Das verbotene Reich / Cotton Malone Bd.6
Thriller. Deutsche Erstveröffentlichung
Ein Geheimnis, das die Welt für immer verändert!
Ex-Geheimagent Cotton Malone wird jäh aus seinem friedlichen Leben gerissen, als ihn ein Video erreicht, auf dem seine Bekannte Cassiopeia Vitt gefoltert wird. Als Lösegeld fordern die...
Ex-Geheimagent Cotton Malone wird jäh aus seinem friedlichen Leben gerissen, als ihn ein Video erreicht, auf dem seine Bekannte Cassiopeia Vitt gefoltert wird. Als Lösegeld fordern die...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Das verbotene Reich / Cotton Malone Bd.6 “
Ein Geheimnis, das die Welt für immer verändert!
Ex-Geheimagent Cotton Malone wird jäh aus seinem friedlichen Leben gerissen, als ihn ein Video erreicht, auf dem seine Bekannte Cassiopeia Vitt gefoltert wird. Als Lösegeld fordern die Entführer eine antike Öllampe. Sie beweist die gefährliche Theorie eines russischen Wissenschaftlers über die Ölreserven der Erde - und liegt tief verborgen in den Grabkammern des ersten chinesischen Kaisers. Die Suche danach wird für Malone zum tödlichen Wettlauf gegen die Entsandten der Mächtigsten der Welt ...
Ex-Geheimagent Cotton Malone wird jäh aus seinem friedlichen Leben gerissen, als ihn ein Video erreicht, auf dem seine Bekannte Cassiopeia Vitt gefoltert wird. Als Lösegeld fordern die Entführer eine antike Öllampe. Sie beweist die gefährliche Theorie eines russischen Wissenschaftlers über die Ölreserven der Erde - und liegt tief verborgen in den Grabkammern des ersten chinesischen Kaisers. Die Suche danach wird für Malone zum tödlichen Wettlauf gegen die Entsandten der Mächtigsten der Welt ...
Klappentext zu „Das verbotene Reich / Cotton Malone Bd.6 “
Ein Geheimnis, das die Welt für immer verändert!Ex-Geheimagent Cotton Malone wird jäh aus seinem friedlichen Leben gerissen, als ihn ein Video erreicht, auf dem seine Bekannte Cassiopeia Vitt gefoltert wird. Als Lösegeld fordern die Entführer eine antike Öllampe. Sie beweist die gefährliche Theorie eines russischen Wissenschaftlers über die Ölreserven der Erde - und liegt tief verborgen in den Grabkammern des ersten chinesischen Kaisers. Die Suche danach wird für Malone zum tödlichen Wettlauf gegen die Entsandten der Mächtigsten der Welt ...
Lese-Probe zu „Das verbotene Reich / Cotton Malone Bd.6 “
Das verbotene Reich von Steve BerryAus dem Amerikanischen von Barbara Ostrop
Prolog
Nordgebiete, Pakistan Freitag, 18. Mai
08.10 Uhr Eine Kugel zischte an Cotton Malone vorbei. Er warf sich auf den steinigen Boden und suchte so gut wie es ging hinter den spärlich stehenden Pappeln Deckung. Cassiopeia Vitt tat das Gleiche; auf dem Bauch krochen sie über das scharfkantige Geröll zu einem Felsbrocken, der groß genug war, um ihnen beiden Schutz zu bieten.
Weitere Schüsse peitschten vorbei.
»Das wird allmählich ernst«, sagte Cassiopeia.
»Meinst du?«
Er wollte es noch nicht so recht glauben, denn bisher war nicht viel passiert. Sie waren hier von der größten Ansammlung hoch aufragender Berggipfel der Erde umgeben. Hier war das Dach der Welt, zweitausend Meilen von Peking entfernt in der äußersten südwestlichen Ecke von Chinas autonomem Gebiet Xinjiang - oder den Nordgebieten Pakistans, je nachdem, wen man fragte. Denn genau hier lag eine heiß umstrittene Grenze.
Was die Soldaten erklärte.
