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"Weltretten für Anfänger" - Susanne Fröhlich hat's getestet

Warum Umdenken schwer fällt, man ein dickes Fell braucht und trotzdem auch im Kleinen viel erreichen kann I Interview

Hat umgedacht: Susanne Fröhlich gehört selbst zur Generation der konsumfreudigen Babyboomer - doch sie stellte ihre Kauf- und Lebensgewohnheiten nachhaltig um. Fotos: © Gaby Gerster

Zusammen mit Co-Autorin Constanze Kleis stellte sie ihr Leben konsequent auf "nachhaltig" um

Susanne Fröhlich, Bestsellerautorin und Journalistin, ging es wie vielen: Die täglichen Horrormeldungen über den Zustand des Planeten machten ihr massiv zu schaffen. "Ich bin wirklich ein Profi im Verdrängen" schreibt sie in ihrem neuen Sachbuch "Weltretten für Anfänger". Aber für sie stand irgendwann fest: "Es gibt keine Alternativen zum sofortigen Handeln". Also entschloss sie sich zusammen mit Co-Autorin Constanze Kleis, das Thema zu ihrem eigenen zu erklären, endlich einmal genau hinzusehen: auf ihren Konsum, ihre Gewohnheiten und Komfort-Zonen. Also dorthin, wo es weh tut.

Denn gerade für die Generation 40 plus sei, so Fröhlich, dieser Schritt besonders schmerzhaft: "Natürlich macht es einen Unterschied, ob man mit Unverpackt-Läden, veganen Restaurants und Greta aufwächst. [...] Oder ob man etwa seinem Gatten, der sonst zuverlässig auf seine tägliche Fleischration in Form von Aufschnitt, Grillgut, Braten und Würstchen bauen konnte, nun bloß noch das Elend mit der Massentierhaltung auftischt."

Doch Susanne Fröhlich machte ernst - und einen Internet-Test. Zur Ermittlung ihres ökologischen Fußabdrucks. Mit dem erschreckenden Ergebnis: "Mein ökologischer Fußabdruck ist wahrscheinlich noch vom Mars aus zu sehen. Ohne Brille". Eine Woche lange sammelte sie ihren Müll, um sich ein Bild zu verschaffen: Woher kommt der Müll eigentlich, die 45 Milliarden Tonnen jährlich, mit denen die Deutschen in Europa den Spitzenplatz belegen? Und sie testete im Selbstversuch: An welchen Stellschrauben kann ich drehen, um zum Klimaschutz beizutragen? Beim Einkaufen, im Haushalt, beim Essen, beim Heizen oder beim Reisen.

Lesetipp: Erteilen Sie Müll eine Abfuhr: Müll richtig trennen und - wo's geht - vermeiden

Nachhaltig leben: Warum Umdenken schwer fällt, man ein dickes Fell braucht und trotzdem auch im Kleinen viel erreichen kann - Bestsellerautorin Susanne Fröhlich im Interview

Sie gehören ja selbst zur Generation der konsumfreudigen Babyboomer, die maßgeblich zum Klimawandel beigetragen haben. Wann kam für Sie der Moment umzudenken und warum?

Susanne Fröhlich: Als meine Co-Autorin Constanze Kleis und ich einfach mal so aus Interesse unseren ökologischen Fußabdruck im Netz vermessen haben. Wir dachten zwar nicht, dass wir da als Klassenbeste abschneiden würden. Haben uns aber wenigstens bei der Eins des kleinen Mannes – also bei einer Drei minus verortet. Schon weil wir beide eine Weile kein Fleisch mehr essen. Das Ergebnis war allerdings niederschmetternd. Es gab offenbar noch enorm viel zu tun und wir wollten es anpacken.

Das Thema Nachhaltigkeit scheint die Generationen zu spalten. Jung gegen alt. Warum tun wir Älteren uns schwerer mit dem Thema?

