Cesar Millans Welpenschule
Die richtige Hundeerziehung von Anfang an
Wie finde ich den perfekten Welpen? Wie wird mein Hund stubenrein? Wann bringt man dem Hund Regeln bei? Diese und viele weitere wichtige Fragen von Hundebesitzern beantwortet der berühmte »Hundeflüsterer« Cesar Millan anschaulich und praxisnah.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Cesar Millans Welpenschule “
Wie finde ich den perfekten Welpen? Wie wird mein Hund stubenrein? Wann bringt man dem Hund Regeln bei? Diese und viele weitere wichtige Fragen von Hundebesitzern beantwortet der berühmte »Hundeflüsterer« Cesar Millan anschaulich und praxisnah.
Klappentext zu „Cesar Millans Welpenschule “
Nur die gute Welpenschule führt zu einer glücklichen Beziehung von Herrn und HundCesar Millan hat bereits tausenden Hundebesitzern geholfen, ihren geliebten Gefährten besser zu verstehen und das Zusammenleben optimal zu gestalten. Dieses Buch enthält alles, was man für die perfekte Hundeerziehung wissen muss. Worauf ist bei der Ernährung zu achten? Welche Impfungen sind notwendig? Wie wird der Hund stubenrein? Wann ist der richtige Zeitpunkt, um dem Hund Regeln beizubringen? Mit seinen praxiserprobten Ratschlägen wird der renommierte und sympathische »Hundeflüsterer« zum unverzichtbaren Coach für die ersten Monate mit dem Welpen - und ebnet den Weg für eine lebenslange erfüllte Beziehung zwischen Mensch und Hund.
Ausstattung: 8 Farbtafeln, div. s/w.Fotos
Lese-Probe zu „Cesar Millans Welpenschule “
Cesar Millans Welpenschule von Cesar Millan mit Melissa Jo PeltierAus dem amerikanischen Englisch von Andrea Panster
Einleitung
Vor einigen Monaten betrat ich unser Büro und sah, wie sich unsere Angestellten um einen Computerbildschirm scharten und Rufe des Entzückens ausstießen. Ich drängte mich nach vorn, um zu sehen, was der Grund für die Aufregung war. Vor mir sah ich das leicht verschwommene Video eines Wurfes sechs entzückender Shiba-Inu-Welpen, drei Rüden und drei Weibchen, die in einem gepolsterten Hundebett verspielt durcheinanderkrabbelten. Als ich erfuhr, dass die Bilder tatsächlich live und in Echtzeit im Internet übertragen wurden, war ich fasziniert und beeindruckt. Offenbar hatten die Züchter, ein Pärchen aus San Francisco, eine Videokamera aufgestellt, die wie eine Art Babyfon funktioniert und es ihnen ermöglichen sollte, jederzeit ein Auge auf ihre Schützlinge zu haben. Die Angestellten der Internetfirma, von der die Live-Übertragung eingerichtet worden war, verliebten sich in die Welpen und fingen an, den Link an ihre Freunde zu schicken. Er verbreitete sich wie ein Lauffeuer und mit einem Mal klebten Millionen von Menschen in über vierzig Ländern an ihren Bildschirmen und wurden Zeugen dieses selbstgemachten Phänomens, das unter der Bezeichnung »Puppycam « bekannt wurde. Zu einer Zeit, in der viele Menschen wirtschaftliche Probleme haben, gaben die Zuschauer an, das Betrachten der Shiba-Inu-Welpen würde sie beruhigen, von ihren Sorgen ablenken und sich ganz allgemein positiv auf ihre mentale Gesundheit auswirken.
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Die Erfahrung mit der »Puppycam« inspirierte auch einige Mitarbeiter des Teams meiner Fernsehsendung »Dog Whisperer« (Hundeflüsterer), Webcams zu Hause aufzustellen, um ihre Hunde und Welpen zu beobachten. Und so entfalteten sich, auch nachdem die Shiba-Inu-Welpen groß geworden waren und ein neues Leben begonnen hatten, immer wieder neue Welpenabenteuer auf einem un serer Bürocomputer.
Ganz gleich, welchen kulturellen Hintergrund und welche Hautfarbe Sie haben, welche Sprache Sie sprechen, welche Überzeugungen Sie vertreten oder welcher Religion Sie angehören - Sie müssten aus Stein gemacht sein, um beim Anblick der lustigen kleinen Welpen ungerührt zu bleiben. Ihre scheinbare Hilflosigkeit und ihre zauberhaft tollpatschigen Versuche, eine für sie neue Welt zu erkunden, wecken ganz automatisch jene Beschützerinstinkte, die von der Natur tief in den Genen jedes Mannes und jeder Frau, jedes Kindes und aller Großeltern verankert wurden. Die Kommentare der Puppycam-Fans beweisen: Die Liebe zu den Welpen tut uns gut! Welpen bringen uns dem unschuldigen, natürlichen, animalischen Teil unseres Wesens näher. Ihr Anblick lindert Stress, verbessert unsere Gesundheit und erinnert uns daran, dass es wahres Glück nur im Augenblick gibt. Einen Welpen zu lieben und aufzuziehen kann eine der bereicherndsten, lohnendsten Erfahrungen im Leben eines Menschen sein. Und sobald dieser Welpe zu einem ausgewachsenen Hund herangereift ist, kann sich das in den ersten acht Monaten - die ich als Welpenzeit bezeichne - geschmiedete Band zu einer Beziehung festigen, die Ihnen das ganze Leben Ihres Hundes hindurch und noch darüber hinaus Kraft schenken wird.
Dass unsere menschlichen Herzen jedes Mal dahinschmelzen wie Butter in der Sonne, wenn wir einen Welpen sehen, qualifiziert uns jedoch nicht automatisch dafür, ihn auch aufzuziehen. Deshalb schreibe ich dieses Buch.
Was haben Hunde nur an sich, dass wir glauben, wir könnten sie ebenso leicht erziehen wie unseren menschlichen Nachwuchs? Ich kenne nicht viele Leute, die glauben, sie wüssten automatisch, wie sie einen kleinen Elefanten, Leoparden oder Delfin aufziehen müssten, wenn er ihnen in den Schoß fiele. Sicher wissen die meisten instinktiv, dass man eine kleine Robbe, ein Papageienküken oder ein Fohlen nicht wie ein menschliches Kind großziehen kann. Der Mensch macht sogar schlechte Erfahrungen, wenn er versucht, seinen engsten Verwandten - den Affen - aufzuziehen, als wäre er eine behaartere Version seiner selbst. Kürzlich las ich das herzzerreißende Buch Nim Chimpsky - The Chimp Who Would Be Human von Elizabeth Hess. Es erzählt von einem Experiment in den siebziger Jahren, bei dem einem Schimpansen in einem sozialen Umfeld die menschliche Sprache vermittelt werden sollte. Er wurde bereits als Baby von seiner Mutter getrennt und wie ein menschlicher Junge im Kreise einer vornehmen Familie in Manhattan aufgezogen. Es gelang Nim tatsächlich wunderbar, die Gebärdensprache zu erlernen, und er konnte sich sein Leben lang damit verständigen. Doch schon bald überwältigte der animalische Aspekt seines Wesens die menschlichen Mitglieder seiner naiven Adoptivfamilie, die daraufhin gezwungen waren, ihn fortzugeben. Den Rest seines traurigen Lebens verbrachte er in einer Art Niemandsland aus Pflegefamilien und Instituten für Primatenforschung, ohne je zu wissen, ob er nun Schimpanse, Mensch oder irgendetwas dazwischen war.
Eine meiner wichtigsten Lebensregeln lautet, dass wir Tiere als die Geschöpfe respektieren müssen, die sie sind, nicht als die beinahe menschlichen Gefährten, die wir viel leicht gern hätten. Wenn wir eine echte Verbindung zu einem Tier haben, bedeutet dies meiner Ansicht nach, dass wir uns vor allem an seiner animalischen Natur erfreuen und sie würdigen müssen, bevor wir anfangen, es als Freund, Seelenverwandten oder Kind zu vereinnahmen.
Welpen wirken auf uns zwar möglicherweise wie stumme menschliche Babys, aber sie sind in erster Linie Hunde. Will man einen Welpen zu einem gesunden, ausgeglichenen Tier aufziehen, unterscheidet sich dieser Prozess ganz erheblich davon, wie man einen Säugling zu einem glücklichen, selbstbewussten jungen Erwachsenen heranzieht. Ein Welpe ist nicht das Hunde-Äquivalent zu einem Säugling, sosehr wir uns das vielleicht auch wünschen - und erst recht nicht mehr dann, wenn wir die Rolle als seine Bezugsperson übernehmen. Babys sind im Grunde monatelang hilflos, aber Welpen kommen als kleine Überlebensmaschinen zur Welt und offenbaren ihre Tiernatur fast unmittelbar nach ihrer Geburt. Ein drei Tage alter Welpe wird bereits nach Dominanz über seine Geschwister streben, indem er sie von den Zitzen der Mutter verdrängt. Im Alter von zwei bis drei Wochen kann er selbstständig laufen und wird weiter daran arbeiten, seinen Platz im Rudel zu festigen. Zu dem Zeitpunkt, an dem ein seriöser Züchter meint, der ungefähr zwei Monate alte Hund könne von seiner Mutter und seinen Wurfgeschwistern getrennt werden, ist er einem gleichaltrigen Menschenbaby in seiner Entwicklung bereits um Jahre voraus. Wenn wir uns einen zwei Monate alten Welpen anschaffen, ist er alles andere als hilflos, obwohl wir das oft glauben und ihn entsprechend behandeln. Infolgedessen lassen es viele Hundebesitzer ungewollt an Achtung oder Respekt gegenüber seinem wahren Wesen, seiner »Hundenatur«, fehlen.
Indem wir unsere heranwachsenden Hunde wie hilflose Säuglinge verhätscheln - sie wie Handtaschen herumtragen, all ihren Launen nachgeben, ihnen Freiheiten geben, die ein Kind niemals bekäme -, untergraben wir von Anfang an ihre Entwicklung. Wir können damit ungewollt Angst, Furchtsamkeit, Aggression oder Dominanz fördern. Wir können unsere Hunde zu einem Leben voller Instabilität und Stress verdammen. Indem wir die eigene psychologische Erfüllung über die tatsächlichen Entwicklungsbedürfnisse des heranwachsenden Hundes stellen, erzeugen wir möglicherweise unbewusst weitere Verhaltensprobleme.
Meiner Erfahrung nach veranlasst im Allgemeinen ein Mangel an Wissen wohlmeinende Hundeliebhaber zu diesen Fehlern. Alle mir bekannten Hundebesitzer wollen tatsächlich nur das Beste für ihre Tiere. In diesem Buch möchte ich Strategien vorstellen, wie Hundehalter lernen können, die wahre tierische Identität eines Hundes zu bewahren, statt ihn zu ihrem »Baby« zu machen.
Im Hinblick auf die Welpenzeit darf man vor allem nie vergessen: Sie stellt den kürzesten Abschnitt im Leben eines gesunden Tieres dar, das nach der Einteilung in meinem Arbeitsumfeld von seiner Geburt bis zum achten Monat ein Welpe und vom achten Monat bis zum Alter von drei Jahren ein Junghund ist. Bei guter Kost und tierärztlicher Versorgung kann ein modernes Hundeleben zwischen zehn oder zwölf bis hin zu sechzehn Jahren oder länger dauern.1 Ich sehe viel zu viele Menschen, die sich in einen winzigen Welpen verlieben, weil er so niedlich ist, die aber irgendwann das Interesse an dem ausgewachsenen Hund verlieren, zu dem er sich entwickelt, oder sich gar über ihn ärgern. Das bricht mir das Herz. Ich glaube, wenn wir uns einen Hund anschaffen - ganz gleich, wie alt er ist -, übernehmen wir sein Leben lang die überaus wichtige Verantwortung für sein Wohlergehen. Hundebesitzer zu sein sollte eine freudvolle, keine belastende Erfahrung sein. Natürlich sind anfangs Disziplin und Hingabe vonnöten, aber wenn man in Vorleistung geht und diese Mühe investiert, wird sie sich später viele Jahre lang auf mannigfaltige Art und Weise auszahlen. Unsere Hunde lehren uns, den Augenblick zu genießen und uns nicht zwanghaft mit der Vergangenheit oder der Zukunft zu beschäftigen. Sie zeigen uns, dass die einfachen Freuden - auf dem Boden herumzurollen, durch den Park zu laufen, in einem Schwimmbecken zu plantschen, sich in der warmen Sonne im Gras auszustrecken - immer noch das Beste am Leben sind. Und sie helfen uns, ein Gefühl tiefer Verbundenheit nicht nur mit den Tieren, sondern auch mit den anderen Menschen in unserem Leben und mit uns selbst zu erfahren.
Wenn Sie sicher sind, dass Sie die lebenslange Verantwortung für einen Hund übernehmen wollen, bietet sich Ihnen eine unglaubliche Gelegenheit. Dies ist in der Tat Ihre Chance, den Hund zu erschaffen und zu formen, von dem Ihre Familie träumt, und es gleichzeitig einem Lebewesen zu ermöglichen, all das zu werden, was die Natur für es vorgesehen hat. Welpen sind genetisch darauf programmiert, sich an die Regeln und Grenzen der Gesellschaft anzupassen, in der sie leben. Teilen Sie dem Kleinen die in Ihrer Familie geltenden Regeln vom ersten Tag an klar und deutlich mit. Dann können Sie einen Gefährten heranziehen, der Sie respektieren, Ihnen vertrauen und eine so tiefe Verbindung zu Ihnen aufbauen wird, wie Sie es nie für möglich gehalten hätten. Genau wie Kinder sind Hunde allerdings stets damit beschäftigt zu beobachten, zu erforschen und herauszufinden, welchen Platz sie in ihrem Umfeld einnehmen. Senden Sie ihnen in den ersten gemeinsamen Tagen ständig die falschen Signale, so wird es sehr viel schwieriger, sie zu rehabilitieren - also bezüglich ihres Verhaltens zu therapieren -, wenn die schlechten Angewohnheiten erst einmal Fuß gefasst haben.
Ich habe bereits unzählige Hunde aufgezogen und durch die verschiedensten Stadien ihrer Entwicklung begleitet. Aber als ich mich entschied, dieses Buch zu schreiben, wollte ich unbedingt noch einmal bei mehreren Welpen die Zeit von ihrer Geburt bis zum Junghund miterleben. Jeder von mir rehabilitierte oder aufgenommene Hund, jeder von mir aufgezogene Welpe hilft mir, das Wesen der Hunde noch besser zu verstehen und zu erkennen, wie wir Menschen ihr Leben so gut und ausgeglichen wie möglich gestalten können. Ich hoffe, an der Entwicklung der in diesem Buch vorgestellten Hunde einige der dargelegten Konzepte beispielhaft verdeutlichen zu können.