»Das sind keine Chinesen«, sagte sie. »Eindeutig Pakistani.«
... mehr
Zerklüftete, schneebedeckte Gipfel, sechstausend Meter hoch, beschirmten Gletscher, grünschwarze Waldgebiete und fruchtbare Täler. Himalaya, Karakorum, Hindukusch und Pamir - diese vier Gebirgszüge trafen hier zusammen. Dies war das Land der schwarzen Wölfe und des blauen Mohns, der Steinböcke und der Schneeleoparden. Wo Feen sich trafen, so erinnerte Malone die Beschreibung eines längst verstorbenen Beobachters. Vielleicht lag hier sogar die Anregung für James Hiltons Shangri-la: ein Paradies für Trekking, Bergsteigen, Rafting und Skifahren. Unglückseligerweise beanspruchten sowohl Indien als auch Pakistan dieses Gebiet für sich, doch China hielt es in Besitz, und alle drei Regierungen stritten sich seit Jahrzehnten um die einsame Region.
»Sie scheinen zu wissen, wohin wir wollen«, sagte sie.
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.« Er konnte es sich nicht verkneifen hinzuzufügen: »Ich hab dir ja gesagt, dass er ein Problem ist.«
Sie trugen Lederjacken, Jeans und Stiefel. Obwohl sie sich fast dreitausend Meter über dem Meeresspiegel befanden, war die Luft überraschend mild. Vielleicht fünfzehn Grad, schätzte er. Glücklicherweise hatten sie beide chinesische halbautomatische Pistolen und ein paar Ersatzmagazine dabei.
»Wir müssen da entlang.« Er zeigte nach hinten. »Und diese Soldaten sind uns nah genug, um zu treffen.«
Er durchforstete sein eidetisches Gedächtnis nach dem, was sie brauchten. Gestern hatte er sich mit dem geografischen Material über die Umgebung vertraut gemacht und festgestellt, dass dieses Fleckchen Erde, das nicht viel größer war als der Bundesstaat New Jersey, einmal den Namen Hunza getragen hatte. Es war neunhundert Jahre lang ein Fürstentum gewesen, hatte seine Unabhängigkeit aber in den 1970ern verloren. Die hellhäutigen und helläugigen Einheimischen behaupteten, die Nachfahren der Soldaten Alexanders des Großen zu sein, der das Gebiet zweitausend Jahre zuvor mit seinem griechischen Heer erobert hatte. Wer konnte das schon wissen? Das Land war über Jahrhunderte isoliert gewesen, bis in den 1980er Jahren der Karakorum Highway gebaut worden war, der China mit Pakistan verband.
»Wir müssen darauf vertrauen, dass er es hinkriegt«, sagte sie schließlich.
»Du hast zuletzt mit ihm geredet, nicht ich. Geh du voran, ich gebe dir Deckung.«
Er griff nach der chinesischen Double-Action-Pistole. Keine schlechte Waffe: fünfzehn Schuss und recht treffgenau. Cassiopeia machte sich ebenfalls bereit. Das mochte er an ihr - sie stellte sich jeder Situation. Sie waren ein gutes Team, und diese bemerkenswerte Hispano-Araberin faszinierte ihn wirklich.
Sie hastete los, auf ein Wacholdergebüsch zu.
Er zielte mit der Pistole über den Felsbrocken hinweg und machte sich bereit, auf die winzigste Bewegung zu reagieren. Rechts von ihm, in dem grabähnlichen Licht, das jetzt, im Frühjahr, durch die Baumblätter hindurchsickerte, erhaschte er einen Blick auf einen Gewehrlauf, der um einen Baumstamm herum zielte.
Schuss!
Der Gewehrlauf verschwand.
Malone beschloss, die Gelegenheit zu nutzen, und folgte Cassiopeia. Dabei achtete er darauf, dass der Felsbrocken zwischen ihm und ihren Verfolgern blieb.
Als er bei ihr war, rannten sie im Schutz der Bäume gemeinsam weiter.
Das scharfe Knallen von Gewehrschüssen ertönte. Kugeln zischten an ihnen vorbei.
Der Pfad wand sich aus dem Wald hinaus aufwärts, steil, aber doch so, dass man ihn noch erklimmen konnte. Er führte auf einem Abhang von losen Felsbrocken an einer Felswand entlang. Hier gab es nicht viel Deckung, aber ihnen blieb keine Wahl. Hinter dem Pfad erblickte er Schluchten, die so tief und steil waren, dass das Licht hier nur mittags eindringen konnte. Rechts von ihnen stürzten die Felswände einer Klamm hinab. Sie rannten an ihrem Rand entlang. Dreißig Meter weiter unten rauschte und strudelte das Wasser, grau von Sand, und warf schaumige Gischt hoch in die Luft.
