert schreit: „DIE da will ich!“ und ich habe schon ganz ähnliche Treter im Schrank, dann kann ich meinem Verstand dabei zusehen, wie er ein paar windige Argumente zusammensucht, so etwas wie:

  • Eigentlich habe ich mir eine Belohnung verdient
  • Schwarze Schuhe kann man IMMER brauchen
  • Heruntergesetzt sind sie auch noch!
  • und das Killer Argument: die sehen auch gut zu Jeans aus ……

Gibt es das Paar dann nicht in meiner Größe, geht es gleich weiter, dann sagt der Verstand:

  • Sooo schön waren sie auch nicht
  • Das Geld kann ich wirklich für etwas anderes gut gebrauchen
  • Meine anderen sind eigentlich noch gut

…… und dann bin ich wieder ganz zufrieden. :-)

Welcher Unterschied besteht zwischen Intuition-Bauchgefühl und die-Hosen-voll-Haben?

Alexandra Reinwarth: Intuition ist eine Art Wissen, das man ganz tief drinnen hat – oft auf einem Gebiet mit dem man sich gut auskennt. Das ist das Bauchgefühl. Angst hingegen ist diffus und entwirft Schreckensszenarien. Entscheidungen, die Veränderungen nach sich ziehen, können einem Angst machen, aber wenn man die Fakten realistisch betrachtet und eine Entscheidung fällt, braucht man sich von der Angst nicht ins Bockshorn jagen lassen.

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Sie schildern zahlreiche Denkfehler, denen wir alle täglich zum Opfer fallen, anhand von Beispielen aus dem Freundeskreis. Wollen Jana und Anne noch mit Ihnen befreundet sein?

Alexandra Reinwarth: Naja, die sind ja schon Einiges gewohnt. :-) Allerdings ist es schon so, wenn jemandem aus dem Freundeskreis etwas Peinliches oder Blödes passiert, dass oft die Ansage kommt: „Das kommt aber nicht ins nächste Buch!“, …… was es dann natürlich doch kommt.

Die Recherchen zu Ihren Büchern lassen Ihr eigenes Leben nicht unberührt. Nach der Arbeit an „Das Leben ist zu kurz für später“ haben Sie beispielsweise den Schritt gewagt, Ihren Traum vom eigenen Bed & Breakfast in Valencia zu verwirklichen. Welche Spuren hat „Glaub nicht alles, was du denkst“ bei Ihnen hinterlassen? Alexandra Reinwarth: Trotz der unangenehmen Einsicht, dass ich ahnungsloser, unfähiger, ohnmächtiger, bedeutungsloser, selbstgerechter, verbohrter und doofer bin, als bisher angenommen, überprüfe ich viel öfter, welche Ansichten den Entscheidungen meines Clowns so zugrunde liegen – und ob die Sinn machen. Ich misstraue viel öfter dem ersten Eindruck und hole Unbewusstes ins Bewusste. Das ist der freie Wille. Es ist wirklich so einfach. Nur leicht ist es nicht.