Kann man tatsächlich den »perfekten Hund« erschaffen? Ja, davon bin ich überzeugt. Ich glaube nämlich, dass die Natur die Formel für Perfektion tief in jeden von ihr geschaffenen Organismus einbettet. Wir Menschen glauben gern, wir könnten es besser als die Natur, und in einigen Bereichen ist dies vielleicht tatsächlich der Fall. Doch was die Hundeerziehung angeht, hat die Natur es gleich beim ersten Mal richtig gemacht. Hören wir auf, das Rad neu erfinden zu wollen, und lernen wir von den besten Lehrern des Lebens - den Hunden selbst.
1
Hier kommen die Welpen
Junior, Blizzard, Angel und Mr. President
Als ich zum ersten Mal darüber nachdachte, ein Buch über die Erziehung des perfekten Hundes zu schreiben, war mir gleich klar: Es sollte eine persönliche Note haben und auf praktischer Erfahrung beruhen. Wie ich gelernt habe, lässt sich Wissen am leichtesten anhand von Beispielen aus dem richtigen Leben vermitteln. Ich habe im Laufe meines Lebens viele Hunde großgezogen, wollte mich während des Schreibens aber noch einmal mit den verschiedenen Entwicklungsphasen des Welpen vertraut machen, um mit meinem Gespür ganz im Einklang mit dem geschilderten Verhalten zu sein. Ich beschloss, vier Welpen unterschiedlicher Rassen aufzuziehen: einen Pitbull, einen Labrador Retriever, eine Englische Bulldogge und einen Zwergschnauzer. Sie sollten bei mir zu Hause mit meinem Rudel nach den Prinzipien der Hundepsychologie aufwachsen. Ich möchte Ihnen, liebe Leser, zeigen, dass eine möglichst natürliche Welpenerziehung Probleme und Verhaltensstörungen verhindert und ein späteres Eingreifen unnötig macht. Mein Ziel war es nicht, Hunde zu rehabilitieren, sondern ausgeglichene Tiere aufzuziehen und Hundebesitzern zu zeigen, wie man das natürliche Gleichgewicht bewahrt, das Mutter Natur den Kleinen mitgibt. Aus diesem Grund wollte ich Hunde mit einem bestimmten angeborenen Energieniveau auswählen, das ich als »mittleres« Energieniveau bezeichne - und mit dem selbst unerfahrene Hundebesitzer perfekt umgehen können. Im nächsten Kapitel werden wir ausführlicher über die »Selektion nach dem Energieniveau « sprechen. Trotzdem möchte ich Sie bitten, diese Vorstellung bereits im Hinterkopf zu behalten, wenn Sie mich bei meinem Abenteuer begleiten, die Welpen kennenzulernen.
Der Pitbull Junior
Mein Pitbull Junior hatte den ersten Auftritt bereits in meinem letzten Buch, Welcher Hund passt zu uns? Aber für mich ist und bleibt er der wichtigste der vier Hunde, deren Welpenzeit ich hier schildern werde. Als ich mit diesem Buch begann, war Junior gut eineinhalb Jahre alt und befand sich mitten in der Hundepubertät, die ungefähr vom achten Monat bis zum dritten Lebensjahr dauert. Seit ich ihn zu mir nahm, haben die Kameras des »Dog-Whisperer«-Teams und ich selbst fast täglich seine Fortschritte vom unbeholfenen Welpen zu dem energiegeladenen, selbstbewussten und doch heiteren Teenager festgehalten, der er heute ist. Ich habe bei der Aufzucht von Junior viele Dinge gelernt, die ich nun mit dem größten Vergnügen an Sie weitergebe.
Es ist mir sehr wichtig, einen Pitbull mit Vorbildfunktion zu haben, der mir bei der Rehabilitation aus dem Gleichgewicht geratener Tiere zur Seite steht. Meiner Ansicht nach ist es ein Verbrechen, was für einen schlechten Ruf diese Rasse genießt. Pitbulls sind zuallererst Hunde, keine wilden Tiere. Sie sind Haushunde, wie alle anderen auch. Natürlich sind sie nicht unbedingt für jede Familie geeignet - doch wenn wir der Rasse die Schuld an den vielen schrecklichen Vorfällen geben, von denen wir in der Zeitung lesen, vergessen wir dabei die grundlegende Tatsache, dass wir Menschen die Eigenschaften geschaffen haben, die wir bei ihnen missbilligen, um schlicht und einfach unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Wir sind dafür verantwortlich. Im Laufe der Jahrhunderte haben wir diese Hunde genetisch so verändert, dass sie einen starken Kiefer, ein unerschöpfliches Durchhaltevermögen und eine hohe Toleranz für Unannehmlichkeiten oder Schmerzen haben. Dies sind die schlichten, ungeschminkten genetischen Tatsachen. Aber nicht einmal in der Welt der Hunde entscheiden die Gene über das Schicksal. Pitbulls kommen nicht aggressiv gegen Hunde oder Menschen zur Welt - der Mensch macht sie dazu. Unzählige Pitbulls vegetieren in Zwingern und Tierheimen dahin, weil ihre Besitzer sie zu »harten« Tieren machten, mit denen sie später nicht mehr zurechtkamen. Viele dieser Tiere, denen die Einschläferung droht, wurden für illegale Hundekämpfe gezüchtet und ausgesetzt, als sie für ihre hartherzigen Besitzer nicht mehr profitabel genug waren. Werden Pitbulls korrekt sozialisiert und mit denselben konsequenten Regeln und Grenzen aufgezogen, die sie in einem natürlichen Rudel lernen würden, sind sie meiner Erfahrung nach ganz erstaunliche Haustiere.
Ausgerechnet die so oft von der Gesellschaft geschmähten Eigenschaften des Pitbulls lassen sich in höchst positive Bahnen lenken. Seine angeborene Zielstrebigkeit und Ausdauer etwa lassen sich in unerschütterliche Loyalität und Geduld verwandeln. Ein ausgeglichener Pitbull kann sehr lange ruhig und respektvoll warten, bis ihm sein Besitzer ein neues Kommando gibt oder eine neue Richtung weist. Im Umgang mit Kindern oder kleineren Welpen kann er der perfekte Babysitter mit viel Nachsicht sein, da sein robuster Körper das Klettern, Schieben und Ziehen problemlos aushält, mit dem ihn das verspielte Jungvolk beider Spezies traktiert. Ein gut sozialisierter, ausgeglichener Pitbull lässt alle möglichen kindischen Faxen stoisch und humorvoll über sich ergehen. Ich erziehe Junior dazu, mehr »Hund« als »Pitbull« zu sein, und ich glaube, dass er und mein Pitbullsenior Daddy die blinde Voreingenommenheit aller Menschen gegenüber dieser Rasse überwinden können.
Mein treuer Gefährte hat seelenvolle grüne Augen und einen stämmigen, goldenen Körper. Mit seinen fast sechzehn Jahren hat Daddy alles erlebt, wovon ein moderner Hund nur träumen kann. Er hat mit mir die ganzen Vereinigten Staaten bereist und ist sogar schon neben mir bei der Emmy-Verleihung über den roten Teppich gelaufen. Sein ursprünglicher Besitzer, der Rapper Redman, hatte mich um Hilfe bei Daddys Erziehung gebeten, als dieser ein verspielter Welpe von gerade einmal vier Monaten war. Es war der perfekte Zeitpunkt, um damit zu beginnen, seinen jungen Geist zu formen. Daddy erwies sich sowohl bei Hunden als auch bei Menschen als eifriger und aufnahmebereiter Schüler und hat sich zu dem besten, positivsten Vorbild für seine vielgeschmähte Rasse entwickelt, das man sich nur vorstellen kann. Inzwischen hat er Scharen von Fans und sogar seine eigene Facebook-Seite! Diesen glänzenden Ruf hat er sich wirklich verdient. Inzwischen ist er auch offiziell mein Hund. Uns verbindet ein Band, das weit über alles hinausgeht, was Natur oder Wissenschaft erklären könnten. Ich glaube, uns ist die ideale Verbindung von Mensch und Hund geglückt, die ich meinen Klienten gern demonstriere, um ihnen zu beweisen, dass diese Form der gesunden Nähe zu einem Tier möglich und auch für sie greifbar ist.
In den unzähligen »Dog-Whisperer«-Folgen, in denen ich aus dem Gleichgewicht geratenen Hunden geholfen habe, hat sich Daddy ohne Zweifel den Respekt als meine tierische rechte Hand, oder besser, rechte Pfote, verdient. Doch bei den meisten gemeinsamen Einsätzen ist er auch mein Lehrer und ich folge seiner Führung in der Frage, wie wir weiter vorgehen sollen, nicht umgekehrt. Daddy verfügt über jene seltene Eigenschaft, die man nur durch sehr viel Erfahrung und in vielen Lebensjahren auf diesem Planeten erwirbt: wahre Weisheit. Er ist energetisch so ausgeglichen, dass manchmal schon seine bloße Gegenwart genügt, um einen Problemhund auf den rechten Weg zurückzuführen. Wenn ich mir in anderen Fällen nicht sicher bin, wie ich weitermachen soll, ziehe ich Daddy hinzu und beobachte ganz genau, wie er sich verhält. Eines der wichtigsten Prinzipien meiner Arbeit - dessen Bedeutung ich gerade bei der Welpenaufzucht hervorheben möchte - lautet, dass Ihnen ein erwachsener Hund mehr über »Hundeerziehung« beibringen kann als jedes Buch, Handbuch oder Video. An der Wand von Daddys Hundebox hängen weder Diplome noch Urkunden, und doch ist er meiner Ansicht nach der absolute Meister der Hunderehabilitation.
Als Senior hat Daddy immer noch ebenso viel Freude an den kleinen Augenblicken des Lebens wie als Welpe, aber er wird älter und allmählich holt ihn die Zeit zumindest körperlich ein. Ich habe kürzlich angefangen, mich damit auseinanderzusetzen, dass er nicht bis in alle Ewigkeit die Rolle meines besten Freundes, Helfers und Co- Hundeflüsterer spielen wird. Wenn Hundeliebhaber an das Ableben eines Gefährten denken, der ein Leben lang an ihrer Seite war, höre ich oft Sätze wie: »So einen Hund wird es nie wieder geben« oder »Ich könnte keinen anderen Hund lieben, denn keiner könnte so wundervoll sein wie er«. Natürlich ist es richtig, dass es nie wieder einen Hund geben wird, der genauso ist wie Daddy. Ich glaube jedoch, dass es möglich ist, ein anderes Tier so aufzuziehen, dass es ebenso ausgeglichen, stabil, wohlerzogen und ganz mit mir im Einklang ist wie Daddy. Ich hatte einen Plan: Daddy selbst sollte die Verantwortung an die nächste Generation übergeben - indem er mir bei der Erziehung des idealen Nachfolgers half.
Die Verantwortung übergeben
Ein langjähriger Freund von mir, der Tierarzthelfer ist und zufällig wie ich aus dem mexikanischen Bundesstaat Sinaloa stammt, versteht meine Philosophie bezüglich der Hundeerziehung und hält sie für richtig. Er hat eine Pitbullhündin, die ich als ruhig und ausgeglichen kannte - einen gelassenen Familienhund, der seinen kleinen Kindern stets ein traumhaftes »Kindermädchen« war. Mein Freund erzählte mir, er hätte seine Hündin selektiv verpaart und inzwischen sei ein neuer Wurf Welpen auf der Welt. Da er von Daddys bevorstehender Pensionierung und meinen wachsenden Bedenken deswegen wusste, fragte er, ob ich kommen und sie mir ansehen wolle. Er sagte: »Wer weiß, vielleicht findest du hier ja den nächsten Daddy.«
Als Daddy und ich bei meinem Freund eintrafen, um uns den Wurf anzusehen, stellte ich erleichtert fest, dass die Hündin den Kindern gegenüber ebenso liebevoll, sanft und unterordnungsbereit war, wie ich es in Erinnerung hatte. Sie hatte das ideale Temperament für einen Familienhund und war ihren Welpen eine tüchtige, wachsame und aufmerksame Mutter. Das Temperament der Eltern ist sehr wichtig, da es oft an die nächste Generation weitergegeben wird. Mein Freund zeigte mir ein Foto des Welpenvaters, eines ebenfalls wohlerzogenen, gesunden Pitbulls und preisgekrönten Schauhundes. Obwohl ich das Tier nicht persönlich kennenlernen konnte, da es inzwischen in seinen Heimatbundesstaat zurückgebracht worden war, wusste ich, dass Schauhunde im Vergleich zum Durchschnittshund definitionsgemäß über ein gewisses zusätzliches Maß an Selbstkontrolle, Geduld und Stabilität verfügen müssen. Als ich mir den Wurf kuschelig- tollpatschiger Welpen ansah, die gerade einmal acht Wochen alt waren, stach mir einer davon sofort ins Auge. Er hatte ein graues Fell mit einem weißen Fleck auf der Brust und wunderbar sanfte, taubenblaue Augen. Er war ein sogenannter »blauer« Pitbull. Am besten aber gefiel mir seine Energie. Er hatte zwar keinerlei körperliche Ähnlichkeit mit Daddy, aber sein gelassenes Auftreten erinnerte mich sofort an ihn.
Ich fühlte mich gleich zu diesem Welpen hingezogen, war aber in diesem Fall nicht der erfahrenste Hundeflüsterer im Raum. Dies war ein Job für Daddy. Ein Hund kann Ihnen sehr viel mehr über ein Mitgeschöpf - Hund, Katze oder Mensch! - verraten als ein anderer Mensch. Folglich nehme ich die instinktiven Reaktionen meiner Hunde grundsätzlich sehr ernst. Ich nehme Daddy oder ein anderes besonders ausgeglichenes Tier hin und wieder mit zu geschäftlichen Besprechungen, um zu sehen, wie sie auf Menschen reagieren, mit denen ich zum ersten Mal zu tun habe. Wenn einer meiner entspannten, ruhigen und unterordnungsbereiten Hunde aus unerklärlichen Gründen vor jemandem zurückschreckt, ihn ignoriert oder anderweitig meidet, schenke ich dem große Beachtung. Vielleicht will mein Hund mir damit etwas sagen, was ich wissen sollte.