Sie kletterten die steile Böschung hinauf.
Dann erblickte Malone die Brücke.
Sie befand sich genau dort, wo man es ihnen gesagt hatte.
Von einem Brückenbogen konnte keine Rede sein. Die Brücke bestand einfach nur aus ein paar wackeligen Pfählen, die auf beiden Seiten senkrecht zwischen Felsbrocken eingekeilt worden waren. Waagerecht verlaufende Planken waren mit dicken Hanfseilen daran befestigt. Ein Pfad aus Brettern, der über dem Fluss hing.
Cassiopeia kam oben bei der Brücke an. »Wir müssen hinüber. «
Diese Aussicht gefiel ihm nicht, aber sie hatte recht. Ihr Ziel lag auf der anderen Seite.
Aus der Ferne waren Schüsse zu hören, doch Soldaten waren nicht zu sehen.
Das bereitete ihm Sorgen.
»Vielleicht führt er sie ja weg«, mutmaßte sie.
Er war immer noch misstrauisch und abwehrend, aber sie hatten jetzt keine Zeit für lange Diskussionen. Er steckte die Waffe in die Tasche. Cassiopeia tat dasselbe und trat dann auf die Brücke hinaus.
Er folgte ihr.
Die Bretter vibrierten von der Gewalt des unten vorbeirauschenden Wassers. Er schätzte, dass es keine dreißig Meter bis zur anderen Seite waren, aber sie würden ohne jede Deckung über dem Abgrund hängen und zudem noch aus dem Schatten ins Sonnenlicht treten. Auf der anderen Seite war die Fortsetzung des Pfades zu sehen, der über Geröll wie der in einen Wald hineinführte. Er erblickte eine Figur, vielleicht fünf Meter hoch, die hinter dem Pfad in die Felswand gehauen war - eine Buddhastatue, genau wie man es ihnen beschrieben hatte.
Cassiopeia drehte sich zu ihm um. Aus ihrem europäischen Gesicht sahen ihn orientalische Augen an. »Diese Brücke hat schon bessere Tage gesehen.«
»Ich hoffe, dass ihr noch wenigstens ein weiterer davon bleibt.«
Sie griff nach den gedrehten Seilen, die die Hängebrücke hielten.
Er schloss ebenfalls die Finger um die groben Fasern und entschied dann: »Ich gehe voraus.«
»Und warum?«
»Ich bin schwerer. Wenn die Brücke mich trägt, trägt sie dich auch.«
»Da ich dieser Logik nicht widersprechen kann«, sie trat zur Seite, »nur zu.«
Er übernahm die Führung, seine Füße gewöhnten sich an die stetige Vibration.
Von Verfolgern war nichts zu sehen.
Er beschloss, dass er besser rasch ausschritt, da die Planken so keine Zeit hatten, in Schwingung zu geraten. Cassiopeia folgte ihm.
Unbekannte Töne überlagerten das Rauschen des dahinbrausenden Wassers.
Tiefe Basstöne. Weit entfernt, aber sie wurden lauter.
Wumm. Wumm. Wumm.
Er riss den Kopf nach rechts und erhaschte einen ersten Blick auf einen Schatten, der auf eine Felswand fiel. Dort, etwa eine Meile entfernt, stieß die Klamm, die sie überquerten, auf eine weitere Schlucht, die senkrecht dazu verlief.
Sie hatten nun die Hälfte geschafft, und es sah so aus, als würde die Brücke halten, auch wenn die modrigen Planken nachgaben wie ein Schwamm. Mit der Hand hielt er das grobe Hanfseil locker umfasst, doch er war bereit, es auf Leben und Tod zu umklammern, sollten die Planken unter ihm wegbrechen.
Der ferne Schatten wuchs zum unverkennbaren Umriss eines AH-1-Cobra-Kampfhubschraubers heran.
Eine amerikanische Maschine, aber das musste noch nicht unbedingt Rettung bedeuten.
Auch Pakistan verfügte über diese Hubschrauber. Washington lieferte sie als Militärhilfe an das Land, das es als Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus betrachtete.
Der Cobra flog direkt auf sie zu. Er verfügte über einen Zweiblattrotor und Doppelturbinen und war mit 20-mm- Kanonen, Panzerabwehrraketen und Luft-Luft-Lenkwaffen ausgestattet. Schnell wie eine Hummel und ebenso wendig.
