Albert Einstein
Rechtzeitig zum Einstein-Jahr 2005 bietet diese Neuausgabe...
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Rechtzeitig zum Einstein-Jahr 2005 bietet diese Neuausgabe der bewährten Monographie eine vorzügliche Einführung in Leben und Denken des großen Gelehrten.
Im Jahr 1905 erlebte Einstein seinen Durchbruch: Er veröffentlichte seine erste Arbeit über die Spezielle Relativitätstheorie.
Zum Einstein-Jahr 2005!
Albert Einstein von JohannesWickert
LESEPROBEBILDENDE KUNST UND LITERATUR
Man hat Einstein die Frage gestellt, ob er wesentlicheZusammenhänge zwischen Künstlertum und Wissenschaft sehe. Er bejahte undmeinte, der psychologische Grundtrieb dürfte in beiden Fällen der Gleichesein: [ ..] alle Religionen, Künste und Wissenschaften sind Zweigedesselben Baumes. Der schöpferische Mensch bemühe sich, einvereinfachtes und übersichtliches Bild als Ersatz für sein wirbelndespersönliches Erleben zu gestalten. In dieses Bild verlege er denSchwerpunkt seines Gefühlslebens, um auf diese Weise Ruhe und Festigkeitzu suchen. Dies tut der Maler, der Dichter, der spekulative Philosophund der Naturforscher, jeder in seiner Weise.89
Ein Liebesverhältnis wie zur Musik fand Einstein zur bildendenKunst und zur Literatur wohl nicht. Was die Malerei betrifft, so lassen sichwenigstens zwei Episoden anführen. 1923 wanderte er staunend zweiTage lang durch die Säle des Prado in Madrid, um Bilder von Velázquez, Goya undEl Greco zu bewundern. Herrliche Werke90, resümierteer. In seinem Reisetagebuch heißt es: Ein begeisterteralter Mann, der Bedeutendes über Greco geschrieben haben soll, führt uns[durch] Straßen und Marktplatz [ ..]. Herrliches Bild in kleiner Kirche(Beerdigung eines Nobile) gehört zum tiefsten, was ich sah. 91
Über zeitgenössische Kunst konnte er sich kritisch äußern. Besondersempfindlich mache sich der Mangel an Individualitäten auf dem Gebiet der Kunstbemerkbar. Malerei und Musik seien deutlich degeneriert und hätten ihre Resonanzim Volk weitgehend verloren. Doch er schätzte den Maler Josef Scharl, der Einsteinin Berlin und später in Princeton mehrmals porträtierte. Scharl malte ingrellen Farben, liebte das Dekorative und fand darin einen eigenen Stil. Vieleder Bilder aus seinem Oeuvre von etwa 3000 Werken wirken aggressiv,gesellschaftskritisch und politisch-satirisch. Zu Einsteins Zeiten erregtensie oft öffentliches Ärgernis und galten unter den Nazis als «entartet». Aberdem Modell Einstein gefiel diese Kunst, zudem mochte er des Malers Gesprächskulturund Witz. Wie vielen anderen half er 1938 dem Münchner Maler durcheine Bürgschaft, im Anschluss an eine Reise in die USA in Amerika zu bleiben,wo der Künstler einen bitteren Existenzkampf bestehen musste. Als Scharl 1954,ein Jahr vor Einstein, starb, verfasste der Physiker für den Maler sogareine Totenrede. Nur durch wenige Jahre hatte ich das Glück, diesen warmherzigenund bedeutenden Menschen persönlich zu kennen. Aber diese wenigen Jahregenügten, eine feste, innige und beglückende Freundschaft zu begründen. Allesan ihm war echt, ursprünglich und unverdorben [..]. Als geborener großerKünstler folgte er nur der inneren Stimme, die ihn unentwegt den sicheren Weg zusteigender Meisterschaft und Reife finden ließ. Die Modetorheiten auf demKunstgebiet konnten ihm nichts anhaben, obwohl er keineswegs durch überkommeneFormen und Vorurteilegebunden war[ ..]. Das Häuflein derer, die die Kunst wirklich lieben undverstehen, wird in steigendem Maße zu schätzen wissen, was er der Welt gegebenhat.92