Ich begleitete Daddy in ein Zimmer voller verspielter Pitbullwelpen. Es war wie der Besuch eines würdevollen, verdienten Staatsmannes bei einer ausgelassenen Kindergartengruppe. Mir war aufgefallen, dass einer der Welpen sich den Kindern der Familie gegenüber ein wenig dominant verhielt, auf ihnen herumkletterte und an ihnen herumknabberte. Ich versuchte deshalb, ihn mit Daddy bekannt zu machen, der sich sofort knurrend abwandte. In seinem Alter hat er weder die Energie noch die Geduld für ungezogene, aufdringliche Kleinkinder. Ein weiterer von mir ausgewählter Welpe - ein kleiner Kerl mit niedrigem Energieniveau - interessierte Daddy nicht im Geringsten. Er ignorierte ihn einfach. Ältere Hunde verschwenden ihre wertvolle Energie nicht an Welpen, die sie verärgern. Wie aber würde er auf den grauen Welpen reagieren, der mir so gefiel? Ich betete, dass unsere Energie und unsere Instinkte bei dieser äußerst wichtigen Entscheidung auf einer Wellenlänge lagen.
Ich hob den kleinen grauen Welpen vorsichtig am Nackenfell hoch und hielt Daddy sein Hinterteil hin, der sofort Interesse zeigte. Er unterzog den Welpen mit seiner Nase einer eingehenden Prüfung und bedeutete mir dann mit dem Kopf, ihn auf dem Boden abzusetzen. Als ich ihn hingestellt hatte, verneigte sich der kleine Kerl ganz automatisch sehr höflich und unterordnungsbereit vor Daddy. Es war klar, dass seine Mutter dem acht Wochen alten Kerlchen bereits die Grundlagen der Hundeetikette beigebracht hatte: den Respekt vor älteren Tieren. Daddy schnupperte weiter und die Chemie zwischen den beiden stimmte offensichtlich. Dann geschah etwas Wundervolles. Als Daddy fertig war und sich zum Gehen anschickte, lief ihm der Welpe sofort hinterher. Von jenem ersten Augen blick an war ich mir sicher, dass dieses kleine graue Fellbündel Daddys spiritueller »Sohn« sein würde. Unser Publikum würde bald einen neuen, ruhigen, wohlerzogenen Pitbull haben, der als Vorbild dienen und zu dem es aufsehen konnte.
Wie man keinen Marley großzieht
Blizzard, der Labrador Retriever
John Grogans Buch Marley & ich stand 54 Wochen lang auf der Bestsellerliste der New York Times. Nach der Buchvorlage wurde ein Spielfilm gedreht, der weltweit über 215 Millionen Dollar einspielte. Grogan schrieb sogar eine Fortsetzung, die (sehr zu meinem Verdruss als Hundeflüsterer!) den Titel trägt: Bad Dogs Have More Fun (Freche Hunde haben mehr Spaß). Grogans tief empfundene, ausdrucksstarke Worte machten Marley zum Symbol für einen der beliebtesten amerikanischen Hunde, den Labrador Retriever. Der Labrador ist wegen seiner Freundlichkeit, Energie und Unbekümmertheit die Nummer eins unter den amerikanischen Rassen, die als Familienhunde gehalten werden, und Marley war ein Paradebeispiel für seine etwas schusselige und lebhaft-ausgelassene Art. Leider übertrieb er so sehr, dass er völlig außer Rand und Band geriet. So schreibt John Grogan: »Marley ... erwies sich als äußerst schwieriger Schüler, schwer von Begriff, wild, leicht abzulenken, ein Opfer seiner unerschöpflichen Energie ... Mein Vater fasste es treffend zusammen, als Marley versuchte, sein Knie zu begatten: ›Dieser Hund hat eine Schraube locker.‹«
Marley inspirierte mich dazu, als zweiten Hund einen gelben Labrador Retriever aufzunehmen, dessen Welpenzeit ich für dieses Buch aufzeichnen wollte. Sosehr mich die Lektüre von John Grogans Buch über Marley auch zum Lachen und zum Weinen gebracht hatte und sosehr ich es zu schätzen weiß, dass ich die Gelegenheit bekam, mit Familie Grogan und der Labradorhündin Gracie, die derzeit bei ihnen lebt, zu arbeiten, wollte ich doch ein etwas anderes Licht auf das Leben dieser Tiere werfen. Mit anderen Worten, ich wollte ein Kapitel darüber schreiben, wie man keinen Marley großzieht.
Ich wandte mich an Crystal Reel, die unerschrockene Rechercheurin der »Dog-Whisperer«-Produktionsgesellschaft MPH Entertainment. Sie sollte mir helfen, den perfekten Labradorwelpen zu finden. Obwohl es viele Labradorzüchter in Südkalifornien gibt, wollten wir unsere Solidarität mit einer der hervorragenden Tiernothilfen in unserer Region demonstrieren, die tagtäglich verirrten, ausgesetzten und verschmähten Hunden das Leben retten. Crystal nahm Kontakt zur Southern California Labrador Retriever Rescue (SCLRR) auf. Diese gemeinnützige Organisation besteht inzwischen seit vielen Jahren und hat sich der Aufgabe verschrieben, Labrador Retriever zu rehabilitieren, ein neues Zuhause für sie zu finden und die Öffentlichkeit über diese wunderbaren Tiere aufzuklären. Über mehrere Wochen hinweg traf Crystal mit der ehrenamtlichen Helferin Geneva Ledesma eine Vorauswahl aus den zu vermittelnden Welpen. Schließlich grenzten wir das Feld auf zwei Tiere ein und Geneva und ihre ebenfalls ehrenamtlich tätige Kollegin Valerie Dorsch erklärten sich bereit, die beiden zu mir ins ursprüngliche Dog Psychology Center im Süden von Los Angeles zu bringen.
Der Oktober ist in Südkalifornien bisweilen noch sehr sommerlich. Eine morgendliche Brise vertrieb jedoch die Hitze, als ich die Tore des innerstädtischen Dog Psychology Center öffnete und die beiden zur Auswahl stehenden Labradorwelpen erblickte, aus denen ich meinen Marley auswählen wollte. Geneva und Valerie führten jeweils einen davon an der Leine. Der erste - ein glatthaariger, ganz und gar schwarzer Labradorwelpe - war mutterseelenallein in einem Feld aufgefunden worden. Der andere, ein gelbes Tier wie der aus dem Buch bekannte Marley, war mit einigen seiner Wurfgeschwister in einem Tierheim abgegeben worden. Beide waren Rüden, etwa zwei Monate alt und unglaublich süß. Beide waren gerade zum zweiten Mal geimpft worden und gesundheitlich in bester Verfassung, obwohl man sie praktisch auf der Straße aufgelesen hatte.
Da es mir bei diesem Projekt um Vorbeugung, nicht um Intervention ging, wollte ich einen Welpen mit einem von Natur aus ruhigen und unterordnungsbereiten Verhalten auswählen und ihn so aufziehen, dass dies auch so blieb und er sich zum perfekten Familienhund entwickeln würde. Ich brauchte nur ein paar Sekunden für die Entscheidung, dass der gelbe Labrador der Richtige war. Er schnupperte kurz neugierig herum, dann setzte er sich hin und entspannte sich. Wenige Minuten später hatte er sich auf dem von der Sonne gewärmten Pflaster ausgestreckt. Der schwarze Labrador verhielt sich dagegen bereits etwas scheu, nervös und übererregt. Er hatte den Körper leicht von uns abgewandt, entfernte sich so weit, wie es die Leine erlaubte, und hielt immer ein wenig Abstand. Ich hätte natürlich problemlos mit ihm arbeiten und diesen Zustand rehabilitieren können. Aber im Rahmen dieses Buches wollte ich etwas anderes tun - ich wollte mit dem natürlichen Gleichgewicht beginnen, das Mutter Natur den Hunden mitgibt, und Ihnen, liebe Leser, zeigen, wie man es bewahrt und weiter fördert.
Sowohl Valerie als auch Geneva waren entsetzt, als ich mich für den gelben Labrador entschied. Sie hatten gedacht, der »aktivere« Welpe würde mir besser gefallen. »Ich fand den gelben Welpen ein wenig faul«, erklärte Valerie. Obwohl beide Frauen erfahrene »Hundemenschen « sind, konnten sie eine nervöse nicht von einer spielerischen Energie unterscheiden. Als ich erklärte, woran man die furchtsame Energie des schwarzen Labradors ablesen konnte, verstand Geneva allmählich, wovon ich sprach. »Darf ich fragen, weshalb die Tiere so werden?«, erkundigte sie sich vorsichtig. »Werden sie schon so geboren? « Ich erklärte ihr, dass beängstigende Erfahrungen in seinem frühen Leben als Welpe einen Hund verunsichern können - vor allem dann, wenn ein aufmerksames Muttertier oder Rudelführer fehlen, die ihm helfen könnten, die Erfahrung korrekt zu bewältigen. Ein normaler Hund ist neugierig, auch wenn er anfangs ein wenig zögerlich ist. Wenn sich ein Tier von Anfang an sehr ängstlich verhält und zurückschreckt, ist das möglicherweise ein Warnsignal.
Einige Tiere kommen bereits klein, schwach und/oder verängstigt zur Welt. Die grausame Wahrheit ist, dass diese Tiere in freier Natur wohl nicht überleben würden. Wir Menschen neigen dazu, uns ihretwegen schlecht zu fühlen, aber wir müssen lernen, ihnen dabei zu helfen, diese geistige Haltung zu überwinden, sonst sorgen wir mit unserem Mitleid dafür, dass sie auch so bleiben. Es ist eine wunderbare Sache, Hunde zu retten, die sich in der echten, der physischen Welt verirrt haben. Aber wir müssen auch lernen, sie vor ihren furchterregenden inneren Welten ihrer Psyche zu schützen. Kein Hund sollte sein Leben lang in Angst leben müssen. Diese Art der Rehabilitation beginnt mit Ihrer ruhigen und bestimmten Energie. Es ist leicht, zu einem nervösen Welpen hinzulaufen und mit hoher Stimme zu rufen: »Alles in Ordnung, mein Süßer, alles ist gut!« Wir denken, wenn wir ihn mit dem überschütten, was wir unter Liebe, Zuneigung und Trost verstehen, könnten wir ihm helfen. Aber ein solches Verhalten wird die Furchtsamkeit oder Erregung eines nervösen jungen Hundes nur noch verstärken. Ich zeigte den beiden Damen, wie man die Nase des schwarzen Welpen mit Gerüchen ablenken kann, um sein Gehirn aus diesem negativen, nervösen und »blockierten « Zustand zu befreien. Ich hielt ihm eine Dose mit Bio-Hundefutter vor die Nase, kam ihm dabei aber nicht zu nahe. Der Geruch des Futters genügte und das kleine Kerlchen wurde munter und setzte sich auf die Hinterläufe. Seine Ohren entspannten sich. Ich sprach nicht mit ihm, ich streichelte ihn nicht. Indem ich ruhig, stark und stumm blieb, aber seinen stärksten Sinn - den Geruchssinn - ansprach, konnte ich ihn aus seinem furchtsamen Gemütszustand befreien.
»Die Wahrheit ist«, fuhr ich fort, »dass auch der gelbe Welpe in den Händen eines Besitzers, der keine Regeln kennt oder ihn immer nur mit Zuneigung überhäuft, schnell überreizt oder nervös werden könnte. Mein Ziel ist es, seine wunderbare natürliche Verfassung in den ersten acht Lebensmonaten zu pflegen. Denn mit acht Monaten ist es vorbei. Die Welpenphase ist abgeschlossen. Mit acht Monaten kommen die Hunde in die Pubertät und fangen an, ihre Grenzen zu testen. Wenn sie allerdings mit Regeln und Grenzen groß geworden sind, werden sie immer wissen, wie sie ihr Gleichgewicht wiederfinden können.«
Während meiner Unterhaltung mit den SCLRR-Frauen hatte sich mein kleiner Marley so sehr entspannt, dass ihn die Sonne in einen tiefen, friedlichen Schlaf gelullt hatte. Ich griff noch einmal zum Hundefutter. »Gelegentlich lösen wir eine nervöse oder verstörte Reaktion bei Welpen aus, wenn wir sie im Schlaf erschrecken«, erklärte ich. Ich hielt ihm die Dose unter die Nase, aber er erwachte erst, als er spürte, wie sich der schwarze Labrador heranpirschte, um ebenfalls einen Hauch von dem Duft abzubekommen. »Wie Sie sehen, war er beim Aufwachen weder erschrocken noch überrascht«, erläuterte ich. »Unter Welpen eines Wurfes ist es ganz normal, dass sie einander stupsen, übereinander wegkrabbeln und sich gegenseitig wecken. Ich gebe dem Gehirn also das Signal, auf eine vertraute und nicht auf eine beunruhigende Weise aufzuwachen, denn meine Hand kennt er noch nicht.«
Nachdem ich meine Wahl getroffen hatte, wollte ich den neuen Welpen mit meinem Rudel bekanntmachen. Da der erste Eindruck bei Welpen von sehr großer Bedeutung ist, musste es auf Anhieb klappen. Angelockt vom Futter, folgte mir der kleine Marley bereitwillig in den Innenbereich des Dog Psychology Center an den Zaun, hinter dem das Rudel gespannt auf sein neuestes und jüngstes Mitglied wartete. Er schnupperte vorsichtig am Zaun und fing dann an, mit dem Schwanz zu wedeln. Wenn er zu aufgeregt oder zu forsch gewesen wäre, hätte das Rudel dies als negativ empfunden, aber der kleine Kerl hielt den Kopf respektvoll gesenkt. Er war bereit.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine kurze Anmerkung zur Gesundheit und Sicherheit von Welpen (ein Thema, auf das ich in späteren Kapiteln noch ausführlicher eingehen werde). Bevor ich den neuen Labradorwelpen meinem Rudel vorstellte, wollten sowohl die Damen von der SCLRR als auch ich selbst sichergehen, dass weder die Gesundheit des Welpen noch die meiner Tiere gefährdet war. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen der SCLRR sorgten zunächst dafür, dass beide Welpen bei bester Gesundheit waren und die ersten beiden Mehrfachimpfungen erhalten hatten. Aber selbst bei einem geimpften Hund befindet sich das Immunsystem noch bis zum vierten Monat in der Entwicklung, und er ist in diesen entscheidenden Monaten noch anfällig für Krankheiten, vor allem das Parvovirus. Die Parvovirose wird über die Ausscheidungen infizierter Hunde übertragen. Bevor die SCLRR den Kontakt zwischen dem von mir erwählten Welpen und meinen Hunden gestattete, musste ich nachweisen, dass alle Tiere im Dog Psychology Center die aktuellen Impfungen erhalten hatten, unsere Einrichtung hygienisch unbedenklich war und es bei uns in jüngster Zeit keinen Ausbruch von Parvovirose oder anderen Infektionskrankheiten gegeben hatte. Sobald sich die SCLRR- Mitarbeiterinnen in diesen Punkten sicher sein konnten, genehmigten sie die Begegnung zwischen dem Labrador und meinen Hunden. In diesem Fall achteten gleich zwei Parteien - die Tiernothilfe und der künftige Hundebesitzer - auf Gesundheit und Wohlergehen des Hundes. Während dieser Phase im Leben des Welpen befindet sich sein Immunsystem noch im Aufbau und wir müssen verantwortungsbewusst und vorsichtig vorgehen. Gleichzeitig dürfen wir ihn nicht der normalen Sozialisationserfahrungen berauben, die für sein allgemeines Wohlergehen genauso wichtig sind.