»Der ist nicht hier, um uns zu helfen«, hörte er Cassiopeia sagen.
Er war derselben Meinung, aber es war nicht nötig, laut auszusprechen, dass er die ganze Zeit recht gehabt hatte. Sie waren genau aus diesem Grund hierhergetrieben worden.
Der verdammte Drecksack ...
Der Cobra eröffnete das Feuer.
Lautes Knallen, dann flogen 20-mm-Geschosse auf sie zu.
Malone warf sich bäuchlings auf die Brückenplanken, rollte sich ab und sah zwischen den Beinen hindurch, dass Cassiopeia dasselbe tat. Der Cobra kam donnernd näher, seine Wellenturbinen saugten sich durch die trockene, klare Luft. Einige Geschosse trafen die Brücke und zerfetzten Holz und Seil mit großer Wucht.
Ein weiterer Feuerstoß peitschte heran.
Er war auf die drei Meter große Lücke zwischen Malone und Casssiopeia gerichtet. Er erblickte Jähzorn in ihren Augen und sah, wie sie nach ihrer Waffe griff, sich auf die Knie aufrichtete und auf die Cockpitverglasung des Helikopters schoss. Aber er wusste, dass die Panzerung und die Geschwindigkeit des Hubschraubers - mehr als 270 km/h - ihre Chance, irgendeinen Schaden anzurichten, auf null reduzierte.
»Verdammt, runter mit dir!«, schrie er.
Der Feuerstoß vernichtete das Brückenstück zwischen ihm und Cassiopeia. Von einem Moment auf den anderen war von der Holz-Seil-Konstruktion nur noch eine Trümmerwolke übrig.
Im Bruchteil einer Sekunde begriff Malone, dass die ganze Brücke in die Tiefe krachen würde. Er konnte nicht zurück, also rannte er die letzten sechs Meter vor und klammerte sich an den Seilen fest, während die Brücke unter ihm wegstürzte.
Der Cobra flog, der Klamm folgend, vorbei.
Malone klammerte sich an den Seilen fest, und als die Brücke in zwei Teile zerriss und jede Hälfte zu ihrer Seite der Klamm hinüberschwang, flog er durch die Luft.
Er krachte gegen den Felsen, prallte zurück und hing dann einfach nach unten. Doch er ließ sich gar nicht erst Zeit, Angst zu kriegen. Langsam zog er sich nach oben und kletterte die letzten wenigen Meter zum Rand der Klamm hinauf. Das Rauschen des Wassers und das Wummern der Hubschrauberrotoren füllten seine Ohren. Er spähte zur anderen Seite der Klamm, suchte sie nach Cassiopeia ab und hoffte, dass sie es den Felsen hinauf schaffen würde.
Der Mut verließ ihn, als er sah, dass sie sich mit beiden Händen an der anderen Hälfte der Brücke festklammerte, die an der Steilwand herunterbaumelte. Er hätte ihr gerne geholfen, doch gab es nichts, was er hätte tun können. Sie war gut dreißig Meter entfernt. Zwischen ihnen war nichts als Luft. Der Cobra flog eine enge Wende in der Klamm, zog nach oben und kam wieder auf sie zu.
»Kannst du hochklettern?«, schrie er über den Lärm hinweg.
Sie schüttelte den Kopf.
»Tu es!«, brüllte er.
Sie reckte den Hals zu ihm herum. »Verschwinde hier.«
»Nicht ohne dich.«
Der Cobra war nicht mehr weit entfernt. Gleich würden seine Kanonen wieder losfeuern.
»Klettern!«, schrie er.
Sie streckte eine Hand nach oben aus.
Dann stürzte sie fünfzehn Meter in den tosenden Fluss hinunter.
Wie tief er war, wusste Malone nicht, aber die Felsbrocken, die immer wieder aus dem Flusslauf herausragten, trösteten ihn nicht gerade.
Sie verschwand im schäumenden Wasser, das eiskalt sein musste, da es von Gebirgsschnee gespeist wurde.
Er wartete darauf, dass sie irgendwo auftauchte.
Doch das geschah nicht.
Malone starrte auf das brüllende graue Wildwasser hinunter, das Sand und Geröll inmitten brodelnder Gischt in einem reißenden Strom dahinschwemmte. Er wäre ihr am liebsten nachgesprungen, begriff aber, dass das unmöglich war. Er würde den Sturz ebenso wenig überleben.
