Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics
Kaiserin Elisabeths intimste Freundin
Charakter der Kaiserin, Politik und Intrigen am Wiener HofDie hochintelligente und bildschöne Hofdame Gräfin Marie Festetics, die engste Freundin Kaiserin Elisabeths, führte über Jahrzehnte hinweg ein ausführliches Tagebuch. Diese sensationelle Quelle wird...
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Produktinformationen zu „Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics “
Klappentext zu „Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics “
Charakter der Kaiserin, Politik und Intrigen am Wiener HofDie hochintelligente und bildschöne Hofdame Gräfin Marie Festetics, die engste Freundin Kaiserin Elisabeths, führte über Jahrzehnte hinweg ein ausführliches Tagebuch. Diese sensationelle Quelle wird nun erstmals umfangreich veröffentlicht. Auf mehr als 2000 Seiten beschrieb Festetics ungeschminkt das Leben am Kaiserhof und seine Intrigen, vor allem gegen die von ihr so verehrte Kaiserin. Die Hofdame analysiert "Sisis" Charakter und berichtet über die Gefühle der Kaiserin und die Beziehung zu Kaiser Franz Joseph; sie urteilt messerscharf über die kaiserliche Verwandtschaft und die bedeutenden Persönlichkeiten ihrer Zeit. Ein faszinierendes Diarium!
Lese-Probe zu „Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics “
Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics von Gudula Walterskirchen und Beatrix MeyerKaiserin Elisabeths intimste Freundin
Inhalt
Vorwort und Einleitung
1. Biografie Marie Festetics, Tagebuchauszüge ihre Familie betreffend
2. Am Hof der Kaiserin: das Leben als Hofdame, über den Hofstaat, Intrigen etc.
3. Die „Liliengleiche“ - Marie Festetics und die Kaiserin: persönliche Beziehung, Einschätzung
ihrer Persönlichkeit und ihres Umfeldes (v.a. Schwestern der Kaiserin!)
4. Marie und die Liebe
5. Reisen mit der Kaiserin
6. Die Gräfin und die Politik: ihre politischen Ansichten, polit. Ereignisse, Kriege, polit.
Einflussnahme, Rolle Andrássys
7. Begegnungen mit prominenten Zeitgenossen: Kaiser Franz Joseph, Kaiser Wilhelm, Königin
Victoria, Franz Makart, Richard Wagner, Fürstin Pauline Metternich, König Ludwig von
Bayern etc.
... mehr
Einleitung
Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics ist eines der berühmtesten Zeugnisse aus der Zeit der
Habsburger Monarchie. Und dennoch wurde es bisher nie veröffentlicht! Marie Festetics
diente über 20 Jahre aktiv als Hofdame bei Kaiserin Elisabeth, der berühmten „Sisi“. Rasch
wurde sie die engste Vertraute, ja Freundin der sonst so zurückhaltenden und misstrauischen
Kaiserin. Ihre eigenen Lebenspläne, Mann und Kinder, gab sie für die Kaiserin und den
Dienst am Vaterland, also Ungarn, auf. Als sie sich einmal ernsthaft in einen russischen
Fürsten verliebte, verbot ihr die Kaiserin, dessen Antrag anzunehmen und sie zu verlassen.
Gräfin Festetics war nicht nur eine außergewöhnlich schöne Frau – wie ihre Herrin und Freundin
– sondern auch besonders klug. Ihre scharfsinnigen und schonungslosen Analysen
und Beobachtungen, die sie am Wiener Hof machte, notierte sie
gewissenhaft und ungeschminkt in ihren Tagebüchern. Sie berichtet von den Intrigen der
Hofgesellschaft gegen die Kaiserin, die sich bald auch gegen sie selbst richteten. Wegen ihrer
bedingungslosen Treue und Liebe zur Kaiserin wurde sie von den Gegnern der Kaiserin
gehasst. Sie beschreibt die berühmten Persönlichkeiten ihrer Zeit – von Kaiser Wilhelm über
Queen Victoria bis zum russischen Zaren; und sie berichtet vom Verhältnis der Mitglieder
der allerhöchsten Familie: Von Kaiser Franz Joseph und seiner Liebe zur Kaiserin, den
kaiserlichen Schwestern, an denen Marie Festetics kein gutes Haar lässt, und den
Erzherzoginnen und Erzherzögen. Sie gibt wieder, was ihr
Kaiserin Elisabeth an Seelennöten anvertraut, und so erhalten wir heute einen unmittelbaren
Einblick in die Gedankenwelt der legendenumwobenen Sisi.