Mitpoetischer Literatur, gab Einstein zu, habe er sich weniger beschäftigt. ZumTeil hängt dies damit zusammen, daß mir das eigentlich Künstlerische leichtdadurch verloren ging, daß mich die geschilderten Schicksale als solche zustark packten, so daß darunter die künstlerische Wirkung litt. Ich liebte mehrBücher weltanschaulichen Inhalts und im besonderen philosophische.Schopenhauer, Hume, Mach, zum Teil Kant, Plato und Aristoteles. Von eigentlichliterarischen Werken Shakespeares Dramen und Lustspiele, Heines Gedichte undSchiller (die Rosinen, aber nicht der Kuchen), «Krieg und Frieden» vonTolstoi; auch «Anna Karenina» und «Die Auferstehung», die «Brüder Karamasoff»von Dostojewski, auch Gottfried Keller.93 Unter den Dichtern habeihm Dostojewskij mehr gegeben als irgendein Wissenschaftler, bekannteEinstein. Ich lese, schrieb er 1920 an den Freund Paul Ehrenfest, mit Begeisterung «Die Brüder Karamasoff».Es ist das wunderbarste Buch, das ich je in der Hand gehabt habe (...].94Auch die Märchen des begnadeten Dichters95 Hans Christian Andersenbegeisterten Einstein, besonders die «Chinesische Nachtigall». Ein anderes vielgelesenes Werk lag immer in greifbarer Nähe: Cervantes' «Don Quichotte». Wie ineinem Spiegel vermochte er sich selbst in der Freiheit des Humorswiederzuerkennen: Humor nicht als Folge der Verbitterung, sondern alsschöpferische Quelle vor dem Hintergrund eines herben Realismus.
Überhauptbevorzugte Einstein literarische Arbeiten, die eine Revolte gegen einherrschendes System, gegen eine Diktatur oder die kranke kapitalistischeZivilisation thematisierten. Der Voltaire unserer Tage96, GeorgeBernard Shaw, dessen Possenphantasie analysiert und sich auflehnt, wurde vonEinstein verehrt. Anna Seghers' Erstling «Die Fischer von St. Barbara», welcheeinen hoffnungslosen Aufstand gegen übermächtige Reedereien wagen, lag auf demNachttisch. Darunter B. Travens «Totenschiff»: Wieder eine verzweifelteGeschichte angesichts des Abschaums der Zivilisation, die ein Fliehender aufhoher See erlebt, der dann in Mexiko alternative Lebensgrundwerte entdeckt.Nicht auf Marx, sondern auf die Christusgestalt blickt der zeitkritische AlbertSchweitzer, dessen Selbstbericht «Zwischen Wasser und Urwald» Einstein empfahl.Die Maxime der Ehrfurcht vor dem Leben, die Schweitzer während einerFlussfahrt auf dem Ogowe in Zentralafrika als ethisches Prinzip erkannte,deckte sich mit Einsteins Grundüberzeugungen.
Einsteinkonnte anerkannte literarische Werke auch regelrecht abwerten. Er hatteeiniges von Novalis gelesen und kam zu der Auffassung: Mir erscheint dieRomantik als eine Art illegitimen Auswegs; um auf verhältnismäßig billige Artzu einer tieferen Erfassung der Kunst zu kommen [...].97 Ähnlicheindeutig fiel auch Einsteins Ablehnung von Artikeln der Tagespresse undmancher zeitgenössischer Literatur aus: Einer, der nur Zeitungen liest undwenn's hoch geht, Bücher zeitgenössischer Autoren, kommt mir vor wie einhochgradig Kurzsichtiger, der es verschmäht, Augengläser zu tragen. Er ist abhängigvon den Vorurteilen und Moden seiner Zeit, denn er bekommt nichts anderes zusehen und zu hören. Und was einer selbständig denkt ohne Anlehnen an das Denkenund Erleben anderer, ist auch im besten Falle ziemlich ärmlich und monoton. - Derklugen Menschen mit klarem Geist und Stil und mit gutem Geschmack sind garwenige in einem Jahrhundert. Was von ihnen bewahrt worden ist, gehört zumwertvollsten Gut der Menschheit. Einigen Schriftstellern des Altertums ist eszu verdanken, daß die Menschen im Mittelalter sich langsam aus dem Aberglaubenund der Unwissenheit herausarbeiten konnten, die mehr als ein halbesJahrtausend lang das Dasein verdunkelte. - Mehr braucht man nicht, um denGegenwarts-Hochmut zu überwinden.98
© 1972, 2005 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
- Autor: Johannes Wickert
- 2005, 5., erw. Aufl., 192 Seiten, mit farbigen Abbildungen, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 11,6 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499506661
- ISBN-13: 9783499506666
- Erscheinungsdatum: 03.01.2005
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Albert Einstein".
Kommentar verfassen