Ich fixierte ihn am Nackenfell und hob ihn hoch. Er entspannte sich sofort, obwohl sein Gewicht auf meiner anderen Hand ruhte, die ich unter seinen Körper geschoben hatte. Ich senkte ihn Richtung Boden und präsentierte ihn dem Rudel. Er hatte den Schwanz etwas eingezogen, was ein klein wenig Angst verriet. Deshalb wartete ich, bis er sich entspannt hatte, ehe ich ihn absetzte. Die anderen Hunde beschnupperten ihn vorsichtig und nahmen ihn sofort in ihr Rudel auf. Zehn Minuten später erkundete er glücklich und selbstbewusst seine neue Umgebung. Dieser kleine Kerl sah vielleicht genauso aus wie der aus dem Buch und dem Film bekannte Marley, aber er würde in seinem Leben völlig andere Erfahrungen machen.
Immer der Nase nach
Der Zwergschnauzer Angel
Nachdem ich mir meinen kleinen Labrador bei einer Tiernothilfeorganisation ausgesucht hatte, wollte ich mich nun an einen Spitzenzüchter wenden, um einen Welpen der Kategorie »Terrier« für dieses Projekt zu finden. Eine typische Eigenschaft dieser Rassen besteht darin, dass sie besonders stark auf Gerüche reagieren. Da ich meinen Klienten stets beibringe, in der Kommunikation mit Hunden grundsätzlich nach der Formel »Nase - Augen - Ohren « vorzugehen, sollte zu den im Rahmen dieses Buchprojekts aufgezogenen Welpen auch eine Rasse gehören, bei der sich fast alles um die Nase dreht. Die Nase kann einen gelangweilten Hund in Schwierigkeiten bringen, doch wenn man diese durch Gerüche motivierte Energie bereits in jungen Jahren in die richtigen Bahnen lenkt, kann sie der Schlüssel zu seinem Herzen - und zu seinem Kopf - werden.
Brooke Walker ist ein stattlicher Rotschopf, verströmt tonnenweise positive Energie und kann tagelang über ihre große Leidenschaft reden, wenn sie Gelegenheit dazu bekommt: Die Zucht von Zwergschnauzern in Hundeschauqualität. Ich wusste von der ersten Sekunde an, dass Brooke sich wirklich auskennt. Ich fragte sie, weshalb sie sich gerade für diese Rasse interessierte.
»Als ich mich nach 38 Jahren als Flugbegleiterin zur Ruhe setzte, wollte ich einen Hund, obwohl ich schon seit langem keinen mehr gehabt hatte. Also ging ich zu einer Hundeschau, fuhr zu den Züchtern und stellte viele Fragen. Die Zwergschnauzer sind mir aufgefallen, weil sie über eine gewisse Eleganz verfügen. Es ist einfach eine elegante, schöne Rasse.«
Natürlich ist Brookes Begeisterung für die von ihr auserkorenen Tiere in den fünf Jahren, seit sie mit der Zucht begonnen hat, noch gewachsen, wie dies bei den meisten Züchtern der Fall ist. »Zwergschnauzer haaren nicht. Sie verlieren keine Hautschüppchen. Sie haben die perfekte Größe - man kann sie in der Transporttasche mit in die Flugzeugkabine nehmen, sie passen wunderbar unter den Sitz und man muss sie nicht im Bauch des Fliegers unterbringen. Ich verreise ständig mit meinen Hunden.«
Ich fuhr ins kalifornische Costa Mes, um mir einen Schnauzer aus Brookes neuestem Wurf auszusuchen. Am Tag zuvor hatte es geregnet. Aber bei Brooke zu Hause war es ruhig und friedlich, sauber und ordentlich, obwohl drei zwei Monate alte Welpen, die Hundeeltern und ein älterer Rüde herumliefen. Das ist ein hervorragendes Zeichen. Wenn Sie sich bei einem Züchter umsehen und in ein Durcheinander aus springenden, kläffenden oder zwickenden Hunden geraten, die überall herumlaufen, sollten Sie daran denken, dass Ihr Welpe in dieser Umgebung seine ersten prägenden Erfahrungen gemacht hat. Ein Hund, der in einer chaotischen Umgebung aufwächst, nimmt diese instabile Energie automatisch vom Augenblick der Geburt an in sich auf. Ich habe Klienten mit Zwergschnauzern, die mir erzählten, sie seien davon ausgegangen, die hyperaktive Energie und das ständige Gebell gehörten bei dieser Rasse einfach dazu. Dieser Mythos wurde von Brookes Rudel schnell widerlegt. Die Atmosphäre war ruhig und gelassen, trotzdem waren ihre Welpen neugierig oder verspielt.
Wir saßen auf Brookes gepflegter Natursteinterrasse und beobachteten, wie sich die Welpen balgten, die Welt erkundeten und sich an jedem neuen Anblick, jedem neuen Geräusch erfreuten. Auch ihre wachsame Mutter, eine knapp zwei Jahre alte Schnauzerdame namens Binky, hatte ein Auge auf sie. Die meiste Zeit wirkte sie entspannt und interessierte sich für das, was wir Menschen taten, doch von Zeit zu Zeit erregten die Possen eines ihrer Welpen ihre Aufmerksamkeit. Als die kleine Hündin eines ihrer männlichen Geschwister ein wenig zu lange bedrängte, sprang Binky von ihrem Aussichtspunkt auf dem Steinkamin herunter, packte die Übeltäterin im Bruchteil einer Sekunde mit der Schnauze und drehte sie zur Seite. Ein Muttertier gestattet ihren Welpen Dominanzspiele, doch wenn es zu wild wird, greift sie ein und regelt die Angelegenheit. Dann entspannte sich die kleine Hündin, als wollte sie sagen: »Schon gut, Mama, ich hab's kapiert«, und Binky kehrte zu uns zurück und schnüffelte wieder bei Brooke und mir herum. Die Korrekturen eines Muttertiers erfolgen mit großer Geschwindigkeit, Präzision und Sachlichkeit, und ich empfehle Hundebesitzern, dieser ruhigen und bestimmten, sanften, aber strengen natürlichen Disziplin im Umgang mit ihren Hunden nachzueifern. Auch ich lernte meine Methoden, indem ich wun derbare Hundemütter wie Binky beobachtete und nachahmte.
Brooke konnte mir drei Schnauzerwelpen zeigen: zwei Rüden, die mit einem blauen und einem grünen Papierhalsband gekennzeichnet waren, und ein Weibchen mit einem rosa Halsband. Es war der kleinste Welpe, aber da ich gesehen hatte, wie sich diese Hündin auf ihren Bruder mit dem grünen Halsband stürzte, war mir klar, dass auch sie noch ein recht hohes Energieniveau hatte. Brookes klarer Favorit und der Hund, von dem sie glaubte, dass ich ihn nehmen würde, war der Welpe mit dem blauen Halsband - ein kohlrabenschwarzer Schnauzer mit glänzend silbrigem Fell an Augenbrauen, Brust, Füßen und Schwanz. Sie stellte ihn als den größten und stärksten Welpen dieses Wurfes vor. »Er war immer der Erste: Er ist zuerst aus der Wurfkiste geklettert. Er hat zuerst gebellt. Er hat sich zuerst den anderen Welpen genähert, als er einfach so herumkrabbelte. Er stand sogar als Erster auf allen Vieren. Er ist sehr intelligent und hat starke Führungsqualitäten. «
Ihre Beschreibung der Energieniveaus der ersten beiden Hunde wies dem Rüden mit dem grünen Halsband den niedrigsten Rang in der Familienhierarchie zu. Aber mir war klar, dass er weder ängstlich noch furchtsam war und über ein mittleres, kein niedriges Energieniveau verfügte. Um mehr über das Temperament der Welpen zu erfahren, setzte ich jeden einzelnen von ihnen auf einen Gartenstuhl. Der Kleine mit dem blauen Halsband sprang sofort wieder herunter und kam zu mir zurückgelaufen. Er wollte mitten im Geschehen sein. Auch als Brooke ihn erneut auf den Stuhl setzte, sprang er sofort wieder herunter. Das Hundemädchen in Rosa harrte etwas länger aus, aber auch ihr wurde das Warten irgendwann zu lang und sie folgte dem Beispiel ihres dominanten Bruders. Von allen Hunden gelang es nur dem Welpen mit dem grünen Halsband, auf dem Stuhl sitzen zu bleiben und einfach zu beobachten. Er winselte nicht, er zappelte nicht, sondern wartete einfach aufmerksam auf den nächsten Hinweis von mir. Ich fragte Brooke nach ihren Erfahrungen mit ihm. »Ich denke, er wird einmal ein wunderbares Haustier, weil er so liebevoll ist. Er ist sanfter als sein Bruder, weniger unabhängig. Aber ich persönlich mag die unabhängigen Hunde lieber. Ich finde, sie lassen sich viel leichter abrichten.«
Genau wie die SCLRR-Damen schien Brooke ehrlich überrascht, als ich mich dafür entschied, den Hund mit dem grünen Halsband - den Welpen mit dem mittleren Energieniveau - für dieses Buch großzuziehen. Ich erinnerte sie daran, dass ich als Hundeflüsterer zwar meine Freude an energiegeladeneren Hunden hätte. Die meisten Hundebesitzer seien aber nicht so erfahren wie sie und ich und fühlten sich schnell überwältigt, wenn sie sich einen unabhängigen, dominanten Welpen anschafften. Für dieses Buchprojekt wollte ich Tiere finden, die ihr Leben mit jenem perfekten, angeborenen »mittleren« Energieniveau begonnen hatten, das für den durchschnittlichen oder gar unerfahrenen Hundebesitzer oder Familie geeignet ist. Ich wollte meinen Lesern zeigen, wie man diesen Zustand in den entscheidenden Welpenmonaten und darüber hinaus bewahrt.
Nachdem ich mich für den Welpen mit dem grünen Halsband entschieden hatte, bat ich Brooke um ein Handtuch oder einen Lappen mit dem Geruch seiner leiblichen Familie, um ihm den Übergang von seinem Ursprungsrudel in meines zu erleichtern. Brooke tat noch viel mehr: Sie überreichte mir seine Papiere, einschließlich seines Hundepasses, der ihn als männlichen Zwergschnauzer auswies, die Registrierbescheinigung des amerikanischen Züchtervereins (American Kennel Club, AKC) und sein Impfbuch mit Datum, Ort und Art der erfolgten Schutzimpfungen sowie den empfohlenen nächsten Terminen. Außerdem gab sie mir eine Broschüre mit vielen Informationen über Zwergschnauzer, eine Trimmvorlage und einen kleinen »Abschiedsgeschenkkorb« mit Leckerlis, einem Teddy-Hundespielzeug und einer Hundebürste. Das ist die »persönliche Note«, die ein Verkauf bei einem Spitzenzüchter wie Brooke hat. Für sie ist ein Hund nicht nur ein Hund. Er ist zu 100 Prozent ein Familienmitglied, und obwohl sie es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, ein gutes Zuhause für ihre Tiere zu finden, nimmt jeder verkaufte Welpe ein kleines Stück ihres Herzens mit, wenn er sie verlässt.
Ich bin ein großer Befürworter der Vermittlung von Tieren aus Tierheimen oder von Tiernothilfen und ermutige alle, die auf diesem Weg den richtigen Hund finden möchten. Das Problem der Hunde-Überbevölkerung ist enorm und Jahr für Jahr werden mehrere Millionen Tiere nur deshalb eingeschläfert, weil sie kein Zuhause finden. Jeder Hund, der aus dem Tierheim oder von einer Tiernothilfe zu einer Familie kommt, ist ein Tier weniger, das sein wertvolles Leben nur deshalb verliert, weil irgendein Mensch es nicht wollte. Es bringt eine ganz besondere Befriedigung, einem Tierheimhund ein gutes Leben zu bieten. Doch für diejenigen unter Ihnen, die den Weg über den Züchter gehen möchten, ist jemand wie Brooke, als würde man auf eine Goldader stoßen. Wenn Sie einen Welpen von einem Züchter mit Brookes hohem ethischen Niveau und jahrelanger Erfahrung kaufen, nehmen Sie nicht nur diesen Hund bei sich auf, sondern holen sich die veredelten Linien der Blutsverwandtschaft vieler Hundegenerationen ins Haus. Im Grunde besitzen Sie damit ein kleines Stück Hundegeschichte. Brooke sagt, sie selektiere in erster Linie nach folgenden drei Eigenschaften: Gesundheit, Temperament und Übereinstimmung mit dem Rassestandard zur Erhaltung der Reinheit der Rasse. Im nächsten Kapitel werden Sie mehr darüber erfahren, wie man Züchter wie Brooke findet.
Züchter bewahren die Ahnenlinie der von ihnen auserkorenen Rasse zum Beispiel, indem sie verhindern, dass ihre Welpen in die falschen Hände geraten. Ein deutliches Warnsignal für einen nicht besonders seriösen Züchter ist es, wenn er Ihnen unbesehen einen Welpen schickt, ohne sich nach Ihrer Erfahrung mit Hunden, Ihrem häuslichen Umfeld und Ihren Absichten dahingehend zu erkundigen, wie Sie für den Hund sorgen möchten. Den meisten Züchtern ist der Kaufvertrag sehr wichtig. Brooke ließ mich einen Vertrag unterzeichnen, in dem festgelegt ist, dass ich den Welpen mit dem grünen Halsband erst nach Abschluss der achtmonatigen Welpenzeit kastrieren lasse. Ich persönlich ziehe es vor, Rüden mit sechs Monaten kastrieren zu lassen, damit sie nie den überwältigenden, unangenehmen Paarungstrieb verspüren. Ich verstehe aber auch Brookes Argument, dass das Tier zuerst zum Junghund heranreifen soll, bevor sie entscheidet, ob sie es zur Zucht verwenden möchte, um seine wertvolle sogenannte Blutlinie fortzuführen. Außerdem willigte ich ein, ihr das Tier nach Abschluss der Welpenzeit zurückzugeben, falls ich es nicht behalten wollte oder kein Zuhause finden konnte, das uns beiden zusagen würde. Ich bewundere Brookes Hingabe an ihren Hundenachwuchs sehr.