Besonders geschätzt hatte die Gräfin den ungarischen Ministerpräsidenten Graf Gyula Andrássy, in
den sie auch ein wenig verliebt war. Er vermittelte sie an den Wiener Hof, um der Sache
Ungarns zu dienen. Aus diesem Grund wurde sie von den Gegnern des ungarischen Ausgleichs,
also der Gleichstellung Ungarns als Königreich im Verbund der Monarchie, als
„Spion Andrássys“ bezeichnet, was sie sehr kränkte. Gefürchtet war ihre direkte, ehrliche
und offene Art: Sie sprach direkt an, was am Wiener Hof in der feinen Gesellschaft nur
hinter vorgehaltener Hand gesprochen oder besser getratscht wurde.
Die Tagebücher sind eine hochinteressante, jedoch schwer zu enträtselnde Quelle, was der Grund
sein mag, weshalb sie bisher nur in wenigen Auszügen bekannt sind. Die Handschrift der
Gräfin ist in Kurrent und teilweise hieroglyphenartig geschrieben, ist also sehr schwer
leserlich. Die Hauptsprache, in der sie schreibt, ist deutsch, obwohl sie Ungarin ist. Etliche
Passagen sind jedoch in Ungarisch geschrieben, andere in Französisch und einige wenige in
Englisch. Zum Glück ist eine der Herausgeberinnen gebürtige Ungarin, was die Übersetzung
sehr erleichterte. Aufgrund des Umfanges der überlieferten Tagebücher – 10 Bücher mit über
2000 Seiten – konnte nicht alles in diesem Buch wiedergegeben werden, sondern wir
mussten eine Auswahl treffen. Wir haben die interessantesten und spannendsten Stellen
ausgewählt und thematisch geordnet, um dem Leser eine kurzweilige Lektüre zu bieten. Zur
besseren Orientierung und Verständlichkeit haben wir immer wieder kurze Texte eingefügt,
anderes wird in Fußnoten im Anhang erklärt, etwa die Fülle an Namen und Orten.
Auszug aus Kapitel 2: Am Hof der Kaiserin
Hofdame zu sein war eine Ehre, aber auch ein anstrengender Beruf. Der einzige, der für Damen aus
dem Hochadel denkbar war. Die jungen Frauen waren zur Ehelosigkeit verpflichtet, sobald
sie heirateten, wurden sie aus dem Hofdienst entlassen. Sie bekamen ein Gehalt, eine
Unterkunft und waren dafür verpflichtet, der Kaiserin oder Erzherzogin zur Verfügung zu
stehen. Ihre Aufgaben bestanden in der Begleitung ihrer Herrin – es galt als unschicklich,
dass eine hochgestellte Dame allein unterwegs war -, sie hatten ihr Gesellschaft zu leisten,
ihr vorzulesen, Korrespondenz und Botengänge zu erledigen, sowie bei repräsentativen
Anlässen im Gefolge zu erscheinen. Nun lassen wir die Gräfin
selbst sprechen und beginnen bei dem Zeitpunkt, als sie an den Wiener Hof berufen wird. Sie war
zu dieser Zeit Hofdame der Erzherzogin Klothilde, Frau von Erzherzog Josef, und sehr
glücklich im Kreis einer liebevollen Familie in Alcsut. Eingefädelt und gefördert haben die
Berufung nach Wien Außenminister Graf Gyula Andrássy und einer der bedeutendsten Politiker
Ungarns, Franz von Deák, ein väterlicher Freund von Marie Festetics.