Susanne Fröhlich: Anders als unsere Kinder beginnen wir unser Leben ja nicht erst. Wir haben ja einen längst vollgestellten Alltag, voller liebgewonnener Rituale und Routine und vermeintlicher Gewissheiten. Etwa der, dass man eigentlich schon zu den Guten gehört, wenn man im Biobaumwollbeutel einkaufen geht. Wir sind außerdem die Generation Plastik – mit der Idee groß geworden, dass Bequemlichkeit und ständige Verfügbarkeit – etwa von Billigmode, Billigfleisch oder auch Coffee-to-go eine Art Menschenrecht darstellen. Jetzt erfahren wir von den Jüngeren, dass wir eigentlich damit an dem Ast sägen, auf dem wir selbst sitzen – und auch an der Zukunft der nächsten Generation.

Wie stehen Sie zur jugendlichen Aktivistin Greta Thunberg und der Welle der Empörung über sie?

Susanne Fröhlich: Ehrlich: wenn auch nur ein Bruchteil der ganzen Energie, die ins Greta-Hassen fließt, dazu verwendet würde, dass man mal darüber nachdenkt, wie man sein Leben nachhaltiger gestaltet, wäre das ganze Problem mit dem Klimawandel vermutlich vom Tisch. Ich finde es außerdem im höchsten Maße verachtenswert, wie unterirdisch da die Kommentare – übrigens vorwiegend von Männern sind.

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Warum bekommt man eigentlich so viele skeptische, belustigte oder sogar feindselige Reaktionen, wenn man nachhaltig lebt und shoppt?

Susanne Fröhlich: Bei dem Thema denken sofort alle an Verzicht und/oder haben ein schlechtes Gewissen, weil natürlich immer noch mehr geht. Viele fühlen sich einfach angegriffen. Ohne, dass sie wirklich angegriffen wurden. Wir denken, letztlich muss jeder selbst wissen, was und wie viel er tut. Allerdings sollten wir alle das auf der Basis der Fakten entscheiden und nicht auf der Grundlage irrationaler Ängste wie der, dass man bald gar kein Fleisch mehr essen darf oder alle zu Fuß gehen müssen. Nach unserer Erfahrung und dem Selbstversuch kann ich außerdem nur sagen, dass wir nicht verlieren, sondern im Gegenteil sehr viel gewinnen: Lebensqualität zum Beispiel.

Was entgegnen Sie denjenigen, die sagen: Das bringt doch eh nix?

Susanne Fröhlich: Was meine Großmutter immer sagte: Kleinvieh macht auch Mist. Wir denken, was soll‘s – ist ja nur ein Pappbecher – aber wenn 80 Millionen Deutsche so denken, sind es eben auch 80 Millionen Pappbecher, die im Müll landen und dort 50 Jahre brauchen, bis sie verrottet sind. Und außerdem gilt: Es kann nur gelingen, was man auch versucht.

Sie sind ja bekannt dafür, Thesen sehr konsequent im Selbstversuch zu testen. Welche nachhaltigen Lebensweisen haben Sie langfristig beibehalten und woran sind Sie gescheitert?

Susanne Fröhlich: Ich habe deutlich die Heizung herunter gedreht. Ich fliege nicht mehr innerdeutsch. Ich esse kein Fleisch mehr. Ich versuche so oft es geht, mit den Öffentlichen zu fahren. Was bei meinem Wohnort – außerhalb von Frankfurt – eine echte Herausforderung ist. Ich kaufe nicht mehr so viele Klamotten und habe meinen Bestand außerdem durch puppenlustige Kleidertauschparties mit Freundinnen sehr dezimiert. Wo ich aber definitiv raus war: mir meine Haare mit Roggenmehlpampe zu waschen. Ich bin über 50, da muss man seine paar Schauwerte nicht auch noch mit einem Grauschleier überziehen.

Was ist Ihr Fazit: Gibt es Weltretten light? Lässt sich mit dem Drehen an kleinen Stellschrauben des Alltags schon was erreichen beim Kampf ums Klima? Oder braucht es mehr Einsatz von uns allen?

Susanne Fröhlich: Es lässt sich enorm viel erreichen. Einerseits. Andererseits ist immer noch sehr viel Luft nach oben. Das Weltretten lehrt einen auch Demut und ist eigentlich nichts für Menschen – die wie ich früher – zu vorschneller Selbstzufriedenheit neigen. Aber ich finde nach all den Monaten, in denen wir uns intensiv mit dem Thema beschäftigt haben – es lohnt sich. Es ist unsere Erde. Wir haben nur diese eine.

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