Er stand einfach nur da und sah ungläubig hin.
Nach allem, was sie in den vergangenen drei Tagen durchgemacht hatten!
Doch Cassiopeia Vitt war verschwunden.
ERSTER TEIL
Drei Tage zuvor
1
Kopenhagen, Dänemark Dienstag, 15. Mai
12.40 Uhr Cotton Malones Finger zitterten, als er die Web-Adresse eingab. Mit einer anonymen Botschaft war es wie mit einem Telefon, das mitten in der Nacht klingelte: Sie bedeutete niemals etwas Gutes.
Die Nachricht war zwei Stunden zuvor eingetroffen, als er sein Buchantiquariat verlassen hatte und mit einer Besorgung unterwegs gewesen war. Die Angestellte, die den unbeschrifteten Umschlag entgegengenommen hatte, hatte vergessen, ihn Malone zu geben, und erst vor ein paar Minuten wieder daran gedacht.
»Die Frau hat nicht gesagt, dass es dringend wäre«, hatte sie zu ihrer Verteidigung gesagt.
»Was für eine Frau?«
»Eine Chinesin. Hat einen tollen Burberry-Rock getragen. Sagte, ich dürfe den Umschlag nur Ihnen geben.«
»Sie hat meinen Namen verwendet?«
»Zwei Mal.«
Im Inneren des Umschlags hatte ein gefaltetes Blatt graues Velinpapier gelegen, auf das eine Web-Adresse mit der Endung .org gedruckt gewesen war. Er war sofort die vier Treppen zu seiner Wohnung über dem Buchladen hinaufgestiegen und hatte sich sein Notebook gegriffen.
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Blanvalet, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Zerklüftete, schneebedeckte Gipfel, sechstausend Meter hoch, beschirmten Gletscher, grünschwarze Waldgebiete und fruchtbare Täler. Himalaya, Karakorum, Hindukusch und Pamir - diese vier Gebirgszüge trafen hier zusammen. Dies war das Land der schwarzen Wölfe und des blauen Mohns, der Steinböcke und der Schneeleoparden. Wo Feen sich trafen, so erinnerte Malone die Beschreibung eines längst verstorbenen Beobachters. Vielleicht lag hier sogar die Anregung für James Hiltons Shangri-la: ein Paradies für Trekking, Bergsteigen, Rafting und Skifahren. Unglückseligerweise beanspruchten sowohl Indien als auch Pakistan dieses Gebiet für sich, doch China hielt es in Besitz, und alle drei Regierungen stritten sich seit Jahrzehnten um die einsame Region.
»Sie scheinen zu wissen, wohin wir wollen«, sagte sie.
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.« Er konnte es sich nicht verkneifen hinzuzufügen: »Ich hab dir ja gesagt, dass er ein Problem ist.«
Sie trugen Lederjacken, Jeans und Stiefel. Obwohl sie sich fast dreitausend Meter über dem Meeresspiegel befanden, war die Luft überraschend mild. Vielleicht fünfzehn Grad, schätzte er. Glücklicherweise hatten sie beide chinesische halbautomatische Pistolen und ein paar Ersatzmagazine dabei.
»Wir müssen da entlang.« Er zeigte nach hinten. »Und diese Soldaten sind uns nah genug, um zu treffen.«
Er durchforstete sein eidetisches Gedächtnis nach dem, was sie brauchten. Gestern hatte er sich mit dem geografischen Material über die Umgebung vertraut gemacht und festgestellt, dass dieses Fleckchen Erde, das nicht viel größer war als der Bundesstaat New Jersey, einmal den Namen Hunza getragen hatte. Es war neunhundert Jahre lang ein Fürstentum gewesen, hatte seine Unabhängigkeit aber in den 1970ern verloren. Die hellhäutigen und helläugigen Einheimischen behaupteten, die Nachfahren der Soldaten Alexanders des Großen zu sein, der das Gebiet zweitausend Jahre zuvor mit seinem griechischen Heer erobert hatte. Wer konnte das schon wissen? Das Land war über Jahrhunderte isoliert gewesen, bis in den 1980er Jahren der Karakorum Highway gebaut worden war, der China mit Pakistan verband.
»Wir müssen darauf vertrauen, dass er es hinkriegt«, sagte sie schließlich.