Ofen, 3t July 1871
Hier angekommen recht müde nach einem Tag Wien, wo wir uns von Prinzessin Amalie schwer
trennten, fand die Erzherzogin den Brief der Kaiserin. Wohl ahnte ich nicht, daß deßen Inhalt
nur mich betrifft. Die Kaiserin bittet die Erzherzogin – in für mich schmeichelhafter
Weise – mich frei zu geben für sich?? „Du findest einfacher als ich eine ungarische Dame,
gegen die es keine Einwände gibt.“ Helene Taxis heirathet und ich soll sie ersetzen? Aber ich
habe keine Lust dazu! Mir ist die Ruhe lieb geworden hie, die Erzherzogin, die Kinder
zählen mir. Ich habe Angst vor der Kaiserin, ich kenne
Sie ja nicht und der Liebreiz, der Sie umgibt, ist berückend. Aber wenn der 10te Theil wahr ist
von dem, was Bellegarde (Generaladjutant des Kaisers Graf Gustav, Anm.) sagt, ist’s mir
unheimlich. Und wer weiß entspreche ich – was dann weiter? Man hat die Ungarn nicht gern,
und dann das Haus im Stiche laßen, wo ich nur Liebe erfahren undwo ein ehrlicher
Mensch notthut, wo ich etwas leisten kann, im Stiche laßen und einer Laune halber? Es
widerstrebt mir, mein guter alter Vater, mein ehrlicher Victor, ihr würdet sagen: „Marie das
ist nicht wahr.“ Der Erzherzog sagt „der Wunsch der Kaiserin ist Befehl!“ Und die
Erzherzogin soll sofort antworten: „Ja, ich gehe!“ Was ist denn das Rechte? Wenn mir Andrássy
und Deák das Richtige sagen wollten, kann man denn nie in Frieden leben? Muß man jede
kurze Pause zehnfach bezahlen?
Ofen, 4t July 1871
Andrássy war da u[nd] stellte mir auf das Eindringlichste vor, ich müße gehen, es gebe kein
Besinnen. „Es ist Ihre Pflicht, dieses Opfer für das Land zu bringen. Wenn einen der Herrgott
mit so viel Verstand segnete, muß man das verdienen. Sie können viel Gutes tun und die
Königin braucht Treue. „Aber“ sagte ich, „verdient Sie es?“ Er sah mich so erstaunt an, daß es
fast lächerlich war. „Was für eine Frage ist das denn?“, fragte er in sehr ernstem Ton.
Ich sagte ihm alles, was ich gehört und was 3 Bellegarde gesagt hatte, worauf er erwiderte
„Sie halten mich für Ihren Freund, nicht wahr?” Wie ich Sie kenne, würde ich raten, daß
Sie annehmen. Die Königin ist klug, gut, rein. Über sie wird schlecht geredet, weil sie
unser Vaterland liebt und das wird ihr nie verziehen. Deswegen wird man sie auch
verfolgen aber das ist nichts! Sie können dem König und unserem Vaterland einen Dienst erweisen,
also ist es Ihre Pflicht, anzunehmen.” Auch Deák schrieb in diesem Sinne, sogar
das, daß man es nicht ablehnen darf. Also die Würfel sind gefallen.
Die Erzherzogin hat sehr geweint. Mir ist furchtbar leid, sie ist weich und fein, hat aber
Anlage zum Mißtraun und ich habe das Gefühl, sie braucht jemand, der sie pflegt. Sie könnte
kantig werden, sie sieht immer eher das Unschöne als das Anziehende und das ist bei einem so
jungen Wesen befremdend; ich glaube es stammt von der erhöhten Position der Familie
Coburg her. Alcsuth, 28t August 1871
Heute ist das unglückliche Decret gekommen: „Hofdame Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin.”
Ein eigenthümlich Gefühl überkam mich, so eine Bangigkeit erfüllt mein Herz! Werde ich
entsprechen? Mir treu bleiben? Wird mein Herz etwas finden, was Genugthuung gewährt? Deák
sagt: „Sie ist gut.“ Andrássy sagt es. Wie wird das sein? Werde ich meinen Platz ausfüllen?