Es dauerte ungefähr eine halbe Stunde, bis wir die Formalitäten erledigt hatten, und die ganze Zeit über saß der Kleine mit dem grünen Halsband entspannt neben mir. Für einen Welpen ist das ziemlich erstaunlich. Er bestätigte mir damit auf der Stelle, dass ich den richtigen Zwergschnauzer für dieses Buchprojekt ausgewählt hatte.
Copyright © 2013 Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
Die Erfahrung mit der »Puppycam« inspirierte auch einige Mitarbeiter des Teams meiner Fernsehsendung »Dog Whisperer« (Hundeflüsterer), Webcams zu Hause aufzustellen, um ihre Hunde und Welpen zu beobachten. Und so entfalteten sich, auch nachdem die Shiba-Inu-Welpen groß geworden waren und ein neues Leben begonnen hatten, immer wieder neue Welpenabenteuer auf einem un serer Bürocomputer.
Ganz gleich, welchen kulturellen Hintergrund und welche Hautfarbe Sie haben, welche Sprache Sie sprechen, welche Überzeugungen Sie vertreten oder welcher Religion Sie angehören - Sie müssten aus Stein gemacht sein, um beim Anblick der lustigen kleinen Welpen ungerührt zu bleiben. Ihre scheinbare Hilflosigkeit und ihre zauberhaft tollpatschigen Versuche, eine für sie neue Welt zu erkunden, wecken ganz automatisch jene Beschützerinstinkte, die von der Natur tief in den Genen jedes Mannes und jeder Frau, jedes Kindes und aller Großeltern verankert wurden. Die Kommentare der Puppycam-Fans beweisen: Die Liebe zu den Welpen tut uns gut! Welpen bringen uns dem unschuldigen, natürlichen, animalischen Teil unseres Wesens näher. Ihr Anblick lindert Stress, verbessert unsere Gesundheit und erinnert uns daran, dass es wahres Glück nur im Augenblick gibt. Einen Welpen zu lieben und aufzuziehen kann eine der bereicherndsten, lohnendsten Erfahrungen im Leben eines Menschen sein. Und sobald dieser Welpe zu einem ausgewachsenen Hund herangereift ist, kann sich das in den ersten acht Monaten - die ich als Welpenzeit bezeichne - geschmiedete Band zu einer Beziehung festigen, die Ihnen das ganze Leben Ihres Hundes hindurch und noch darüber hinaus Kraft schenken wird.
Dass unsere menschlichen Herzen jedes Mal dahinschmelzen wie Butter in der Sonne, wenn wir einen Welpen sehen, qualifiziert uns jedoch nicht automatisch dafür, ihn auch aufzuziehen. Deshalb schreibe ich dieses Buch.
Was haben Hunde nur an sich, dass wir glauben, wir könnten sie ebenso leicht erziehen wie unseren menschlichen Nachwuchs? Ich kenne nicht viele Leute, die glauben, sie wüssten automatisch, wie sie einen kleinen Elefanten, Leoparden oder Delfin aufziehen müssten, wenn er ihnen in den Schoß fiele. Sicher wissen die meisten instinktiv, dass man eine kleine Robbe, ein Papageienküken oder ein Fohlen nicht wie ein menschliches Kind großziehen kann. Der Mensch macht sogar schlechte Erfahrungen, wenn er versucht, seinen engsten Verwandten - den Affen - aufzuziehen, als wäre er eine behaartere Version seiner selbst. Kürzlich las ich das herzzerreißende Buch Nim Chimpsky - The Chimp Who Would Be Human von Elizabeth Hess. Es erzählt von einem Experiment in den siebziger Jahren, bei dem einem Schimpansen in einem sozialen Umfeld die menschliche Sprache vermittelt werden sollte. Er wurde bereits als Baby von seiner Mutter getrennt und wie ein menschlicher Junge im Kreise einer vornehmen Familie in Manhattan aufgezogen. Es gelang Nim tatsächlich wunderbar, die Gebärdensprache zu erlernen, und er konnte sich sein Leben lang damit verständigen. Doch schon bald überwältigte der animalische Aspekt seines Wesens die menschlichen Mitglieder seiner naiven Adoptivfamilie, die daraufhin gezwungen waren, ihn fortzugeben. Den Rest seines traurigen Lebens verbrachte er in einer Art Niemandsland aus Pflegefamilien und Instituten für Primatenforschung, ohne je zu wissen, ob er nun Schimpanse, Mensch oder irgendetwas dazwischen war.
Eine meiner wichtigsten Lebensregeln lautet, dass wir Tiere als die Geschöpfe respektieren müssen, die sie sind, nicht als die beinahe menschlichen Gefährten, die wir viel leicht gern hätten. Wenn wir eine echte Verbindung zu einem Tier haben, bedeutet dies meiner Ansicht nach, dass wir uns vor allem an seiner animalischen Natur erfreuen und sie würdigen müssen, bevor wir anfangen, es als Freund, Seelenverwandten oder Kind zu vereinnahmen.
Welpen wirken auf uns zwar möglicherweise wie stumme menschliche Babys, aber sie sind in erster Linie Hunde. Will man einen Welpen zu einem gesunden, ausgeglichenen Tier aufziehen, unterscheidet sich dieser Prozess ganz erheblich davon, wie man einen Säugling zu einem glücklichen, selbstbewussten jungen Erwachsenen heranzieht. Ein Welpe ist nicht das Hunde-Äquivalent zu einem Säugling, sosehr wir uns das vielleicht auch wünschen - und erst recht nicht mehr dann, wenn wir die Rolle als seine Bezugsperson übernehmen. Babys sind im Grunde monatelang hilflos, aber Welpen kommen als kleine Überlebensmaschinen zur Welt und offenbaren ihre Tiernatur fast unmittelbar nach ihrer Geburt. Ein drei Tage alter Welpe wird bereits nach Dominanz über seine Geschwister streben, indem er sie von den Zitzen der Mutter verdrängt. Im Alter von zwei bis drei Wochen kann er selbstständig laufen und wird weiter daran arbeiten, seinen Platz im Rudel zu festigen. Zu dem Zeitpunkt, an dem ein seriöser Züchter meint, der ungefähr zwei Monate alte Hund könne von seiner Mutter und seinen Wurfgeschwistern getrennt werden, ist er einem gleichaltrigen Menschenbaby in seiner Entwicklung bereits um Jahre voraus. Wenn wir uns einen zwei Monate alten Welpen anschaffen, ist er alles andere als hilflos, obwohl wir das oft glauben und ihn entsprechend behandeln. Infolgedessen lassen es viele Hundebesitzer ungewollt an Achtung oder Respekt gegenüber seinem wahren Wesen, seiner »Hundenatur«, fehlen.
Indem wir unsere heranwachsenden Hunde wie hilflose Säuglinge verhätscheln - sie wie Handtaschen herumtragen, all ihren Launen nachgeben, ihnen Freiheiten geben, die ein Kind niemals bekäme -, untergraben wir von Anfang an ihre Entwicklung. Wir können damit ungewollt Angst, Furchtsamkeit, Aggression oder Dominanz fördern. Wir können unsere Hunde zu einem Leben voller Instabilität und Stress verdammen. Indem wir die eigene psychologische Erfüllung über die tatsächlichen Entwicklungsbedürfnisse des heranwachsenden Hundes stellen, erzeugen wir möglicherweise unbewusst weitere Verhaltensprobleme.
Meiner Erfahrung nach veranlasst im Allgemeinen ein Mangel an Wissen wohlmeinende Hundeliebhaber zu diesen Fehlern. Alle mir bekannten Hundebesitzer wollen tatsächlich nur das Beste für ihre Tiere. In diesem Buch möchte ich Strategien vorstellen, wie Hundehalter lernen können, die wahre tierische Identität eines Hundes zu bewahren, statt ihn zu ihrem »Baby« zu machen.
Im Hinblick auf die Welpenzeit darf man vor allem nie vergessen: Sie stellt den kürzesten Abschnitt im Leben eines gesunden Tieres dar, das nach der Einteilung in meinem Arbeitsumfeld von seiner Geburt bis zum achten Monat ein Welpe und vom achten Monat bis zum Alter von drei Jahren ein Junghund ist. Bei guter Kost und tierärztlicher Versorgung kann ein modernes Hundeleben zwischen zehn oder zwölf bis hin zu sechzehn Jahren oder länger dauern.1 Ich sehe viel zu viele Menschen, die sich in einen winzigen Welpen verlieben, weil er so niedlich ist, die aber irgendwann das Interesse an dem ausgewachsenen Hund verlieren, zu dem er sich entwickelt, oder sich gar über ihn ärgern. Das bricht mir das Herz. Ich glaube, wenn wir uns einen Hund anschaffen - ganz gleich, wie alt er ist -, übernehmen wir sein Leben lang die überaus wichtige Verantwortung für sein Wohlergehen. Hundebesitzer zu sein sollte eine freudvolle, keine belastende Erfahrung sein. Natürlich sind anfangs Disziplin und Hingabe vonnöten, aber wenn man in Vorleistung geht und diese Mühe investiert, wird sie sich später viele Jahre lang auf mannigfaltige Art und Weise auszahlen. Unsere Hunde lehren uns, den Augenblick zu genießen und uns nicht zwanghaft mit der Vergangenheit oder der Zukunft zu beschäftigen. Sie zeigen uns, dass die einfachen Freuden - auf dem Boden herumzurollen, durch den Park zu laufen, in einem Schwimmbecken zu plantschen, sich in der warmen Sonne im Gras auszustrecken - immer noch das Beste am Leben sind. Und sie helfen uns, ein Gefühl tiefer Verbundenheit nicht nur mit den Tieren, sondern auch mit den anderen Menschen in unserem Leben und mit uns selbst zu erfahren.
Wenn Sie sicher sind, dass Sie die lebenslange Verantwortung für einen Hund übernehmen wollen, bietet sich Ihnen eine unglaubliche Gelegenheit. Dies ist in der Tat Ihre Chance, den Hund zu erschaffen und zu formen, von dem Ihre Familie träumt, und es gleichzeitig einem Lebewesen zu ermöglichen, all das zu werden, was die Natur für es vorgesehen hat. Welpen sind genetisch darauf programmiert, sich an die Regeln und Grenzen der Gesellschaft anzupassen, in der sie leben. Teilen Sie dem Kleinen die in Ihrer Familie geltenden Regeln vom ersten Tag an klar und deutlich mit. Dann können Sie einen Gefährten heranziehen, der Sie respektieren, Ihnen vertrauen und eine so tiefe Verbindung zu Ihnen aufbauen wird, wie Sie es nie für möglich gehalten hätten. Genau wie Kinder sind Hunde allerdings stets damit beschäftigt zu beobachten, zu erforschen und herauszufinden, welchen Platz sie in ihrem Umfeld einnehmen. Senden Sie ihnen in den ersten gemeinsamen Tagen ständig die falschen Signale, so wird es sehr viel schwieriger, sie zu rehabilitieren - also bezüglich ihres Verhaltens zu therapieren -, wenn die schlechten Angewohnheiten erst einmal Fuß gefasst haben.
Ich habe bereits unzählige Hunde aufgezogen und durch die verschiedensten Stadien ihrer Entwicklung begleitet. Aber als ich mich entschied, dieses Buch zu schreiben, wollte ich unbedingt noch einmal bei mehreren Welpen die Zeit von ihrer Geburt bis zum Junghund miterleben. Jeder von mir rehabilitierte oder aufgenommene Hund, jeder von mir aufgezogene Welpe hilft mir, das Wesen der Hunde noch besser zu verstehen und zu erkennen, wie wir Menschen ihr Leben so gut und ausgeglichen wie möglich gestalten können. Ich hoffe, an der Entwicklung der in diesem Buch vorgestellten Hunde einige der dargelegten Konzepte beispielhaft verdeutlichen zu können.
Kann man tatsächlich den »perfekten Hund« erschaffen? Ja, davon bin ich überzeugt. Ich glaube nämlich, dass die Natur die Formel für Perfektion tief in jeden von ihr geschaffenen Organismus einbettet. Wir Menschen glauben gern, wir könnten es besser als die Natur, und in einigen Bereichen ist dies vielleicht tatsächlich der Fall. Doch was die Hundeerziehung angeht, hat die Natur es gleich beim ersten Mal richtig gemacht. Hören wir auf, das Rad neu erfinden zu wollen, und lernen wir von den besten Lehrern des Lebens - den Hunden selbst.
1
Hier kommen die Welpen
Junior, Blizzard, Angel und Mr. President
Als ich zum ersten Mal darüber nachdachte, ein Buch über die Erziehung des perfekten Hundes zu schreiben, war mir gleich klar: Es sollte eine persönliche Note haben und auf praktischer Erfahrung beruhen. Wie ich gelernt habe, lässt sich Wissen am leichtesten anhand von Beispielen aus dem richtigen Leben vermitteln. Ich habe im Laufe meines Lebens viele Hunde großgezogen, wollte mich während des Schreibens aber noch einmal mit den verschiedenen Entwicklungsphasen des Welpen vertraut machen, um mit meinem Gespür ganz im Einklang mit dem geschilderten Verhalten zu sein. Ich beschloss, vier Welpen unterschiedlicher Rassen aufzuziehen: einen Pitbull, einen Labrador Retriever, eine Englische Bulldogge und einen Zwergschnauzer. Sie sollten bei mir zu Hause mit meinem Rudel nach den Prinzipien der Hundepsychologie aufwachsen. Ich möchte Ihnen, liebe Leser, zeigen, dass eine möglichst natürliche Welpenerziehung Probleme und Verhaltensstörungen verhindert und ein späteres Eingreifen unnötig macht. Mein Ziel war es nicht, Hunde zu rehabilitieren, sondern ausgeglichene Tiere aufzuziehen und Hundebesitzern zu zeigen, wie man das natürliche Gleichgewicht bewahrt, das Mutter Natur den Kleinen mitgibt. Aus diesem Grund wollte ich Hunde mit einem bestimmten angeborenen Energieniveau auswählen, das ich als »mittleres« Energieniveau bezeichne - und mit dem selbst unerfahrene Hundebesitzer perfekt umgehen können. Im nächsten Kapitel werden wir ausführlicher über die »Selektion nach dem Energieniveau « sprechen. Trotzdem möchte ich Sie bitten, diese Vorstellung bereits im Hinterkopf zu behalten, wenn Sie mich bei meinem Abenteuer begleiten, die Welpen kennenzulernen.