»Du hast zuletzt mit ihm geredet, nicht ich. Geh du voran, ich gebe dir Deckung.«
Er griff nach der chinesischen Double-Action-Pistole. Keine schlechte Waffe: fünfzehn Schuss und recht treffgenau. Cassiopeia machte sich ebenfalls bereit. Das mochte er an ihr - sie stellte sich jeder Situation. Sie waren ein gutes Team, und diese bemerkenswerte Hispano-Araberin faszinierte ihn wirklich.
Sie hastete los, auf ein Wacholdergebüsch zu.
Er zielte mit der Pistole über den Felsbrocken hinweg und machte sich bereit, auf die winzigste Bewegung zu reagieren. Rechts von ihm, in dem grabähnlichen Licht, das jetzt, im Frühjahr, durch die Baumblätter hindurchsickerte, erhaschte er einen Blick auf einen Gewehrlauf, der um einen Baumstamm herum zielte.
Schuss!
Der Gewehrlauf verschwand.
Malone beschloss, die Gelegenheit zu nutzen, und folgte Cassiopeia. Dabei achtete er darauf, dass der Felsbrocken zwischen ihm und ihren Verfolgern blieb.
Als er bei ihr war, rannten sie im Schutz der Bäume gemeinsam weiter.
Das scharfe Knallen von Gewehrschüssen ertönte. Kugeln zischten an ihnen vorbei.
Der Pfad wand sich aus dem Wald hinaus aufwärts, steil, aber doch so, dass man ihn noch erklimmen konnte. Er führte auf einem Abhang von losen Felsbrocken an einer Felswand entlang. Hier gab es nicht viel Deckung, aber ihnen blieb keine Wahl. Hinter dem Pfad erblickte er Schluchten, die so tief und steil waren, dass das Licht hier nur mittags eindringen konnte. Rechts von ihnen stürzten die Felswände einer Klamm hinab. Sie rannten an ihrem Rand entlang. Dreißig Meter weiter unten rauschte und strudelte das Wasser, grau von Sand, und warf schaumige Gischt hoch in die Luft.
Sie kletterten die steile Böschung hinauf.
Dann erblickte Malone die Brücke.
Sie befand sich genau dort, wo man es ihnen gesagt hatte.
Von einem Brückenbogen konnte keine Rede sein. Die Brücke bestand einfach nur aus ein paar wackeligen Pfählen, die auf beiden Seiten senkrecht zwischen Felsbrocken eingekeilt worden waren. Waagerecht verlaufende Planken waren mit dicken Hanfseilen daran befestigt. Ein Pfad aus Brettern, der über dem Fluss hing.
Cassiopeia kam oben bei der Brücke an. »Wir müssen hinüber. «
Diese Aussicht gefiel ihm nicht, aber sie hatte recht. Ihr Ziel lag auf der anderen Seite.
Aus der Ferne waren Schüsse zu hören, doch Soldaten waren nicht zu sehen.
Das bereitete ihm Sorgen.
»Vielleicht führt er sie ja weg«, mutmaßte sie.
Er war immer noch misstrauisch und abwehrend, aber sie hatten jetzt keine Zeit für lange Diskussionen. Er steckte die Waffe in die Tasche. Cassiopeia tat dasselbe und trat dann auf die Brücke hinaus.
Er folgte ihr.
Die Bretter vibrierten von der Gewalt des unten vorbeirauschenden Wassers. Er schätzte, dass es keine dreißig Meter bis zur anderen Seite waren, aber sie würden ohne jede Deckung über dem Abgrund hängen und zudem noch aus dem Schatten ins Sonnenlicht treten. Auf der anderen Seite war die Fortsetzung des Pfades zu sehen, der über Geröll wie der in einen Wald hineinführte. Er erblickte eine Figur, vielleicht fünf Meter hoch, die hinter dem Pfad in die Felswand gehauen war - eine Buddhastatue, genau wie man es ihnen beschrieben hatte.
Cassiopeia drehte sich zu ihm um. Aus ihrem europäischen Gesicht sahen ihn orientalische Augen an. »Diese Brücke hat schon bessere Tage gesehen.«
»Ich hoffe, dass ihr noch wenigstens ein weiterer davon bleibt.«
Sie griff nach den gedrehten Seilen, die die Hängebrücke hielten.