„Treu sein können bis in den Tod?“ Werde ich dürfen bleiben, der ich bin: gerade,
aufrichtig, ehrlich? Mir ist bange. Ich kenne Niemand. Werde ich Stütze finden? Oder allein
meinen Weg suchen müssen?
21t Dec. 1871
Also ich war bei meiner neuen Herrin! Um 12 war ich bestellt. Gräfin. Goëss (die
Obersthofmeisterin, Anm.) wurde auch empfangen. Ich wartete im Salon der Kaiserin. Die Gräfin:
ist eine alte Frau, sieht gut aus, nicht sehr bedeutend, war aber sehr lieb und freundlich
mit mir und gab mir den guten Rath, sehr vorsichtig zu sein. Ihre Majestät war
sehr empfindlich auf gewiße Sachen und nie solle man sich einbilden, sie wäre einem
wirklich gut, verträgt auch keinen Widerspruch. Und dann folgte eine kleine Episode, die die
Gräfin: Hunyady (Hofdame der Kaiserin, Anm.) der Gräfin Goëss mittheilte als Beispiel. Ich
wiederhole dieses Beispiel nicht, weil ich fand, wenn Gräfin. Hunyady glaubt wagen zu
dürfen, der Kaiserin diese Bemerkung zu machen, muß sie auf freundschaftlichem Fuße mit
Ihr gestanden sein und da hätte sie diese Episode niemals weitergeben dürfen! Ich sagte
etwas davon, die arme alte Frau schaute mich erstaunt an. Ich hatte einen Verstoß gemacht,
das war mir klar. Da wurde ich gerufen. Die Kaiserin stand in einem blauen Kleid
in der Mitte des Zimmers, eine große Dogge neben Ihr. Die Kaiserin lächelte, der Hund kam
auf mich zu, beschnupperte mich und dann wedelte er mit dem Schweife. Die Kaiserin schien
diese Inspection zu amüsiren, die eigentlich nicht übergemüthlich war. Ich fürchtete mich
nicht, ich war zu beschäftig, dann reichte Sie mir freundlich die Hand und sagte: „Ihnen
thut es leid um die Erzherzogin, nicht wahr?“ ich sagte ruhig: „Ja, Eure Majestät, sich
von ihr zu scheiden, ist schwer.“ – „Ich weiß, Sie wollten nicht zu mir kommen. Das ist
nicht besonders schmeichelhaft für mich, aber natürlich, weil ich hörte, daß die Familie
Sie sehr lieb gewonnen hat.“ – „Ja, Eure Majestät, sie wahren sehr gnädig zu mir und ich
glaube, Eure Majestät könnten mich nicht schätzen, wenn ich leicht scheiden würde dort, wo
ich nur Güte genossen.“ – „Ich glaube, auch wir werden uns aneinander gewöhnen.“ Dann
scherzte sie, sprach von Allerlei und sagte im Laufe des Gespräches: „Andrássy sagte mir,
daß Sie ehrlich und wahrhaft sind. Bitte verhalten Sie sich mir gegenüber auch so. Wenn
Sie etwas sagen wollen, thun Sie das direkt. Wenn Sie etwas wissen wollen, fragen Sie
mich, niemals jemanden anderen. Wenn über mich schlecht geredet wird – das ist eine Gewohnheit
im Hause – dann glauben Sie es nicht. Freunden Sie sich vorerst mit niemanden an, Sie
können Ida (Ferenczy, Anm.) vollkommen vertrauen. Duzen Sie sie
aber nicht. Sie ist keine Hofdame und ich will nicht, daß sie mit den Damen intim wird.
Vielleicht thun sie es nur aus Neugier, aber mit Ihnen ist es anders. Durch Andrássy kenne ich
Ihren Charakter“ ect. Ich war nun in einem Traum befangen, dann sagte Sie: „Am 27. fahren
wir ab, ich nehme Sie mit. Bis dahin können Sie bei Ihrer Erzherzogin bleiben.“ Dann gab
Sie mir die Hand, die ich küsste. Wie ich hinaus kam, weiß ich nicht, aber das weiß ich,
daß Sie wunderschön ist und Ihre Rede war so klar, so bestimmt und ihre Stimme so sacht –
und ich? Ich weiß nicht, es ist zu dumm, aber etwas wie Bedauern regte sich in mir. Ihre
Augen waren so schön, schalkhaft manchmal, dann traurig. Die Erzherzogin, der ich Alles
natürlich erzählte, sagte: „Die Arme! Wie komisch, hätte sie nur mir meine Marie nicht
weggenommen.“ ich bin froh, daß ich noch nicht in der Burg wohnen muß und noch bei der
Erzherzogin bleiben darf.