Der Pitbull Junior
Mein Pitbull Junior hatte den ersten Auftritt bereits in meinem letzten Buch, Welcher Hund passt zu uns? Aber für mich ist und bleibt er der wichtigste der vier Hunde, deren Welpenzeit ich hier schildern werde. Als ich mit diesem Buch begann, war Junior gut eineinhalb Jahre alt und befand sich mitten in der Hundepubertät, die ungefähr vom achten Monat bis zum dritten Lebensjahr dauert. Seit ich ihn zu mir nahm, haben die Kameras des »Dog-Whisperer«-Teams und ich selbst fast täglich seine Fortschritte vom unbeholfenen Welpen zu dem energiegeladenen, selbstbewussten und doch heiteren Teenager festgehalten, der er heute ist. Ich habe bei der Aufzucht von Junior viele Dinge gelernt, die ich nun mit dem größten Vergnügen an Sie weitergebe.
Es ist mir sehr wichtig, einen Pitbull mit Vorbildfunktion zu haben, der mir bei der Rehabilitation aus dem Gleichgewicht geratener Tiere zur Seite steht. Meiner Ansicht nach ist es ein Verbrechen, was für einen schlechten Ruf diese Rasse genießt. Pitbulls sind zuallererst Hunde, keine wilden Tiere. Sie sind Haushunde, wie alle anderen auch. Natürlich sind sie nicht unbedingt für jede Familie geeignet - doch wenn wir der Rasse die Schuld an den vielen schrecklichen Vorfällen geben, von denen wir in der Zeitung lesen, vergessen wir dabei die grundlegende Tatsache, dass wir Menschen die Eigenschaften geschaffen haben, die wir bei ihnen missbilligen, um schlicht und einfach unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Wir sind dafür verantwortlich. Im Laufe der Jahrhunderte haben wir diese Hunde genetisch so verändert, dass sie einen starken Kiefer, ein unerschöpfliches Durchhaltevermögen und eine hohe Toleranz für Unannehmlichkeiten oder Schmerzen haben. Dies sind die schlichten, ungeschminkten genetischen Tatsachen. Aber nicht einmal in der Welt der Hunde entscheiden die Gene über das Schicksal. Pitbulls kommen nicht aggressiv gegen Hunde oder Menschen zur Welt - der Mensch macht sie dazu. Unzählige Pitbulls vegetieren in Zwingern und Tierheimen dahin, weil ihre Besitzer sie zu »harten« Tieren machten, mit denen sie später nicht mehr zurechtkamen. Viele dieser Tiere, denen die Einschläferung droht, wurden für illegale Hundekämpfe gezüchtet und ausgesetzt, als sie für ihre hartherzigen Besitzer nicht mehr profitabel genug waren. Werden Pitbulls korrekt sozialisiert und mit denselben konsequenten Regeln und Grenzen aufgezogen, die sie in einem natürlichen Rudel lernen würden, sind sie meiner Erfahrung nach ganz erstaunliche Haustiere.
Ausgerechnet die so oft von der Gesellschaft geschmähten Eigenschaften des Pitbulls lassen sich in höchst positive Bahnen lenken. Seine angeborene Zielstrebigkeit und Ausdauer etwa lassen sich in unerschütterliche Loyalität und Geduld verwandeln. Ein ausgeglichener Pitbull kann sehr lange ruhig und respektvoll warten, bis ihm sein Besitzer ein neues Kommando gibt oder eine neue Richtung weist. Im Umgang mit Kindern oder kleineren Welpen kann er der perfekte Babysitter mit viel Nachsicht sein, da sein robuster Körper das Klettern, Schieben und Ziehen problemlos aushält, mit dem ihn das verspielte Jungvolk beider Spezies traktiert. Ein gut sozialisierter, ausgeglichener Pitbull lässt alle möglichen kindischen Faxen stoisch und humorvoll über sich ergehen. Ich erziehe Junior dazu, mehr »Hund« als »Pitbull« zu sein, und ich glaube, dass er und mein Pitbullsenior Daddy die blinde Voreingenommenheit aller Menschen gegenüber dieser Rasse überwinden können.
Mein treuer Gefährte hat seelenvolle grüne Augen und einen stämmigen, goldenen Körper. Mit seinen fast sechzehn Jahren hat Daddy alles erlebt, wovon ein moderner Hund nur träumen kann. Er hat mit mir die ganzen Vereinigten Staaten bereist und ist sogar schon neben mir bei der Emmy-Verleihung über den roten Teppich gelaufen. Sein ursprünglicher Besitzer, der Rapper Redman, hatte mich um Hilfe bei Daddys Erziehung gebeten, als dieser ein verspielter Welpe von gerade einmal vier Monaten war. Es war der perfekte Zeitpunkt, um damit zu beginnen, seinen jungen Geist zu formen. Daddy erwies sich sowohl bei Hunden als auch bei Menschen als eifriger und aufnahmebereiter Schüler und hat sich zu dem besten, positivsten Vorbild für seine vielgeschmähte Rasse entwickelt, das man sich nur vorstellen kann. Inzwischen hat er Scharen von Fans und sogar seine eigene Facebook-Seite! Diesen glänzenden Ruf hat er sich wirklich verdient. Inzwischen ist er auch offiziell mein Hund. Uns verbindet ein Band, das weit über alles hinausgeht, was Natur oder Wissenschaft erklären könnten. Ich glaube, uns ist die ideale Verbindung von Mensch und Hund geglückt, die ich meinen Klienten gern demonstriere, um ihnen zu beweisen, dass diese Form der gesunden Nähe zu einem Tier möglich und auch für sie greifbar ist.
In den unzähligen »Dog-Whisperer«-Folgen, in denen ich aus dem Gleichgewicht geratenen Hunden geholfen habe, hat sich Daddy ohne Zweifel den Respekt als meine tierische rechte Hand, oder besser, rechte Pfote, verdient. Doch bei den meisten gemeinsamen Einsätzen ist er auch mein Lehrer und ich folge seiner Führung in der Frage, wie wir weiter vorgehen sollen, nicht umgekehrt. Daddy verfügt über jene seltene Eigenschaft, die man nur durch sehr viel Erfahrung und in vielen Lebensjahren auf diesem Planeten erwirbt: wahre Weisheit. Er ist energetisch so ausgeglichen, dass manchmal schon seine bloße Gegenwart genügt, um einen Problemhund auf den rechten Weg zurückzuführen. Wenn ich mir in anderen Fällen nicht sicher bin, wie ich weitermachen soll, ziehe ich Daddy hinzu und beobachte ganz genau, wie er sich verhält. Eines der wichtigsten Prinzipien meiner Arbeit - dessen Bedeutung ich gerade bei der Welpenaufzucht hervorheben möchte - lautet, dass Ihnen ein erwachsener Hund mehr über »Hundeerziehung« beibringen kann als jedes Buch, Handbuch oder Video. An der Wand von Daddys Hundebox hängen weder Diplome noch Urkunden, und doch ist er meiner Ansicht nach der absolute Meister der Hunderehabilitation.
Als Senior hat Daddy immer noch ebenso viel Freude an den kleinen Augenblicken des Lebens wie als Welpe, aber er wird älter und allmählich holt ihn die Zeit zumindest körperlich ein. Ich habe kürzlich angefangen, mich damit auseinanderzusetzen, dass er nicht bis in alle Ewigkeit die Rolle meines besten Freundes, Helfers und Co- Hundeflüsterer spielen wird. Wenn Hundeliebhaber an das Ableben eines Gefährten denken, der ein Leben lang an ihrer Seite war, höre ich oft Sätze wie: »So einen Hund wird es nie wieder geben« oder »Ich könnte keinen anderen Hund lieben, denn keiner könnte so wundervoll sein wie er«. Natürlich ist es richtig, dass es nie wieder einen Hund geben wird, der genauso ist wie Daddy. Ich glaube jedoch, dass es möglich ist, ein anderes Tier so aufzuziehen, dass es ebenso ausgeglichen, stabil, wohlerzogen und ganz mit mir im Einklang ist wie Daddy. Ich hatte einen Plan: Daddy selbst sollte die Verantwortung an die nächste Generation übergeben - indem er mir bei der Erziehung des idealen Nachfolgers half.
Die Verantwortung übergeben
Ein langjähriger Freund von mir, der Tierarzthelfer ist und zufällig wie ich aus dem mexikanischen Bundesstaat Sinaloa stammt, versteht meine Philosophie bezüglich der Hundeerziehung und hält sie für richtig. Er hat eine Pitbullhündin, die ich als ruhig und ausgeglichen kannte - einen gelassenen Familienhund, der seinen kleinen Kindern stets ein traumhaftes »Kindermädchen« war. Mein Freund erzählte mir, er hätte seine Hündin selektiv verpaart und inzwischen sei ein neuer Wurf Welpen auf der Welt. Da er von Daddys bevorstehender Pensionierung und meinen wachsenden Bedenken deswegen wusste, fragte er, ob ich kommen und sie mir ansehen wolle. Er sagte: »Wer weiß, vielleicht findest du hier ja den nächsten Daddy.«
Als Daddy und ich bei meinem Freund eintrafen, um uns den Wurf anzusehen, stellte ich erleichtert fest, dass die Hündin den Kindern gegenüber ebenso liebevoll, sanft und unterordnungsbereit war, wie ich es in Erinnerung hatte. Sie hatte das ideale Temperament für einen Familienhund und war ihren Welpen eine tüchtige, wachsame und aufmerksame Mutter. Das Temperament der Eltern ist sehr wichtig, da es oft an die nächste Generation weitergegeben wird. Mein Freund zeigte mir ein Foto des Welpenvaters, eines ebenfalls wohlerzogenen, gesunden Pitbulls und preisgekrönten Schauhundes. Obwohl ich das Tier nicht persönlich kennenlernen konnte, da es inzwischen in seinen Heimatbundesstaat zurückgebracht worden war, wusste ich, dass Schauhunde im Vergleich zum Durchschnittshund definitionsgemäß über ein gewisses zusätzliches Maß an Selbstkontrolle, Geduld und Stabilität verfügen müssen. Als ich mir den Wurf kuschelig- tollpatschiger Welpen ansah, die gerade einmal acht Wochen alt waren, stach mir einer davon sofort ins Auge. Er hatte ein graues Fell mit einem weißen Fleck auf der Brust und wunderbar sanfte, taubenblaue Augen. Er war ein sogenannter »blauer« Pitbull. Am besten aber gefiel mir seine Energie. Er hatte zwar keinerlei körperliche Ähnlichkeit mit Daddy, aber sein gelassenes Auftreten erinnerte mich sofort an ihn.
Ich fühlte mich gleich zu diesem Welpen hingezogen, war aber in diesem Fall nicht der erfahrenste Hundeflüsterer im Raum. Dies war ein Job für Daddy. Ein Hund kann Ihnen sehr viel mehr über ein Mitgeschöpf - Hund, Katze oder Mensch! - verraten als ein anderer Mensch. Folglich nehme ich die instinktiven Reaktionen meiner Hunde grundsätzlich sehr ernst. Ich nehme Daddy oder ein anderes besonders ausgeglichenes Tier hin und wieder mit zu geschäftlichen Besprechungen, um zu sehen, wie sie auf Menschen reagieren, mit denen ich zum ersten Mal zu tun habe. Wenn einer meiner entspannten, ruhigen und unterordnungsbereiten Hunde aus unerklärlichen Gründen vor jemandem zurückschreckt, ihn ignoriert oder anderweitig meidet, schenke ich dem große Beachtung. Vielleicht will mein Hund mir damit etwas sagen, was ich wissen sollte.
Ich begleitete Daddy in ein Zimmer voller verspielter Pitbullwelpen. Es war wie der Besuch eines würdevollen, verdienten Staatsmannes bei einer ausgelassenen Kindergartengruppe. Mir war aufgefallen, dass einer der Welpen sich den Kindern der Familie gegenüber ein wenig dominant verhielt, auf ihnen herumkletterte und an ihnen herumknabberte. Ich versuchte deshalb, ihn mit Daddy bekannt zu machen, der sich sofort knurrend abwandte. In seinem Alter hat er weder die Energie noch die Geduld für ungezogene, aufdringliche Kleinkinder. Ein weiterer von mir ausgewählter Welpe - ein kleiner Kerl mit niedrigem Energieniveau - interessierte Daddy nicht im Geringsten. Er ignorierte ihn einfach. Ältere Hunde verschwenden ihre wertvolle Energie nicht an Welpen, die sie verärgern. Wie aber würde er auf den grauen Welpen reagieren, der mir so gefiel? Ich betete, dass unsere Energie und unsere Instinkte bei dieser äußerst wichtigen Entscheidung auf einer Wellenlänge lagen.
Ich hob den kleinen grauen Welpen vorsichtig am Nackenfell hoch und hielt Daddy sein Hinterteil hin, der sofort Interesse zeigte. Er unterzog den Welpen mit seiner Nase einer eingehenden Prüfung und bedeutete mir dann mit dem Kopf, ihn auf dem Boden abzusetzen. Als ich ihn hingestellt hatte, verneigte sich der kleine Kerl ganz automatisch sehr höflich und unterordnungsbereit vor Daddy. Es war klar, dass seine Mutter dem acht Wochen alten Kerlchen bereits die Grundlagen der Hundeetikette beigebracht hatte: den Respekt vor älteren Tieren. Daddy schnupperte weiter und die Chemie zwischen den beiden stimmte offensichtlich. Dann geschah etwas Wundervolles. Als Daddy fertig war und sich zum Gehen anschickte, lief ihm der Welpe sofort hinterher. Von jenem ersten Augen blick an war ich mir sicher, dass dieses kleine graue Fellbündel Daddys spiritueller »Sohn« sein würde. Unser Publikum würde bald einen neuen, ruhigen, wohlerzogenen Pitbull haben, der als Vorbild dienen und zu dem es aufsehen konnte.