Er schloss ebenfalls die Finger um die groben Fasern und entschied dann: »Ich gehe voraus.«
»Und warum?«
»Ich bin schwerer. Wenn die Brücke mich trägt, trägt sie dich auch.«
»Da ich dieser Logik nicht widersprechen kann«, sie trat zur Seite, »nur zu.«
Er übernahm die Führung, seine Füße gewöhnten sich an die stetige Vibration.
Von Verfolgern war nichts zu sehen.
Er beschloss, dass er besser rasch ausschritt, da die Planken so keine Zeit hatten, in Schwingung zu geraten. Cassiopeia folgte ihm.
Unbekannte Töne überlagerten das Rauschen des dahinbrausenden Wassers.
Tiefe Basstöne. Weit entfernt, aber sie wurden lauter.
Wumm. Wumm. Wumm.
Er riss den Kopf nach rechts und erhaschte einen ersten Blick auf einen Schatten, der auf eine Felswand fiel. Dort, etwa eine Meile entfernt, stieß die Klamm, die sie überquerten, auf eine weitere Schlucht, die senkrecht dazu verlief.
Sie hatten nun die Hälfte geschafft, und es sah so aus, als würde die Brücke halten, auch wenn die modrigen Planken nachgaben wie ein Schwamm. Mit der Hand hielt er das grobe Hanfseil locker umfasst, doch er war bereit, es auf Leben und Tod zu umklammern, sollten die Planken unter ihm wegbrechen.
Der ferne Schatten wuchs zum unverkennbaren Umriss eines AH-1-Cobra-Kampfhubschraubers heran.
Eine amerikanische Maschine, aber das musste noch nicht unbedingt Rettung bedeuten.
Auch Pakistan verfügte über diese Hubschrauber. Washington lieferte sie als Militärhilfe an das Land, das es als Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus betrachtete.
Der Cobra flog direkt auf sie zu. Er verfügte über einen Zweiblattrotor und Doppelturbinen und war mit 20-mm- Kanonen, Panzerabwehrraketen und Luft-Luft-Lenkwaffen ausgestattet. Schnell wie eine Hummel und ebenso wendig.
»Der ist nicht hier, um uns zu helfen«, hörte er Cassiopeia sagen.
Er war derselben Meinung, aber es war nicht nötig, laut auszusprechen, dass er die ganze Zeit recht gehabt hatte. Sie waren genau aus diesem Grund hierhergetrieben worden.
Der verdammte Drecksack ...
Der Cobra eröffnete das Feuer.
Lautes Knallen, dann flogen 20-mm-Geschosse auf sie zu.
Malone warf sich bäuchlings auf die Brückenplanken, rollte sich ab und sah zwischen den Beinen hindurch, dass Cassiopeia dasselbe tat. Der Cobra kam donnernd näher, seine Wellenturbinen saugten sich durch die trockene, klare Luft. Einige Geschosse trafen die Brücke und zerfetzten Holz und Seil mit großer Wucht.
Ein weiterer Feuerstoß peitschte heran.
Er war auf die drei Meter große Lücke zwischen Malone und Casssiopeia gerichtet. Er erblickte Jähzorn in ihren Augen und sah, wie sie nach ihrer Waffe griff, sich auf die Knie aufrichtete und auf die Cockpitverglasung des Helikopters schoss. Aber er wusste, dass die Panzerung und die Geschwindigkeit des Hubschraubers - mehr als 270 km/h - ihre Chance, irgendeinen Schaden anzurichten, auf null reduzierte.
»Verdammt, runter mit dir!«, schrie er.
Der Feuerstoß vernichtete das Brückenstück zwischen ihm und Cassiopeia. Von einem Moment auf den anderen war von der Holz-Seil-Konstruktion nur noch eine Trümmerwolke übrig.
Im Bruchteil einer Sekunde begriff Malone, dass die ganze Brücke in die Tiefe krachen würde. Er konnte nicht zurück, also rannte er die letzten sechs Meter vor und klammerte sich an den Seilen fest, während die Brücke unter ihm wegstürzte.
Der Cobra flog, der Klamm folgend, vorbei.
Malone klammerte sich an den Seilen fest, und als die Brücke in zwei Teile zerriss und jede Hälfte zu ihrer Seite der Klamm hinüberschwang, flog er durch die Luft.