© Residenz Verlag
Einleitung
Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics ist eines der berühmtesten Zeugnisse aus der Zeit der
Habsburger Monarchie. Und dennoch wurde es bisher nie veröffentlicht! Marie Festetics
diente über 20 Jahre aktiv als Hofdame bei Kaiserin Elisabeth, der berühmten „Sisi“. Rasch
wurde sie die engste Vertraute, ja Freundin der sonst so zurückhaltenden und misstrauischen
Kaiserin. Ihre eigenen Lebenspläne, Mann und Kinder, gab sie für die Kaiserin und den
Dienst am Vaterland, also Ungarn, auf. Als sie sich einmal ernsthaft in einen russischen
Fürsten verliebte, verbot ihr die Kaiserin, dessen Antrag anzunehmen und sie zu verlassen.
Gräfin Festetics war nicht nur eine außergewöhnlich schöne Frau – wie ihre Herrin und Freundin
– sondern auch besonders klug. Ihre scharfsinnigen und schonungslosen Analysen
und Beobachtungen, die sie am Wiener Hof machte, notierte sie
gewissenhaft und ungeschminkt in ihren Tagebüchern. Sie berichtet von den Intrigen der
Hofgesellschaft gegen die Kaiserin, die sich bald auch gegen sie selbst richteten. Wegen ihrer
bedingungslosen Treue und Liebe zur Kaiserin wurde sie von den Gegnern der Kaiserin
gehasst. Sie beschreibt die berühmten Persönlichkeiten ihrer Zeit – von Kaiser Wilhelm über
Queen Victoria bis zum russischen Zaren; und sie berichtet vom Verhältnis der Mitglieder
der allerhöchsten Familie: Von Kaiser Franz Joseph und seiner Liebe zur Kaiserin, den
kaiserlichen Schwestern, an denen Marie Festetics kein gutes Haar lässt, und den
Erzherzoginnen und Erzherzögen. Sie gibt wieder, was ihr
Kaiserin Elisabeth an Seelennöten anvertraut, und so erhalten wir heute einen unmittelbaren
Einblick in die Gedankenwelt der legendenumwobenen Sisi.
Besonders geschätzt hatte die Gräfin den ungarischen Ministerpräsidenten Graf Gyula Andrássy, in
den sie auch ein wenig verliebt war. Er vermittelte sie an den Wiener Hof, um der Sache
Ungarns zu dienen. Aus diesem Grund wurde sie von den Gegnern des ungarischen Ausgleichs,
also der Gleichstellung Ungarns als Königreich im Verbund der Monarchie, als
„Spion Andrássys“ bezeichnet, was sie sehr kränkte. Gefürchtet war ihre direkte, ehrliche
und offene Art: Sie sprach direkt an, was am Wiener Hof in der feinen Gesellschaft nur
hinter vorgehaltener Hand gesprochen oder besser getratscht wurde.
Die Tagebücher sind eine hochinteressante, jedoch schwer zu enträtselnde Quelle, was der Grund
sein mag, weshalb sie bisher nur in wenigen Auszügen bekannt sind. Die Handschrift der
Gräfin ist in Kurrent und teilweise hieroglyphenartig geschrieben, ist also sehr schwer
leserlich. Die Hauptsprache, in der sie schreibt, ist deutsch, obwohl sie Ungarin ist. Etliche
Passagen sind jedoch in Ungarisch geschrieben, andere in Französisch und einige wenige in
Englisch. Zum Glück ist eine der Herausgeberinnen gebürtige Ungarin, was die Übersetzung
sehr erleichterte. Aufgrund des Umfanges der überlieferten Tagebücher – 10 Bücher mit über
2000 Seiten – konnte nicht alles in diesem Buch wiedergegeben werden, sondern wir
mussten eine Auswahl treffen. Wir haben die interessantesten und spannendsten Stellen
ausgewählt und thematisch geordnet, um dem Leser eine kurzweilige Lektüre zu bieten. Zur
besseren Orientierung und Verständlichkeit haben wir immer wieder kurze Texte eingefügt,
anderes wird in Fußnoten im Anhang erklärt, etwa die Fülle an Namen und Orten.