Wie man keinen Marley großzieht
Blizzard, der Labrador Retriever
John Grogans Buch Marley & ich stand 54 Wochen lang auf der Bestsellerliste der New York Times. Nach der Buchvorlage wurde ein Spielfilm gedreht, der weltweit über 215 Millionen Dollar einspielte. Grogan schrieb sogar eine Fortsetzung, die (sehr zu meinem Verdruss als Hundeflüsterer!) den Titel trägt: Bad Dogs Have More Fun (Freche Hunde haben mehr Spaß). Grogans tief empfundene, ausdrucksstarke Worte machten Marley zum Symbol für einen der beliebtesten amerikanischen Hunde, den Labrador Retriever. Der Labrador ist wegen seiner Freundlichkeit, Energie und Unbekümmertheit die Nummer eins unter den amerikanischen Rassen, die als Familienhunde gehalten werden, und Marley war ein Paradebeispiel für seine etwas schusselige und lebhaft-ausgelassene Art. Leider übertrieb er so sehr, dass er völlig außer Rand und Band geriet. So schreibt John Grogan: »Marley ... erwies sich als äußerst schwieriger Schüler, schwer von Begriff, wild, leicht abzulenken, ein Opfer seiner unerschöpflichen Energie ... Mein Vater fasste es treffend zusammen, als Marley versuchte, sein Knie zu begatten: ›Dieser Hund hat eine Schraube locker.‹«
Marley inspirierte mich dazu, als zweiten Hund einen gelben Labrador Retriever aufzunehmen, dessen Welpenzeit ich für dieses Buch aufzeichnen wollte. Sosehr mich die Lektüre von John Grogans Buch über Marley auch zum Lachen und zum Weinen gebracht hatte und sosehr ich es zu schätzen weiß, dass ich die Gelegenheit bekam, mit Familie Grogan und der Labradorhündin Gracie, die derzeit bei ihnen lebt, zu arbeiten, wollte ich doch ein etwas anderes Licht auf das Leben dieser Tiere werfen. Mit anderen Worten, ich wollte ein Kapitel darüber schreiben, wie man keinen Marley großzieht.
Ich wandte mich an Crystal Reel, die unerschrockene Rechercheurin der »Dog-Whisperer«-Produktionsgesellschaft MPH Entertainment. Sie sollte mir helfen, den perfekten Labradorwelpen zu finden. Obwohl es viele Labradorzüchter in Südkalifornien gibt, wollten wir unsere Solidarität mit einer der hervorragenden Tiernothilfen in unserer Region demonstrieren, die tagtäglich verirrten, ausgesetzten und verschmähten Hunden das Leben retten. Crystal nahm Kontakt zur Southern California Labrador Retriever Rescue (SCLRR) auf. Diese gemeinnützige Organisation besteht inzwischen seit vielen Jahren und hat sich der Aufgabe verschrieben, Labrador Retriever zu rehabilitieren, ein neues Zuhause für sie zu finden und die Öffentlichkeit über diese wunderbaren Tiere aufzuklären. Über mehrere Wochen hinweg traf Crystal mit der ehrenamtlichen Helferin Geneva Ledesma eine Vorauswahl aus den zu vermittelnden Welpen. Schließlich grenzten wir das Feld auf zwei Tiere ein und Geneva und ihre ebenfalls ehrenamtlich tätige Kollegin Valerie Dorsch erklärten sich bereit, die beiden zu mir ins ursprüngliche Dog Psychology Center im Süden von Los Angeles zu bringen.
Der Oktober ist in Südkalifornien bisweilen noch sehr sommerlich. Eine morgendliche Brise vertrieb jedoch die Hitze, als ich die Tore des innerstädtischen Dog Psychology Center öffnete und die beiden zur Auswahl stehenden Labradorwelpen erblickte, aus denen ich meinen Marley auswählen wollte. Geneva und Valerie führten jeweils einen davon an der Leine. Der erste - ein glatthaariger, ganz und gar schwarzer Labradorwelpe - war mutterseelenallein in einem Feld aufgefunden worden. Der andere, ein gelbes Tier wie der aus dem Buch bekannte Marley, war mit einigen seiner Wurfgeschwister in einem Tierheim abgegeben worden. Beide waren Rüden, etwa zwei Monate alt und unglaublich süß. Beide waren gerade zum zweiten Mal geimpft worden und gesundheitlich in bester Verfassung, obwohl man sie praktisch auf der Straße aufgelesen hatte.
Da es mir bei diesem Projekt um Vorbeugung, nicht um Intervention ging, wollte ich einen Welpen mit einem von Natur aus ruhigen und unterordnungsbereiten Verhalten auswählen und ihn so aufziehen, dass dies auch so blieb und er sich zum perfekten Familienhund entwickeln würde. Ich brauchte nur ein paar Sekunden für die Entscheidung, dass der gelbe Labrador der Richtige war. Er schnupperte kurz neugierig herum, dann setzte er sich hin und entspannte sich. Wenige Minuten später hatte er sich auf dem von der Sonne gewärmten Pflaster ausgestreckt. Der schwarze Labrador verhielt sich dagegen bereits etwas scheu, nervös und übererregt. Er hatte den Körper leicht von uns abgewandt, entfernte sich so weit, wie es die Leine erlaubte, und hielt immer ein wenig Abstand. Ich hätte natürlich problemlos mit ihm arbeiten und diesen Zustand rehabilitieren können. Aber im Rahmen dieses Buches wollte ich etwas anderes tun - ich wollte mit dem natürlichen Gleichgewicht beginnen, das Mutter Natur den Hunden mitgibt, und Ihnen, liebe Leser, zeigen, wie man es bewahrt und weiter fördert.
Sowohl Valerie als auch Geneva waren entsetzt, als ich mich für den gelben Labrador entschied. Sie hatten gedacht, der »aktivere« Welpe würde mir besser gefallen. »Ich fand den gelben Welpen ein wenig faul«, erklärte Valerie. Obwohl beide Frauen erfahrene »Hundemenschen « sind, konnten sie eine nervöse nicht von einer spielerischen Energie unterscheiden. Als ich erklärte, woran man die furchtsame Energie des schwarzen Labradors ablesen konnte, verstand Geneva allmählich, wovon ich sprach. »Darf ich fragen, weshalb die Tiere so werden?«, erkundigte sie sich vorsichtig. »Werden sie schon so geboren? « Ich erklärte ihr, dass beängstigende Erfahrungen in seinem frühen Leben als Welpe einen Hund verunsichern können - vor allem dann, wenn ein aufmerksames Muttertier oder Rudelführer fehlen, die ihm helfen könnten, die Erfahrung korrekt zu bewältigen. Ein normaler Hund ist neugierig, auch wenn er anfangs ein wenig zögerlich ist. Wenn sich ein Tier von Anfang an sehr ängstlich verhält und zurückschreckt, ist das möglicherweise ein Warnsignal.
Einige Tiere kommen bereits klein, schwach und/oder verängstigt zur Welt. Die grausame Wahrheit ist, dass diese Tiere in freier Natur wohl nicht überleben würden. Wir Menschen neigen dazu, uns ihretwegen schlecht zu fühlen, aber wir müssen lernen, ihnen dabei zu helfen, diese geistige Haltung zu überwinden, sonst sorgen wir mit unserem Mitleid dafür, dass sie auch so bleiben. Es ist eine wunderbare Sache, Hunde zu retten, die sich in der echten, der physischen Welt verirrt haben. Aber wir müssen auch lernen, sie vor ihren furchterregenden inneren Welten ihrer Psyche zu schützen. Kein Hund sollte sein Leben lang in Angst leben müssen. Diese Art der Rehabilitation beginnt mit Ihrer ruhigen und bestimmten Energie. Es ist leicht, zu einem nervösen Welpen hinzulaufen und mit hoher Stimme zu rufen: »Alles in Ordnung, mein Süßer, alles ist gut!« Wir denken, wenn wir ihn mit dem überschütten, was wir unter Liebe, Zuneigung und Trost verstehen, könnten wir ihm helfen. Aber ein solches Verhalten wird die Furchtsamkeit oder Erregung eines nervösen jungen Hundes nur noch verstärken. Ich zeigte den beiden Damen, wie man die Nase des schwarzen Welpen mit Gerüchen ablenken kann, um sein Gehirn aus diesem negativen, nervösen und »blockierten « Zustand zu befreien. Ich hielt ihm eine Dose mit Bio-Hundefutter vor die Nase, kam ihm dabei aber nicht zu nahe. Der Geruch des Futters genügte und das kleine Kerlchen wurde munter und setzte sich auf die Hinterläufe. Seine Ohren entspannten sich. Ich sprach nicht mit ihm, ich streichelte ihn nicht. Indem ich ruhig, stark und stumm blieb, aber seinen stärksten Sinn - den Geruchssinn - ansprach, konnte ich ihn aus seinem furchtsamen Gemütszustand befreien.
»Die Wahrheit ist«, fuhr ich fort, »dass auch der gelbe Welpe in den Händen eines Besitzers, der keine Regeln kennt oder ihn immer nur mit Zuneigung überhäuft, schnell überreizt oder nervös werden könnte. Mein Ziel ist es, seine wunderbare natürliche Verfassung in den ersten acht Lebensmonaten zu pflegen. Denn mit acht Monaten ist es vorbei. Die Welpenphase ist abgeschlossen. Mit acht Monaten kommen die Hunde in die Pubertät und fangen an, ihre Grenzen zu testen. Wenn sie allerdings mit Regeln und Grenzen groß geworden sind, werden sie immer wissen, wie sie ihr Gleichgewicht wiederfinden können.«
Während meiner Unterhaltung mit den SCLRR-Frauen hatte sich mein kleiner Marley so sehr entspannt, dass ihn die Sonne in einen tiefen, friedlichen Schlaf gelullt hatte. Ich griff noch einmal zum Hundefutter. »Gelegentlich lösen wir eine nervöse oder verstörte Reaktion bei Welpen aus, wenn wir sie im Schlaf erschrecken«, erklärte ich. Ich hielt ihm die Dose unter die Nase, aber er erwachte erst, als er spürte, wie sich der schwarze Labrador heranpirschte, um ebenfalls einen Hauch von dem Duft abzubekommen. »Wie Sie sehen, war er beim Aufwachen weder erschrocken noch überrascht«, erläuterte ich. »Unter Welpen eines Wurfes ist es ganz normal, dass sie einander stupsen, übereinander wegkrabbeln und sich gegenseitig wecken. Ich gebe dem Gehirn also das Signal, auf eine vertraute und nicht auf eine beunruhigende Weise aufzuwachen, denn meine Hand kennt er noch nicht.«
Nachdem ich meine Wahl getroffen hatte, wollte ich den neuen Welpen mit meinem Rudel bekanntmachen. Da der erste Eindruck bei Welpen von sehr großer Bedeutung ist, musste es auf Anhieb klappen. Angelockt vom Futter, folgte mir der kleine Marley bereitwillig in den Innenbereich des Dog Psychology Center an den Zaun, hinter dem das Rudel gespannt auf sein neuestes und jüngstes Mitglied wartete. Er schnupperte vorsichtig am Zaun und fing dann an, mit dem Schwanz zu wedeln. Wenn er zu aufgeregt oder zu forsch gewesen wäre, hätte das Rudel dies als negativ empfunden, aber der kleine Kerl hielt den Kopf respektvoll gesenkt. Er war bereit.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine kurze Anmerkung zur Gesundheit und Sicherheit von Welpen (ein Thema, auf das ich in späteren Kapiteln noch ausführlicher eingehen werde). Bevor ich den neuen Labradorwelpen meinem Rudel vorstellte, wollten sowohl die Damen von der SCLRR als auch ich selbst sichergehen, dass weder die Gesundheit des Welpen noch die meiner Tiere gefährdet war. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen der SCLRR sorgten zunächst dafür, dass beide Welpen bei bester Gesundheit waren und die ersten beiden Mehrfachimpfungen erhalten hatten. Aber selbst bei einem geimpften Hund befindet sich das Immunsystem noch bis zum vierten Monat in der Entwicklung, und er ist in diesen entscheidenden Monaten noch anfällig für Krankheiten, vor allem das Parvovirus. Die Parvovirose wird über die Ausscheidungen infizierter Hunde übertragen. Bevor die SCLRR den Kontakt zwischen dem von mir erwählten Welpen und meinen Hunden gestattete, musste ich nachweisen, dass alle Tiere im Dog Psychology Center die aktuellen Impfungen erhalten hatten, unsere Einrichtung hygienisch unbedenklich war und es bei uns in jüngster Zeit keinen Ausbruch von Parvovirose oder anderen Infektionskrankheiten gegeben hatte. Sobald sich die SCLRR- Mitarbeiterinnen in diesen Punkten sicher sein konnten, genehmigten sie die Begegnung zwischen dem Labrador und meinen Hunden. In diesem Fall achteten gleich zwei Parteien - die Tiernothilfe und der künftige Hundebesitzer - auf Gesundheit und Wohlergehen des Hundes. Während dieser Phase im Leben des Welpen befindet sich sein Immunsystem noch im Aufbau und wir müssen verantwortungsbewusst und vorsichtig vorgehen. Gleichzeitig dürfen wir ihn nicht der normalen Sozialisationserfahrungen berauben, die für sein allgemeines Wohlergehen genauso wichtig sind.
Ich fixierte ihn am Nackenfell und hob ihn hoch. Er entspannte sich sofort, obwohl sein Gewicht auf meiner anderen Hand ruhte, die ich unter seinen Körper geschoben hatte. Ich senkte ihn Richtung Boden und präsentierte ihn dem Rudel. Er hatte den Schwanz etwas eingezogen, was ein klein wenig Angst verriet. Deshalb wartete ich, bis er sich entspannt hatte, ehe ich ihn absetzte. Die anderen Hunde beschnupperten ihn vorsichtig und nahmen ihn sofort in ihr Rudel auf. Zehn Minuten später erkundete er glücklich und selbstbewusst seine neue Umgebung. Dieser kleine Kerl sah vielleicht genauso aus wie der aus dem Buch und dem Film bekannte Marley, aber er würde in seinem Leben völlig andere Erfahrungen machen.
Immer der Nase nach
Der Zwergschnauzer Angel
Nachdem ich mir meinen kleinen Labrador bei einer Tiernothilfeorganisation ausgesucht hatte, wollte ich mich nun an einen Spitzenzüchter wenden, um einen Welpen der Kategorie »Terrier« für dieses Projekt zu finden. Eine typische Eigenschaft dieser Rassen besteht darin, dass sie besonders stark auf Gerüche reagieren. Da ich meinen Klienten stets beibringe, in der Kommunikation mit Hunden grundsätzlich nach der Formel »Nase - Augen - Ohren « vorzugehen, sollte zu den im Rahmen dieses Buchprojekts aufgezogenen Welpen auch eine Rasse gehören, bei der sich fast alles um die Nase dreht. Die Nase kann einen gelangweilten Hund in Schwierigkeiten bringen, doch wenn man diese durch Gerüche motivierte Energie bereits in jungen Jahren in die richtigen Bahnen lenkt, kann sie der Schlüssel zu seinem Herzen - und zu seinem Kopf - werden.