Er krachte gegen den Felsen, prallte zurück und hing dann einfach nach unten. Doch er ließ sich gar nicht erst Zeit, Angst zu kriegen. Langsam zog er sich nach oben und kletterte die letzten wenigen Meter zum Rand der Klamm hinauf. Das Rauschen des Wassers und das Wummern der Hubschrauberrotoren füllten seine Ohren. Er spähte zur anderen Seite der Klamm, suchte sie nach Cassiopeia ab und hoffte, dass sie es den Felsen hinauf schaffen würde.
Der Mut verließ ihn, als er sah, dass sie sich mit beiden Händen an der anderen Hälfte der Brücke festklammerte, die an der Steilwand herunterbaumelte. Er hätte ihr gerne geholfen, doch gab es nichts, was er hätte tun können. Sie war gut dreißig Meter entfernt. Zwischen ihnen war nichts als Luft. Der Cobra flog eine enge Wende in der Klamm, zog nach oben und kam wieder auf sie zu.
»Kannst du hochklettern?«, schrie er über den Lärm hinweg.
Sie schüttelte den Kopf.
»Tu es!«, brüllte er.
Sie reckte den Hals zu ihm herum. »Verschwinde hier.«
»Nicht ohne dich.«
Der Cobra war nicht mehr weit entfernt. Gleich würden seine Kanonen wieder losfeuern.
»Klettern!«, schrie er.
Sie streckte eine Hand nach oben aus.
Dann stürzte sie fünfzehn Meter in den tosenden Fluss hinunter.
Wie tief er war, wusste Malone nicht, aber die Felsbrocken, die immer wieder aus dem Flusslauf herausragten, trösteten ihn nicht gerade.
Sie verschwand im schäumenden Wasser, das eiskalt sein musste, da es von Gebirgsschnee gespeist wurde.
Er wartete darauf, dass sie irgendwo auftauchte.
Doch das geschah nicht.
Malone starrte auf das brüllende graue Wildwasser hinunter, das Sand und Geröll inmitten brodelnder Gischt in einem reißenden Strom dahinschwemmte. Er wäre ihr am liebsten nachgesprungen, begriff aber, dass das unmöglich war. Er würde den Sturz ebenso wenig überleben.
Er stand einfach nur da und sah ungläubig hin.
Nach allem, was sie in den vergangenen drei Tagen durchgemacht hatten!
Doch Cassiopeia Vitt war verschwunden.
ERSTER TEIL
Drei Tage zuvor
1
Kopenhagen, Dänemark Dienstag, 15. Mai
12.40 Uhr Cotton Malones Finger zitterten, als er die Web-Adresse eingab. Mit einer anonymen Botschaft war es wie mit einem Telefon, das mitten in der Nacht klingelte: Sie bedeutete niemals etwas Gutes.
Die Nachricht war zwei Stunden zuvor eingetroffen, als er sein Buchantiquariat verlassen hatte und mit einer Besorgung unterwegs gewesen war. Die Angestellte, die den unbeschrifteten Umschlag entgegengenommen hatte, hatte vergessen, ihn Malone zu geben, und erst vor ein paar Minuten wieder daran gedacht.
»Die Frau hat nicht gesagt, dass es dringend wäre«, hatte sie zu ihrer Verteidigung gesagt.
»Was für eine Frau?«
»Eine Chinesin. Hat einen tollen Burberry-Rock getragen. Sagte, ich dürfe den Umschlag nur Ihnen geben.«
»Sie hat meinen Namen verwendet?«
»Zwei Mal.«
Im Inneren des Umschlags hatte ein gefaltetes Blatt graues Velinpapier gelegen, auf das eine Web-Adresse mit der Endung .org gedruckt gewesen war. Er war sofort die vier Treppen zu seiner Wohnung über dem Buchladen hinaufgestiegen und hatte sich sein Notebook gegriffen.
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Blanvalet, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Steve Berry
Steve Berry war viele Jahre als erfolgreicher Anwalt tätig, bevor er seine Leidenschaft für das Schreiben entdeckte. Mit jedem seiner hochspannenden Thriller stürmt er in den USA die Spitzenplätze der Bestselleliste. Steve Berry lebt mit Frau und Tochter in Camden County, Georgia.
Bibliographische Angaben
- Autor: Steve Berry
- 539 Seiten, Maße: 13,5 x 20,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Barbara Ostrop
- Übersetzer: Barbara Ostrop
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442378648
- ISBN-13: 9783442378647
- Erscheinungsdatum: 16.07.2012
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