Auszug aus Kapitel 2: Am Hof der Kaiserin
Hofdame zu sein war eine Ehre, aber auch ein anstrengender Beruf. Der einzige, der für Damen aus
dem Hochadel denkbar war. Die jungen Frauen waren zur Ehelosigkeit verpflichtet, sobald
sie heirateten, wurden sie aus dem Hofdienst entlassen. Sie bekamen ein Gehalt, eine
Unterkunft und waren dafür verpflichtet, der Kaiserin oder Erzherzogin zur Verfügung zu
stehen. Ihre Aufgaben bestanden in der Begleitung ihrer Herrin – es galt als unschicklich,
dass eine hochgestellte Dame allein unterwegs war -, sie hatten ihr Gesellschaft zu leisten,
ihr vorzulesen, Korrespondenz und Botengänge zu erledigen, sowie bei repräsentativen
Anlässen im Gefolge zu erscheinen. Nun lassen wir die Gräfin
selbst sprechen und beginnen bei dem Zeitpunkt, als sie an den Wiener Hof berufen wird. Sie war
zu dieser Zeit Hofdame der Erzherzogin Klothilde, Frau von Erzherzog Josef, und sehr
glücklich im Kreis einer liebevollen Familie in Alcsut. Eingefädelt und gefördert haben die
Berufung nach Wien Außenminister Graf Gyula Andrássy und einer der bedeutendsten Politiker
Ungarns, Franz von Deák, ein väterlicher Freund von Marie Festetics.
Ofen, 3t July 1871
Hier angekommen recht müde nach einem Tag Wien, wo wir uns von Prinzessin Amalie schwer
trennten, fand die Erzherzogin den Brief der Kaiserin. Wohl ahnte ich nicht, daß deßen Inhalt
nur mich betrifft. Die Kaiserin bittet die Erzherzogin – in für mich schmeichelhafter
Weise – mich frei zu geben für sich?? „Du findest einfacher als ich eine ungarische Dame,
gegen die es keine Einwände gibt.“ Helene Taxis heirathet und ich soll sie ersetzen? Aber ich
habe keine Lust dazu! Mir ist die Ruhe lieb geworden hie, die Erzherzogin, die Kinder
zählen mir. Ich habe Angst vor der Kaiserin, ich kenne
Sie ja nicht und der Liebreiz, der Sie umgibt, ist berückend. Aber wenn der 10te Theil wahr ist
von dem, was Bellegarde (Generaladjutant des Kaisers Graf Gustav, Anm.) sagt, ist’s mir
unheimlich. Und wer weiß entspreche ich – was dann weiter? Man hat die Ungarn nicht gern,
und dann das Haus im Stiche laßen, wo ich nur Liebe erfahren undwo ein ehrlicher
Mensch notthut, wo ich etwas leisten kann, im Stiche laßen und einer Laune halber? Es
widerstrebt mir, mein guter alter Vater, mein ehrlicher Victor, ihr würdet sagen: „Marie das
ist nicht wahr.“ Der Erzherzog sagt „der Wunsch der Kaiserin ist Befehl!“ Und die
Erzherzogin soll sofort antworten: „Ja, ich gehe!“ Was ist denn das Rechte? Wenn mir Andrássy
und Deák das Richtige sagen wollten, kann man denn nie in Frieden leben? Muß man jede
kurze Pause zehnfach bezahlen?