Brooke Walker ist ein stattlicher Rotschopf, verströmt tonnenweise positive Energie und kann tagelang über ihre große Leidenschaft reden, wenn sie Gelegenheit dazu bekommt: Die Zucht von Zwergschnauzern in Hundeschauqualität. Ich wusste von der ersten Sekunde an, dass Brooke sich wirklich auskennt. Ich fragte sie, weshalb sie sich gerade für diese Rasse interessierte.
»Als ich mich nach 38 Jahren als Flugbegleiterin zur Ruhe setzte, wollte ich einen Hund, obwohl ich schon seit langem keinen mehr gehabt hatte. Also ging ich zu einer Hundeschau, fuhr zu den Züchtern und stellte viele Fragen. Die Zwergschnauzer sind mir aufgefallen, weil sie über eine gewisse Eleganz verfügen. Es ist einfach eine elegante, schöne Rasse.«
Natürlich ist Brookes Begeisterung für die von ihr auserkorenen Tiere in den fünf Jahren, seit sie mit der Zucht begonnen hat, noch gewachsen, wie dies bei den meisten Züchtern der Fall ist. »Zwergschnauzer haaren nicht. Sie verlieren keine Hautschüppchen. Sie haben die perfekte Größe - man kann sie in der Transporttasche mit in die Flugzeugkabine nehmen, sie passen wunderbar unter den Sitz und man muss sie nicht im Bauch des Fliegers unterbringen. Ich verreise ständig mit meinen Hunden.«
Ich fuhr ins kalifornische Costa Mes, um mir einen Schnauzer aus Brookes neuestem Wurf auszusuchen. Am Tag zuvor hatte es geregnet. Aber bei Brooke zu Hause war es ruhig und friedlich, sauber und ordentlich, obwohl drei zwei Monate alte Welpen, die Hundeeltern und ein älterer Rüde herumliefen. Das ist ein hervorragendes Zeichen. Wenn Sie sich bei einem Züchter umsehen und in ein Durcheinander aus springenden, kläffenden oder zwickenden Hunden geraten, die überall herumlaufen, sollten Sie daran denken, dass Ihr Welpe in dieser Umgebung seine ersten prägenden Erfahrungen gemacht hat. Ein Hund, der in einer chaotischen Umgebung aufwächst, nimmt diese instabile Energie automatisch vom Augenblick der Geburt an in sich auf. Ich habe Klienten mit Zwergschnauzern, die mir erzählten, sie seien davon ausgegangen, die hyperaktive Energie und das ständige Gebell gehörten bei dieser Rasse einfach dazu. Dieser Mythos wurde von Brookes Rudel schnell widerlegt. Die Atmosphäre war ruhig und gelassen, trotzdem waren ihre Welpen neugierig oder verspielt.
Wir saßen auf Brookes gepflegter Natursteinterrasse und beobachteten, wie sich die Welpen balgten, die Welt erkundeten und sich an jedem neuen Anblick, jedem neuen Geräusch erfreuten. Auch ihre wachsame Mutter, eine knapp zwei Jahre alte Schnauzerdame namens Binky, hatte ein Auge auf sie. Die meiste Zeit wirkte sie entspannt und interessierte sich für das, was wir Menschen taten, doch von Zeit zu Zeit erregten die Possen eines ihrer Welpen ihre Aufmerksamkeit. Als die kleine Hündin eines ihrer männlichen Geschwister ein wenig zu lange bedrängte, sprang Binky von ihrem Aussichtspunkt auf dem Steinkamin herunter, packte die Übeltäterin im Bruchteil einer Sekunde mit der Schnauze und drehte sie zur Seite. Ein Muttertier gestattet ihren Welpen Dominanzspiele, doch wenn es zu wild wird, greift sie ein und regelt die Angelegenheit. Dann entspannte sich die kleine Hündin, als wollte sie sagen: »Schon gut, Mama, ich hab's kapiert«, und Binky kehrte zu uns zurück und schnüffelte wieder bei Brooke und mir herum. Die Korrekturen eines Muttertiers erfolgen mit großer Geschwindigkeit, Präzision und Sachlichkeit, und ich empfehle Hundebesitzern, dieser ruhigen und bestimmten, sanften, aber strengen natürlichen Disziplin im Umgang mit ihren Hunden nachzueifern. Auch ich lernte meine Methoden, indem ich wun derbare Hundemütter wie Binky beobachtete und nachahmte.
Brooke konnte mir drei Schnauzerwelpen zeigen: zwei Rüden, die mit einem blauen und einem grünen Papierhalsband gekennzeichnet waren, und ein Weibchen mit einem rosa Halsband. Es war der kleinste Welpe, aber da ich gesehen hatte, wie sich diese Hündin auf ihren Bruder mit dem grünen Halsband stürzte, war mir klar, dass auch sie noch ein recht hohes Energieniveau hatte. Brookes klarer Favorit und der Hund, von dem sie glaubte, dass ich ihn nehmen würde, war der Welpe mit dem blauen Halsband - ein kohlrabenschwarzer Schnauzer mit glänzend silbrigem Fell an Augenbrauen, Brust, Füßen und Schwanz. Sie stellte ihn als den größten und stärksten Welpen dieses Wurfes vor. »Er war immer der Erste: Er ist zuerst aus der Wurfkiste geklettert. Er hat zuerst gebellt. Er hat sich zuerst den anderen Welpen genähert, als er einfach so herumkrabbelte. Er stand sogar als Erster auf allen Vieren. Er ist sehr intelligent und hat starke Führungsqualitäten. «
Ihre Beschreibung der Energieniveaus der ersten beiden Hunde wies dem Rüden mit dem grünen Halsband den niedrigsten Rang in der Familienhierarchie zu. Aber mir war klar, dass er weder ängstlich noch furchtsam war und über ein mittleres, kein niedriges Energieniveau verfügte. Um mehr über das Temperament der Welpen zu erfahren, setzte ich jeden einzelnen von ihnen auf einen Gartenstuhl. Der Kleine mit dem blauen Halsband sprang sofort wieder herunter und kam zu mir zurückgelaufen. Er wollte mitten im Geschehen sein. Auch als Brooke ihn erneut auf den Stuhl setzte, sprang er sofort wieder herunter. Das Hundemädchen in Rosa harrte etwas länger aus, aber auch ihr wurde das Warten irgendwann zu lang und sie folgte dem Beispiel ihres dominanten Bruders. Von allen Hunden gelang es nur dem Welpen mit dem grünen Halsband, auf dem Stuhl sitzen zu bleiben und einfach zu beobachten. Er winselte nicht, er zappelte nicht, sondern wartete einfach aufmerksam auf den nächsten Hinweis von mir. Ich fragte Brooke nach ihren Erfahrungen mit ihm. »Ich denke, er wird einmal ein wunderbares Haustier, weil er so liebevoll ist. Er ist sanfter als sein Bruder, weniger unabhängig. Aber ich persönlich mag die unabhängigen Hunde lieber. Ich finde, sie lassen sich viel leichter abrichten.«
Genau wie die SCLRR-Damen schien Brooke ehrlich überrascht, als ich mich dafür entschied, den Hund mit dem grünen Halsband - den Welpen mit dem mittleren Energieniveau - für dieses Buch großzuziehen. Ich erinnerte sie daran, dass ich als Hundeflüsterer zwar meine Freude an energiegeladeneren Hunden hätte. Die meisten Hundebesitzer seien aber nicht so erfahren wie sie und ich und fühlten sich schnell überwältigt, wenn sie sich einen unabhängigen, dominanten Welpen anschafften. Für dieses Buchprojekt wollte ich Tiere finden, die ihr Leben mit jenem perfekten, angeborenen »mittleren« Energieniveau begonnen hatten, das für den durchschnittlichen oder gar unerfahrenen Hundebesitzer oder Familie geeignet ist. Ich wollte meinen Lesern zeigen, wie man diesen Zustand in den entscheidenden Welpenmonaten und darüber hinaus bewahrt.
Nachdem ich mich für den Welpen mit dem grünen Halsband entschieden hatte, bat ich Brooke um ein Handtuch oder einen Lappen mit dem Geruch seiner leiblichen Familie, um ihm den Übergang von seinem Ursprungsrudel in meines zu erleichtern. Brooke tat noch viel mehr: Sie überreichte mir seine Papiere, einschließlich seines Hundepasses, der ihn als männlichen Zwergschnauzer auswies, die Registrierbescheinigung des amerikanischen Züchtervereins (American Kennel Club, AKC) und sein Impfbuch mit Datum, Ort und Art der erfolgten Schutzimpfungen sowie den empfohlenen nächsten Terminen. Außerdem gab sie mir eine Broschüre mit vielen Informationen über Zwergschnauzer, eine Trimmvorlage und einen kleinen »Abschiedsgeschenkkorb« mit Leckerlis, einem Teddy-Hundespielzeug und einer Hundebürste. Das ist die »persönliche Note«, die ein Verkauf bei einem Spitzenzüchter wie Brooke hat. Für sie ist ein Hund nicht nur ein Hund. Er ist zu 100 Prozent ein Familienmitglied, und obwohl sie es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, ein gutes Zuhause für ihre Tiere zu finden, nimmt jeder verkaufte Welpe ein kleines Stück ihres Herzens mit, wenn er sie verlässt.
Ich bin ein großer Befürworter der Vermittlung von Tieren aus Tierheimen oder von Tiernothilfen und ermutige alle, die auf diesem Weg den richtigen Hund finden möchten. Das Problem der Hunde-Überbevölkerung ist enorm und Jahr für Jahr werden mehrere Millionen Tiere nur deshalb eingeschläfert, weil sie kein Zuhause finden. Jeder Hund, der aus dem Tierheim oder von einer Tiernothilfe zu einer Familie kommt, ist ein Tier weniger, das sein wertvolles Leben nur deshalb verliert, weil irgendein Mensch es nicht wollte. Es bringt eine ganz besondere Befriedigung, einem Tierheimhund ein gutes Leben zu bieten. Doch für diejenigen unter Ihnen, die den Weg über den Züchter gehen möchten, ist jemand wie Brooke, als würde man auf eine Goldader stoßen. Wenn Sie einen Welpen von einem Züchter mit Brookes hohem ethischen Niveau und jahrelanger Erfahrung kaufen, nehmen Sie nicht nur diesen Hund bei sich auf, sondern holen sich die veredelten Linien der Blutsverwandtschaft vieler Hundegenerationen ins Haus. Im Grunde besitzen Sie damit ein kleines Stück Hundegeschichte. Brooke sagt, sie selektiere in erster Linie nach folgenden drei Eigenschaften: Gesundheit, Temperament und Übereinstimmung mit dem Rassestandard zur Erhaltung der Reinheit der Rasse. Im nächsten Kapitel werden Sie mehr darüber erfahren, wie man Züchter wie Brooke findet.
Züchter bewahren die Ahnenlinie der von ihnen auserkorenen Rasse zum Beispiel, indem sie verhindern, dass ihre Welpen in die falschen Hände geraten. Ein deutliches Warnsignal für einen nicht besonders seriösen Züchter ist es, wenn er Ihnen unbesehen einen Welpen schickt, ohne sich nach Ihrer Erfahrung mit Hunden, Ihrem häuslichen Umfeld und Ihren Absichten dahingehend zu erkundigen, wie Sie für den Hund sorgen möchten. Den meisten Züchtern ist der Kaufvertrag sehr wichtig. Brooke ließ mich einen Vertrag unterzeichnen, in dem festgelegt ist, dass ich den Welpen mit dem grünen Halsband erst nach Abschluss der achtmonatigen Welpenzeit kastrieren lasse. Ich persönlich ziehe es vor, Rüden mit sechs Monaten kastrieren zu lassen, damit sie nie den überwältigenden, unangenehmen Paarungstrieb verspüren. Ich verstehe aber auch Brookes Argument, dass das Tier zuerst zum Junghund heranreifen soll, bevor sie entscheidet, ob sie es zur Zucht verwenden möchte, um seine wertvolle sogenannte Blutlinie fortzuführen. Außerdem willigte ich ein, ihr das Tier nach Abschluss der Welpenzeit zurückzugeben, falls ich es nicht behalten wollte oder kein Zuhause finden konnte, das uns beiden zusagen würde. Ich bewundere Brookes Hingabe an ihren Hundenachwuchs sehr.
Es dauerte ungefähr eine halbe Stunde, bis wir die Formalitäten erledigt hatten, und die ganze Zeit über saß der Kleine mit dem grünen Halsband entspannt neben mir. Für einen Welpen ist das ziemlich erstaunlich. Er bestätigte mir damit auf der Stelle, dass ich den richtigen Zwergschnauzer für dieses Buchprojekt ausgewählt hatte.
Copyright © 2013 Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
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Autoren-Porträt von Cesar Millan, Melissa Jo Peltier
Cesar Millan, geboren am 27. August 1969 in Culiacán, Sinaloa, Mexiko, ist ein US-amerikanischer Hundetrainer und Buchautor, der in den USA und Europa durch eine Fernsehserie als »Der Hundeflüsterer« bekannt wurde. Schon als Kind interessierte er sich für Tiere, sein ausgeprägtes Hundeverständnis eignete er sich durch Beobachtung an. Mit 21 Jahren wanderte er illegal in die USA ein - ohne, dass er jemanden kannte oder gar die Sprache beherrschte. Durch die Unterstützung von amerikanischen Prominenten gründete er die »Pacific Point Canine Academy«. Später kam dann das »Dog Psychology Center«, eine 8100 m2 große Anlage in Los Angeles dazu. Hier arbeitet Cesar Millan als »Leader of the pack« (Rudelführer) auch mit Problemhunden.Die erstmalige Ausstrahlung seiner Reality-TV Sendung »Der Hundeflüsterer« (engl. Dog Whisperer) 2004 war der Beginn einer internationalen Karriere als Hundefachmann. Seit 2009 läuft seine Sendung auch in Deutschland. Cesar Millan lebt in Santa Clarita, Kalifornien.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Cesar Millan , Melissa Jo Peltier
- 2013, 416 Seiten, 8 farbige Abbildungen, mit Schwarz-Weiß-Abbildungen, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Andrea Panster
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442220211
- ISBN-13: 9783442220212
- Erscheinungsdatum: 14.03.2013
Kommentar zu "Cesar Millans Welpenschule"