Ofen, 4t July 1871
Andrássy war da u[nd] stellte mir auf das Eindringlichste vor, ich müße gehen, es gebe kein
Besinnen. „Es ist Ihre Pflicht, dieses Opfer für das Land zu bringen. Wenn einen der Herrgott
mit so viel Verstand segnete, muß man das verdienen. Sie können viel Gutes tun und die
Königin braucht Treue. „Aber“ sagte ich, „verdient Sie es?“ Er sah mich so erstaunt an, daß es
fast lächerlich war. „Was für eine Frage ist das denn?“, fragte er in sehr ernstem Ton.
Ich sagte ihm alles, was ich gehört und was 3 Bellegarde gesagt hatte, worauf er erwiderte
„Sie halten mich für Ihren Freund, nicht wahr?” Wie ich Sie kenne, würde ich raten, daß
Sie annehmen. Die Königin ist klug, gut, rein. Über sie wird schlecht geredet, weil sie
unser Vaterland liebt und das wird ihr nie verziehen. Deswegen wird man sie auch
verfolgen aber das ist nichts! Sie können dem König und unserem Vaterland einen Dienst erweisen,
also ist es Ihre Pflicht, anzunehmen.” Auch Deák schrieb in diesem Sinne, sogar
das, daß man es nicht ablehnen darf. Also die Würfel sind gefallen.
Die Erzherzogin hat sehr geweint. Mir ist furchtbar leid, sie ist weich und fein, hat aber
Anlage zum Mißtraun und ich habe das Gefühl, sie braucht jemand, der sie pflegt. Sie könnte
kantig werden, sie sieht immer eher das Unschöne als das Anziehende und das ist bei einem so
jungen Wesen befremdend; ich glaube es stammt von der erhöhten Position der Familie
Coburg her. Alcsuth, 28t August 1871
Heute ist das unglückliche Decret gekommen: „Hofdame Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin.”
Ein eigenthümlich Gefühl überkam mich, so eine Bangigkeit erfüllt mein Herz! Werde ich
entsprechen? Mir treu bleiben? Wird mein Herz etwas finden, was Genugthuung gewährt? Deák
sagt: „Sie ist gut.“ Andrássy sagt es. Wie wird das sein? Werde ich meinen Platz ausfüllen?
„Treu sein können bis in den Tod?“ Werde ich dürfen bleiben, der ich bin: gerade,
aufrichtig, ehrlich? Mir ist bange. Ich kenne Niemand. Werde ich Stütze finden? Oder allein
meinen Weg suchen müssen?
21t Dec. 1871
Also ich war bei meiner neuen Herrin! Um 12 war ich bestellt. Gräfin. Goëss (die
Obersthofmeisterin, Anm.) wurde auch empfangen. Ich wartete im Salon der Kaiserin. Die Gräfin:
ist eine alte Frau, sieht gut aus, nicht sehr bedeutend, war aber sehr lieb und freundlich
mit mir und gab mir den guten Rath, sehr vorsichtig zu sein. Ihre Majestät war
sehr empfindlich auf gewiße Sachen und nie solle man sich einbilden, sie wäre einem
wirklich gut, verträgt auch keinen Widerspruch. Und dann folgte eine kleine Episode, die die
Gräfin: Hunyady (Hofdame der Kaiserin, Anm.) der Gräfin Goëss mittheilte als Beispiel. Ich
wiederhole dieses Beispiel nicht, weil ich fand, wenn Gräfin. Hunyady glaubt wagen zu
dürfen, der Kaiserin diese Bemerkung zu machen, muß sie auf freundschaftlichem Fuße mit
Ihr gestanden sein und da hätte sie diese Episode niemals weitergeben dürfen! Ich sagte
etwas davon, die arme alte Frau schaute mich erstaunt an. Ich hatte einen Verstoß gemacht,
das war mir klar. Da wurde ich gerufen. Die Kaiserin stand in einem blauen Kleid
in der Mitte des Zimmers, eine große Dogge neben Ihr. Die Kaiserin lächelte, der Hund kam
auf mich zu, beschnupperte mich und dann wedelte er mit dem Schweife. Die Kaiserin schien
diese Inspection zu amüsiren, die eigentlich nicht übergemüthlich war. Ich fürchtete mich
nicht, ich war zu beschäftig, dann reichte Sie mir freundlich die Hand und sagte: „Ihnen
thut es leid um die Erzherzogin, nicht wahr?“ ich sagte ruhig: „Ja, Eure Majestät, sich
von ihr zu scheiden, ist schwer.“ – „Ich weiß, Sie wollten nicht zu mir kommen. Das ist
nicht besonders schmeichelhaft für mich, aber natürlich, weil ich hörte, daß die Familie
Sie sehr lieb gewonnen hat.“ – „Ja, Eure Majestät, sie wahren sehr gnädig zu mir und ich
glaube, Eure Majestät könnten mich nicht schätzen, wenn ich leicht scheiden würde dort, wo
ich nur Güte genossen.“ – „Ich glaube, auch wir werden uns aneinander gewöhnen.“ Dann
scherzte sie, sprach von Allerlei und sagte im Laufe des Gespräches: „Andrássy sagte mir,
daß Sie ehrlich und wahrhaft sind. Bitte verhalten Sie sich mir gegenüber auch so. Wenn
Sie etwas sagen wollen, thun Sie das direkt. Wenn Sie etwas wissen wollen, fragen Sie
mich, niemals jemanden anderen. Wenn über mich schlecht geredet wird – das ist eine Gewohnheit
im Hause – dann glauben Sie es nicht. Freunden Sie sich vorerst mit niemanden an, Sie
können Ida (Ferenczy, Anm.) vollkommen vertrauen. Duzen Sie sie
aber nicht. Sie ist keine Hofdame und ich will nicht, daß sie mit den Damen intim wird.
Vielleicht thun sie es nur aus Neugier, aber mit Ihnen ist es anders. Durch Andrássy kenne ich
Ihren Charakter“ ect. Ich war nun in einem Traum befangen, dann sagte Sie: „Am 27. fahren
wir ab, ich nehme Sie mit. Bis dahin können Sie bei Ihrer Erzherzogin bleiben.“ Dann gab
Sie mir die Hand, die ich küsste. Wie ich hinaus kam, weiß ich nicht, aber das weiß ich,
daß Sie wunderschön ist und Ihre Rede war so klar, so bestimmt und ihre Stimme so sacht –
und ich? Ich weiß nicht, es ist zu dumm, aber etwas wie Bedauern regte sich in mir. Ihre
Augen waren so schön, schalkhaft manchmal, dann traurig. Die Erzherzogin, der ich Alles
natürlich erzählte, sagte: „Die Arme! Wie komisch, hätte sie nur mir meine Marie nicht
weggenommen.“ ich bin froh, daß ich noch nicht in der Burg wohnen muß und noch bei der
Erzherzogin bleiben darf.
© Residenz Verlag
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Autoren-Porträt von Gudula Walterskirchen, Beatrix Meyer
Gudula Walterskirchen geboren 1967, studierte Geschichte und Kunstgeschichte in Graz und Wien. Die Historikerin und freie Journalistin war politische Redakteurin der "Presse", schreibt Sachbücher, zudem Satire und Belletristik. Seit vielen Jahren zählt die österreichische Adelsgeschichte zu ihren Spezialgebieten. Zuletzt erschienen: "Der Franzi war ein wenig unartig. Hofdamen der Habsburger erzählen" (2013).Beatrix Meyer geboren 1973, studierte Germanistik und Geschichte in Pécs (Ungarn) und Erlangen. Die gebürtige Ungarin arbeitete jahrelang als Fremdsprachenlehrerin für Deutsch. Nach ihrem Umzug nach Deutschland vertiefte sie sich in die Familiengeschichte der Gräfin Festetics. In enger Kooperation mit ungarischen Museumskuratoren deckt sie nun das bisher unerforschte Schicksal der Hofdame und ihrer Familie auf.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Gudula Walterskirchen , Beatrix Meyer
- 2014, 3. Aufl., 304 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Residenz
- ISBN-10: 3701733384
- ISBN-13: 9783701733385
- Erscheinungsdatum: 02.09.2014
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